Vermutlich ist es
nicht vorteilhaft an dieser Stelle, oder überhaupt darüber etwas zu berichten,
dennoch werde ich versuchen es zu tun und mich damit so moderat, oberflächlich
und vage wie möglich zu halten, damit es keinen weiteren Ärger erregt. Obgleich
es mir nicht ausgeschlossen erscheint, dass der bloße Versuch einer
Beschreibung der Vorkommnisse ein ganz bestimmtes Publikum bereits provoziert.
Bewusst oder
unbewusst, in jedem Fall wurde eine Einladung von Sasha ignoriert, welcher er am
Abend des 30. April hätte Folge leisten müssen. – Hat er sie womöglich auf die leichte Schulter
genommen, oder sich ihr bewusst widersetzt, vielleicht sogar um meinetwillen? -
Sein Vater hatte jedoch nichts erwähnt, oder ihn darauf hingewiesen. Entweder
wusste er nichts davon, oder………es ward ihm Schweigen geboten.
Steht Sasha indes
schon nach kurzer Zugehörigkeit auf der Liste als möglicher Provokateure, oder
Störenfried? War er durch mich, mein Verhalten, oder bereits zuvor und durch
sein eigenes Handeln als nachlässig, undiszipliniert oder gar unbequem
eingestuft worden? – Deren Denken und Bewerten ist mir derart fremd, sodass ich
ihr Handeln nicht zu verstehen vermag.
Womöglich erklärt
sich auch durch diese Annahme, dass Sasha auf solch‘ bestimmte Leute nicht zur
Genüge verlässlich, pflichtbewusst, oder aus deren Sicht heraus sogar ungeeignet
wirkt, die Einführung in geschäftliche Dinge und teilweise gerade in der letzten
Zeit sogar Bevorzugung von Sashas Bruder Misha? Ist Sasha letztendlich doch nicht
für die Leitung des Unternehmens in ALLEN Belangen prädestiniert, weil……er noch
zu menschlich ist? Oder prüft man ihn
durch diese/eine Art von Strafung? Das Perfideste daran ist, dass es vorrangig
nicht ihn selbst betrifft, sondern seine Mündel. Zwei davon wird er anscheinend
nicht wiedersehen. Das blonde Mädchen hatte Glück, weil sie auf Sashas Wunsch
hin noch bei uns verblieben war, nachdem die anderen beiden zurück zu ihrer Unterkunft
gebracht worden waren.
Nun, Sasha hatte
mir gegenüber zwar erwähnt, dass er am Samstagnachmittag das blonden Mädchen zurück
zum Haus der Brüder bringt und dort bis zum nächsten Tag bliebe. Allerdings wusste
ich nichts darüber, dass da eine zwingende Order war, die für den Freitag galt,
an welchem nach Sonnenuntergang schließlich der Shabbat begann,……wo ich mich
noch wiedersetzte am Familienritual teilzunehmen, was ohnehin schon für
Aufregung sorgte. Sasha war dann letztendlich sogar noch eine kurze Zeit böse
mit mir und gedachte mich wohl mit der Anwesenheit des blonden Mädchens in
unserem Haus zu strafen, vermutete ich und womöglich war es sogar sein Grundgedanke,
neben…….einem anderen.
So trug es sich
zu, dass wir gestern völlig überraschend, zwischen zwei und drei Uhr nachts,
Besuch einer recht - meiner Wahrnehmung
nach - unangenehmen, recht rüden Art bekamen,
wo Sasha vermutlich daran erinnert werden sollte, einen offenbar wichtigen Termin
nicht Folge geleistet zu haben. In diesem Zusammenhang war er angehalten das
blonde Mädchen mit ihnen gehen zu lassen, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach
ein ähnliches Schicksal erfahren sollte, als die anderen beiden von Sashas Mündeln.
Wie ICH es verstand, sollten alle drei in ein anderes Gebäude dieser Leute
verlegt werden, sodass sie Sasha nie wiedersehen. Ebenfalls wäre es möglich,
dass man sie sogar ihrer zukünftigen Chancen des Studierens berauben könnte.
Für die beiden
Mädchen, die nicht mehr bei uns sind, war es Sasha nicht möglich noch etwas zu tun.
Ich denke, wir werden wohl kaum mehr von ihnen hören.
Die Blonde jedoch wurde
durch eine immense Spende von Sasha, welche er noch im Augenblick zu leisten hatte......völlig losgelöst und entbunden von jedweden Verpflichtungen, die sie irgendwem gegenüber hatte.
Späterzu vernahm ich von Sasha, dass es noch subtile
Drohungen von Seiten unserer Besucher gab, die darauf schließen lassen, dass
sowohl das blonde Mädchen, als auch ich gefährdet sein könnten, neben Sasha
selbst. Wie auch immer diese Gefahr aussehen
mag.
Meiner Meinung
nach sind es unerbittliche, drakonische Vorgaben, Regeln und Sanktionen, die
Menschen betreffen sollen, die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben,
wie mich….und dieses Mädchen.
Am Ende wurde
Sasha ans Herz gelegt (der Auftrag gegeben) zurück nach Schweden zu reisen, um
dort seine Buße zu tun, was offenbar
mit Hanna Martensen zu tun hat. Mehr werde ich an dieser Stelle hierzu nichts sagen. Präventiv
wird uns das blonde Mädchen dorthin begleiten.
Ich fragte Sasha,
ob dies nicht vielleicht der Anlass sei…….einen Strich zu ziehen.
„Hast du es immer
noch nicht verstanden Rea.“, erwiderte er beinahe kapitulierend. „In das
Umfeld, wo du hineingeboren wurdest, steigst du nicht einfach mal aus. Es ist
Familie.“
„Ein Rückzug
bliebe dir ebenso versagt?“, fragte ich ihn sogleich.
Er lächelte kurz
und sah mich an wie ein Kind, welches eine unbesonnene Bemerkung tat. „Ich bin
ohnehin bereits zu spät eingestiegen und erst am Anfang meiner wirklichen
Karriere. Bisher hat mein Vater mir recht viel Freiraum gestattet, was jedoch
auf andere Dinge zurückzuführen war, wie der Dienst an unserm Land.“
Ich schnaufte. „Ja.
Wie beispielsweise ich zu Beginn dein Auftrag war.“
„Ja, unter
anderem.“, erwiderte er zustimmend.
„Was tun wir denn
jetzt?“
Sasha hob die
Schultern. „Wir folgen.“
Vorsichtig
verschmitzt lächelnd sah ich ihn von der Seite her an und fragte leise: „Vorerst.
Oder?“
Er neigte den Kopf
und ließ unsere Zukunft……..in seinen geöffneten Händen. Wir werden sehen………
Vermutlich wird er das alles nicht einmal mit seinem Vater besprechen, weil es ausschließlich
ihn selbst betrifft…....(und ebenso das blonde Mädchen - ihr Name ist Alina - und……. letztendlich auch
mich).
Könnte es sogar
sein, dass das Schicksal Sasha und mich zusammengeführt hat, weil wir uns
möglicherweise doch nicht so unähnlich sind,….in manchen Dingen?
Vielleicht ist es
wirklich so, dass man nicht nur für
einen Menschen in einem Leben wichtig
ist? Werden die Lebens-Jahre womöglich aufgeteilt? Endet eine Beziehung dann,
wenn man sich nichts mehr zu geben hat, der (Lebens-) Auftrag erfüllt oder eben
unerfüllt bleibt und hoffnungslos ist, wie es vielleicht bei Felicio war?
Beginnt indes Sashas und meine gemeinsame Zeit erst JETZT? Haben wir etwas für-
an- und miteinander zu tun? Uns womöglich aneinander zu entwickeln, zu wachsen?
Ist DAS unsere (Lebens-) Auftrag im Augenblick?
So viele Fragen………………