Sonntag, 22. Oktober 2017

Ungewissheit




„Wir stehen das gemeinsam durch.“, sagte Gunnar zu mir heute nach dem Lunch, als wir wieder im Zentrum angekommen waren. „Was auch immer es ist, oder da kommen wird.“
Stine, Gunnars Schwester, hatte uns heute Morgen angerufen. Sie hatte die Nachschicht im Polizeirevier gerade beendet und gedachte ihren Bericht auf den Tisch ihrer Chefes zu legen, der nicht im Zimmer war, als ihr etwas ins Auge sprang, was vor ihr lag. Sie meinte da stimme was nicht. Etwas liege gegen uns vor. Das könne doch nicht sein. Sie war ganz aufgebracht, als sie uns via Handy davon erzählte, dass da auf einem Dokument der Name Sølgård – Blanc gestanden hatte und die Adresse des Zentrums. Bedauerlicherweise hätte sie die Papiere nicht lesen können, weil in diesem Augenblick gerade ihr Chef zurückgekommen wäre.
Infolgedessen wissen wir nichts. Ausschließlich die Tatsache, dass da anscheinend etwas Unangenehmes auf uns zukommen kann.
Kurt hatten wir leider nicht erreicht. Aber Stine kümmert sich darum. Er wird morgen, wenn er seinen Dienst antritt, sicherlich versuchen nachzuforschen, um WAS es sich da handelt. Oder, was uns gegebenenfalls vorgeworfen wird.

Genau genommen hatte ich daraufhin vor, mich noch einmal wutentbrannt an Sasha zu wenden. Und als hätte er es geahnt, rief er MICH sogar an. Dieses Mal jedoch blieb ich ruhig und besonnen, atmete durch und fragte ihn dann doch eher gelassen, ob er da etwas gegen mich in die Wege geleitet hätte, weil ich mich ihm verweigere. Er lachte nur. Stellte sich unwissend, oder war tatsächlich nicht im Bilde. Fragte mich sogar, was denn bei uns geschehen sei, dass ich dergleichen annehmen würde. Ich erzählte ihm nur so viel wie nötig war, um eine etwaige Antwort von ihm zu erhalten. Aber ER dementierte. Wisse von nichts. Witzelte noch über meine verschwörungstheoretischen Tendenzen. Ich hätte wohl zu viele you tube Videos gesehen. Und gleichwohl im ernst war von ihm nichts zu erfahren. Zu den Söldnern hier im Zentrum merkte er lediglich an, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach nur ein Zufall wäre und wenn nicht, könne es doch auch durchaus möglich sein, dass sie eine Aufgabe des Schutzes auszuführen hätten.
„Wovor?“, fragte ich entrüstet.
„Woher soll ich denn das wissen?“, und erneut ein Lachen von ihm.
„Machst du dich etwa über mich lustig, oder was?“, schlidderte ich nun doch an die Grenze meiner Zornigkeit. Besann mich jedoch dann, als er glaubhaft verneinte.
Und immer wieder das Beteuern seiner Liebe zu mir und die Aufforderung zu ihm zu kommen.
„Nein. Ich bleibe bei meinem Mann.“, (war meine sandhafte, fast trotzige Antwort für ihn.)
„Aber ich weiß, dass du mich liebst.“, ließ er nicht nach…..usw….usf….
Irgendwann brach ich dann ab, als mir Gunnar ein Zeichen mit seiner Hand ab, welchen den Schnitt am Hals anzeigte.

„Was werden wir nun tun?“, fragte ich meinen Mann.
Der zuckte mit den Schultern. „Uns auf alles gefasst machen. Auf Kurt oder Stines Anruf warten. Zuvor jedoch so weiter machen wie bisher und aufmerksam sein.“
„Was bedeutet das für uns?“, fragte ich nach.
„Ich glaube nicht daran, dass der Jude mit all dem nichts zu tun hat.“ Gunnar sah nachdenklich aus. „ Zufälle gibt es nicht. Die Männer, die hier eingecheckt haben und Stines Entdeckung und wer weiß was noch.“ Nun atmete er laut hörbar aus und kratzte sich den Bart. „Das Beste wäre, wir halten die Koffer gepackt, für alle Fälle.“
Ich stutzte und musste sogar lächeln. „Nein. Das meinst du doch nicht ernst? So schlimm wird es doch wohl nicht sein?“
„Ich hoffe nicht. Aber wenn doch, dann sind wir lieber vorbereitet. Meinst du nicht?“
„Wir haben doch nichts getan?“
„Natürlich nicht.“ Gunnar lachte. „Das ist der Willkür, der Opulenz und der Macht, alles tun zu können, was immer man will, völlig egal.“
„Aber warum?“, und schon stellte sich bei mir die Panik ein………(eines eventuellen und bedenklichen Szenarios wegen.)