Sonntag, 26. Januar 2020

(K)Ein Störfaktor?


Gunnar ist zu mir gekommen, als hätte er gewusst, dass ich alleine bin, noch bevor ich loszufahren war. Ich wollte gerade in meinen Wagen steigen, da sah ich ihn. Er fuhr ganz nah heran und parkte sein Auto ein Stück weit hinten unter den Bäumen. Ich ging ihm entgegen und wartete bis er ausgestiegen war. Ein flüchtiger Kuss. Dann fasste er lächelnd meine Hand -  es war nicht nötig zu reden - und wir stiegen so rasch ich es vermochte die Treppe der Veranda hinauf und gingen ins Haus.

Es ist NICHTS Anrüchiges geschehen. (Nun ja, vielleicht doch – jetzt wird es tatsächlich noch „heikel“,….dass ich „vielleicht“ den Blog auf „privat“ stellen muss. Smile.)
Gunnar und ich redeten nur(?) und nach all der Zeit, in welcher ich ihn nicht sah nahm ich an, dass Körperkontakt zu ihm für mich schwierig wäre. Aber weit gefehlt. Es war letztendlich........keineswegs der Fall.
Gunnar war es, der meine Hand zuerst ergriff und mich dann zu sich hinüber zog. Ich sank willig in seine Arme. Lehnte meinen Kopf an seine Brust und genoss den Augenblick (und was sonst noch so alles passierte. Zwinker!). Es war ein wohliges Gefühl des angekommenen Seins, als wäre ich nun zu Hause. Als wäre alles genau richtig so und…..wie es sein sollte. WIR BEIDE, gemeinsam, gehören hier her. Und in diesem Moment schien es, als wäre Sasha eher ein Störfaktor (der (beseitigt) außen vor gelassen werden müsste. Was tue ich nun mit ihm(?), jetzt, wo das Leben, in allen (!) Bereichen, doch eigentlich so schön mit Sasha geworden ist. Insbesondere nach der letzten Nacht, wo ich seinem Verlangen nach mir nachgegeben hatte und überaus glücklich damit war. – Diese derzeitige Situation erinnerte mich stark an mein Leben „davor“. Vor der OP, der Chemo usw…..).

Ich genoss jede Sekunde mit meinem einstigen Mann. Wollte ihn nicht mehr gehen lassen und es war mir gleich, wie spät es war.
„Es ist dir egal ob ER zurückkommt und mich hier sieht. Nicht wahr?“ Gunnar lachte.
„Ja.“ Ich nickte und sah ihn mit so viel Liebe im Herzen an, wie ich nie gedacht hätte sie noch immer für ihn zu fühlen. Dennoch, ich hatte es geahnt,…..dass es SO kommen würde. Ich, oder besser jede Faser meines Körpers wusste genau genommen zu jeder Zeit, dass nicht ein noch so kleines Stück meiner einstigen Liebe zu ihm verloren gegangen war.  
Gunnar drängte. „Ich muss jetzt gehen.“, sagte er. Denn es war bereits dunkel geworden und ich wunderte mich schon, wo Sasha blieb.
Der Abschied war kurz, genau wie der Moment, als er angekommen war. Gunnar umarmte mich, zwei Körper, die sich aneinander schmiegen, ein inniger Kuss und……schon war er weg. Verschwunden, beinahe wie ein Phantom, welches man im Nachhinein für eine Sequenz eines Tagtraumes, für nicht real halten könnte. Ein Nebelschwaden zog vorüber……….und kaum war ich wieder im Haus, hörte ich einen Wagen vor der Tür halten. Hatte Gunnar etwas vergessen? Kam er zurück? Ich rannte zur Tür um nachzusehen. Es war Sasha und ich dachte noch mit einem Anflug von Beklommenheit darüber nach, dass sich die beiden Männer begegnet sein müssen. Einer den anderen womöglich sah. Aber es war anscheinend nicht der Fall, denn ich bemerkte an Sasha keinerlei Veränderung. Er wunderte sich nur, dass ich ihm die Tür geöffnet hatte.
„Hast du etwa auf mich gewartet? Dich nach mir gesehnt?“ Er lächelte und ich…….lächelte zurück. (Eine rasche „Umstellung“ für mich und in mir war gefragt, so wie ich es früher oft getan hatte. Damals hatte ich Übung darin und es ist wie…..Fahrrad fahren……).
Der Abend mit Sasha war in der Tat mehr als angenehm. Mein Gefühl nach Schmusen und Körpernähe war noch immer so präsent, sodass es gleichwohl mit ihm zu zärtlichen Intimitäten kam. Er wunderte sich darüber. Dachte sich jedoch wohl nichts weiter dabei.

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Ich hatte schon die letzten Tage bemerkt, dass Sasha häufig recht angespannt und intensiv telefonierte. Mit wem, wusste ich nicht. Es war geschäftlich. Und gerade heute Morgen, als wir beim Frühstücken saßen, geschah es erneut. Sein Gesichtsausdruck war finster. So wie so erschien er mir recht angespannt, seitdem wir das Restaurant betreten hatten. Im Allgemeinen frage ich nicht nach, wenn ich vermute, dass es um Geschäftliches geht. Aber nun machte ich eine Ausnahme.
„Was ist mit dir?“, fragte ich ihn.
„Mein Vater ist auf den Weg hier her. Er will, dass ich mit ihm komme.“
Ich stutzte. „Wohin?“, und noch im selben Moment bemächtigte sich mir das Gefühl, als ob Gunnar in der Nähe wäre. Ich spannte meinen Körper an, richtete ihn ein wenig auf und sah kurz in die Runde, so, dass Sasha nichts bemerken konnte. Gunnar vermochte ich jedoch nicht zu sehen und ich ließ den Gedanken an ihn fallen.
Sasha zögerte kurz und sah mich prüfend an, als würde er darüber nachdenken müssen, ob er mir vertrauen kann, was seine Geschäfte betrifft. Von dem Gefühl in meinem Bauch und das ich mich umgeschaut hatte, hatte er nichts bemerkt. 
„Nach St. Petersburg.“, sagte er.
Ich pustete den tiefen Atemzug, welchen ich genommen hatte, wieder zurück, durch meine angespitzten Lippen nach draußen. „Okay.“ Und schon kam mir Gunnar erneut in den Sinn. Nur schnell weg mit diesen Gedanken aus meinem Kopf, bevor Sasha etwas ahnen könnte.
„Muss das wirklich sein?“, fragte ich Sasha bedauernd und es war NICHT unehrlich gemeint.
„Ja. Es scheint wohl so, dass ich mich dem Wunsch meines Vaters beugen muss.“
Sasha legte sein iPhone auf den Tisch, stand auf und ging in Richtung der Toiletten.
Ich lehnte mich zurück und nippte an meiner Tasse mit schwarzem Tee. Ich liebe es ihn mit Zucker und Sahne zu trinken. Er ist dann so mild. Und im Augenblick erkläre ich ihn zu meinem morgendlichen Lieblingsgetränk. 
Mein Blick schweifte von einem Tisch zum anderen. Ich dachte an mein vorheriges Bauchgefühl und sah einen großen, schlanken Mann, der einen langen schwarzen Mantel mit einer Kapuze trug nach draußen gehen. Sein Gang kam mir bekannt vor und……ich wollte noch rufen……hey sie! Ließ es aber dann sein und genoss weiter meinen Tee und mein Brot mit Frischkäseaufstrich.
Vorn an einem Tisch saß Greg Hagen. Er hatte mir gleich beim Hereinkommen freundlich zugenickt. Aber nun schien er darauf zu warten, dass Sasha hinter der Tür zu den Toiletten verschwand, denn er sah ihm hinterher und dann zu mir und dann zur Tür hin, wo gerade  noch der Mann in dem langen schwarzen Mantel gegangen war.
Greg stand nun auf und kam an meinen Tisch. Begrüßte mich.
„Möchtest du dich setzen?“, fragte ich ihn.
Er lächelte. „Nein. Das wird nicht nötig sein.“
Ich kniff die Augen zusammen. Was meinte er damit?
„Haben sie diesen Mann gesehen, der eben raus gegangen ist?“
„Meinst du den, der einen langen schwarzen Mantel mit Kapuze trug?“
„Ja.“
„Was ist mit ihm?“, fragte ich Greg. Meine Neugier war geweckt und ich wartete aufmerksam und ungeduldig darauf, was er zu sagen hatte.
„Es war ihr ehemaliger Mann. Der Schwede.“
Mit einem Mal schlug mein Herz Kapriolen. Ich schluckte. Mir wurde heiß und ich wollte aufstehen, ihm hinterherrennen. Tat es jedoch nicht. Stattdessen fragte ich Greg: "Seit wann ist er hier?".
„Wir kamen etwa vor einer halben Stunde hier an und da saß er bereits dort in der Ecke am letzten Tisch. Er ist mir gleich aufgefallen.“ Greg lächelte mich wieder an.
„Sie sind sich sicher, dass ER es war?“, fragte ich noch einmal nach. Er nickte und ging zurück an seinem Tisch, nachdem ich ihm noch ein kurzes Danke entgegen gebracht hatte.
Meine Gedanken überschlugen sich. WENN DAS tatsächlich Gunnar war, warum tat er das und hatte Sasha ihn womöglich gesehen? War er deshalb so nervös? Wäre es nicht besser gewesen, wenn Gunnar unbemerkt geblieben wäre. NUN war Sasha gewarnt. Das war nicht vorteilhaft für uns. Wenn Sasha nun wirklich mit seinem Vater nach St. Petersburg reiste, würde er sicherlich vermuten…….verdammt! Was hatte sich Gunnar nur dabei gedacht hier aufzukreuzen??? Das war unbesonnen. Ich war verärgert und besorgt.
Sasha kam zurück und ich verfolgte seinen Blick, der nach hinten ging, wo Gunnar saß. Er wusste es! Er hatte ihn bemerkt! Was nun?
Ich tat, als sei nichts weiter geschehen. Aß mein Brot und trank meinen Tee…….

Sasha ist nun fort und erst im Laufe des morgigen Tages zurückzuerwarten. Ich habe Gunnar darüber informiert. Er sagte, er kommt.