Trotz alledem
ist es schon erstaunlich, was Derek bereit ist für mich zu tun. Schließlich
sind wir nicht erst seit gestern ineinander verliebt. Es ist nun schon beinahe
drei Jahre her, als ich das erste Mal mit ihm schlief. Gleich, was auch
geschieht, wir scheinen aneinander festzuhalten. Mit Auf und Ups, natürlich.
Die ewige Liebe, die sich offenbar nie erfüllt. Nun, ein guter Freund ist er
allemal (und ich mag es, seine Zärtlichkeiten zu
genießen! Er ist einfach wunderbar. Obgleich ich weiß, dass ich nicht die
Einzige bin, der er sie schenkt. Aber würde ich ihn doch nur heirate, gäbe es
keine andere. Und wäre Gunnar nicht, könnten wir endlich unsere Liebe leben.
Sagt Derek zu mir und ich glaube ihm sogar. Aber egal. Es ist, wie es ist.). Und ich weiß, dass er noch immer Hoffnung hat zu bekommen,
was er sich offensichtlich so außerordentlich wünscht. Auch wenn es beinahe
aussichtslos scheint. Zudem gibt er nicht auf, wie er mir immer wieder
bestätigt. Eine doch recht liebenswerte, solide und edle (für mich vielleicht
sogar wohltuende) Eigenschaft, die mir sehr wohl vertraut ist.
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Da ich Camille
noch immer nicht erreichte, beschlossen wir heute Morgen, uns gemeinsam zu ihr
zu begeben.
Wir werden
sehen, was dann geschieht. (Oder auch nicht.) Schließlich geht es um Kevin, der
womöglich doch irgendwann wieder auf seinen eigenen Beinen stehen könnte. Das
würde auch mir Erleichterung bringen. Auch wenn ich mir mittlerweile nicht mehr
die Schuld daran gebe. (Oder vielleicht doch.)
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Gunnar bleibt in
der Aussage seines Rückkehrtages noch immer recht vage. Ich sprach
versöhnlicher mit ihm, wie am Tag zuvor.
„Mike schafft
das schon. Wir sollten ihm öfter die Leitung des Zentrums übertragen und
verreisen.“, witzelte er.
Ich stimmte ihm
zu.
Trotz der
angenehmen Tage mit Derek, hoffe ich immer noch darauf, dass Gunnar mich
überrascht und alsbald zu mir kommt.
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Sasha scheint
sich beinahe nach mir zu verzehren. Dennoch vermag ich kaum zu glauben, dass er
sich nicht zeitweilig von Hanna Martenson (oder sonst wem) trösten lässt.
Woher jetzt auf
einmal nur wieder diese so vehement entflammte Liebe? (Trifft hier Ähnliches zu
wie bei anderen? Hoffen sie, hofft Sasha tatsächlich darauf, dass es ein
Miteinander geben wird?)
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Wieder ist es
spät geworden am gestrigen Abend. Sex, hatten wir trotzdem noch. Derek und ich.
Gleichwohl heute Morgen. Ich forcierte es. Denn ich ahnte, dass unsere
Zweisamkeit für diese Tag hier, keine weitere Zukunft haben wird. Meine
Vermutung wurde sogleich zum Frühstück bestätigt. Laurianne rief Derek an und
fragte nach der Adresse meines Hauses. Sie sei in New Orleans.
Derek schnaufte.
Lief mit dem Hörer in der Hand unruhig hin und her und diskutierte mit
Laurianne.
„Ich möchte sie
nicht wirklich hier haben.“, sagte ich dann zu ihm, als er pausierte mit dem
Debattieren.
Er breitete die
Arme aus. „Sie ist bereits auf dem Weg.“, sagte er und ich sah ihm seine
Enttäuschung an. „Ich gehe dann besser packen. Wir nehmen uns ein Zimmer und
reisen umgehend zurück nach New York.“
„Derek! Bitte.
Lass sie hier sein, wenn sie es denn möchte. Nur DU musst dich jetzt
entscheiden, wie du dich verhältst.“
Er senkte den
Kopf und blickte zu Boden und dann wieder zu mir. Seine Arme hingen mit einer
kapitulierenden Geste rechts und links an seinem Körper herab. „Auch DU musst
dich entscheiden, wie du dich nun verhältst.“
„Ich würde sagen
IHR müsst euch entscheiden.“, warf Marie ein, die ebenso dabei gestanden hatte.
Ich zuckte mit
den Schultern. Schüttelte mit dem Kopf. „Haben wir einen Plan? Oder leben wir
es eher spontan?“
….und nur kurze
Zeit später, stand Gunnar tatsächlich in der Tür.
Ich hatte auch
DAS geahnt. Oder herbei gesehnt! WENN Laurianne schon auf dem Weg hier her war
und ich mit Derek ohnehin nicht mehr so frei umgehen konnte wie bisher, war es
doch überaus beruhigend, dass nun auch MEIN Ehemann zugegen war.
Erleichtert und
ohne Umschweife rannte ich ihm entgegen und schlang meine Arme um seinen Hals.
Alles gut. Alles
befriedigend und annehmbar.
Er war erfreut
über meine Freude. „Und? Habe ich dich überrascht?“, fragte er und schnaufte
zufrieden, als er mich so für einen Augenblick nach der innigen Umarmung
musterte. „Ich bin froh, wieder hier zu sein. Ich kann ohne dich immer weniger
Tage, Stunden leben. Mein Herz tut mir da weh.“
OHO! Mir blieb
der Mund offen stehen! Welch‘ Geständnis! Wie angenehm! Gunnar liebt mich also
doch und nun, womöglich MIT Eriks Zauber, bleibt er mir auch (überwiegend!)
treu. Liebt mich genauso, wie ich ihn. Und DAS, nach über fünf Jahren, wo manche
schon längst wieder geschieden sind,…..kommen WIR uns immer näher.
Als er Derek
bemerkte, lächelte er und ich begann mich schon bangend zu rechtfertigen. Hatte
Angst, dass er mir böse war. „Du warst mit Alexa zusammen und ich….“
„Ist schon
okay.“, schnitt er mir das Wort und ging Derek mit einem Lächeln begrüßen.
„Kein Problem. Ich hätte es mir eigentlich denken können, dass Rea nicht
alleine bleiben will.“, sagte er zu ihm und begrüßte dann nacheinander alle
anderen.
„Wisst ihr
was?“, warf Marie ein, „Essen wir erst einmal alle zusammen und beraten, wie es
weitergehen soll.“
Gunnar legte die
Stirn in Falten und sah von einem zum anderen.
„Ich konnte
Camille nicht erreichen und wir dachten, wir schauen einfach bei ihr vorbei.“
Gunnar nickte.
„Okay. Ich bringe die Taschen aufs Zimmer und mach‘ mich ein wenig frisch. Dann
komme ich runter und wir besprechen alles.“
Und als wir
gerade allesamt den Lunch zu uns nahmen, läutete es an Tür.
Ich sah Derek
an. „Geh‘ und bitte sie herein.“, sagte ich zu ihm, denn ich wusste, es war
Laurianne.
Gunnar grinste.
„Oh! Dann sind wir jetzt komplett.“, merkte er schmunzelnd an.
Laurianne
hingegen war doch einigermaßen überrascht, Gunnar zu sehen. Was mich lächeln
ließ und mir eine gewisse innere Genugtuung verschaffe. Und es war nicht NUR
wegen Gunnar. Sie schien fast eingeschüchtert zu sein. Sah sich staunend um.
Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte sie ein weniger beeindruckendes Haus
erwartet. Was mich innerlich noch einmal grinsen ließ und mich gleichwohl dazu
aufforderte, meine Rolle als Hauseigentümerin und Gastgeberin wahr zu nehmen.
„Komm doch herein und nimm einen Teller Suppe mit uns.“
Sie reagierte
ein wenig verdutzt. „Ich, ich wollte….“
„Oh! Verzeih!“,
unterbrach ich sie. „Möchtest du länger bleiben? Dann lasse ich ein Zimmer für
dich herrichten.“
Laurianne sah
Derek an. Was hätte ER schon sagen sollen (…bei meinem majestätischen Gebaren)?
Er blieb stumm und sah zu mir herüber.
Gunnar grinste
nur und beobachtete fast genüsslich das Spektakel. Er kennt mich gut und weiß,
dass ich diese Rolle doch souverän mit Freuden spiele.
Kevin schien
ebenso von dem Schauspiel amüsiert zu sein. Seine Janina fand das alles wohl
eher verwirrend.
Henrik
schmunzelte ebenso und Marie begann sich nun zu räuspern. Sie hatte die Luft angehalten
und die Brauen nach oben gezogen. Eigentlich hatte sie mit den Kindern zu tun,
die um den Tisch rannte und zu ihrem Daddy wollten.
„Wieso ein
Zimmer?“, fragte sie dann schließlich ein wenig irritiert. „Hat Derek denn
keines?“
Ich sah zu Derek
hinüber und sprach ihn an. „Warum bringst du nicht die Taschen deiner Frau nach
oben in dein Zimmer. Sie hat bestimmt das Verlangen sich umzuziehen und frisch
zu machen.“
Derek tat wie
ihm genießen.
Am Ende wurde
von Gunnar noch festgelegt, dass wir am Montag zurück nach Schweden fliegen.
Und am Nachmittag Camille besuchen.
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Camille Du Pont
…..erwartete uns
bereits. Sie wusste natürlich, dass wir kommen.
Einen Vorwurf,
sie nicht erreichen zu können, gedachte ich ihr selbstverständlich nicht
entgegen zu bringen. Das wäre äußerst deplatziert gewesen. Infolgedessen merkte
ich nur leise an, dass ich bereits einige Male angerufen hatte.
Sie lächelte nur
und schüttelte den Kopf. „Kommt doch rein.“, sagte sie zu uns. „Geht durch in
den Innenhof. Ihr kenn den Weg.“
Ich bedeutet
Gunnar voran zu schreiten. Ich fiel bewusst ein Stück zurück, um Kevin noch
einmal darauf hinzuweisen, dass ER sein Anliegen vortragen soll-te, was er
schlussendlich tat.
Camille
erwiderte eine ganze Weile nichts. Es schien, als würde sie denken. Ihr Blick
war auf den Boden gerichtet. Dann sah sie einen nach dem anderen von uns an. Am
Ende blieben ihre Augen bei mir haften. „Rea“, sprach sie mich offen an, „Wenn
du aufhörst dir die Schuld zu geben, kannst DU ihn heilen. Du bist so weit und
weißt es auch. Gestehst es dir jedoch nicht ein. WENN DU MEINEN Weg verfolgen
würdest, wärst du in meinem Alter eine mächtige Voodoo- Priesterin. Wenn du
magst, nenne es auch Schamanin. Oder Druidin, Hexe, wie auch immer. Würdest du
nur endlich begreifen WER du bist“, nun sah sie gleichwohl zu Gunnar hin, „und
du Gunnar, mehr auf deinen Onkel hören“, dann sah sie wieder zurück zu mir,
„könntet ihr beide, mit ein wenig Übung, schon jetzt eines der größten
Zauberer-Pärchen sein, die er im Augenblick, auf dieser Ebene gibt.“
Wir alle
starrten gebannt auf ihren Mund. Wagten nicht einen Ton zu sagen. Warteten
einfach nur ab.
„Ich denke, ihr
braucht mich nicht. Fliegt nach Hause, oder tut es hier in New Orleans, wenn
ihr wollt. Heilt euren Freund. Macht ein Ritual. Und du Rea, wirst dich mit
Damballah verbinden. Ich weiß, dass du es kannst. Erinnere dich nur an das
Ritual an den Ufern des Mississippi, als du ohnmächtig wurdest und dich Gunnar
schlussendlich nach Hause getragen hat. Ihr beide solltet euch kennenlernen.
Aber das weißt du,….dass wisst ihr ja.“
Ich war
verstört. Alle anderen wohl ebenso. Gunnar fixierte Camilles Augen, was sie
bemerkte.
„Gunnar, wenn
ich nicht will, dass du meine Gedanken liest, dann wirst du das auch nicht. Also
lass es bleiben.“ Camille war nicht böse deshalb. Lächelte Gunnar beinahe
mütterlich liebevoll an. Gerade so, als wolle sie ihn tätscheln. DER schien nun
verlegen. „Verzeih.“
„…und sag‘
deinem Onkel Erik liebe Grüße von mir.“ Nun lachte sie herzlich in einem tiefen
Bariton, der ansteckend war. „Er soll mich mal wieder besuchen.“
„Warum hilfst du
uns nicht dabei.“, hatte ich Mut gefasst, sie nach einer Weile zu fragen.
Sie nickte. „Gut
das du fragst. Dann müsst ihr aber länger bleiben als geplant.“ Sie sah uns
beide an. Dann in die Runde und lachte erneut.
Da wir alle ein
wenig ratlos von einem zum anderen sahen und Gunnar abwartend Camille
anstarrte, weil er wusste, dass sie noch etwas zu sagen hatte, schlug sie nun
den Vollmondabend am Mittwoch vor. „Ich bereits alles vor. Macht euch keine
Sorgen.“
„Also hilfst du
uns doch, Kevin zu heilen.“, fragte ich zögernd nach.
„Aber ja. Ich
mag diesen hübschen Buben. Er soll wieder gehen können. Meint ihr nicht?“ Und
erneut dieses herzliche Lachen.
Sie sah Kevin an
und nickte ihm freundlich zu. Janina saß daneben und wunderte sich nur. Traute
sich jedoch offenbar nichts zu sagen. Vermutlich fand sie das alles recht
skurril.
Kevin selbst
schien sich zu freuen. Allerdings glaubte er noch nicht an DAS, was er da hörte.
Man sah ihm seine Zweifel förmlich an. Was verständlich war.
„Sie meinen
also, ich brauche den Rollstuhl nicht mehr, wenn wir nach Hause fliegen?“,
fragte Kevin Camille schließlich.
„Oh nein! Oh
nein! Missversteh mich nicht. Du kannst selbstverständlich nicht augenblicklich
wieder laufen. Ich bin doch nicht Jesus mein Hübscher. Auch DU wirst ein wenig
mitarbeiten müssen. Wir sagen es dir dann, was du zu tun hast. Nicht wahr?“ Und
nun sah sie Gunnar an, der nickend zu verstehen schien, was mir noch verborgen
blieb.
„Das heißt….“,
Kevin wollte Camille noch irgendetwas fragen.
„Das heißt….“,
unterbrach sie ihn, „dass du irgendwann zu Hause, und ganz unvermittelt
aufstehen und laufen wirst, wenn du es wahrscheinlich nicht erwartest. Und hab‘
Geduld, mein Lieber. Merk‘ dir das. Wenn nicht, wird es umso schwerer. Du
darfst nichts erzwingen wollen. Hörst du mich.“, richtete sie nun ihr Worte
überaus eindringlich an Kevin. Der nickte schweigend.
Anschließend
waren wir alle gemeinsam Essen und werdeten die vergangenen Stunden, samt
Camilles Worte aus.
„Was sollen wir
denn nun tun, bis zum Mittwochabend?“, frage Marie in die Runde hinein und
eigentlich sah sie Gunnar dabei an, von dem sie offenbar eine Antwort
erwartete, die er ihr auch gab.
„WIR bereiten
uns mental darauf vor Kevin zu heilen. Allesamt. Umso mehr Menschen, umso mehr
Kraft hat das Ritual.“ Nun sah er Kevin an. „Mit dir muss ich noch reden. Bei
dir liegt die Hauptarbeit.“
„Pfffuuu.“ Kevin
pustete die Luft durch seine Lippen. „W-a-s könnte, sollte ich denn tun?
„Ich erkläre es
dir noch, wenn wir zu Hause sind. Oder Morgen.“, erwiderte Gunnar.
Kevin hob die
Schultern. Er war neugierig geworden. Seine Augen verrieten das.
„Kevin, es ist
eigentlich ganz einfach.“, tat ich einen Erklärungsversuch. „Du musst erfüllt
sein von dem Gedanken, dass du wieder laufen kannst. Fest überzeugt. Musst es
einfach WISSEN. ICH KANN.“
„Hey, Rea.
Überfordere ihn nicht.“ Gunnar lachte. „Ich mach‘ das schon.“
Dann gingen wir
nach Hause. Während die anderen beieinander sitzen und schwatzen, begann ich zu
schreiben,….damit ich nicht vergas……
Und nun - ist es
schon spät - UND ich freue mich darauf,
mit meinem Mann zu schlafen…………………………
Derek geht mit
(seiner Frau) Laurianne zu Bett. Kevin….ist putz munter….aufgeregt. Gunnar hat
ihn mit seinen Erklärungen offenbar ganz nervös gemacht. Janina ist das Ganze
wohl unheimlich. Sie findet es absonderlich. Grotesk. Sie scheint Angst zu
haben. Jedoch um Kevins Willen, wird sie auch diesen Weg mit ihm, mit uns
allen, gehen.
Gute Nacht!