Samstag, 5. August 2017

Das Gespräch mit dem „anderen“



Es scheint mir so, als möchte ich stets DORT sein, wo ich eben gerade NICHT bin. Ich pendle zwischen Gunnar und Sasha hin und her, denn Entscheidungen mag ich nicht treffen. Warum sollte ich das? Ich liebe meinen Mann! Jedoch nicht MIT Alexa an seiner Seite, die ich Tag für Tag ertragen muss. SIE ist das Problem, weshalb ich ständig gezwungen bin in Erwägung zu ziehen, mit einem anderen zusammen zu sein. Und bin ich dann bei dem anderen, wäre ich doch viel lieber bei meinem Mann. Nur dort ist Alexa, die zu einem festen Bestandteil von Gunnars und meinem Leben geworden ist. Was ich niemals lebbar finden kann. Es fällt mir so immens schwer sie zu dulden und täglich sehen zu müssen, wie sie Gunnar liebevoll küsst. Jede Zärtlichkeit von ihr, oder auch die, welche Gunnar Alexa gegenüber bringt, sind wie Nadelstich in mein Herz. So kann man nicht leben…..

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Sasha kam tatsächlich nach Ashern. Ich hatte es bereits geahnt. Irgendwie gefühlt. Ob ich es hoffte, sei jedoch dahin gestellt.
Es war am Freitagmorgen, als er an die Tür des Hauses von Adams Onkel Leo geklopfte. Ich cremte gerade meine Beine und Gunnar war mit Alexa noch einmal in unser Zimmer gegangen um, tja nun, um mit ihr intim zu werden. MIR wurde aufgetragen, währenddessen nach dem Baby zu sehen. Agnes war mit dem Zubereiten des Frühstücks beschäftigt.
„Hallo?“, hörte ich Sashas Stimme und war verstört. „Hallo? Jemand zu Hause?“ Er klopfte noch einmal.
Adam kam gerade aus seinem Zimmer und blieb verwundert stehen. „Oh! Guten Tag. Kann ich ihnen helfen?“
„Ich suche Rea. Sie kennen sie doch sicherlich. Ist sie hier?“
„Sasha!!!“, rief ich aus, bevor Adam etwas sagen konnte. „Ich bin hier.“
Und Sasha kam. Begrüßte mich mit einem breiten Grinsen. „Habe ich dich endlich gefunden. Ich bin seit gestern hier und suchte bis jetzt nach dir. Du bist nicht leicht zu finden. Es sollte schließlich eine Überraschung sein.“ Er lächelte mich an. Gab mir einen Kuss. Adam stand daneben und grinste.
„Das ist Sasha.“, stellte ich Sasha Adam vor. „Vielleicht erinnerst du dich noch an ihn?“
„Ja. Natürlich.“
Ich vertraute darauf, dass Adam jetzt nicht falsches sagte. Aber nein. Er konnte es selbstverständlich nicht lassen. Aber egal.
„Der Feind in den eigenen Reihen. Der russische Jude. Oder der jüdische Russe. Der Kidnapper. Der Spion.“
Ich hielt den Atem an. Sasha lächelte nur und kratzte sich am Kopf.
„Es ist genug, Adam.“, stoppte ich ihn dann.
Adam zuckte mit den Schultern. „Habe ich vielleicht noch irgendetwas vergessen?“
„Schon gut.“, warf Sasha ein. „Kein Problem. Ich sehe, der Mann weiß Bescheid.“ Was wohl sarkastisch wirken sollte. So nahm Sasha Adam den Wind aus den Segeln  und er blieb ruhig dabei. Benahm sich überaus besonnen und kontrolliert. Genau SO, wie ich es von ihm erwartete. Adam ist dann gegangen.
Ich brachte Sasha auf den neusten Stand der Dinge und hatte sogar noch die Gelegenheit ihn zu bitten, was er alles tunlichst verschweigen soll.
„Wo ist dein Mann?“, fragte er schließlich und ich erklärte es ihm. Hüstel, Räusper usw….. „Oh! Und DAS ist für dich normal?“
„Nein. Selbstverständlich nicht.“, rechtfertigte ich mich.
„Ich wollte dich ohnehin bitten, mit mir zu kommen.“ Sasha zwinkerte mir zu.
Ich hatte es geahnt. Mein Gesicht nahm besorgte Züge an. Unruhe machte sich in mir breit, was Sasha selbstredend bemerkte.
„Keine Panik.“, sagte er zu mir. „Wenn dein Mann dann so weit ist, würde ich gerne einmal mit ihm reden. Auch dafür bin ich hier.“
Gibt es keine Telefone? Wäre es mir beinahe herausgerutscht. Ich biss mir auf die Zunge. Denn, im Grunde war ich doch irgendwie froh Sasha zu sehen.

Zu dem Gespräch wurde dann ebenso Alexa eingeladen.
Nun, es führe an dieser Stelle zu weit, alle Einzelheiten zu wiederholen, die ausgesprochen wurden. In jedem Fall ließ Alexa eine Bemerkung fallen, die mir Enttäuschung über Gunnar brachte.
„So war das nicht gemeint.“, rechtfertigte sich Gunnar selbstverständlich und ich weiß genau, warum Alexa diese Äußerungen entfuhr. Zufällig war dies keineswegs. Ihre Worte waren mit Kalkül und Berechnung von ihr gewählt. Da stand letztendendes die Absicht dahinter, mich (auszubooten) loszuwerden. Gunnar war es peinlich. Ich glaubte ihm sogar, was er dazu zu erklärten hatte und blieb deshalb recht besonnen. Dann nahm ich die Position der Sprecherin ein. Argumentierte ruhig. Legte Fakten dar, wie sich diese mir, aus meiner Sicht der Dinge boten und lies die anderen ebenso zu Worte kommen. Räumte sogar Zukunftsaussichten ein und vor allen die Gegenwärtigen. Sprach Alexa direkt an, dass ich genau wusste, wohin sie mit ihrem Winkelzug tendierte. Gunnar lächelte zu mir herüber. Er war erleichtert. (Was etwas zu früh gewesen war.)
Wir sprachen eine ganze Weile miteinander. Über das Für und Wider dieser oder jener Variante. Kamen dann schlussendlich darin überein, dass ich einige Tag mit Sasha in Montreal verbringen werde. Was jedoch nicht bedeutete, dass ich auf Alexas Finte hereingefallen bin. Erklärte mein Zugeständnis Sasha gegenüber, mit meiner eigentlich derzeit traurigen, leidlichen Situation, Alexa auf dieser Reise als die andere Frau meines Mannes ertragen zu müssen, nicht gut zurecht zu kommen.
„Womöglich ist es besser für mich, eine Pause einzulegen. Kraft zu schöpfen und dann, in ein paar Tagen, oder auch etwas später, werde ich erneut zu euch stoßen. Wo auch immer ihr gerade seid. Wäre das okay für dich?“, fragte ich meinen Mann.
„Ich will nicht dass du gehst.“, blieb er seinem Status treu. Und genau genommen wollte auch ICH es nicht. Aber eine Pause von Alexas Gegenwart schien mir bitter nötig zu sein, was ich ihm nahe legte.
„Aber du siehst doch ein, dass dies auf Dauer kein Leben..…“
„Wir haben doch bereits so viel erreicht.“, wob Gunnar ein und hatte mir das Wort abgeschnitten. Damit meinte er offenbar den Zauber von Erik und dass er nun nur noch Alexa als EINE andere frau bei sich hatte.
„Ja, ich weiß, Gunnar. Das ist mir durchaus bewusst.“, stimmte ich ihm zu. „Nur Alexa ist keine deiner temporären Liaisons. Sie ist mittlerweile ein fester Bestandteil unseres Lebens. Auch des meinen. Und DAS ist für mich nicht wirklich angenehm. Nicht normal und genau genommen, wenig lebenswert. Andererseits weißt du allerdings gleichermaßen, dass ich dich über alles liebe.“
„Wir gehören doch zusammen!“, Gunnar schnaufte.
„Das weiß ich doch, Gunnar. Und ich bestreite das nicht.“
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Alexa schmunzelte. Das konnte ich nicht SO stehen lassen.
„Du hast im Augenblick das große Los gezogen. Ich überlasse dir für noch ein paar weitere Tage meinen Mann. Dann kannst du mit ihm Familie spielen, was auch deine Absicht war, als du Gunnar diskreditiertest.“, wendete ich mich direkt an sie (und warf ihr alles vor die Füße) und blieb erhaben und überlegen dabei. (Wie es sich für mich gehört!)
In jedem Fall, ließ ich alle in dem Glauben, dass es nur für einige Tage sei. Noch Weitere, waren jedoch nicht ausgeschlossen. Wir werden sehen, wie ich mich mit Sasha fühle.

Ich frühstückte noch, packte meine Sachen und fuhr mit Sasha zurück nach Winnipeg. Dort wartete der Flug nach Montreal auf uns, welchen er geordert hatte, als klar gewesen war, WIE ich mich entscheide. Last Minute, so zu sagen. Allerdings fuhren wir in getrennten Wagen. Denn auch ich hatte schließlich einen abzugeben. Aber egal. Es war nicht hinderlich. Wir legten einige Pausen ein und fuhren immer wieder an den Straßenrand. Hielten an, um uns kurz  zu unterhalten (zu schmusen) und, damit ich mich erholen konnte. Längere Fahrten strengen mich an.

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Neun Uhr abends kamen wir in Montreal an. Stiegen in ein Taxi ein und Sasha nannte die Adresse.
„Ich habe eine Überraschung für dich.“, sagte er und schmunzelte.
Es war ein Apartment. Er hatte es für uns beide angemietet. Es liegt in der Innenstadt, auf der Golden Square Mile. Offenbar genau das Richtige für ihn. Sauna, Fitnessstudio und Hallenbad mit Terrasse im Gebäude. Doorman Service (Aufsichts- und Dienstpersonal, oder auch Concierge), ein Parkplatz und eine Überwachungskamera & Gegensprechanlage. Das Apartment selbst ist voll möbliert. Hat eine Klimaanlage, Kabelfernsehen und W-LAN.
Es ist ungewohnt. Dennoch gefällt es mir hier (so einigermaßen). Am liebsten wäre ich allerdings bei meinem Mann, der mich heute Morgen anrief und fragte, wie es mir ginge und wann ich wieder zu ihnen stieße.
„Wir fliegen am Montag weiter nach New Orleans. Vielleicht kannst du ja in Winnipeg sein. Der Abflug ist abends. Am Morgen fahren wir schließlich erst von Ashern weg. Ich würde mich freuen, wenn wir gemeinsam fliegen.“, sagte er.
Ja. Ich ebenfalls. Nur ist da eben noch (immer) Alexa (mit ihrem Balg).

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Derek hat sich nicht wieder bei mir gemeldet. Aus den Augen, aus dem Sinn….offenbar. Sicher hat er andere „Esel zu bürsten“. Wer weiß. Egal.
Kevin rief an und fragte, wo ich sei. Erkundigte sich dann ebenfalls nach meinem Befinden und ich nach dem Seinen. Es geht ihm…. immer besser. Das freut mich für ihn! (Seine Freude, mein Leid. Wir tauschten die Probleme mit den Beinen. Nur war weder voraus zu sehen, das derartiges überhaupt geschah, noch auf welche Weise. Womöglich sollte ich zufrieden sein, dass es NUR die Venen sind.)