Sonntag, 11. August 2019

Ich lerne…………..


Die Wohnung, welche wir hier bezogen, ist zwar wunderschön und außergewöhnlich, jedoch eher wie eine Höhle, ausschließlich mit einer Klimaanlage versehen. Fenster gibt es keine. Nun, in der Tat, DIES bemängle ich. Sonst ist alles recht zauberhaft und wir bleiben hier sicherlich noch einige Tage. Was mir recht praktisch erschien, ist das Waschbecken gleich an der Eingangstür, sodass man die Möglichkeit hat, sich umgehend die Hände zu waschen, nachdem man die Wohnung betritt. Sasha lächelte nur, als ich ihm meine Gedanken dazu offerierte und erklärte mir, dass dies eher eine religiöse Bewandtnis hat. Es ginge hier um Reinheits-Gebote. Aber dazu (womöglich) etwas später.
Geschlafen wird in einem Himmelbett. Sehr bequem! Die gesamte Einrichtung ist in der Tat überaus formidabel. Hier beanstande ich nichts. Mikrowellen sind jedoch eigenartiger Weise allgegenwärtig, wo es doch so ungesund ist, sein Essen tot zu strahlen. Restaurants gibt es in der Nähe ebenfalls genügend. Sogar ein „Burger-Restaurant“, gleich um ein paar Ecken, ist vorhanden.
Sasha und ich bemühten uns indes um einen anderen Ort zum Wohnen. Wichtig war ihm und auch mir, dass es die Altstadt von Jerusalem ist. Die Angebote sind tatsächlich zahlreich. Allerdings benötigen wir nur EINE Schlafgelegenheit. Die meisten dieser Wohnungen, Apartments, Häuser, sind auf (Belegungs-) Kapazität ausgerichtet. Oft sind es gleich drei Schlafzimmer mit reichlich Betten. Nun, mir genügt ein einziges! Wir werden sehen…..

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Freitags waren wir noch rasch „shoppen“. Geeignete Kleidung für den Besuch am Freitagabend an der Klagemauer und ebenso für den Aufenthalt am Samstag in der Synagoge  war, vor allem für mich, von Nöten. Sasha schlug ohnehin bereits vor, mir, für diesen Ort, also überhaupt für Jerusalem, passende (dienliche) Garderobe zu besorgen. Nun gut, warum nicht? In Tel Aviv wäre dann alles anders, versprach sich Sasha, der in diesem Augenblick noch nicht beabsichtigte, mir zu verraten, dass wir dann später, nach dem Aufenthalt in Jerusalem, nach Tel Aviv in das Haus seiner Eltern umziehen werden. So zumindest sein Plan, welchen ich bis dahin noch nicht kannte. Dieses wäre jedoch NOCH vermietet, sagt er. – Daraus schlussfolgere ich, dass es doch, aller Wahrscheinlichkeit nach, ein etwas längerer Aufenthalt in diesem Land für (mich!) uns werden wird.

An der Klagemauer war ich schon gewesen. Das kannte ich bereits. Nur an diesem Abend war es dort recht belebt (was noch untertrieben ist). Was ich nicht wusste war, dass "Tischa beAv" beginnt. Für Juden ein Fast- und Trauertag, an dem sie der Zerstörung des ersten und zweiten Tempels gedenken. Sasha klärte mich in wenigen Sätzen rasch darüber auf. Ich war jedoch von dem Anblick der so zahlreich erschienen Menschen so überwältigt, dass ich kaum etwas davon behielt. Nur so viel, dass das Trauern am Schabbat verboten sei, und daher auf den folgenden Tag verlegt werde. Nach dem Gebet konnte man das Fasten brechen und wir nahmen die dort gereichten Snacks und Getränke dankbar an. Das Gebet selbst beging ich getrennt von Sasha, auf der Seite der Frauen an der Kotel. Da ich indes den genauen Wortlaut des Gebets nicht kannte, bat ich G**t schlicht und einfach um Frieden, Gesundheit und Wohlstand, was schließlich nicht schaden konnte.

Schreiben durfte ich gestern ebenso wenig. Am Schabbat ist produktive Arbeit verboten, ebenso wie das Trauern. Daher begannen wir damit eben (regelgerecht) am Samstagabend bei Sonnenuntergang. – An dieser Stelle ist vielleicht noch zu erwähnen, dass der jüdische Tag nicht zeitgeregelt, wie für den Rest der Welt, um Punkt null Uhr beginnt, sondern stets nach Sonnenuntergang. – Als produktive Arbeit gilt sogar das Betätigen eines Lichtschalters. (Dieses Problem wurde allerdings mit Zeitschaltuhren gelöst, sagte man mir.) Das Fernsehgerät wurde abgedeckt. iPhone und Laptop sind in diesen 25 Stunden tabu. Es werden keinerlei elektrischen Gerate benutzt. Was die öffentlichen Verkehrsmittel ebenso betrifft, sowie das Fahren mit dem Auto. Genau genommen bereitet man dies regel-gerecht bereits am Freitag vor. Sogar das Toilettenpapier wird in Stücke gerissen und zum Wegnehmen hingelegt. Denn am Freitag nach Sonnenuntergang ist Schabbat-Beginn und an Diesem muss eben die produktive Arbeit ruhen.

Ein paar der traditionellen Gerichte (Backwaren) erwarben wir zuvor vom Markt, an welchen wir vorüber kamen, auf unserem Weg vom Shoppen zurück zur Unterkunft. Es waren nicht viele. Sasha meinte nur, Fasten sei angesagt. Backen musste ich indes glücklicherweise nicht. Obgleich es doch besser wäre, als die (Back-) Waren käuflich zu erwerben. Alldieweil es eine Ehrung des Schabbats sei, sie selbst zu herzustellen. Natürlich ist dies dann eine Angelegenheit der Frauen. Streng gläubige Jüdinnen backen am Freitag das geflochtene Brot (Challa Challot Barches) für den Schabbat, was dann vom Hausherren angeschnitten, an die Familie verteilt und mit Salz gegessen wird, soweit ich das alles richtig verstand. An diesem Feier-Tag kommt die Familie zusammen und zelebriert so zu sagen die Verbindung mit G**t.
Nun, Sasha (und seine Familie) sind nicht wirklich orthodox. Eher moderat, da sie nun mittlerweile in Kanada leben. Nur Sashas Bruder Elan, der hier in Jerusalem wohnt, ist da eben etwas anders. Obwohl er doch andererseits, verschwörungsbeobachtend gesehen, doch eher auf meiner Seite steht. Ich denke er bewegt sich recht gekonnt auf beiden Seiten. Was jedoch kein Widerspruch sein muss, wenn er, trotz politischen Engagements, seine Religion (trotz alledem zu 100 %) lebt.
In der Synagoge…..saß ich natürlich NICHT mit Sasha zusammen……..Männer und Frauen sitzen dort (für gewöhnlich – in einigen Gemeinden anderer Länder, wie auch in Deutschland nicht unbedingt) getrennt. Ich hörte und sah nur zu. Verstand jedoch nichts.
Frauen müssen allerdings nicht zwangsläufig in die Synagoge gehen….wenn sie nicht wollen. Es ist keine Pflicht.
Mit dem Hebräischen habe ich so meine liebe Not (werde ich es jemals tatsächlich lernen?)…….und ebenso mit den Kleidungsvorschriften. Bei dieser Hitze hier, tue ich mich schwer. Nun ja, Sasha sieht das für Gewöhnlich locker. Nur nicht hier und JETZT in Jerusalem. Er sucht mir eben so viel wie möglich beizubringen. Wenngleich dies in unserem bisherigen Alltag keinerlei/kaum eine Rolle spielte und zukünftig womöglich nur begrenzt eine Rolle spielen wird. Dennoch…..zwingen sich mir hier Regeln auf! Aber gut, schließlich soll der Zweck meines hier Seins das Kennenlernen des Judentums (und vielleicht sogar der offizielle Eintritt in diese Religion) sein, sowie der jüdischen Religion. (Und manchmal zweifle ich, ob dies überhaupt eine gute Idee….ist. Das geht mir alles…zu schnell.) Dennoch…..ich lerne……..und mein Widerstand…schrumpft. Schließlich bin ich…mittendrinnen und…..ich vertraue Sasha. Füge mich ihm. Alldieweil ich einsehen muss, wenn ich MIT IHM leben möchte, wird es sicherlich von vorteilhaft für mich sein, mich ein wenig mit seiner Religion, deren Regeln und den Gepflogenheiten seines Volkes auszukennen.

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Keine Nachricht von Gunnar. (Der ohnehin, aus meiner derzeitigen Sicht, in den Hintergrund tritt.) Ich sprach ausschließlich kurz mit Kevin UND mit Adam.