Trotz
der für mich recht anstrengenden Reise nach Tel Aviv, bestand Sasha darauf am
Abend noch auszugehen. Wir waren in einem Club und trafen dort einige seiner alten
Freunde. Unter anderem ebenso eine, oder besser DIE Frau, mit welcher Sasha
damals, vor etwa zwanzig Jahren zusammen war. Bei unserem letzten Besuch in
dieser Stadt, hatte er sie nicht gefunden. Denn er vermutet, dass ihre Tochter
die Seine sei. Infolgedessen suchten wir heute diese Frau auf. Sasha hatte sich
am Morgen bereits mit einem Freund (in Hebräisch)
am Handy über sie unterhalten und ihre Adresse bekommen. Da ich es nicht
verstanden hatte, berichtet er mir dann, dass seine ehemalige Freundin
verheiratet sei, was er bereits wusste, und eine Tochter hätte, die er in jedem
Fall sehen möchte. Die Frau selbst (Asha Ashkenazi-Lublinsky), - Namen spielen
hier nicht wirklich eine Rolle -schien kein Kind von Traurigkeit zu sein. Die einstige
Truppe - zu welcher Sasha damals ebenso
zählte - die Partys der ausschweifenden
(vulgären) Art feierte, bestand offenbar noch immer. In Tel Aviv ist
dergleichen offenbar möglich. In Jerusalem wäre es das nicht. Gerade in den letzten
Tagen, in denen ich mit Sasha dort weilte, wurde zwei offenherzige Mädchen, mitten
auf der Straße, von orthodoxen Juden mit Dreck und allerlei anderen Sachen
beworfen.
Nun
gut, wir fanden das Haus, die Frau und ihr Ehemann war ebenso zugegen. Sasha
hatte darauf bestanden, dass ich ihn dorthin begleite und….ich wollte es auch.
Die Unterhaltung mit Asha, seiner einstigen Freundin, gestaltete sich schwierig.
Sie scheint mir überaus dominant zu sein. Ihre Terminologie eher vulgär und
gewöhnlich, was mir und Sasha selbstredend missfiel. Letztendlich entbrannt
beinahe noch ein Streit um die Tochter, die nicht zugegen war. Sasha sprach einen
Vaterschaftstest an, wie bereits am gestrigen Abend, welchen Asha nach wie vor
am Ablehnen war. Am gestrigen Abend sollte Sasha mit ihr schlafen, um die
Wahrheit über ihre Tochter zu erfahren. – Ich dachte mir, sie sei betrunken und
scherze. - Und es war ihr in der Tat ernst damit. Sasha
lehnte ab, gestern wie heute, mit dem Hinweis auf mich, als seine Frau, die er
nicht betrügen würde, und darauf, dass er schließlich keine achtzehn mehr sei.
Wir
blieben nicht allzu lange im Haus von Sashas ehemaliger Flamme. Er war die Art
von Asha offenbar leid. Ich selbst hätte es nie für möglich gehalten, dass es
unter Juden derartiges gibt, wie diese Frau. Erstaunlich und eigenartig.
Sasha
und ich saßen noch eine Weile draußen vor dem Haus von dieser Asha im Auto und
redeten miteinander. Urplötzlich klopfte eine junge Frau an die Scheibe des
Wagens. Sasha öffnete, um zu erfahren, was sie will.
„Bist
du mein Vater?“, fragte sie unverblümt.
Sasha
stutzte. Wusste nicht, was er erwidern sollte. „Entschuldige bitte. Wer bist du
denn überhaupt und wie kommst du darauf?“
„Ich
bin Deborah, die Tochter von Asha. Gestern Nacht belauschte ich einen Streit
meiner Eltern, wie sie eigentlich des Öfteren welche haben. Dort war die Rede
von einem Mann, der anscheinend mein richtiger Vater sein soll. Bist du das?“
Sasha
räusperte sich verlegen, ob Deborahs offener Geradlinigkeit. „Mädchen, wenn du
tatsächlich Ashas Tochter bist“, er stockte, sah sie ein wenig zweifeln und
argwöhnisch an, „dann bräuchte es wohl einen Vaterschaftstest, um zu erfahren,
ob ICH dein Vater bin.“
Ohne
Umschweife kam ihre Antwort: „Ja. Genau DAS will ich haben. Dann kannst du mich
mitnehmen, denn ich will nicht hier bleiben. Meine Mutter ist einfach
schrecklich.“
Oha!
Was nun? Da tobt offenbar der bekannte, familiäre Kampf zwischen Mutter und
Tochter.
Sasha
atmete tief durch. Überlegte kurz und sagte dann zu ihr: „Wir bereden das
besser mit deiner Mutter. Vielleicht Morgen. Denn, sie sagte, sie sei dagegen.“
Deborah
richtete sich auf und trat einen halben Schritt zurück. „Wieso Morgen und vielleicht?", ein trotziger Ton lag in ihrer Stimme. "Wenn ich das möchte,
dann must du das tun. Ich bin alt genug, um selbst über mich zu entscheiden. Also steig aus und wir gehen rein.“
Nun,
ich dachte nur: Wie die Mutter, so die Tochter. Bestimmend. Frech. Selbstbewusst und…..nun
ja, schön ist relativ. In jedem Fall war nicht zu leugnen, dass sie Sasha ein
wenig ähnlich sah.
Sasha
und dieses Mädchen diskutierten noch eine Weile, bis sie dann endlich mit einer
von Sashas Antworten zufrieden war. Sie gab ihm noch die Nummer ihres Handys und
dann fuhren wir, obwohl diese Deborah genau genommen darauf bestanden hatte,
dass wir umgehend zurück ins Haus gehen und die Sache klären sollten. Was stellt
sich dieses Mädchen vor? Dass sich diese Angelegenheit, die bereits so lange
schwärt, in Minuten regelt? Ungeduld wohnt der Jugend inne. Das kenne ich noch
all zu gut.
Alles
in allem befürchte ich nun, dass wir länger bleiben als vorgesehen. Zudem
scheint sich in Sashas Kopf beinahe alles um Deborah zu drehen. Er ist ganz aufgeregt.
Was ich durchaus verstehe. (Was ihn allerdings nicht davor abhielt, heute
Morgen gleich zwei Mal mit mir….nun ja….)
Das
Leben mit Sasha ist ein völlig anders als DAS mit Gunnar. Und im Augenblick
verlangt es mich nicht zurückzukehren zu meinem schwedischen Mann (obwohl ich
ihn nach wie vor über alles liebe). Trotz der aus dem Nichts erschienen
Tochter.
Beginnt
es jetzt gleichwohl mit Sasha kompliziert-er zu werden? Ich denke nicht. Ich
werde es locker nehmen. Ich fühle/ich weiß, dass er mich wirklich liebt und nicht
betrügen wird. Er ist nicht….wie Gunnar. Natürlich nicht. Eben anders. Allerding
kenne ich ihn noch immer nicht wirklich. Und manchmal, wenn ich über die Zukunft
von uns beiden sinniere, ängstigt mich meine Unwissenheit. Es könnte
schließlich möglich sein, dass ich noch Ungeahntes entdecke (was mir
möglicherweise nicht gefällt). Sasha allerdings lacht darüber nur. Da gäbe es
nichts herauszufinden. Er hätte keine Geheimnisse vor mir. Nun, seine Worte in
der Göttin Ohr!