Dienstag, 31. Oktober 2017

Es wird SO sein…….



Clair war hier gewesen. Hatte sich Sasha (und mir) förmlich aufgedrängt. An der Tür war sie nicht abzuweisen. Trat schlicht und einfach ein. (Grinste) Lächelte pikiert, fixierte und dann beobachtete sie mich, wie ich das Dinner zubereitete. Staunte fast und man sah ihr an, wie verdutzt sie war. Dachte offenbar ich sei dazu nicht fähig. Oder war sie es nicht?
Es tangierte mich nicht wie sie schaute, oder ob sie nun anwesend war. Ich unterhielt mich sogar mit ihr in einem ungerührten Ton. Gerade so, als wäre sie ein zufällige Gast. Sasha hatte Mühe, sie zum Gehen zu bewegen,….nach einiger Zeit.
Ich war nicht einen Hauch von eifersüchtig. Warum sollte ich das sein? Ich fühlte nichts….ihr gegenüber.
Zum einen ist es eher unwahrscheinlich, dass ich länger hier sein werde und zum anderen liebe ich meinen Mann. Sasha, nun ja, vielleicht ebenso ein wenig. Mag sein.

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Gunnar erreiche ich noch immer nicht. Allerdings kenne ich dieses Verhalten von ihm. Dieses Prozetere, wenn es Schwierigkeiten in seinem Leben gibt. Oder, wenn er sich grundsätzlich woanders aufhält als ich. Es war immer so gewesen.
Genau genommen fände ich es richtiger, könnte ich meinem Mann in dieser unsäglichen Zeit zur Seite stehen. Jedoch lässt er mich nicht. Ist lieber allein mit all seinem Schmerz um seinen Sohn und sicherlich ebenso noch immer um Alexa. Und was wird erst Alexas Vater erdulden müssen. Erst die Tochter, dann die Frau samt Enkel.

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Und wieder Gespräche mit Sasha in denen er Zukünfte für uns malt. Denkt er tatsächlich, dass ich nun für immer hier bleiben werde? Wohl kaum.

Ich stoße Sasha gelegentlich vor den Kopf mit unbequemen Aussagen. (Damit er sich nicht all zu sicher fühlt, was mich betrifft.) Werde sogar manches Mal wütend. Oder wende mich von ihm ab, wenn er etwas sagt, was mich nicht gefällt. Tue ich das, sucht er mich zu beruhigen und beschwichtigt mich eher kleinlaut. Was selbstredend niemand hören/bemerken sollte. Denn vor Angestellten, anderen Leuten, oder Untergebenen, ist es angeraten, sich nicht gegenseitig, innerhalb der Familie, bloßstellen. (Dazu gab es einen Vorfall im Flugzeug, wo ich Sasha vor dem Koch widersprach und ihn bat milde herrschen zu lassen gegenüber diesem Mann, der einen Fehler begangen hatte.) Ich kenne dies noch sehr gut von mir zu Hause. Auch ich genoss dergleichen Erziehungsbild. Nur hielt ich mich nie daran. Wieso sollte ich JETZT damit beginnen? Wo ich Sasha noch nicht einmal so außergewöhnlich liebe wie Gunnar.
Einer liebt immer mehr. Das ist klar. Bei Gunnar und mir, bin ich es. Mit Sasha liegt die Sache anders. ER ist derjenige, der viel mehr liebt als ich.

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Sasha hat nun beinahe gänzlich die Geschäfte seines Vaters übernommen. Er redete mit mir darüber, als sei ich bereits seine Frau. Insbesondere wenn es um Dienstreisen ginge, könne ich ihn begleiten. Jedoch nicht in jedem Fall.
„Was soll das bedeuten?“, stieg ich widerwillig in dieses Gespräch mit ein. Denn ich hatte nicht vor, ihm noch weitere Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft entgegenzubringen.
„Es gibt Länder, da ist es besser, die Frau bleibt zu Hause.“ Ein verschwörerisches Zwinkern kam von ihm zu mir herüber, welches mich doch eher zornig als heiter werden ließ.
„Warum das?“, fragte ich fast angewidert, alldieweil mir offerierte Frauengeschenke der Kunden durch mein Hirn spazierten.
Natürlich konnte Sasha sehen, was da in mir vor sich ging und ich wusste, dass er es wusste, weil er Kopfschüttelnd schmunzelte. Es war anscheinend eine Bestätigung für ihn, alldieweil er dachte, ich sei eifersüchtig. Ticken Männer tatsächlich SO?
„Fliegst du, bin ich weg. Oder glaubst du etwa ich warte hier?“
Sasha räusperte sich. Hielt dem Atmen an und zog die Augenbrauen nach oben.
„WAS?“ Ich sah ihn herausfordernd an.
„Rea, du bist eine erwachsene Frau. Es wäre gut, sich auch dementsprechend zu benehmen.“
Ich brach in Lachen aus. „Ich beuge mich keinen Regeln oder DEM, was irgendwer sagt.“
Sasha schnaufte noch einige Male durch und erwiderte nichts….mehr.

„Ist es DAS was ich denke?“, begann ich von Neuem dies vorangegangene Thema aufzugreifen und mit erregter Stimme eine Reihe von Fragen zu stellen, alldieweil ich es nicht hatte lassen könne, in den vergangenen Minuten darüber nach zu sinnieren. „ Nutztest du es je? Oder dein Vater? Und was sagt dann deine Mutter zu all DEM? Weiß sie es überhaupt?“
Sasha hob die Hände. „So viele Fragen auf einmal. Es ist nur so, dass in Kürze zwei Reisen anstehen, wo sich mein Vater auf mich verlässt.", wich er mir aus. "Aber mit unserem Flieger bin ich in null Komma nichts wieder zurück. Wenn du magst, kannst du mich allerdings freilich begleiten. Regeln gibt es dafür selbstverständlich nicht. Die Ehefrauen werden stets respektiert.“
„WO soll es denn hingen?“
„Tokio und Saudi-Arabien.“
„Ihr macht Geschäfte mit DENEN???“, empörte ich mich und bezog mich dabei auf die Muslime.
Er hob die Schulter und breitete die Arme aus. „Es sind zahlende Kunden.“
Ich war entsetzt. Es ging ausschließlich um den Profit.  

Und späterhin wieder die Anweisung, nicht alles von dem, was wir hier untereinander bereden im Tagebuch öffentlich niederzuschreiben.
Noch ein weiteres Mal nahm ich das Thema der Frauengeschenke auf, weil es mir keine Ruhe ließ und es mich bewegte. Sasha verstand, dass ich bereits genug von Gunnar und anderen Männern betrogen worden bin und daher, verständlicher Weise, eine Aversion dagegen entwickelt hatte.
„Beruhige dich Rea. Ich nehme dergleichen Geschenke nicht an. Sei denn, es würde den Geschäftspartner beleidigen, täte ich es nicht.“ Ich gedachte bereits zu intervenieren. Sasha jedoch hob die Hand zum Zeichen, dass ich abwarten solle. „Und niemand sagt, dass ich mit der Frau dann doch intim werden muss. Ich liebe dich Rea, und würde das nicht tun. Das musst du mir glauben.“
„Nahmst du je so etwas an?“
„Ja natürlich. Aber da kannte ich dich noch nicht.“
„Tut es dein Vater? Und weiß deine Mutter davon?“, Ließ ich ihm keine Ruhe. „Ich werde sie daraufhin  ansprechen, sollte es eine Gelegenheit dazu geben.“
Sashas Körper straffte sich. Er wurde ernst. „Das tust du nicht.", verbot er mir nun genau genommen den Mund. "Wir sprechen nicht darüber.“
Ich war entsetzt. „Sie weiß es und nimmt es hin?“
„Es gibt NICHTS hinzunehmen.“
„Ist es DAS, was mich mit dir erwartet? Dann vielen Dank!“
Sasha schnaufte. „Müssen wir uns jetzt darüber unterhalten?“
Ich schmollte. Wendete mich ab und mein Gesicht blieb wie in Marmor gemeißelt stehen.
Nach einer Weile nahm mich Sasha in den Arm. „Rea, du sollst lachen und glücklich sein.“
Ich achtete nicht auf DAS, was er sagte. Mir ging anders durch den Kopf. „Und wie wirst du all meine Kränklichkeiten ertragen? Es wird nicht gehen.“, stellte ich fest.
Sasha stutzte. „Was wird nicht gehen?“
„Wir zwei.“
Er lachte. „Oh nein! So kommst du mir nicht davon. Es geht und es WIRD SO SEIN.“


Montag, 30. Oktober 2017

„Reise“ – Bericht und ein erneuter Todesfall der zu Herzen geht




Wir waren gen Norden gefahren. In etwa 400 Kilometer weit, zum Fullufjället Nationalpark. Allerdings viel zu spät am Tage unterwegs, sodass wir am Ende, es muss so gegen zwei Uhr nachts gewesen sein, ein Plätzchen am Straßenrand suchten, um in unserem Leihwagen zu übernachten. Zumindest für ein paar Stunden zu schlafen. Denn Gunnar war müdes gewesen und bevor noch etwas Schreckliches passieren konnte, dachten wir, es wäre doch besser eine Pause einzulegen, um bei Tagesanbruch weiter zu fahren. Gefolgt, wie in Kanada auf der Route 6, ist uns (augenscheinlich) niemand. Am frühen Morgen dann, als der Tag dämmerte, wurden wir geweckt von einem Polizisten, der dort Streife fuhr und wer weiß was von uns dachte, was wir für Chaoten ohne festen Wohnsitz wären. Allerdings veränderte sich sein misstrauisches Gesicht in ein Lächeln, als er mich sah und dann noch erfuhr, dass Gunnar und ich ein Ehepaar waren. Also nichts Anrüchiges so zu sagen. Wir erklärten ihm schlicht und einfach wie es war und er ließ uns ziehen.
(Auffällig war für mich im Zusammenhang des Untertauchens und Reisens, dass die meisten Menschen verwundert sind, wenn man in BAR bezahlt. Schon viel zu sehr hat man uns an dieses (schuldscheinlose) bargeldlose Leben gewöhnt, um mehr Kontrolle (über uns Sklaven) zu haben (und das gedruckte Geld nicht mehr in Gold aufwiegen zu müssen.).)

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Es dauerte nicht allzu lang, nur zwei Tage, bis sich Sasha schließlich outete. Er rief erstaunlicher Weise auf Eilifs Handy an, wo ich ein ausgedehntes Gespräch mit ihm führte. Allein. Ohne dass Gunnar anwesend war.  
„Du glaubst doch nicht etwa, dass ich nicht weiß, wo du dich aufhältst?“, fragte er mich beinahe schon ein wenig überheblich.
In jedem Fall war es eine Bestätigung, dass ER doch der Urheber war. Oder/und ebenso seine Eltern, die ihrem Sohn selbstredend helfend zur Seite standen.
Sasha bedrängte mich schon einigermaßen massiv. Ich solle, wie konnte es gleichwohl anders sein, zu ihm kommen. Er liebe mich, was ich ihm keineswegs absprechen mag. Ganz im Gegenteil, ich glaube ihm sogar. Und ebenso seiner Behauptung, dass ich ihn gleichermaßen liebe, entbehrt nicht gänzlich jeder Berechtigung. Da ich jedoch standhaft auf Gunnars Seite verharrte, durchzogen Sashas Aussagen vielerlei Couleur. Vom Betteln bis hin zu Drohungen. Es war ihm anzumerken, dass ICH IHM UND vor allem meine Abwesenheit, an die Nieren ging. Claire war nicht zugegen. Zumindest sagte er das, nachdem ich ihn fragte und er war schon fast ärgerlich, als ich sie erwähnte. „Ich will DICH“!
Zumindest versicherte er mir, dass er MICH nicht inhaftieren ließe, was das Problem mit dem Zentrum betraf. Es wäre doch nur eine Befragung im Revier gewesen, dessen ich/wir uns entzogen hätten. Nicht mehr.
„Wieso tust du DAS?“, fragte ich ihn erbost.
„Was soll ich sonst noch anderes tun, um dich zu bekommen.“, kam es kleinlaut von ihm zurück.
Sasha schwankt zwischen untertänigstem Betteln aus Liebe und Hybris, zu bekommen, was immer er will. Ein wenig eigenartig, sein Charakter….im Augenblick (?). Anscheinend ist sein Verhalten ausschließlich ein Ausdruck seiner Liebe zu und womöglich sogar seiner Besessenheit von mir. Aber ebenso und aller Wahrscheinlichkeit nach gleichermaßen seiner Verzweiflung. Wie sollte ich es mir sonst anders erklären, was er tut.

Trotz allerhöchster Aufmerksamkeit hatten Gunnar, Eilif und ich nichts Verdächtiges um uns herum wahrgenommen. WIE nur hatte uns Sasha finden können? Nun, man hatte sicherlich seine Connections. Wie es bei diesen Leuten nun einmal üblich ist. Und ebenso gewissen Einfluss auf manches (vieles), durch Macht und Finanzen.

An diesem Abend, nachdem ich das Gespräch mit Sasha beendet hatte, dachten wir darüber nach, wie es nun weiter gehen solle. Bei Eilif zu bleiben, war genau genommen nicht wirklich die Option.
Noch weiter, etwa fünfhundert Kilometer, gen Norden, nach Kwikkjokk zu Vidar, einem anderen Druiden, wäre eine Möglichkeit gewesen. Die norwegische Grenze war ebenfalls nicht weit. Nur fünf Kilometer nach Süden, bzw. acht nach Westen. Und von dort aus weiter per Flugzeug wo auch immer hin, mit dem Geld meines Vaters.
Wir entschieden uns letztendlich (und vorerst)……...für die Tour nach Norden. Zumindest hatten wir SO der Anweisung, das Land nicht zu verlassen, für den Augenblick Folge geleistet. Die Perspektive woandershin zu fahren, respektive zu fliegen, gab es dann immer noch. Und Sashas Drängen nachzugeben, war für mich in keinster Weise auch nur vorstellbar. Ich liebe meinen Mann und es liegt mir fern, auch nur daran zu denken, nicht (mehr) bei ihm zu sein. Es wäre geradezu grotesk, mich JETZT von ihm zu trennen, wo wir endlich, nach fast sechs Jahren, ohne jegliche andere Frauen zusammen sein können, also DAS Leben mit Gunnar als Mann und Frau zu führen und genießen, welche sich ich mir schon immer erträumte/wünschte. Niemals tue ich das! Mich von ihm trennen. WENN, dann nur unter außergewöhnlichen Umständen, durch Erpressung, oder mit Gewalt. Oder wenn Gunnar selbst es nicht mehr wollte.

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Ich war stets jemand, der zum Ärgernis seiner Eltern, eine Affinität zu den Menschen der unteren Schichten entwickelt hat. Von Beginn an war das so gewesen. Kam offenbar daher, dass es mir selbst an nichts mangelte.
Ich war nicht wie die anderen Mädchen in meinem Umfeld, ausschließlich auf Partys und Papas Geld verschleudern ausgerichtet. Nein. Ich hatte Interesse an Vielen. Insbesondere an anderen Kulturen und hier kam mir, zu jener Zeit, Adam gerade recht. Ja, und man bedenke, ich gedachte ihn damals tatsächlich zu heiraten. Mein Vater sagte mir, es sei nun genug der physischen Erkundung anderer Völker und wir gingen daraufhin heim. Seine Arbeit in der Botschaft gab er auf und wir kamen nach Deutschland zurück.
Das ist alles sehr, sehr lange her………

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Dieses Mal fuhren wir, Gunnar und ich, sehr früh am Morgen gen Norden, nach Kwikkjokk zu Vidar, einem anderen Druidenfreund von Gunnars Onkel Erik.
Es war noch dunkel draußen und ich/wir hatten kein Verlangen aufzustehen.
Die Fahrt gingen wir gemächlich an, mit Pausen und erreichten Kwikkjokk schließlich gegen sechs Uhr am Abend.
Vidar ist ein recht junger und attraktiver Mann. Kurzes rotes Haar und stahlblaue Augen.
Er ist in der Tat ein guter Freund und ich wünschte, wir wären öfter dort. Man kann gut mit ihm reden. Im Allgemeinen jedoch scheint er eher schweigsam zu sein. Eine Freundin hat er ebenfalls, was wir dann am Samstagabend erfuhren, als sie zu ihm kam.
Aber am Sonntag dann, geschah etwas Fürchterliches.

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Es war am Morgen gewesen, ich war gerade dabei unser Frühstück zuzubereiten, als ein Anruf kam für Vidar. Denn wir, also Gunnar und ich, hatten die iPhones aus gutem Grund ausgeschaltet. Ich hatte nicht weiter darauf geachtet und ich konnte Vidar in diesem Augenblick gleichwohl nicht sehen. Ich hörte nur, wie er Gunnar zu sich rief.
„Gunnar, ein Anruf für dich.“ Und dann hörte ich ihn beschwörend sagen: „Aber bitte Gunnar, ticke nicht aus. Sei gefasst.“
DAS wiederum ließ mich aufmerksam werden und ich beendete meine Tätigkeit. Ging hinaus in den Flur, wo Vidar und Gunnar standen.
„Wer ist es denn?“, zischte ich leise hin zu Vidar.
„Sein Onkel Erik. Nur er wusste, dass ihr hier zu finden seid.“
Schon im nächsten Moment sah ich, wie sich Gunnars Gesichtszüge grotesk veränderten und er mit einem Schrei zu Boden sank. Er krümmte sich zusammen. Wimmerte. Ich rannte zu ihm hin. Er stieß mich weg und ich fiel. Vidar kam sofort zu mir und hob mich auf. Ich war total verstört.
„Was ist denn nur geschehen?“, fragte ich in den Raum.
Vidar hielt mich fest. Ließ mich nicht noch einmal zu Gunnar gehen.
„Lass ihn jetzt Rea. Es ist irgendetwas Schlimmes mit seinem Sohn passiert.“
Oh Göttin! WAS??? (Hatte er nicht einen magischen Schutz???) Dachte ich so. Sprach es jedoch nicht aus. Schüttelte nur mit dem Kopf und wagte es nicht Gunnar anzusprechen. DER ließ das Telefon schlicht und einfach auf den Boden fallen. Erhob sich, rannte zum Schlafzimmer und packte seine Tasche. Nahm den Wagenschlüssel und stürzte aus dem Haus, ohne mich weiter zu beachten. Ich schickte mich an, ihm hinterher zu gehen. Und wieder hielt mich Vidar zurück.
„Aber ich kann doch nicht alleine hier bleiben?“, intervenierte ich doch eher zaghaft. Doch dann noch einmal lauter aus Angst. „Was hat Gunnar nur vor? Warum lässt er mich hier allein?“
Gunnar achtete auf nichts mehr. Stieg in den Wagen und brauste davon.
„Wir machen das schon. Keine Angst Rea.“, beruhigte mich Vidar. „Alles kein Problem. Nur…..“, begann Vidar zaghaft anzumerken, „…..nach dem Anruf von Erik allerdings, wird man wissen, wo du zu finden bist.“
Oh Göttin! Nein! Dachte ich erneut.
„Wieso lässt er mich hier zurück? Das kann Gunnar doch nicht tun.“, lamentierte ich weiter und lief kopflos umher.
Vidar fasste mich bei den Schultern und sah mich eindringlich an. „Er hat erst vor kurzem Alexa verloren und mit seiner Mutter, dass ich gleichfalls noch nicht allzu lange her und jetzt sein Sohn. Ich kann nur hoffen, dass IHM in seinem derzeitig unbesonnenen Zustand nicht ebenfalls noch etwas passiert.“
Ich hielt mir den Kopf mit beiden Händen. „Was hat er nur vor?“ Erst viel später realisierte ich, dass klein Ragnar verstorben war. Er ist noch nicht einmal ein Jahr alt gewesen…………………………………..
„Ich nehme an, er wird nach Kalifornien fliegen. Nur kann er das nicht von hier.“, erwiderte Vidar in einem fast zen-meisterlichem Tonfall, der mich vermutlich beruhigen sollte.
„Und i-c-h???“ Im nächsten Augenblick stieg in mir die Panik auf. WAS sollte ich jetzt nur tun???
„Am besten, Du bleibst heute noch hier. Morgen werden wir einen Flug nach Stockholm für dich finden.“
„Aber dort will ich nicht hin. Ich fliege…….., ja nun, wohin???“ Mein Kopf war leer. Fühlte sich an wie ein schwarzes Loch.
„Ich denke, es wäre besser die Sache mit dem Zentrum zu klären“, begann Vidar erneut auf mich einzureden, „anstatt davon zu rennen. Das macht es nur noch schlimmer und womöglich wird man dich dann tatsächlich noch per Haftbefehl bestrafen, wenn man dir habhaft wird.“

Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wusste es nicht und es fiel mir auch nichts vernünftiges ein und da ich nun ohnehin noch bis zum nächsten Tag (Montag) in Kvikkjokk bleiben musste und auch sollte, um mich zu beruhigen, griff ich mir meinen dicken Mantel und rannte hinaus in den Wald. Es war nötig den Köpf zu befreien von all den lastigen Gedanken.


Es müssen etwa gute zwei Stunden gewesen sein, die ich draußen war. Halb erfroren und zitternden Leibes kam ich zurück ins Haus. Vidar stürzte sogleich mit einer weichen Decke auf mich zu, die er mir um die Schultern tat. Und erst dann sah ich………Sasha.
„Wir wollten dich schon suchen.“, sagte er lächelnd zu mir. „Aber ich bin auch gerade erst angekommen. Hätte mich sicherlich gleich mit deinem Freund Vidar auf den Weg in den Wald gemacht.“ Sasha hatte seinen eleganten Mantel noch nicht abgelegt. Zog gerade die Handschuhe aus. Wie war er nur so zügig hier her kommen? Woher wusste er…..??? Der Anruf, fiel es mir ein.
Ich blieb bei Vidar stehen. Sah ihm in die Augen. Auch bei ihm war Ratlosigkeit. Kapitulation und mir wähnte noch im selben Augenblick, dass es mir genauso ergehen würde wie ihm. Ich würde (vor Sasha) kapitulieren……müssen. Denn er würde ohnehin darauf bestehen, dass ich ihn begleite, jetzt, wo ich ohne Gunnar war. Aber das Zentrum? Schoss es mir durch den Kopf. Kevin!
„Wie kommst du überhaupt so rasch hier her?“, fragte ich ihn mit abweisender Stimme und Gestik.
Sasha lächelte. „Ich war gerade in der Nähe.“
Ich riss mich los aus Vidars Griff und wurde wütend. Ging angriffslustig auf Sasha zu und meine Augen sprühten vor Zorn. „Tue nicht so überheblich!“
Er tat erschrocken. Trat einen Schritt zurück und hob die Hände. Ich streckte den rechten Arm nach ihm aus und mein nackter Finger zeigte auf ihn. „DU!!!!....wirst diese Farce der Steuerhinterziehung noch augenblicklich beenden! Es ist DEIN WERK! Also mache Schluss damit. Rufe an! Los!“, befahl ich ihm. „Sonst werde ich nicht mit dir kommen.“ Mir war durchaus bewusst, dass ich ihm jetzt nicht mehr entkam. Also warum nicht noch einen allerletzten Trumpf ausspielen? Nur würde ich es tatsächlich tun? Mit ihm gehen. Oder tun wollen? Sicher nicht….wirklich, dachte ich in diesem Augenblick. Aber schließlich hatte Sasha nicht diesen weiten Weg auf sich genommen, um ohne mich zurückzukehren. „Hast du etwa auch etwas mit dem Unfall in Kalifornien zu tun?“, klagte ich ihn an.
Sasha stutzte. „Welchen Unfall?“, fragte er.
„Ich dachte deine Leute hörten das Gespräch ab?“
„Ja schon. Aber es ging nur darum zu ermitteln wo du bist.“, blieb er recht sachlich.  
Seine Leute, oder wer auch immer hatten Sasha auf dem Laufenden gehalten, während dem Flug von Sveg nach Kwikkjokk, und so wusste er natürlich auch, dass Gunnar fort gegangen, also ICH alleine war. Was er späterzu beiläufig erwähnte.

Sasha drängte mich nicht. Ließ mich gewähren. Wüten. Ratlos und verzweifelt sein, bis ich am Ende……..mit ihm ging.
WAS hatte ich schon ….zu verlieren? Für eine Wahl??? Wer weiß, wann ich Gunnar wieder sehe? Erreichen konnte ich ihn ohnehin im diesem Augenblick nicht. Hätte ich ihm womöglich nachreisen sollen? Was allerdings unklug gewesen wäre. Und immerhin, von Montreal ist es in jedem Fall kürzer bis Kalifornien, als von Schweden aus.
Von Erik erfuhr ich dann später, dass nicht nur klein Ragnar dem Tod anheimgefallen war, sondern ebenfalls Alexas Mutter, die mit dem Kleinen zusammen unterwegs gewesen war. Ein mit Drogen vollgepumpter Mann, war ihnen im Vollrausch und mit Tempo hundert in die Seite gefahren. Das Kind war sofort tot. Gina verstarb noch am Unfallort.

Die Ermittlungen gegen mich und das Zentrum wurden noch in der kommenden Stunde eingestellt.
Die Privat-Maschine von Sashas Eltern wartete auf uns am Flughafen von Kiruna, mit welcher Sasha erst vor kurzem aus (Gördalen) Sveg hier angekommen war. Infolgedessen war es nicht gänzlich gelogen und für seine Verhältnisse sogar wahr, als er sagte, dass er in der Nähe war. (Nun, WIE konnte ich auch nur vergessen, dass sich diese Leute sogar ein eigenes Flugzeug leisten konnten, wo unsereiner, trotz von Anfang an begütert, noch ein erhebliches Stückweit unten rangierte, in der Pyramide von teile und herrsche.) Und noch im Flugzeug bestand Sasha darauf, mir das Geschenk seiner Mutter („die Kette“) an- bez. umzulegen. Ich wollte es nicht. Verwehrte mich. Er ließ keine Ruhe. Sasha bekommt offenbar stets was er will.

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Alles zurück auf Anfang…………………………………und ICH, bin wieder in Kanada.
Ich vermag Gunnar nicht zu erreichen Es ist immer nur die Mailbox, die mir Antwort gibt. Es entzieht sich völlig meiner Kenntnis, wo er ist und was er tut. Und Sasha weiß, dass ich nicht ewig hier sein werde. Ich will zu meinem Mann. Nur verstehe ich gleichermaßen, wenn Gunnar im Augenblick für sich alleine bleiben will, um seine unendliche Trauer zu bewältigen. In diesem Fall, bin ich bei Sasha doch einigermaßen gut aufgehoben. Und ER ist glücklich über meine Anwesenheit. Warum es ihm nicht gönnen? Es ist schließlich nicht so, dass ich ihn hasse. Nein. Ganz im Gegenteil.
Ich weiß, er tut tatsächlich ALLES, damit ich bei ihm bin. Ich kann ihn durchaus verstehen und es sei ihm vergeben. Und ich glaube ihm ebenfalls, wenn er sagt, dass er mich liebt. Es ist nicht, dass er mich besitzen will. Und wenn ja, dann nur…..ein bisschen.

So, und nun ist es Zeit für den Lunch.
(Und nein, diesen Post schrieb ich NICHT an einem Tag. Und ganz und gar nicht heute. Schließlich war Zeit genug gewesen, als wir noch in Schweden waren.)


Montag, 23. Oktober 2017

Carpe diem




„Carpe diem“ – „Nutze den Tag“. Wir nutzten ihn nicht. Hatten gestern Nacht noch Kevin angerufen und seinen Pfleger losgeschickt, um vorsorglich so viel Bargeld wie möglich von seinen und unseren Konten abzuheben. Und am Morgen blieben wir doch, wo wir genau genommen bereits auf dem Weg nach Deutschland, zu meinen Eltern, hätten sein sollen. Auch sie hatte ich über die aktuelle Lage informiert und sie waren und sind bereit uns zu helfen, wo es möglich ist.
Aber egal. Kevin, der nun in unserer Abwesenheit wieder die Leitung des Zentrums übernimmt, bot sich ebenfalls helfend an, alles Finanzielle über ihn laufen zu lassen, sollten man uns die Konten sperren und wir das Untertauchen dann doch noch in Betracht ziehen würden, was für uns nichts weiter als eine Reise ist und es wurde noch an diesem Tag entschieden. Im Augenblick des Schreibens dieser Zeilen, befanden ich mich NOCH im Zentrum.
Zu dieser Stunde war es bereits zu spät nach Deutschland zu fliegen. Man hatte uns nahe gelegt, uns zur Verfügung zu halten und das Land nicht zu verlassen, der Untersuchungen wegen. (Welcher Art auch immer???) Stine und Kurt wurden vorübergehend in ein anderes Polizeirevier versetzt. Sie können uns nicht mehr helfen. Anklage wurde bisher jedoch noch nicht erhoben, weil offenbar so vieles unklar ist. Man wirft uns Steuerhinterziehung vor. Und das MIR! Wo ICH mir nie etwas zu Schulden kommen lasse. Korrekter als korrekt bin, speziell in finanziellen Angelegenheiten. Lasse stets alles wieder und wieder prüfen, damit uns bloß kein Fehler unterläuft. Und nun…..DAS! Völlig ungerechtfertigter Weise!!! Ja, in der Tat, Gunnar behält Recht. Der Willkür, der Opulenz und der Macht, alles tun zu können, was immer man will, ist es völlig gleichgültig, ob ein Vorwurf gerechtfertigt ist oder nicht. Man tut was man will, um sein - welche Ziele auch immer -  zu erreichen.
Wird man mich, oder Gunnar gegebenenfalls sogar noch verhaften wollen? Welche Unmöglichkeit an sich!!! Wir haben NICHTS getan, das solch Maßnahmen rechtfertigen würden. In meinem Hirn spielen sich (vermutlich völlig grundlos) Szenarien ab, die horrible sind. Aber vielleicht wird diese ganze Angelegenheit alsbald wieder fallen gelassen/aus der Welt geschaffen- getilgt (!), wenn man den Fehler eingesehen hat (verlange ich eine Entschuldigung!!!).
Womöglich wäre Sasha doch in der Lage, dies alles zu stoppen??? Wäre es denn tatsächlich NOCH einen Versuch wert?
Aber NEIN. Gunnar und ich halten zusammen, wie bereits erwähnt. Wir stehen das gemeinsam durch.
Nun, Schweden ist groß. Und das Finanzielle lässt sich schon auf irgendeine Weise regeln, damit wir zumindest tanken, wohnen und essen können…..unterwegs nach……..(darf ich nicht sagen).

Ja, in der Tat, wir werden wohl (zur Vorsicht) untertauchen (müssen), bis unsere Anwälte alles geregelt haben und grünes Licht zur Rückkehr gegeben wird. Wir werden sehen.
Was nun ebenso bedeutet,…..kein iPhone mehr und kein Internet.
Untertauchen bedeutet nun einmal, dass man uns nicht finden soll, bis….wir zurückkehren können, wenn die Lage sich bereinigt hat.
Und wieder der Gedanke an Sasha, der dies alles womöglich zu stoppen vermag, gäbe ich nur seinem Drängen nach, zu ihm zu kommen.
Natürlich dachten wir ebenfalls über andere Urheber nach. Nur WER sollte es sein? Es gäbe sicherlich einige vermögende Muslime, welchen wir hier im Zentrum den Zugang verwehrten, unter dem Vorwand, wir seien ausgebucht (alldieweil ich diese Leute hier nicht haben möchte (weil es mit ihnen immer Probleme gibt)).

Sorgen muss sich niemand. Das alles wird sich früher oder später klären. In dieser Hinsicht habe ich ein wirklich gutes Gefühl (verlässliches Gespür).
Und wenn dieser Post in meinem Blog erscheint, sind wir schon längst……losgefahren.
Bis bald.