Es ist geschehen.
Das schier Unmögliche ist passiert. Oder anders, DAS, was MIR bisher nicht
möglich war zu tun, (alldieweil ich gleichwohl zu feige dazu war) hat sich nun
erfüllt/ereignet.
Man erinnere sich,
einerseits sehnte ich mich nach Gunnar, meinen einstigen, schwedischen Mann.
Ich träumte sogar von ihm. Andererseits wusste ich, dass es Sasha gegenüber
nicht rechtens wäre, nicht
fair sein kann, Gunnar überhaupt wiederzusehen. Denn mir war nur allzu
deutlich bewusst, dass mich ein Treffen mit diesem, einst so überaus geliebten
Mann in meinem Fühlen erneut durcheinanderbringt.
Des nachts hatte
ich einen Traum, oder war es eher eine Vision? Aller Wahrscheinlichkeit nach
jedoch ein telepathischer Informationstransfer, in welchem Gunnar mir zu
verstehen gab, dass ich zum Zauberwald fahren solle, würde ich ihn treffen
wollen.
Nun, da ich mich
im Augenblick gesundheitlich noch nicht in der Lage fühle weitere Strecken zu
fahren, rief ich Gunnar schlicht und einfach an, sobald Sasha frühmorgens aus
dem Haus gegangen war und siehe da, Gunnar war NICHT überrascht (nach dieser langen
Zeit des Schweigens von mir zu hören).
Es brauchte nicht
viele Worte um klarzustellen, dass es weder ein Traum noch eine Vision gewesen war.
Gunnar hatte mich in der Tat telepathisch kontaktiert. Und da ICH mir zu Beginn
nicht wirklich sicher war, dachte ich mir, dass es im Zeitalter der Technik eben
das Simpelste sei ihn anzurufen, (wozu ich bisher den Mut nicht fand).
Zuerst schlug ich
ihm vor, dass er ins Zentrum kommen solle. Er wollte es nicht. Doch schlussendlich
einigten wir uns darauf, uns an einer bestimmten Straße, an einer Kreuzung zu
treffen. Das Heikelste für mich war jedoch mit meinem Wagen die Lokalität zu
verlassen, sodass es niemand sah. Vor allem Sasha nicht.
Ich war aufgeregt,
als ich in mein Auto stieg. Noch viel mehr, als ich am Bürogebäude vorüberfuhr
und dann zum Tor hinaus. Mir pochte das Herz wie wild. – War dies nun eine
angenehme Aufregung? Oder doch eher schädlich für mich? – Ich hätte mir am
aller liebsten eine Tarnung gewünscht.
Der Treffpunkt ist
nicht allzu weit vom Zentrum entfernt gewesen und das war gut so. Denn ich
bemerkte recht bald, dass meine Kraft noch nicht wirklich ausreicht, um sicher
zu fahren.
Von Weitem schon,
sah ich an der Abfahrt einen Wagen stehen und ich wusste, dass es Gunnar war,
der dort auf mich wartete. Ich parke ein, fasste Mut und stieg aus. Dort stand
er nun, keine zehn Meter weit von mir entfernt. Ich ging erwartungsvoll und
zügig auf ihn zu. Ohne Worte umarmten wir uns. Er hielt mich fest und tat dann
einen Ur-Schrei der Erleichterung, so wie ich auch, kurz nach ihm.
Nach einigen
wenigen und eher unbeholfenen Floskeln der Begrüßung und dem Austausch von Höflichkeiten,
einigten wir uns darauf doch besser in ein Restaurant zu gehen. Es war nicht wirklich
kalt und die Sonne stand bereits am Horizont, nur angesichts meines
Gesundheitszustandes schien es mir sicherer zu sein, uns ins Warme zu begeben,
wo es uns möglich wäre, eine entspanntere Unterhaltung zu führen. Wir wählten
ein Restaurant gleich in der Nähe, da ich nicht gewillt war noch ewig weiter zu
fahren. Denn mir war durchaus bewusst, dass mir die Kraft dazu fehlte und ich
zudem den Rückweg noch vor mir sah.
Als wir dann so
zusammensaßen, war es, als hätte es nie eine Zeit dazwischen gegeben. Eine
Zeit, in welcher wir getrennt gewesen waren. Es war alles so vertraut,…MIT ihm.
Einer von uns beiden begann einen Satz und der andere beendete ihn. So
erstaunlich für mich und……ich sah, mir gegenüber diesen wunderschönen Mann,
welchen……..ich nie aufgehörte hatte zu lieben. Ich sagte es ihm und wir
sprachen über alles was war, was ist und……sein könnte, wenn ich es nur will.
Natürlich wäre er
für einen kurzen Moment böse auf mich gewesen, als ich ihm eröffnete, dass ich
bei Sasha bleiben will. Aber Erik hätte mit ihm darüber gesprochen, ihm erklärt,
dass es womöglich gut wäre mir Zeit und Ruhe zu lassen, um vorerst diese
Krankheit zu überstehen und im Nachhinein, sagte er, hätte er es ebenso gesehen
und sich recht zügig beruhigt. Zudem auch selbst gewusst, dass unser Plan nach
wie vor steht. Er selbst hätte ihn immer verfolgt, nie aufgegeben und gewusst,
dass wir in nicht allzu ferner Zeit wieder beieinander wären. All seine Worte
unterschieden sich nicht von DEM, was ich fühlte. Also schlussfolgere ich nun,
es wird tatsächlich wieder so sein, dass wir, Gunnar und ich, in nicht allzu
ferner Zeit, wieder zusammen sind.
Bei allen Träumen
und schönen Worten, kam ich dann auf meine Kränklichkeiten zu sprechen und wie
es mir derzeit so ging. Ich äußerte meine Befürchtungen dahingehen, dass er mit
meinen zusätzlichen körperlichen Einschränkungen und Veränderungen womöglich
nicht umgehen kann. Insbesondere mit nur einer Brust. Denn ich hatte ein
Implantat oder eine spätere OP abgelehnt. Gunnar stimmte mir dahingehend sogar zu.
Das wäre selbstverständlich so okay. Er hätte nichts Anderes von mir erwartet.
Gerade was die Schulmedizin betrifft, sind wir einer Meinung. Daher verstand er
auch meine Zustimmung zu der Chemo nicht.
„Du musst es
sehen! Schau es dir an! Ich will das du es siehst!“, sagte ich zu ihm.
Er wendete den
Kopf und zeigt in Richtung Ausgang. Ich stand auf und ging voraus zu den
Toiletten. Gunnar folgte mir. Wir betraten beide den Restroom für Frauen und er
bedeutete den zwei Frauen, welche sich dort befanden, zu gehen. Die Eine
schaute zweifeln. Kniff die Augen zusammen, erwiderte jedoch nichts. Die andere
empörte sich, aber ging.
Ich öffnete Mantel
und Bluse. Hob mein Top und zeigte ihm……den Schnitt, die Narbe. Kein Entsetzen,
keine Befremdlichkeit, nicht eine negative oder auch nur der Hauch einer
abstoßenden Veränderung der Mimik zeigte sich auf Gunnars Gesicht. Keinen noch
so kleinen Augenblick lang. Im Gegenteil. Er schmunzelte.
„Nun, dann bin ich
eben mit der einen Brust zufrieden.“, sagte er.
Ich sah ihn trotz
alledem zweifelnd an.
Bevor wir uns
trennten unterhielten wir uns noch über seine anderen Frauen. Denn ich wollte
nicht, dass es wieder so wird, wie es einst war.
Er versprach mir
im Wesentlichen treu zu sein und ich glaubte ihm nicht. Gab ihm dies zu
verstehen und ebenso, dass mir derzeit, und wohl ebenso zukünftig nicht täglich
nach Sex sein würde, so wie er es vielleicht erwartet.
„Du wirst es nicht
aushalten ohne fremd zu gehen.“, sagte ich zu ihm.
Er wiegte den Kopf
hin und her. „Versuchen wir es. Ich bin guten Willens. In mir hat sich viel
verändert, durch die Zeit bei Erik.“
„Ja, das mag sein.“,
stimmte ich recht skeptisch zu. „Nur kann ich dir tatsächlich Glauben schenken,
dass es keine anderen Frauen mehr für dich geben wird?“
Und in diesem
Augenblick kam Gunnar auf Sasha zu sprechen. „Ist ER dir stets treu gewesen?“,
fragte er.
OHA! Nun kam ich
in Erklärungsnot und dennoch blieb ich bei der Wahrheit, wie es sich geziemt
für Menschen, welche sich einst schworen, sich immer die Wahrheit zu sagen.
Infolgedessen kam ich nicht umhin ihm zu gestehen, dass auch Sasha nicht 100%
treu gewesen war. Gunnar lächelte nur.
„Ja, ich weiß. Was
erwarte ich dann erst von dir?“
„Rea, du musst
dich deshalb nicht sorgen. Es wird nicht wieder so wie früher sein. Glaube mir.
Auch wenn es dir jetzt noch weniger nach Sex zumute ist. Das verstehe ich doch.“
„Ich wünschte, ich
könnte
dir glauben.“
„Dann glaube es
mir doch ganz einfach und wir versuchen es erneut miteinander, genau SO, wie
wir es vor über einem Jahr vereinbart hatten.“
„Bist du nicht
noch immer mit Malika verheiratet?“, fragte ich ihn.
„Ja. Es braucht
ein Jahr damit ihre Familie bleiben kann. Ich werde mich im Juli, August, oder spätestens
im September von ihr scheiden lassen. Sie weiß Bescheid. Aber bis dahin, wenn
du magst, können wir schon zusammen sein.“
Ich tat einen
tiefen Atemzug und Gunnar wusste um meine Bedenken. Dass es gleichwohl um Sasha
ging.
„Du hast dich
bereits an ihn gewöhnt. Nichtwahr?“, fragte er mich und ich vermochte es nicht
zu verneinen.
„Aber da ist doch
seine Liebe, seine Loyalität und Aufrichtigkeit.“, warf ich ein.
„Aufrichtigkeit?“
Gunnar runzelte die Stirn. „Er hat dich von Anfang an belogen. Weißt du es nicht
mehr? Und späterhin sicherlich auch.“
Ich antwortete
nicht. Dachte (an die Fake-Hochzeit aus politischen Gründen) nur, WELCHER von all den Männern lügt denn nicht???
Mehr als ich es
beabsichtigte, ließ ich mich auf Gunnars Gedankenspiele ein und wir sprachen
über das Datum unserer Hochzeit. Es soll erneut Beltane sein, womit ich
einverstanden war.
„Wir könnten aber
vorher schon zusammen sein, wenn du magst.“, schlug er noch einmal vor. „Wie
wäre es, wenn wir das Neujahrsfest der Kelten als Stichtag wählen. Samhain. Etwas
Altes geht zu Ende und etwas Neues beginnt.“ Gunnar zwinkerte mir zu und
lächelte mich an.
Somit hatte er mir
Zeit gegeben. Mich nicht gedrängt. In den Monaten bis dahin konnte ich noch ein
wenig genesen und mich an den Gedanken gewöhnen, bald wieder mit Gunnar zusammen
zu sein. Außerdem……..mich von Sasha im Inneren zu verabschieden. Nur, ist DAS
wirklich MEIN Wunsch, nachdem er mir in diesen schweren Zeiten so loyal und
liebevoll zur Seite stand??? Ich weiß es nicht? Genau DARÜBER muss ich nachdenken.
Gunnar sorgte sich
dann noch um mich, wollte mich zurück zum Zentrum bringen und dann von dort aus
ein Taxi zurück zu seinen Wagen nehmen. Es wäre ohnehin nicht wirklich weit
gewesen. Daher versicherte ich ihm, dass ich durchaus in der Lage wäre diese
kurze Strecke zurück alleine zu bewältigen,…….obwohl ICH mir selbst
dann doch nicht wirklich sicher war.
Noch rechtzeitig war
ich zum Lunch im Zentrum zurück. Hielt gleich am Bürogebäude an, alldieweil ich
davon ausgehen musste,
dass mich Sasha so wie so mit dem Wagen gesehen hatte. Nachdem ich mich die
Treppen zum Büro hinaufgequält hatte, erklärte ich ihm, dass ich nur
versuchsweise ein kleines Stück gefahren sei (und er nahm die Lüge hin/an).
Allerdings hatte ich Mühe Gunnar aus meinen Gedanken zu verbannen, damit Sasha
es nicht noch bemerkt. Das war nicht leicht.
Sasha und ich unterhielten
uns noch kurz über Geschäftliches, gingen gemächlich die paar Schritte zum
Restaurant hinüber und dann fuhr ich (mit letzter Kraft) das kurze Stück mit
meinem Wagen zurück zu meinem Haus, während Sasha ins Bürogebäude ging. Ich war
total erschöpft. Ruhte aus und…..schrieb dann das Geschehene auf.