Dienstag, 23. August 2016

Was sind Männer doch eigenartig…….



Gunnar kam kurz vor elf und entschuldigte sich tausend Mal. Genauso lange hatte ich mit meinem Notebook gesessen und………gewartet, bis er kam.
Aber egal. Ich war nicht interessiert an großen Erklärungen. War viel zu müde dafür. Am aller liebsten wäre ich schon vor zehn zu Bett gegangen, so müde und ausgelaugt war ich an diesem Tag. Es ist mir alles zu viel. Insbesondere dieses Wochenende war überaus anstrengend und dann der Montag im Büro. Es mag keine körperliche Arbeit sein. Aber dennoch ist es stressig und nervenaufreibend. Genau genommen ist DAS Gift für mich!

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Büro – klingt banal. Nach sitzen und in Akten blättern. Aber das ist es nicht für mich. Da geht es um Gewinn oder Verlust und Wirtschaftlichkeit. Im Augenblick beschreiten wir erneut einen Abstiegskurs. Obwohl sich das Zentrum doch einigermaßen trägt, schreiben wir seit einigen Tagen rote Zahlen. Was offenbar an einer Art Misswirtschaft liegt, die allerdings nicht kalkulierbar ist. Wir können nicht vorab wissen, was die Gäste bestellen und daher gibt es bedauerlicher Weise gerade im Verpflegungssektor zu viel, was unangerührt entsorgt werden muss. Dann sind derzeit überdurchschnittlich viele Reparaturen. Es geht so viel kaputt, was repariert oder neu gekauft werden muss. Ob Kommunikationsanlagen oder die Umzäunung, Geräte für den Wellness- und Sportbereich, Firmen eignen Wagen, oder die Klimaanlagen und Wasserleitungen. Alles ist unter ständiger Wartungsbedürftigkeit. Schnauf.
Vielleicht sollte ich von Wanjas Geburtstagsgeschenk kein Haus auf Hawaii kaufen, sondern das Geld doch besser für das Zentrum verwenden. Würde er damit einverstanden sein? Es wäre abermals die Rettung……..
Die Bedenken und der Kummer um die eigene Finanzlage betrifft nicht nur Begüterten. Auch wir haben so manchmal unsere Sorgen und Nöte. Und entgegen meiner Konditionierung die besagt - Über Geld spricht man nicht. Man hat es. – klage ich gelegentlich.
Aber egal. ICH schaffe das schon!

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Trotz meiner Müdigkeit saß ich noch etwa eine Stunde mit meinem Notebook, wägte Ausgaben und Investitionen gegen Einnahmen ab. Sprach mit Gunnar darüber und erinnerte mich an Kevins Satz: `Warum keine arabischen Gäste. Wir haben Anfragen zu Hauf aus diesen Ländern. Wir brauchen das Geld. Wir sind ein Unternehmen und können uns keine Moralitäten und Entscheidungen nach eigenen Befindlichkeiten leisten. Zumindest nicht mehr.´
Ich hatte mich Kevin widersetzt und energisch auf mein eigenes Konzept hingewiesen. Und das ich keineswegs gewillt bin, davon abzuweichen. Gleich, was auch geschehen mag.
Er hatte nur die Stirn gekräuselt und tief Luft geholt. Jedoch nicht weiter widersprochen.
Ich weiß ganz genau, dass er in dieser Hinsicht ebenfalls meiner Meinung ist. Keine Muslime. Keine Scheichs, keine verschleierten Frauen im Zentrum! Ausnahmen gibt es nicht. Nur Konsequenz. Punkt.

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Der heutige Dienstag war erneut ein arbeitsreicher Tag für uns alle. Ich nahm kaum jemanden wahr. Den Abschied von Gunnar bemerkte ich kaum. Mein Hirn war bereits beschäftigt.

So korrekt und höflich wie ich am Tag zuvor mit Derek war, als er mit der klagenden Giselle den Firmenwagen nahm, um sie ins Hospital zu fahren, rumorte nun heute in mir der Zorn, DAS er es tat. Ich würdigte ihn kaum eines Blickes. Da war ein Gefühl des gekränkt seins in mir, welches ich nicht zu verbergen vermochte. Ich ging mit ihm um, wie mit jedem anderen. Nicht wie sonst. War abweisend und distanziert. Er äußerte sich nicht dazu. Nahm es stillschweigend hin. Und erneut verließ er uns am frühen Nachmittag, um Giselle im Hospital zu besuchen.
WAS sollte das denn werden? Fühlte er jetzt etwa doch eine gewisse Verantwortung?
Wäre ich ein Mann gewesen, hätte er meine Faust gespürt.
OHO! Bin ich etwa eifersüchtig? Bedeutet dies, dass mir Derek tatsächlich etwas bedeutet? Oder wäre er nur der Lückenbüßer, der mir dann fehlt.
Das sind harte Worte und ich gehe gleichwohl streng mit mir ins Gericht. Denn ich empfinde stets Mitgefühl, insbesondre in Situationen, wenn Derek sich Zeit mit mir verspricht und dann enttäuscht wird, wenn Gunnar doch zu mir kommt. Es muss schwer sein für ihn und ich verstehe gleichwohl sein Verantwortungsgefühl für Giselle. Obgleich es alleinigst ihre Entscheidung war, ein Kind von Derek zu bekommen. Bindet sie ihn damit?

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Gunnar kam recht früh zurück, was mich verwunderte. Er schien nervös zu sein. Blieb eine Stunde und kam dann zu mir hin mit dem Satz: „Es tut mir leid, aber ich muss noch einmal nach Stockholm fahren.“
„Was soll DAS denn? Warum?“, fragte ich verärgert nach.
Gunnar antwortete nicht. Verzog das Gesicht.
„Alexa?“
Er nickte.
Das gab mir Zeit, um mit Marie zu telefonieren. Aufhalten konnte ich Gunnar so wie so nicht.

Noch ein kleiner Spaziergang. Er tat Not, um meine Gedanken zu ordnen. Insbesondre auch nach dem Gespräch mit Marie, die mir zum tausendsten Male Geschichten erzählte, die ich bereits kannte.
Und im Netzt findet man nur Horrorgeschichten über Krieg. In Deutschland wird sogar die Bevölkerung aufgerufen, sich Vorräte für einige Tage zuzulegen.
Nimmt dieses Schüren der Angst denn immer noch weiter zu? Oder sind die Manager der Food-Ketten noch gieriger geworden?
Und noch eine ganz andere Überlegung durchstreift diesbezüglich mein Hirn. Die Menschen essen mehr und mehr bewusster. Will man sie damit nötigen Lebensmittel zu kaufen, die sämtliche Konservierungsstoffe enthalten? Denn irgendwann müssen die gekauften Sachen schließlich aufgegessen werden. Sei denn, man wirft sie weg. Denn ewig haltbar ist kaum etwas.

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Gerade gedachte ich zu schreiben, dass Gunnar noch immer nicht wieder bei mir ist, als er soeben (mit guter Laune) zur Tür herein kam.
Ich stutzte. „Gefickt?“
Er lachte. „Ja. Das auch.“
„Bedeute was?“
Gunnar verzog das Gesicht. Jedoch sein Lächeln blieb darauf haften. „Ich traf Siv und fragte sie, ob….“, hier stockt er kurz, „….na du weißt schon was.“ Nun grinste er und zwinkerte mir verschwörerisch zu, als müsste ich wissen, was er meint.
Natürlich wusste ich es.
„Werdet ihr euch treffen?“
Er hob lüstern Blickes die Augenbrauen. „Ja.“
„Wann?“
„Am Donnerstag.“
Ich setzte eine leicht spöttelnde Miene des Bedauerns auf. „Das wird Alexa nun überhaupt nicht erfreuen.“
„Ja ich weiß. Ich weiß.“, antwortete er zügig.
„Warst du etwa deshalb gestern und heute bei ihr?“
Verlegen biss sich Gunnar auf die Lippe und zog das Kinn nach hinten. „Kann schon sein.“
„Weiß sie es?“
„Nein.“