Sonntag, 31. Januar 2016

Herausforderungen



Gunnar war, erstaunlicher Weise, während ich schrieb, im Fitnessstudio trainieren.
Anschließend der gemeinsame Lunch. Gleich danach ein ausgedehnter Spaziergang rund um den See, wie ich ihn schon lange nicht mehr gegangen war. Es war anstrengend. Wenn auch nicht kalt. Wenn man kontinuierlich geht, bemerkt man die Kühle nicht.
Nach einiger Zeit allerdings, war es nötig für mich, immer wieder Pausen einzulegen. Was für Gunnar ein Leichtes war, ist für mich ein Marathon. An dessen Ende ich beinahe zusammen brach. Und ich fragte mich, WARUM tat ich mir das an? Das hätte nicht sein müssen. Gunnar hatte wieder und wieder angemerkt, dass es doch vielleicht besser wäre umzukehren. Aber nein. Ich stellte mich ganz bewusst dieser Herausforderung. Weil ich schlicht und einfach neugierig war, was und wie viel ich noch zu leisten im Stande bin.
„Ich trage dich, wenn es sein muss.“, sagte Gunnar besorgt und griff nach meiner Hand.
Ich zog sie zurück und ging noch schneller voran. „Nein. Lass mich. Ich schaffe das schon.“
Gunnar schnaufte und lief mir hinterher. Holte mich ein und umfing mit seinen Armen meine Taille. Hob mich hoch und ließ mich strampeln.
„Lass mich los!“, widersetzte ich mich.
„Rea! Sei doch bitte vernünftig!“, mahnte er.
Als wir, nach der Runde um den See, beinahe beim Restaurant angelangt waren, kamen uns Kevin, Janina und Vince entgegen. Ich taumelte schon fast auf ihn zu. Gunnar hielt meine Hand und ließ ich es ihn tun. Weil ich befürchtete umzukippen. Es muss ein eigenartiger Anblick gewesen sein und im Nachhinein schäme ich mich dafür. Wie konnte ich Kevin nur so brüskieren?
„Kevin!“, rief Gunnar meinem alten Freund entgegen, „Kannst Du Rea nicht zur Einsicht bewegen?“
Ich blieb vor Kevin stehen, atmete schwer und wankte, als wäre ich betrunken. Genau genommen, war ich einer Ohnmacht nahe.
„Was ist denn passiert?“, hörte ich Kevin Stimme fragen. Sie klang so nah und dann wieder so fern.
„Oh mein Gott!“, kreischte eine Frau. Es musste Janina gewesen sein. „Haltet sie doch. Sie fällt gleich um.“
Ich spürte, wie sich energisch ein Arm von hinten und noch einer von vorne um mich legten. Es mussten Gunnars Arme gewesen sein. Denn sein Gesicht war mir so nah. Ich sah die Stoppeln seines Bartes. Sie schimmerten golden in der prallen Sonne.
Ich war so euphorisch in diesem Augenblick, dass ich kaum meinen Körper spürte. Lächelte, drehte meinen Kopf von einem zum anderen und gab Gunnar eine Kuss auf die Wange. Nebenher hörte ich Kevins Stimme.
„Setz sie doch zu mir auf den Stuhl und wir bringen sie zum Haus. Dann trägst du sie rein.“
„Was hat sie getan?“, vernahm ich erneut die stimme der Frau, die für meine Ohren alles durchdrang.
„Nichts. Sie ist nur gelaufen.“, sagte Gunnar zu ihr. „Es war einfach zu viel.“
„Hat sie es nicht gewusst, dass sie das  nicht mehr kann?“ Besorgnis klang in Janinas Stimme und ich......musste lachen.
„Ja. Natürlich wusste sie das.“
„Warum tut sie es dann?“
„Frag’ nicht so viel.“, herrschte Kevin Janina an und ich..........lachte weiter.
Sie redeten und redeten, als wäre ich nicht dabei.
„Es ist einer dieser Tage“, Gunnars Stimme nahm kapitulierende Züge an und ich,......lachte vor mich hin.
„Ist sie betrunken?“, fragte Janina Gunnar schließlich, ohne auf Kevins Rat zu hören, nichts mehr zu fragen.
„Nein. Selbstverständlich nicht.“, verteidigte mich mein Ehemann.
„Warum lacht sie dann?“
„Janina. Sei bitte still jetzt. Wir müssen ihr helfen.“ Kevin. So kannte ich ihn. Bei Gefahr,.....über-legen. Und ich........lachte und lachte. Die anderen wunderten sich. Sicher starrten sie mich an und waren am Staunen. Oder schauten sie eher befremdlich drein? Ich wusste es nicht. Nahm es nicht...mehr.....wahr. Die Schmerzen, die Krämpfe drangen nun in mein Bewusstsein durch und erreichten ein Maß der Unerträglichkeit. Es ging NICHTS mehr! Meine Beine gaben nach und ich sackte zusammen.
Gunnar fing mich auf und setzte mich auf Kevins Schoß und sie brachten mich nach Hause. Gunnar trug mich ins Haus, nachdem er sich bei Kevin bedankt und verabschiedet hatte.
Was für eine Rally. Dachte ich noch so, während Gunnar mich nieder legte. Ich konnte hören, wie er schnaufte.
„Was ist?“, fragte ich ihn.
„Du bist verrückt.“, was eine Feststellung zu sein schien. „Weißt du das?“
„Warum?“
„Du weißt genau, dass du nicht so weit gehen kannst. Warum tust du es dann?“
„Ich wusste es nicht.“, rechtfertigte ich mich und wurde ernster. „Es war mir danach es auszuprobieren. Du warst doch bei mir, zur Sicherheit. Was hätte mir da schon passieren können? Nichts. Wie du siehst.“, beantwortete ich mir meine Frage selbst.
„Rea. Was machst du nur.“ Ich sah Gunnar wie er sich neben mir fallen ließ. Er beugte sich zu mir herüber und küsste mich. „Du bist eine Irre.“ Er lachte und legte sich neben mich. Ich lachte mit.
Nach einer Weile des gemeinsamen Gelächters bekam ich Appetit. „Bestelle mir bitte eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen dazu. Und was möchtest du?“ Ich wendete meinen Kopf Gunnar zu und lächelte ihn an.
Er grinste. „Ich glaube, ich nehme das Selbe.“ Und im gleichen Atemzug die besorgte Frage: „Geht es Dir wieder gut?“
„Besser. Bis auf meine Beine. Die Krämpfe an Bauch und Rücken. Und die Füße. Sie brennen.“
„Das sind Nervenschmerzen. Magst du vielleicht etwas dagegen einnehmen?“
„Nein.“
„Was macht dein Herz? Ist da ein Druck? Ein Stolpern?“
„Nein.
„Gut.“ Und du lügst mich auch nicht an?“
Erneut musste ich lachen. „Nein. Warum sollte ich das tun?“
„Damit du einen Anlass hast, die Medikamente abzusetzen. Und ich weiß, dass du es willst.“
„Ja. Natürlich. Was denkst du denn? Die Ärzte sagen, dass es meinem Herz besser geht und trotz alldem verschreiben sie mir noch mehr von diesem Zeug. Was soll denn das sein? Ich verstehe das nicht.“
„Nimm’ sie doch erst einmal. Du kannst sie doch auch später noch aus dem Medikamentenplan streichen.“
Unwilligkeit machte sich in mir breit. Dennoch wusste ich, Gunnar hatte Recht.
„Ja. Meinetwegen.“, gab ich auf.

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Am Abend sahen wir ein wenig fern und ich surfte zuweilen im Internet. Schrieb sogar bereits ein wenig an diesem Post. Marie rief kurz an und Gunnar sprach mit seinen Kindern. Was man so sprechen nennen kann. Zumindest war er glücklich dabei.
Derek rief an, um mir zu sagen, dass er erkältet war. OH Gott! Dachte ich. Nur gut, dass ich dieses Wochenende NICHT bei ihm war.
„Sei bitte vorsichtig und infiziere deine Mutter nicht. Du weißt, es wäre gefährlich.“
„Ja. Ich habe auch ihr bereits Bescheid gesagt.“

Später:
„Du hast heute nicht fremd gefickt.“, bemerkte ich gänzlich ungeniert meinem Ehemann gegenüber.
Der lachte! Und warf seinen Kopf zurück. „Nein.“
„Und? Hältst du es auch noch weiterhin aus?“
„Wir werden sehen?“
„WAS soll das bitteschön bedeuten?“ Die Frage war doch eher als Scherz gedacht.
Gunnar zog mich zu sich hinüber und drückte mich fest an seinen Körper heran.
„Hab’ keine Angst. Ich schaffe das schon.“ Was ICH genau genommen bezweifelte. Nun, wir werden sehen.
„WIE wird es heute Nacht sein?“, fragte ich vorsichtig an.
Gunnar lächelte. „Ich bleibe bei dir. Nichts anderes. Das verspreche ich.“
Ich sah ihn nachdenklich an. „Was geschieht da gerade mit dir?“
„Ich versuche nur, dir ein guter Ehemann zu sein.“
„Wie lange?“, vermochte ich mir diese Frage nicht zu verkneifen. „Bis wir wieder in Stockholm sind und du zu Alexa gehst?“
„Ja. Vielleicht.“
„Vielleicht? Wann hast du vor zu gehen?“ Nun war meine Aufmerksamkeit geweckt.
Gunnar begann mich sanft zu streicheln. Er blieb, im Gegensatz zu mir, ganz ruhig. „Wir fahren gemeinsam. Am Montagmorgen zurück.“
Seine Worte beruhigten mich und ich lächelte ihn an. „Okay. Das ist gut zu wissen. Und bis dahin? Bleibst du mir treu?“
Noch immer strahlte Gunnar Gelassenheit aus. „Aber natürlich tue ich das.“
War er tatsächlich bestrebt ein braver(er) Ehemann zu sein? Ich konnte es kaum glauben. Dennoch erfreute ich mich daran.

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Wir hatten uns noch einen Film angesehen und gingen viel zu spät ins Bett. Es muss so gegen halb drei gewesen sein. Natürlich war nicht sekündlich ans Einschlafen zu denken.
„Wie wäre es, wenn wir beide wieder einmal eine Zeit bei Erik im Zauberwald verbringen?“, fragte mich mein Ehemann und ich war erstaunt.
„Ach. Tatsächlich? Ohne Alexa, oder irgendeine andere Frau. Nur wir beide bei Erik?“
„Ja.“
Mit diesen Gedanken vermochte ich gut in den Schlaf zu kommen.
Kein Sex. Gleichwohl nicht am Morgen. Obwohl auch mir so la, la danach war. Und Gunnar so wie so. Allerdings war es bereits zehn, als wir erwachten.

Im Restaurant begegneten wir Derek.
„Komm’ nicht zu nah’.“, wehrte ich energisch ab. Denn ich hatte mitnichten die Absicht mich bei ihm anzustecken. „Ich hoffe, du warst mit deiner Erkältung nicht bei deiner Mutter.“, rief ich ihm noch zu.
„Nein, war ich selbstverständlich nicht. Ich weiß, dass es gefährlich für sie ist.“

Etwas später kamen Thomas und Natasha an unseren Tisch. Setzten sich jedoch nicht. Sagte ausschließlich Hallo.
„Ich hoffe du hast es dir überlegt und bleibst noch eine Weile.“, sagte ich zu ihm.
Er schmunzelte und hob die Schultern. Machte ein verklärtes Gesicht. „Vielleicht.“


Gunnar ist joggen gegangen. Zumindest hoffe ich das. Wenn nicht, wird man es mir sicherlich später erzählen..........

  

Samstag, 30. Januar 2016

Ein braver Ehemann



Ich wartete auf Gunnar und wir fuhren gemeinsam zum Zentrum, wo Thomas Geburtstagsfest stattfand.
„Bleiben wir?“, fragte ich Gunnar ein wenig  zögernd.
„Ja.“, antwortete er und ein freudiges Lächeln überzog dabei sein Gesicht. Er wusste genau, dass ich es liebe, hier in meinem Haus am See zu sein.
Derek war darüber nicht wirklich erfreut. Was mich nicht verwunderte.

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Es war sehr spät geworden, am gestrigen Abend. Es muss so gegen zwei gewesen sein, als wir durch den Park zu meinem Haus gegangen sind. Auf dem Weg hatte ich mich an meines Ehemannes Seite angekuschelt und ihn gefragt, ob er bei mir bleibt heute Nacht. Denn Gunnars letzte, freiwillige Übernachtung im Zentrum war mir noch in guter Erinnerung. Daher hatte ich vermutet, er würde des Nachts zu einer anderen gehen. Er tat es jedoch nicht. Stattdessen bat er mich um Fellatio und ich erfüllte es ihm. Warum auch nicht?

Am Morgen dann noch einmal Sex.
Nicht, dass ich es nicht wollte. Ich liebe es, wenn Gunnar in mir ist. Ohne Frage. Dennoch begann ich gleich anschließend ein Gespräch, weil ich besorgt um ihn war, und vor allem, es wissen wollte. Zaghaft sprach ich dieses sensible Thema, über welches wir schon oft geredet hatten, an. Zumindest war es für mich ein wenig unangenehm.
„Wie ist es mit dir? Kommst du denn einigermaßen klar?“
Gunnar tat so, als wüsste er nicht, um was es ginge. „Was meinst du denn?“
Also fragte ich direkt: „Ist dir einmal Sex am Tag genug?“ Natürlich war mit bewusst, dass er generell mehr davon benötigte. Nichts desto trotz fragte ich anders: „Oder wäre es auch einige Tage ohne ihn möglich?“
Gunnar schmunzelte. „Es geht schon. Sorge dich nicht. Ich komm’ zurecht.“
Trotz seiner beschwichtigend Antwort, merkte ich noch einmal in besorgter Art und Weise an: „Ich dachte nur und möchte nicht, dass du dich quälst.“
„Oh!“ Er lachte und strich mir mit dem Rücken seiner Hand über die Wange. „Ja. Manchmal ist das so. Deshalb gönne ich mir doch lieber mehr als zu wenig. Insbesondere, wenn es sich mir an-bietet.“ Ein Lächeln, welches mir Unbekümmertheit vermitteln sollte, überzog sein Gesicht. Andererseits jedoch, sah ich gleichwohl darin ein leichtes Schmunzeln. Natürlich wusste ich warum. Er dachte sicherlich an seine zahlreichen Gespielinnen. Insbesondere an die, hier im Zentrum. 
„Wie Alexa beispielsweise.“, antwortete ich doch eher formgerecht. Eine Anspielung auf die anderen, vermochte ich mir jedoch nicht zu verkneifen. „Oder einige Frauen hier im Zentrum, mit denen du....“
„.....gelegentlich fickst?“, beendete er meinen Satz und lachte. Was ich nun wirklich nicht komisch fand. Andererseits bedeutete es, dass er wusste, dass ich es wusste.
„Kommst du denn nicht einige Tage ohne Sex aus?“, schoss eine Alibifrage aus mir heraus. Denn ich war doch einigermaßen verlegen, ob der Offenlegung des Wissens, was ich bisher vor ihm verbarg.
„Ja natürlich. Das weißt du doch mein Herz.“, erwiderte er und schien irritiert zu sein. Gunnar fixierte mich zwei, drei Sekunden mit einem durchdringenden Blick. Küsste mich dann und schnaufte. Sah mich mit aufmerksamen Augen an und beantwortete meine unausgesprochene Frage. „Ja. Ich wusste es die ganze Zeit, dass du es weist,.......dass ich ab und an mit einigen Frauen in meinem Spielzimmer.......spiele.“ Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse, welches mich jedoch nicht lachen ließ. Wie er es vielleicht beabsichtigt hatte. Stattdessen fragte ich eher subtil: „Ich vermute, es könnte Gewöhnung sein. Denkst du nicht auch, dass es so ist?“
„Ja. Du magst sicher Recht haben damit.“ In diesem Augenblick bemerkte ich ein wenig Unbehagen in seinem Verhalten. Er wandt sich zunächst und ließ sich dann doch drauf ein. „Wenn man gut zehn Jahre täglich auf mehrere Male Sex eingeschworen wird, welche Wahl hat man dann? Es ist zur Gewohnheit geworden und wie du bemerkt haben wirst, kann es schwierig sein, es zu lassen. Für mich war es nach einer Zeit normal. Und jetzt fällt es mir schwer, es zu lassen. Ich vermute du weißt, dass das es so ist. Und ich denke, du verstehst das auch?“
Ich nickte und er sprach weiter. „Ich grüble so oft darüber nach und weiß nicht, was ich dagegen tun soll. Es scheint wohl tatsächlich wie bei einem Suchtkranken zu sein. Ich vermag es nicht so einfach zu lassen. Versuche ich es, dann werde ich zumeist unruhig und denke, ich platze aus allen Nähten. Oder, als staue sich da etwas in mir an. Aber weißt du Rea, wir haben schon so oft darüber geredet und ich dachte, du wüstest Bescheid.“
„Ja. Das ist mir durchaus bewusst. Ich will dich nur ab und an dran erinnern, es weiterhin zu versuchen, mir ein guter Ehemann zu sein.“ Und schon im nächsten Moment merkte ich erneut und überaus behutsam einen Psychotherapeuten an.
„Wozu? Ich muss es selbst irgendwie regeln und glaub mir, ich gebe mir alle Mühe dir DER gute Ehemann zu sein, den du dir wünschst. WEIL,...... ich DICH über alles liebe. Und ich weiß durchaus, dass es NICHT NORMAL ist, was ich tue. Aber WAS ist schon wirklich NORAML?“
„Und wie ist es mit Alexa? Liebst du sie auch?“, fragte ich nun gleichwohl nach ihr. Wenn wir schon einmal beim Fragen waren. Allerdings registrierte ich die zunehmende Unwilligkeit und ebenso seine vermehrte Anspannung.
„Ja. Auf irgendeine Weise schon. Ich würde sie nicht missen wollen. Und da ist auch ein Gefühl in meinem Herzen. Wenn ich sie ansehe, schlägt mein Herz etwas schneller. Ist das Liebe?“
„Ja. Ich denke schon.“, antwortete ich ihm doch eher traurig. Denn seine Worte bedeuteten nicht anderes, als dass er tatsächlich Gefühle für sie hat. Wo ich immer noch hoffte, dass es nicht so war. (Deshalb wohl meine viele und erneute Fragerei.)
„Aber es ist NICHT wie mit dir Rea. Es ist anders. SIE WÄRE für mich möglicherweise sogar entbehrlich. Nur nicht im Augenblick. Mag sein, dass da jetzt noch so viel Gefühl für sie ist. Aber vielleicht ist es wie mit all den anderen.“ Bei diesen Worten sah er mich mit bedeutenden Blicken an und nickte mir lächelnd zu. Ich wusste genau, was er damit meint. Denn ICH war es, die stets anmerkte, dass seine Liebe zu anderen Frauen, bisher allesamt nur Strohfeuer waren.
„Mit dir Rea weiß ich, dass es etwas Dauerhaftes ist. Ich wusste es von Anfang an. Und wie ich dir einst gestand. Ich verliebte mich in Dich, als ich dich das aller erste Mal sah. Da kanntest du mich noch nicht einmal. Da waren wir uns noch nicht einmal offiziell begegnet......in diesem Leben.“
OH. Natürlich. Jetzt wurde wieder die Seelenverwandtschaft ausgepackt. Auch ich mochte gern daran glauben und mein Gefühl bestätigte es mir jedes Mal aus Neue, DAS es tatsächlich so war. Wir beide, gehörten zusammen!
Gunnar hatte die Gedanken in meinem Kopf gesehen und nickte mir wohlwollend zu. „Ja. Genau so ist es. Wir beide gehören zusammen und sind etwas Besonderes. Nichts und niemand vermag uns je zutrennen. Gleich, was auch geschieht.“
Ich nickte erneut und stimmte ihm zu. „Es scheint wohl so zu sein.“ Lächelnd kuschelte ich mich in seine Arme. Strich an seinem Körper herunter und genoss......meinen Ehemann.
„Hey, hey! Mach’ mich nicht an! Sei denn,.....du willst noch mal.“ Gunnar zwinkerte mir lachend zu. Denn er wusste genau, dass es eben NICHT so war.
„Ich muss nicht immer nur etwas von dir wollen, wenn ich dich streichle. Es ist schlicht und einfach das Bedürfnis, dich, deine Haut, deinen Körper zu berühren, weil ich liebe. Es muss nicht in jedem Fall zu Intimitäten kommen.“
Gunnar bremste mich aus. „Ich weiß das doch mein Schatz. Ich weiß.“ Beruhigend strich er mit seiner Hand über meinen Körper, mein Gesicht, mein Haar und lächelte einfach nur liebevoll und zufrieden....................



Freitag, 29. Januar 2016

Das ganz normale Leben



Es gibt nur wenig zu berichten. Seitdem ich das letzte Mal hier schrieb, ist nichts Wesentliches geschehen. Gunnar ist noch immer bemüht, mir ein guter Ehemann zu sein. Ist nur gelegentlich getrennt von mir. Im Büro, oder wenn er bei Alexa ist.

Am gestrigen Nachmittag war ich im Zentrum. Fuhr jedoch vor dem Dinner zurück, nachdem ich Gunnar angerufen, und er mich gebeten hatte zurückzukommen. Was Derek selbstredend nicht wirklich gefiel. Wollte er doch, dass ich bei ihm blieb.

Gunnar und ich speisten sogar noch gemeinsam an diesem Abend. Jedoch ohne andere Personen. Schlicht und einfach nur wir zwei. Und genauso verbrachten wir den Abend und die Nacht.

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Thomas hat heute Geburtstag und ich bin mit Gunnar darin übereingekommen, dass er mit mir ins Zentrum kommen wird. Entweder fahren wir sogleich gemeinsam nach dem Lunch und nachdem er seine Arbeit im Büro beendet hat. Oder ich fahre bereits vor und er kommt nach. In jedem Fall werden wir zusammen sein, im Zentrum, in meinem Haus am See. Womöglich verbringen wir beide sogar das ganze Wochenende dort. Ich hoffe es sehr.........



Donnerstag, 28. Januar 2016

Gefährten fürs Leben



Nach unserem Gespräch, vor einigen Tagen, gibt Gunnar sich nun alle Mühe mir zu beweisen, wie viel Liebe er für mich empfindet. Was nicht bedeutet, dass er es vorher nicht tat. Es ist nur anders,.......jetzt. Intensiver. Deutlich sichtbarer. Loyaler. Ergebener. Aber dennoch offen und ehrlich und ich vertraue ihm.....selbstverständlich. Was sonst. Er hat durchaus gute Argumente (die nichts mit Sex zu tun haben).
Es ist gerade so, als würde er sich mit jedem Mal, welches wir über unsere Probleme sprechen, ein wenig verändern. Gleichwohl er einräumt, für Alexa ebenso Gefühle der Zuneigung zu hegen. Er erwähnt es nicht oft. Nur gelegentlich, wenn ich ihn danach frage.

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Er mag selbstredend versuchen, sein Versprechen der besseren Trennung zwischen Alexa und mir, zu erfüllen. Was ihm allerdings nicht zu jeder Zeit gelingt. Daher gibt es durchaus auch gemeinsame Stunden, die ich meinerseits bereit bin zu tolerieren. Wenn mir danach ist,....... vermag ich es auch in Gunnars Büro zu tun und mich dort aufzuhalten. Oder ich stimme zu, dass wir gemeinsam speisen. Es kann sogar möglich sein, wenn ich nachsichtig genug und guter Stimmung bin, das wir für die Länge eines Filmes zusammen auf der Couch unseres Apartments sitzen. Was geschehen ist, am Mittwochabend. Samt Fastfood und einem Glas Bier. Was meine (strikte) Disziplin beim Speisen über den Haufen warf. Nur wollte ich dieses Mal kein Spielverderber sein.
Die Nacht über blieben wir zu zweit. Gunnar und ich. Was jetzt, erstaunlicher Weise, immer öfter geschieht.

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Während Gunnar, nachdem er seine Arbeit beendet hatte, am Nachmittag für zwei Stunden bei Alexa war, sprach ich mit Kevin. Derek hatte ich nicht erreicht. Die Ursache dafür ist mir unbekannt. Ich fragte, ob etwas anlag, dass meine Anwesenheit erforderte. Kevin  verneinte und dennoch äußerte er bedauern darüber, dass ich nicht zum Zentrum kam.

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Kein Sex. Weder am Abend, noch am Morgen. Wir schliefen bis neun. Alldieweil wir am gestrigen Abend erst nach zwei zu Bett gegangen sind. Neben dem Fernsehprogramm hatte es eine heiße, politische Diskussion gegeben. Allerdings KEIN Streitgespräch. Wir waren uns einig darüber, WER die Welt in ihren Klauen hält.
Und so zwischendurch redeten wir gleichwohl über uns.
Ich vermute, umso länger wir zusammen sind und uns auf diesem Weg immer besser kennen lernen, umso bessere Freunde, Gefährten werden wir. Gunnar weiß das gleichermaßen zu schätzen. Dies vermute ich nicht nur. Er bestätigt mir immer wieder, wie glücklich er mit mir ist. Und dabei ist Ehrlichkeit und Freude in seinen Augen.



Dienstag, 26. Januar 2016

„Alte Pfade“



Da ich ohnehin das Montag-Morgen-Briefing verschlafen hatte, sah ich keine Veranlassung mehr zum Zentrum zu fahren und blieb bei Gunnar, Alexa, Magnus, Victor und Anna Maria Swanepoel im Büro. Schrieb, surfte im Internet, telefonierte mit Marie und Derek, der mich über alles informierte was für mich geschäftlich von Bedeutung war, und ließ mir sogar kleine Aufgaben zuteilen, die ich erledigte. Schließlich ist es die Firma meines Vaters und ich hatte jedes Recht hier zu sein. Was allen anderen offenkundig bewusst gewesen war.
Aus dem Augenwinkel heraus hatte ich beobachtet, wie Gunnar Alexa anwies, mir eine Tätigkeit zuzuweisen.
„Nein Gunnar.“, zischte sie ihn an. „Das tue ich nicht. Sie wird mich nur wieder herablassend behandeln.“
Gunnar ließ nicht locker. „Geh’ schon. Ziere dich nicht so. Es wird schon gut gehen. Vertraue mir.“
Ich hörte sie schnaufen und ihre Schritte so allmählich näher kommen. Alldieweil ich  Gunnar nicht Lügen zu strafen gedachte, suchte ich nach dem Gleichmut in meinem Inneren und fand ihn auch. Warum sollte ich jetzt und hier eine Szene machen? Wozu hätte das gedient? Ausschließlich dazu, um meine Unfähigkeit zu Vertrauen und Unreife zu demonstrieren. Es wäre viel weiser, schlicht und einfach darüber zu stehen. Da ich wusste, dass Alexa kein bösartiger Mensch war, wappnete ich mich mit Sanftmut und Gütigkeit, um ihr zu begegnen.
„Gunnar hat gesagt“, begann sie mit finsterem, zaghaften Blick, „ich soll dir das hier zum durchsehen geben. Machst du das bitte.“, brach sie sie beinahe einen ab vor Bekommenheit.
Ich blieb freundlich und gelassen. Sah sie lächelnd an und nahm das Paket von Dokumenten entgegen. Was sie offensichtlich verwunderte. Sicherlich hatte sie eine Herabsetzung meinerseits erwartet. Eine Diffamierung. Oder zumindest eine Anfeindung. Ein böses Wort, welches meine Eifersucht offen zeigte. Aber nichts. Ich hatte mich tatsächlich beherrscht!
In ihrem Gesicht formte sich ein vorsichtiges Lächeln, nachdem sich mich forschend eine weile angesehen hatte. Ich nickte ihr höflich und warmherzig zu, was sie sichtlich erstaunte. Und noch im selben Moment husche ein Lächeln über  ihr Gesicht und ihre Augen strahlten.
Als sie zu Gunnar zurückgegangen war, hörte ich, wie er sie fragte: „Und, war es so schlimm?“
„Nein. Im Gegenteil. Ich bin verblüfft. Sie war so freundlich.“
Gunnar horchte auf. „Siehst du. Ist doch alles okay. Und jetzt weiter. Wir habe jede Menge zu tun.“

Alles in allem blieb ich bis zum Abend mit Gunnar und den anderen im Büro. DAS hatte ich in der Tat noch nie getan. Im Allgemeinen liebe ich die Einsamkeit und meine Ruhe. Aber es war nicht wirklich hektisch. Im Gegenteil. Obwohl es anstrengend für mich war, die ganze Zeit aufrecht an einem Tisch zu sitzen, fand ich die Atmosphäre doch recht angenehm und beruhigend. (Schon eigenartig. Womöglich kommt es doch auf die (eigene) Einstellung an. So wie Gunnar es oft angemerkt hat.)

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Ein Dinner zu zweit.....mit meinem Ehemann. Besser vermag es kaum zu laufen. Und im Anschluss noch ein gemeinsamer Tennisabend am Fernsehapparat. Bedauerlicher Weise NICHT vor Ort. Nun ja. Egal.

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Der Morgen mit Ausschlafen und Sex. Sehr angenehm. Wie Gunnar nun einmal ist.
Ich hatte ihn explizit darauf hingewiesen, es vorsichtiger wie sonst anzugehen.
Dan ein Frühstück zu zweit. Wunderbar. Wir sprachen noch einmal, gänzlich gelassen, über uns, über Alexa und ebenso über Gunnars Sexualität und sein übermäßiges Verlangen.
„Du weißt aber schon, dass das NICHT normal ist?“, wies ich ihn (erneut!) auf diese Kleinigkeit hin.
Zu Beginn zuckte er noch mit den Schultern. Frei nach dem Motto: Was soll’s? Aber ich erklärte es ihm noch einmal und ließ ihm, mit allem Verständnis in meinen Augen und Inneren, auf meine Fragen antworten.
„Ja. Mir ist schon bewusst, dass es für DICH schmerzlich ist. Auch wenn es MIR völlig normal erscheint mit mehreren Frauen zu leben.“
„Genau deshalb ist Mann nur mit einer Frau liiert.“, argumentierte ich.
„Das ist religionsbedingt unterschiedlich.“
„Was ist DAS bitteschön für ein Argument???“, wurde ich ärgerlich. Da ich vermutete, in welche Richtung diese Unterhaltung lief. Schließlich hatte er sich am Wochenende mit seinem Bruder Carsten, seiner Freundin und deren Familie getroffen, die Muslime waren.
Ich baute mich sitzend vor ihm auf und wurde energisch: „Du lässt dich doch wohl nicht von diesem rückständigen, aggressiven, Frauen verachtenden Glauben inspirieren, auf welchen dein Bruder Carsten zusteuert? Respektierst du mich überhaupt noch als Frau. Oder was?“ Ich ließ ihn nicht zu Worte kommen. Sprach einfach aus, was mir am Herzen lag und wurde, trotz alledem wieder ruhiger dabei. Weil ich Gunnars erschrockenes Gesicht wahrnahm. „Vielleicht erinnerst du dich an deine Wurzeln. Es wird Zeit, wieder einmal deinen Onkel Erik aufzusuchen. Vielleicht bringt er dich wieder zurück auf den rechten Pfad.“ Am vermeintlichen Ende meiner Ansprache war ich bereits wieder gelassen im Inneren und strahlte es gleichwohl aus. Was mir ganz persönlich bewies, dass sich etwas in mir weiter entwickelt hatte. Kein Wunder also, dass ein wenig Genugtuung darüber bei mir aufkam und ich sogar zu lächelte begann.
Gunnar räusperte sich und zog die linke Braue nach oben. Er schien verwundert. „O – k – a – y.“
Eine Pause entstand und mein Ehemann schnaufte ein wenig. „Rea, ich bin nicht dumm. Du hast, was den Islam betrifft, selbstverständlich Recht und mein Onkel würde mir nichts anders sagen als du. Vermutlich würde er mir tatsächlich, wie du richtig vermutetest, nahe legen, mich davon fern zu halten und die alten Pfade zu gehen. So, wie es mir vorherbestimmt ist.“
„Und warum tust du es dann nicht?“, hakte ich ein.
„Rea, mir ist es durchaus bewusst, was der Islam mit Frauen macht und ich bin in keinster Weise auch nur daran interessiert, diesem veralteten, starren Glaubensgebäude zu folgen. Nein. Das tue ich nicht! Glaube mir.“
„Aber warum dann das Treffen mit ihnen?“
Erneut atmete Gunnar tief. „Es ist mein Bruder und ich versuche ihm klar zu machen, WO UNSER LEBENBAUM steht und WIE WIR ihn nennen. Aber ohne, das es bevormundend klingt, oder aussehen mag. Er muss sich sicher fühlen. Sonst verliert er sein Vertrauen zu mir. Verstehst du das?“
In meinem Hirn formte sich ein Bild, welches in diesem Augenblick recht NEU für mich war. Gunnar, als Undercover-Agent für Freyja und Odin. Und das noch, ohne es mir zu sagen. Warum tut er das? Warum weiht er mich nicht ein?
„Wieso sagst du mir das nicht, dass du deinem Bruder überzeugen möchtest, seine Freundschaft mit einer Muslime gegebenenfalls noch einmal zu überdenken?“
„Weil es sonst nicht authentisch wirkt.“ Er lachte.
„Du bist einfach unmöglich Gunnar!“, empörte ich mich. „Was wäre denn schlimmes dabei gewesen, wenn ich dich bei deiner Mission unterstützt hätte?“
„Weißt du Rea, ich bin weit davon entfernt, meinem Bruder Vorschriften zu machen. Er kann tun und lassen, was immer er will. Aber er ist nun einmal in diese Dalal verliebt. Und genau DAS ist schwierig zu verändern. Er bewundert alles, was sie umgibt. Er ist verblendet. Ein verliebter Esel, wie man so schön sagt. Und deshalb ist es wichtig behutsam vorzugehen. Ihm im Notfall sogar vorzutäuschen, dass ich sein Vorhaben unterstütze.“
Ich schüttelte mit dem Kopf. „Ich verstehe dein Vorgehen nicht.“
 „Ja. Ich weiß. Es ist auch ein wenig zu.....männlich. Und du kennst doch den Ausspruch: Kenne deine Feinde besser als deine Freunde.“ Gunnar grinste mich an und zwinkerte mir zu. „Mir ist schon klar, dass der muslimische Glaube für Männer ansprechend ist. Auch ICH könnte mich darin wieder finden.“
In diesem Augenblick holte ich tief Luft und setzte zum sprechen an. Gunnar gebot mir jedoch mit den Worten: „Bitte, lass mich ausreden“, still zu schweigen.
„Aber ich tue es nicht Rea. Ich tue es nicht und werde es auch niemals tun. Nur, um Carsten das alles klar zu machen, musste ich mich mit ihnen treffen und auch mit dem Beitritt zu den Schwedendemokraten vorerst zurückhalten. Er hätte es sicherlich, aufgrund seiner Liebe zu ihr, missverstanden. Es ist eben kompliziert.“
„Ja. In der Tat. Und ich versuche es zu verstehen.“, ergriff ICH nun das Wort.  „Vielleicht lässt du mich es einmal für dich zusammenfassen, SO, wie ICH es verstanden habe. Ist das okay für dich?“
Er machte eine höfliche Geste mit der Hand: „Ich höre.“
„Im Grunde hast du deinen Weg des Druiden, so, wie es dich Erik lehrte, nie verlassen. Nur musstest du zeitweilig, also jetzt, eine Rolle spielen, um deinen Bruder zu helfen, WENN er sich denn retten läst. Was durchaus noch nicht sicher ist. Schließlich gedenkst du ihn gleichermaßen NICHT zurecht zu weisen und am Ende kann er tun, was er will. Du hast es, in jedem Fall versucht ihm den Weg der Ahnen zu weisen. Gleichwohl du dich auch für Toleranz aussprichst. Jedoch die politische Situation vollkommen begreifst und auf Grund dessen dich eigentlich doch zu den Schwedendemokraten hingezogen fühlst. MICH musstest du ebenfalls täuschen. Damit du authentisch erscheinst und Verständnis für die Situation, in welcher sich dein Bruder befindet, ausstrahlst. Weil dir zudem gleichermaßen bewusst ist, dass du selbst die Vielweiberei auf deine ganz eigene Weise betreibst. Jedoch möchtest du nicht ins fünfzehnte Jahrhundert zurück fallen, was Frauenrechte betrifft. Du magst es, wenn Frauen wild und frei ihre Sexualität ausleben. Was auch ein Grund sein mag, dass du mir Derek zugestehst. Andererseits hast du mir gegenüber Schuldgefühle und hast einen Liebhaber für mich gewählt, der dir nicht gefährlich werden kann. Weil er noch weiß, was Ehre bedeutet. Und von MIR weißt du genau, dass ich dich über alles liebe.“ Ich sah ihn mit gewinnenden Blicken an.
Gunnar stand der Mund offen. „BESSEER hätte ich es auch nicht formulieren können.“
„Warum sagst du mir das nicht gleich. Dann hätte ich es doch verstanden.“
Ich lächelte Gunnar sanftmütig an. Griff nach seiner Hand und drückte sich leicht.“
„Bin ich jetzt der Esel? Oder was?“, sagte er lachend.
Ich legte die Stirn ein wenig in Falten und nickte ihm schmunzelnd zu. „Vielleicht.“
„Ich hätte dir vertrauen sollen. Nicht wahr?“ Na endlich hatte er begriffen!
„Ja. Absolut!“, stimmte ich ihm zu.
„Dann würde ich dich jedoch bitten“, erwiderte er, „auch mir zu vertrauen und deine noch immer ständigen Eifersüchteleien fallen zu lassen. Du weißt doch ganz genau, dass ich dich ebenfalls über liebe. DU bist alles für mich. Die Nummer eins....vor allen anderen.“
„Ach! Tatsächlich? DAS glaube ich dir nicht ganz. Ich nehme zuweilen an, dass Gunnar zuerst an Gunnar denkt.“
Gunnar verzog das Gesicht und wirkte verschämt und ertappt. „Ja. Okay. Vielleicht hast du Recht. Manchmal übertreibe ich es mit dem Genießen.“
„Und du weißt ganz genau, dass du mich damit verletzt. Wäre es nicht besser, dass wir BEIDE, gegenseitig, ein paar Schritte auf uns zu gehen?“
Gunnar nickte. „Ihr Frauen seid schon klug.“ Er senkte den Kopf und presste die Lippen zusammen.
„Weiß du Gunnar, ich habe in den Jahren unserer Ehe so vieles toleriert und bin trotz alledem bei dir geblieben. Mag sein, dass ich aus Gründen des verletzt Seins und der Verzweiflung oft ebenfalls manche Dinge tat, die nicht gut für und beide waren. Andererseits weißt du ganz genau, dass ich ausschließlich (!!!) mit DIR zusammen leben will. Mit niemand anderem. Auch mit Derek nicht. Und wie du an meinem Verhalten Alexa gegenüber sehen kannst, bin ich willig mit Toleranz auf dich zuzugehen. Und nun, verlange ich das Gleiche auch von dir. Denn du weißt doch ganz genau, dass ich Partys hasse. Dass Ruhe für mich nötig ist. Und dass ich, insbesondere JETZT, aus Krankheitsgründen, das Alleinsein mit dir bevorzuge. Anstatt mich beständig mit Menschen zu umgeben. Denn, wem ich so tagsüber alles begegne, ist mir völlig genug. DAS MUSST du so allmählich verstehen. Du bist doch kein Kind mehr Gunnar UND du hast mich als deine Frau erwählt. Übernimm eine Verantwortung in deinem Leben und stehe zu uns! Verstehst du mich?“
Gunnar nickte ein wenig betreten. Ich sah, dass ihn meine Worte bewegten.
„Es geht mir nicht darum dich an mich zu binden, dich einzusperren, oder dich zu  bevormunden. Bedauerlicher Weise ist in einer patriarchalen Gesellschaftsform die Frau auf den Mann angewiesen. Wenn du, oder wir alle, nun einmal in solch einer Gesellschaft leben, müssen wir ALLE die Konsequenzen ziehen.“ Ich holte tief Luft und sprach weiter: „Leider ist es so, dass es die meisten Menschen nicht begreifen, worum es wirklich geht und nicht tun, was sie sollten. Und genau deshalb ist unsere Welt so wie sie ist. Eben WEIL kaum jemand, und hier spreche ich insbesondere von den Männern (!), die Konsequenzen zieht.“, vervollständigte ich mein Plädoyer. (Ich hätte Anwalt werden sollen....smile.)
Gunnar war beeindruckt und stimmte mir in allen Punkten zu!
Welch’ Erfolg für mich und welch’ gute Gelegenheit, die ich nutze, ihm mein innersten Anliegen nahe zu bringen!

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Da wir eine lange Unterhaltung am Frühstückstisch geführt hatten, kam Gunnar erst gegen elf dazu ins Büro zu gehen. Ich begleitete ihn erneut, wie am Tag zuvor. Niemand beanstandete es. Im Gegenteil. Jeder von ihnen war nur freundlich. Auch Alexa war entgegenkommend und warmherzig zu mir. Hier, in Gunnars Büro, herrscht ein Klima, welches mir gut gefällt. Damit will ich allerdings nicht sagen, dass es in unserem Büro, im Zentrum, unangenehm ist. Es ist nur ein wenig hektischer und die vielen Personen bringen alle ihre ganze eigene Energie mit hinein. Hier, sind es nur fünf (bis jetzt) freundliche Menschen, die mit Gelassenheit ihrer Arbeit nachgehen.  Erstaunlich. Sicher ist mir gleichwohl bewusst, dass es nicht immer so geruhsam zugehen mag. Dennoch finde ich es hier, in Gunnars Büro, recht behaglich und positiv.  

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Nach dem gemeinsamen Lunch ging ich erneut mit Gunnar und seinen Mitarbeitern ins Büro und schieb meinen Post zu Ende. Und jetzt gedenke ich zum Frisör, sowie zur Manie- und Pediküre zu gehen.


Montag, 25. Januar 2016

Ein Phänomen



Während ich schrieb und im Internet surfte, war Derek joggen. Als er zurück zu mir kam, konnte ich ihm die Erleichterung darüber, dass ich noch nicht fort gegangen war, direkt von seinem Gesicht ablesen. Offensichtlich vermutete er, dass ich es womöglich in Erwägung ziehen könnte, sogleich nach dem Lunch nach Stockholm  aufzubrechen. Nein. Das tat ich nicht. Ich wartete ab bis.....Gunnar anrief.
„WO bleibst du denn? Ich dachte du kommst.“
„Da ich nicht wissen kann, WO du dich aufhältst, gedachte ich hier im Zentrum zu bleiben, bis du dich meldest. Denn in ein leeres Apartment wollte ich nicht zurückkehren. Warum sollte ich das tun? Wenn ich HIER jemanden habe, der es liebt, MIT MIR zu sein.“
Stille. (Anscheinend war DAS eine Ansage für meinen Ehemann.)
„O-k-a-y.“, war dann in einem vorsichtigen Tonfall zu hören. „Dann bitte ich dich JETZT zu mir zu kommen.“
„WO bist du denn?“
„Im Penthouse. Wo sonst.“
Ich musste direkt schmunzeln. Er hatte NICHT Apartment gesagt. Was mir zu verstehen gab, dass er NOCH bei Alexa war.
„WO im Penthouse?“
„Sobald du hier ankommst, bin ich in unserem Apartment.“, wich er mir aus.
„Werden wir dann allein sein? Oder haben WIR erneut Besuch zu erwarten?“
„Wir werden allein sein.“
„Schön, dass du endlich Zeit für mich findest. Bis gleich.“, sagte ich, wartete seine Antwort nicht ab und legte auf.

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Ich hatte es nicht eilig von Derek weg zu gehen. Nahm mir Zeit. Infolgedessen wurde es erst gegen sechs, als ich in unserem Stockholmer Apartment ankam. Gunnar war nicht da. Allerdings gedachte ich NICHT zu Alexas Apartment hinüber zu gehen. NICHT NOCH EINMAL. Ich wäre mir vorgekommen wie eine Bittstellerin. NEIN. Soweit wollte ich nicht sinken.

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Ich wartete noch zwei Stunden, bis Gunnar endlich kam.
„Warum sagst du mir nicht Bescheid, dass du hier bist?“, warf er mir vor.
„Ich dachte du bist hier. Schließlich wusstest du, dass ich komme.“, wich ich seiner Frage aus.
Gunnar schien einer Auseinandersetzung aus dem Weg gehe zu wollen und ließ das Gesagte vorerst so stehen. Umarmte mich stattdessen. Küsste mich sanft und liebevoll. Gerade so, als hätte er die ganze Zeit über auf mich gewartet und wäre nun froh, mich endlich wieder zu sehen.
ICH vermochte es jedoch nicht, diese eine Bemerkung zu unterdrücken.
„Hast du dein Wochenende genossen?“
Gunnar stutze. „Du nicht?“
 „Sehr witzig!“
Nach einigen heftigen Worten, die hin und her geworfen wurden, trat ein Moment der Stille ein.
„Ich will nicht mit dir streiten.“, sagte Gunnar schließlich zu mir und bestätigte meine Vermutung mit Worten. „Du hättest jeder Zeit zu mir kommen können. Das weißt du doch?“
„Wohin? Zu Hjalmar? In eine Bar? Oder sollte ich zusehen, wie du mit Alexa fickst?“
„Hey, hey. Jetzt ist es aber genug. Lass es bitte sein.“
Ich schmollte noch eine kurze Weile und beließ es letztendlich dabei. Lenkte ein und fiel erneut in die Rolle der braven Ehefrau zurück. Schließlich war mir ebenfalls NICHT danach diesem Abend mit verbalen Rangeleien zu verbringen. Gunnar ist nun einmal wie er ist. Wie oft schon hatte ich festgestellt, dass dieses Verhalten offensichtlich völlig normal für ihn war.
Womöglich sollte ich an einem ganz anderen Diskussionspunkt ansetzen. Vielleicht ihn einmal fragen, wie für ihn eine gute Ehe auszusehen hat.
Aber vermutlich weiß er das alles und gedenkt nur noch eine Weile seine Freiheit zu genießen. Wie es ihn gerade beliebt. Und, sowie ich es ihm mit meinem Verhalten gestatte. (Vermutete ich....)
Wir sprachen nicht weiter über die vergangenen Tage und ich dachte darüber nach, dass es besser sei, die Stunden mit Gunnar zu genießen. Anstatt weiterhin zu schmollen. Denn es änderte nichts daran, was geschehen war. In Kürze hatte ich mich daran gewöhnt, wieder bei Gunnar zu sein.
Ein Phänomen.........(der Anpassung. Der Willenskraft. Was auch immer. Oder schlicht und einfach nur aus Liebe zur Harmonie zwischen und beiden.)

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Natürlich vermochte ich diese Thematik nicht gänzlich beiseite zu lassen. Und erneut bestätigte mir Gunnar, was ich bereits vermutet hatte. Denn ich hatte ihn gefragt, ob er nicht einmal erwachsen werden würde. Allerdings rechtfertigte er sich mit dem Satz: „Die skandinavischen Männer sind eben gesellig und feiern gern und oft.“ Er lachte. Was offensichtlich das Thema beenden sollte.
Nun gut. Dann schnitt ich eben ein anderes an.
„Weißt du Gunnar, eigentlich gedachte ich nach Australien zu fliegen. Das Tennisturnier geht in die letzte Woche.“
Er horchte auf und antwortete mir dann zu meinem großen Erstaunen. „Okay. Fliegen wir.“
Ich war perplex und traute der Sache nicht. Fragte besser noch einmal....zögerlich....., WIE er das meinte. „Was heißt für dich WIR?“
„Wir beide.“, erwiderte er wie aus der Pistole geschossen und grinste mich an.
Ich zog ungläubig die Brauen nach oben.“
„Was ist?“, fragte er. „Glaubst du mir nicht?“
„D-o-c-h. Schon.“
„Aber?“
„Du meinst es tatsächlich ernst?“
„Ja. Ich kümmere mich gleich um die Tickets.“
WOW. Welche Entschlussfreudigkeit.
Ich bekam kalte Füße. Begann zu revidieren. „Weißt du was, womöglich ist es bereits zu spät. Bevor wir Down under ankommen, wurde das Turnier zu Ende gespielt.“
Gunnar lachte. „Das ist typisch meine Frau. Einen Schritt über die Klippe und dann doch lieber drei zurück.“
Ich zuckte mit den Schultern und musste lachen. „Was ist so schlimm daran?“
„Rea. Du weißt doch, Männer brauchen KLARE Ansagen. Alles andere irritiert oder überfordert sie.“ Gunnar grinste. Was sollte ich da noch erwidern? Und böse, war ich ihm nun auch nicht mehr.
Allerdings einigten wir uns darauf, das Tennisturnier doch lieber gemeinsam im Fernsehen anzusehen. Als so kurzfristig noch los zu fliegen.
Aller Ärger war verraucht.

Und am späteren Abend dann doch noch Besuch von zwei Bikern. DAS war allerdings neu für mich und überaus eigenartig. Bisher hatten wir niemanden von diesen Leuten gekannt. Zumindest wusste ich nichts davon.
„Es sind Freunde von Hjalmar. Wir hatten sie gestern in einer Bar getroffen.“, bekam ich als Erklärung gesagt.
Nun gut, für ein paar Stunden war es durchaus unterhaltsam ihnen zuzuhören. Allerdings hatte ich dann auch genug. Als sie meine Müdigkeit bemerkten, erstaunten sie mich, indem sie fragten, ob sie besser gehen sollten. Soviel Taktgefühl hatte ich gerade von ihnen nicht erwartet. Sie gaben an, so wie so weiter ziehen zu wollen und waren in Null Komma nichts, nach etwa drei Stunden, verschwunden.
Ich sah Gunnar fragend an, sobald er die Tür geschlossen hatte.
„Was ist?“, fragte er. „Es kann doch nur vorteilhaft sein, auch in Rocker-Kreisen Bekannte zu haben? Zumal sie noch aussehen wie the Rock.“  Gunnar lachte herzhaft. Ich schloss mich ihm an.
„Dein Bruder kann vielleicht Leute kennen.“ Ich schüttelte den Kopf.
„Sie sind doch gar nicht so übel, wie immer behauptet wird. Oder etwa doch?“
„Nein.“, gab ich wahrheitsgemäß an.

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Das Einschlafen, in Gunnars Armen, war fabelhaft! Ahhhhh.................ich genoss......
Kein Sex. Gleichwohl nicht am Morgen. Wir frühstückten gemeinsam. Gunnar mahnte mich zur Gelassenheit. Denn ich war bereits dabei, wie für gewöhnlich, in Hektik zu verfallen.
„Kommst du mit mir ins Büro. Dort kannst du schreiben und im Internet surfen.“, sagte Gunnar, strahlte mich an und umarmte mich dabei.
DAS hatte er noch NIE getan!!!!!!!!!!!
Es gibt noch Zeichen und Wunder!
Aber womöglich tat er es deshalb nicht, weil Alexa dort war und er wusste, dass ich es nicht mochte mit ihr in einem Raum zu sein (wenn es nicht (unbedingt) sein musste).
Aber okay. Ich ließ mich drauf ein. Warum auch nicht? Nun bin ich hier........und ich vertrage mich mit allen......


Sonntag, 24. Januar 2016

Sonntagsgesichter



Ich dachte über Gunnar nach, während ich auf einen Anruf von ihm wartete und Derek noch im Fittnessstudio war.
Sind unterschiedliche Interessen, Geselligkeit, Familienbewusstsein und Gunnars Neigungen, welche ich nicht mit ihm zu teilen vermag, Scheidungsgründe???
Wenn ich es genau bedenke, sind wir recht unterschiedlich. Aber das wäre es mit Derek gleichermaßen. Also hätte ich, würde ich mich für ihn entscheiden, nicht wirklich etwas gewonnen. Zudem hätte er gleichwohl ein Kind mit einer anderen Frau. Allenfalls ist ER zumindest zuverlässig und charakterfest. Sei denn, er würde sich noch ändern. Was man schließlich nie wissen kann. Zu Beginn einer Beziehung, zeigt jeder nur sein Sonntagsgesicht.

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Den Lunch nahmen wir erneut erst sehr spät ein und es war, wie am Tag zuvor. Dereks Mutter kam ins Restaurant, um ihren Kaffee zu trinken.
Und wieder blieben wir noch eine Weile gemeinsam sitzen. Auch ICH gönnte mir gleich im Anschluss an mein üppiges Mahl, welches aus gegartem Kürbis, Möhren, Zwiebeln, einer Champignoncremsoße und einem Soja Cordon bleu bestand, einen Kaffee Latte. Später, wurde dann noch ein Smoothie bestellt. Jedoch erst, nachdem mich Derek zum Sport genötigt hatte.
„Komm“, sagte er zu mir, „wir gehen ein Stück.“
Mir war nicht danach. Dessen ungeachtet ließ mir Derek keine Ruhe, bis ich ein Stück mit ihm ging. Ab und an gab er Anregungen, was ich tun sollte. Wie beispielsweise: „Hohl’ ganz tief Luft und jetzt einmal die Arme hoch.“ Es fiel Schnee und war noch immer verhältnismäßig kalt. Als wir zurück zum Haus kamen, war es bereits dunkel. Ich hatte dann auch.....genug.

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Bis zum Abend noch immer nichts von Gunnar. Hatte er mich vergessen??? Oder was??????
Infolgedessen blieb ich bei Derek im Zentrum und.......wartete ab. Bis ich es schlussendlich leid war zu warten und selbst zum iPhone griff. Von Derek erntete ich einen missbilligenden Blick. Sicher sähe er es gerne, wenn ich weiterhin bei ihm bliebe. Dachte ich so. Dennoch tippte ich auf die Taste mit Gunnars Nummer. Er nahm sogleich ab.
„Hey Schatz. Wo bleibst du denn? Wir warten auf dich.“
„W- i – r? Wer ist wir?“
„Alexa und ich. Ossian und Taylor sind ebenfalls hier. Wir wollen heute Abend zu Hjalmar gehen und dann vielleicht mal durch die Bars.“
Ich schnaufte und verdrehte die Augen. „Angesichts deiner Vorhaben, meinst du tatsächlich, dass es sich für mich lohnt zu dir zu kommen? Ich vermute wohl kaum. Alexa wird dich sicherlich gern begleiten.“ Und Taylor mag mich ohnehin nicht gut leiden. Hätte ich am aller liebsten noch erwähnt.
„Ja. Ich denke schon.“, kam seine Antwort total unbedarft.
„Dann werde ICH dir sicherlich NICHT fehlen.“
Eine kleine Pause entstand. Wusste er etwa nicht mehr, was er erwidern sollte? Eigenartig. Aber dann doch noch ein paar versöhnliche Worte. Bla, bla, bla....
„Natürlich fehlst du mir. Was denkst du nur. Ich finde es überaus schade, dass du mich nicht begleitest. Wäre es so, ich würde mich freuen.“
Natürlich doch. Das sagte er doch nur, um mich zu beruhigen. Würde ich mich ihm tatsächlich anschließen auf seiner Stimmungstour, wäre ich ihm doch nur eine Last. Oder die Spaßbremse für seine Brüder und Freunde. Allenfalls wäre es ihm womöglich zu viel, sich ständig um mich zu kümmern, wenn es mir dann doch nicht gefiel und ER in Partystimmung ist.
„Schon okay. Ich bleibe eine weitere Nacht hier.“, sagte ich traurig und legte auf. In meinem Hals hatte sich ein Kloß geformt und genau genommen, war ich den Tränen nahe. Wieso tat er das?????
Es ist zu vermuten, dass er sich der Tragweite seiner Handlungen nicht einmal bewusst geworden war. Zumindest verhält er sich nicht so, als wäre es ein Säumnis. Für ihn scheint das alles so völlig normal. NICHT für mich. Was ist denn DAS für eine Ehe, wenn einer jedes Wochenende ohne den anderen trinken und feiern geht??? Ich verstehe Gunnar nicht. Wird er denn nie erwachsen???? Begreift er nicht, dass mir so ein Leben nicht zuträglich ist? Und obendrein nicht gefällt! Wäre es da nicht selbstverständlich für den geliebten Ehepartner zurückstecken? ICH, würde es zumindest tun. ER offensichtlich nicht. Männer....eben. Sie denken, in ihrer selbst-herr-lichen Art, alles tun zu können, was ihnen beliebt.

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Somit verbrachte ich bereits den dritten Abend und die dritte Nacht mit Derek in meinem Haus am See. Nun ja, zumindest vermag ich über ihn nicht zu klagen. Obwohl es einen minimalen Zwischenfall mit Giselle gegeben hat. Sie hatte ihn im Restaurant angesprochen. Er fertigte sie kurz und knapp ab. Ich, versuchte sie nicht weiter zu beachten. Ignorierte sie ganz einfach.
Das späte Dinner nahmen wir mit Magdalena, Kevin, seinem Sohn Vince und Janina ein. Als sich Janina so zwischenzeitlich die Nase pudern gegangen war, zog mich Kevin zu sich heran und gestand mir, dass sie sich gestritten hatten. Deshalb also der verspannte Gesichtausdruck und der zornige Blick von ihr.
„Um was ging es denn?“, fragte ich höflicher Weise.
Kevin grinste. „Um dich.“
Ich musste lachen. „Wieso das denn? Es gibt doch keinerlei Anlass dafür.“
„Ich weiß das und du ebenfalls.“ Kevin nickte mir zu mit einem bedeutsamen Blick. „Aber sie nicht. Ich vermute, dass sie hier nicht wirklich zufrieden ist ihr Frust äußert sich in solchen Streitereien, die jeglicher Grundlage entbehren.“
Ich schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid Kevin.“
„Das muss dir nicht Leid tun, Rea. ICH bin glücklich hier.“ Kevin zwinkerte mir verschwörerisch zu und ich wusste, er meinte es ernst.
Sein Sohn Vince hatte die Ohren gespitzt und nickte nun ebenfalls. „Ja Papa. Mir gefällt es hier auch.“
„Na dann ist doch alles gut.“ Kevin strich seinem Sohn mit der Hand über den Kopf. „Wenn es dir gefällt, bleiben wir selbstverständlich hier.“ Jetzt küsste er ihn aufs Haar und der Kleine schien total zufrieden.

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Der Abend geruhsam. Der Morgen mit durchschnittlichem Sex. Aber dennoch überaus liebevoll und recht bezaubernd.
Das Frühstück im Restaurant. Wo wir Dereks Mutter Magdalena trafen und neben uns saß Thomas mit seiner.....(Schlampe) Lebenspartnerin. Sie könnte seine Tochter sein(!). Zudem begann sein Verhältnis mit ihr in der Zeit, als Gunnars Mutter noch sehr lebendig war.
„Was schaust du sie so böse an?“, fragte Derek und schmunzelte.
Bevor ich jedoch antwortete, tat ich einen prüfenden Seitenblick zu Magdalena hinüber. „Ich mag sie nicht, weil sie sich zwischen Christin, Gunnars Mutter““, sagte ich zur Erklärung Magdalenas, „und Thomas gedrängt hat. Sie hatten ein Verhältnis, als Sie noch am Leben war. Wie konnte er DAS nur tun?? Ich vermute, sie wusste davon.“
„Oh! Auch so einer dieser Sorte Männer.“, bemerkte Magdalena nur und verzog das Gesicht.
„Er ist kein schlechter Mensch.“, verteidigte ich ihn aus einem sonderbaren Impuls  heraus, der selbst mir, sobald ich ihn bemerkte, befremdlich erschien. Welchen Grund hatte ich diesen Mann vor Diffamierung zu schützen? Mag sein, er ist ein warmherziger, loyaler und sympathischer Mensch. Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, dass er fremdgegangen ist.
„Wieso tun Männer das?“, sprach ich laut aus und war noch in Gedanken.
Magdalena lachte mild und ihre Mimik war ein wenig zynisch. „Weil es eben Männer sind und sie es können.“
Oho! Dachte ich so. Sie ist (natürlich!) auch eine dieser Frauen, welche die Selbstherrlichkeit und Dominanz der Männer bereits zu spüren bekommen hat. Wie fast alle Frauen dieser Welt. Nur die meisten sind so tief im Stockholm Syndrom, wie man nur in einem Moor versinken kann. Sie schützen und verteidigen die Männer noch mit Klauen und Zähnen. Was genau dieser anerzogene Impuls von mir eben bewies. Allerdings bemerke ich es zumindest so allmählich.
Derek lenkte nur unsere Aufmerksamkeit auf etwas anderes. Womöglich war es ihm unangenehm, wenn seine Mutter derartiges sprach. Wer weiß.
„Hattest du nicht erwähnt“, wandte er sich nun mit einem durchgehenden, gewinnenden Lächeln an mich, „das du nach Australien fliegen wolltest?“
„Ach! Hatte ich dies tatsächlich bereits angemerkt. Ich war der Meinung, ich hatte es für mich behalten.“
Derek lachte. „Nein.“
„Warum fragst du danach?“
„Ich dachte nur, dass wir zusammen reisen und ich ein paar Tage in Japan bleiben könnte.“
Ich stutzte „Wie bitte? Du gedenkst mich allein zu lassen?“ Ich hatte den Sinn seiner Aussage noch nicht gänzlich erfasst. Jedoch noch im selben Moment erschloss sich mir die Essenz des Gesagten. Was mir Derek mit den folgenden Worten bestätigte.
„Nein. Nein. Das will ich selbstverständlich nicht!“, wandt sich Derek heraus, wie ich fand. „Ich dachte nur. Wenn wir schon einmal in dieser Gegend unterwegs sind, könnte ich meinen Vater dort besuchen. Was meinst du, wenn wir gemeinsam nach Australien fliegen und auf dem Rückweg kommst du mit mir nach Osaka.“
Ich räusperte mich, um meine Unwilligkeit auszudrücken. „Genau genommen dachte ich nicht an eine Familienfeier teilzunehmen. Du weißt, dass ich das nicht mag.“
Aus dem Augenwinkel sah ich Magdalena schmunzeln. Es war mir klar warum. Sie war nicht gut auf ihren Ehemann zu sprechen. Insbesondere JETZT, wo er mit seiner zweiten Frau zusammen lebte. Dennoch gab sie ihren Kommentar dazu.
„Du willst also deinen Vater besuchen.“ Es war keine Frage, doch eher eine Feststellung.
„Ja. Warum denn nicht? Wenn sich die Gelegenheit bietet.“, verteidigte er sich.
Sie ließ es nun eigenartiger Weise darauf beruhen und wandt sich ihrer Tasse Kaffee zu.
Derek saß da mit gesenktem Kopf und gab Ruhe. ICH, für meinen Teil, würde jedenfalls NICHT zu dem Preis den Rest seiner Familie kennen lernen zu dürfen (müssen!), nach Australien fliegen. In diesem Fall, verzichte ich lieber darauf. Punkt!


Samstag, 23. Januar 2016

Einfach nur ein angenehmer Mann



Die Frage war, was tun am Freitagnachmittag? Bei Derek bleiben? Oder zurück nach Stockholm, zu Gunnar fahren. Denn Gunnar hatte schließlich angemerkt: „.....und das Wochenende, nur für uns zwei.“ (Was ich ohnehin bezweifle. Denn Alexa ist stets gegenwärtig.)
Nun, die Entscheidung wurde mir quasi abgenommen. Aber dazu später.

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Derek und ich waren noch ungewöhnlich lange mit Thomas, Kevin, Imara, den beiden Marions und Ben Holmgren im Büro. Dementsprechend spät war der Lunch, so gegen drei.
Dereks Mutter kam zu uns an den Tisch, während wir noch speisten. Sie lachte. „Ihr seid noch beim Mittagessen und ich komm’ zum Kaffeetrinken her.“
„Den Kaffee trinke ich gleich im Anschluss an den Lunch.“, antwortete ich ohne weiter darüber nachzudenken. Sie lächelte, nickte mir zu und nahm Platz.
Wir blieben eine lange Weile mit Magdalena sitzen. Sprachen verschiedene Themen an. Gieselle, das Kind, und was SIE, so ganz persönlich, darüber denkt.
„Schließlich möchte jede Mutter für ihren Sohn das Beste.“, sagte ich zu ihr. „Und ICH bin eine zwar emanzipierte, aber kranke Frau, deren Beziehungen ständig am scheitern sind und die zudem niemals mehr Kinder bekommen wird. Welche Mutter würde ihrem Sohn raten, sich mit so einer Person zu verbinden?“, sprach ich schlicht und einfach aus, was ich dachte. Und es war mir gleichgültig, WIE sie es (an-)nahm. Es war überhaupt eine sehr OFFENE Diskussion. Von ALLEN beteiligten. Was ich doch sehr zu schätzen weiß. Magdalena scheint eine ebenso kranke, jedoch recht selbstbewusst gewordene, ältere Frau zu sein, die genau zu wissen scheint, was sie wann aussprechen kann und wann sie besser, in ihrem eigenen Interesse, schweigt. Vielleicht sollte ich sogar soweit gehen, sie als eine weise Frau zu bezeichnen, die gelernt hat, sich mit ihrer Umwelt und den sie umgebenden Bedingungen anzufreunden. Womöglich zudem noch ihren Nutzen daraus zu ziehen und trotz alledem zu anderen ehrlich zu bleiben. DAS würde ich schon weise nennen. Ebenso, dass sie in keinster Weise feindselig oder zänkisch ist. Sondern eher ruhig und gelassen. Allerdings vermag ich mir vorzustellen, dass sie gleichwohl auch anders kann.
Nun, vorerst werden es Vermutungen bleiben. Denn so gut und so lange kenne ich Dereks Mutter noch nicht. Ich kann ausschließlich spekulieren, was sie wirklich denkt. Nicht mehr.

In einer der Diskussionspausen läutete mein iPhone. Es war Gunnar. Ich hatte es mir bereits gedacht und mich gefragt, WANN er anrufen würde. Nun war es soweit und ich konnte es kaum erwarten zu hören, WAS ER MIR zu sagen hatte.
„Hey Schatz, wo bleibst du denn? Ich dachte du kommst heute zurück.“
Ich erklärte ihm kurz, dass es im Büro noch zu tun gab und dass ich gerade erst den all zu späten Lunch zu mir genommen hatte.
„Okay. Kein Problem. Dann kommst du jetzt?“
„Ja.“, sagte ich, obwohl ich in diesem Augenblick lieber nein gesagt hätte. Jedoch erinnerte ich mich an Gunnars (Versprechen???) Worte, dass es (wieder einmal) ein Wochenende NUR für uns zwei werden sollte.
Ich hörte, wie Gunnar sich räusperte und fragte, was sei.
„Wir werden Besuch bekommen?“, antwortete er.
„Wir? Wer ist wir? Du, ich und Alexa? Oder nur du und ich? Und WELCHEN Besuch bitteschön?“, wurde ich stimmlich ein wenig provokant.
„Ja. Wir drei. Du, Alexa und ich.“, womit geklärt war dass es mitnichten ein Wochenende nur für uns zwei werden wird. „Mein Bruder Carsten ist der Besuch. Mit seiner Freundin Dalal und ihrer Familie.“
Ich hüstelte. „Wie bitte?“ Ich entrüstete mich. „Hast du sie etwa eingeladen?“
„Nein!“, kam noch augenblicklich der Widerruf.
„Kannst du ihnen nicht absagen? Ich gedachte mich zu erinnern, dass du sagtest, ein Wochenende nur für uns zwei.“
„Ja. Mag sein.“, druckste er herum „Ich kann meinem Bruder doch nicht einfach absagen, wenn er kommen will.“
„Doch kannst du.“
„Nein. Kann ich nicht.“, widersprach er mir.
„Okay. Wie du meinst.“ Jetzt wurde ich tatsächlich zornig. War mitnichten bereit etwas hinzunehmen, was mir widerstrebte. „Ich denke du weißt genau, dass ich meine Zeit NICHT mit solchen Leuten verschwende. Es tut mir leid. WENN du darauf bestehst, dass sie kommen, dann bleibe ich hier.“
Stille..................
Es war mein Tonfall, der Gunnar zu verstehen gab, dass es mir ernst mit dem Gesagten war. Nun schien er nachzudenken. Und dann ein: „Meinetwegen. Wie du willst.“, sprach es und legte auf.
Offenkundig hatte er angenommen, dass ich alles hinnehmen und trotz alledem zu ihm kommen würde. So wie für gewöhnlich. Aber warum sollte ich? Hatte ich doch tatsächlich das aller erste Mal sogar ernsthaft über eine Scheidung von ihm nachgedacht. Und es selbst vor Derek und seiner Mutter ausgesprochen. Vielleicht sollte ich ganz und gar als freie, wilde Frau und Chefin meines eigenen spirituellen Zentrums hier, im Haus am See wohnen und mir die Männer nehmen, wie es mir gerade beliebt. DAS wäre EINE Möglichkeit, die ich nur all zu gern in Betracht ziehen würde. Denn eine Entscheidung zu Gunsten Dereks wollte ich, augrund dieser Giselle und ihrer Schwangerschaft, tatsächlich noch nicht fällen.
„Kevin ist anscheinend deine letzte Option.“, bemerkte Derek ein wenig lapidar, als wir über meine Gefühle zu ihm sprachen. Denn ich hatte ernsthaft angemerkt, dass ich noch immer, in meinem Inneren, etwas für Kevin empfand.
„Warum denn nicht?“, sagte ich gerade heraus UND es war mir total ernst damit. Wenn mir so nach und nach die Freier ausgehen, würde ich sogar mit Kevin, dem Mann im Rollstuhl, vorlieb nehmen. Und es war nicht NUR eine letzte verzweifelte Tat. Nein. Ich könnte es mir durchaus vorstellen mit ihm zusammen zu sein. Und ich würde mich gleichwohl an seine Kränklichkeit gewöhnen. Denn immerhin war er  noch DER Kevin, den ich schon so lange Zeit kannte und in gleichem Maße auf eine besondere Weise liebte. Ob er nun gehen konnte oder nicht.
Derek war von meinen ach so ehrlich und offenen Gedanken nicht wirklich angetan. Magdalena schmunzelte. Tat dazu nur wenig Bemerkungen kund, sodass ich erneut nicht einzuschätzen vermochte, wie sie tatsächlich zu mir und meiner Sicht der Dinge stand.
Irgendwann war ich es leid, Rede und Antwort zu stehen. Es war ähnlich, wie auf einer Anklagebank zu sitzen. Was ich total unnötig fand. Infolgedessen brach ich ab und ging allein zurück zum Haus, während Derek seine Mutter zur ihrer Hütte begleitete. Gleich anschließend kam er noch einmal kurz zu mir, um mich davon in Kenntnis zu setzen, dass er JETZT beabsichtigte, ins Fitnessstudio zu gehen.
„Nun gut. Wenn es denn sein muss. Dann schreibe ich eben und surfte ein wenig im Internet.“
„.....wie du es immer tust.“, vervollständigte er meinen Satz aus seiner Sicht heraus.
Ich erwiderte nicht und ließ ihn ziehen.

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Derek kam gegen acht zurück, als er fertig war Gewichte zu stemmen. Okay. Ich verstehe, dass so ein muskulöser Körper Training braucht. Warum nicht? In jedem Fall ist es besser Derek im Kraftraum zu wissen, als (m)einen Ehemann mit anderen Frauen.
Von Gunnar hörte ich an diesem Abend kein einziges Wort mehr. Nichts. Kein Anruf. Keine Aufforderung zum Kommen. Keinerlei Verständnis. Kein Einlenken. Zudem fragte ich mich, ob Alexa das alles so zu tolerieren vermochte. Anscheinend konnte sie es.
WAS soll ich daraus schließen? Dass ihm seine Familie, seine Brüder wichtiger sind als ich? Oder will er mich einfach nur bestrafen? Mich nötigen nachzugeben.
Ich weiß es nicht.
Im Gegenzug dachte ich über eine Strafe für Gunnar nach. Eine Reise mit Derek nach Australien, zum Tennisturnier, kam mir in den Sinn. Nur war ich mir nicht sicher, ob Derek mich überhaupt begleiten würde. Muss er sich doch hier um seine Mutter kümmern. Schließlich hat er es ihr versprochen. Also ließ ich den Gedanken fallen und schwieg.

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Es ist ein angenehmes Zusammensein mit Derek. Ich könnte mich womöglich sogar daran gewöhnen. Wer weiß. Allerdings ist er gleichwohl ein Familienmensch und seine Familie ist ebenso groß wie Gunnars. In dieser Hinsicht würde sich wohl kaum etwas verändern und ich bin auch in seinem Fall nicht bereit, mich Familiensitten anzupassen oder in seine Familienstrukturen einzufügen. Ich bin kein wirklich geselliger Mensch.

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Der Abend, die Nacht und der Morgen (samt Sex), einfach nur........s-c-h-ö-n! Angenehm und lebenswert. Keinerlei Beschwerde.
Derek besuchte sogleich nach dem Frühstück seine Mutter und im Augenblick trainiert er bereits.
Ich,.......denke über meine nächsten Schritte nach und warte auf einen Aufruf von meinem Ehemann. Oder sollte ICH IHN etwa anrufen?