Gleich am Vormittag kam Claire vorbei, um ihren Wagen abzuholen. Sasha lud sie dann noch dazu ein, mit uns zu speisen. (Was genau genommen ungewöhnlich war. Sonst tat er eher das Gegenteil.) Sie hatte, gewiss nicht ohne Grund (!!!) und taktisch klug Interesse an den deutschen Speisen bekundet (geheuchelt), die ich gerade unter dem Staunen der Hausangestellten am Zubereiten war. Nun ja, ich gab die Anweisungen. Dabei ging es dieser Claire doch ausschließlich nur um Sasha. Aber egal.
Währenddessen wir drei, Sashas Eltern waren nicht zugegen,
an dem riesigen Tisch zusammen saßen, legte ich diese unnützen Eifersucht beiseite
und lachte einfach nur. Ja, in der Tat, es war amüsant (……zu sehen, wie sie
sich beständig am Anbiedern war).
Sasha war verwundert. „Was ist geschehen?“, fragte er Stirn
runzelnd eher irritiert. Denn bis hier her und vor allem am Morgen, gleich
nachdem wir aufgewacht waren, schmollte ich mit ihm. War unleidlich. Provozierte
ihn sogar und forderte seine Geduld heraus. Denn ich dachte an Gunnar, meinen
Mann und an Schweden.
„Zum einen ist es wie mit Gunnar.“ Ganz bewusst sprach ich
in deren, vor allem Sasha Gegenwart, meines Mannes Namen aus. „Die Geliebte
sitzt mit mir am Tisch. Zum anderen“, und jetzt sah ich Sasha an, „vertraue ich
dir.“ Ich pustete durch und es tat einfach gut, alles fallen zu lassen, was im
Augenblick so belastend schien. Genau DAS hatte Sasha mir noch vor Stunden
geraten. Schlicht und einfach das Bedrückende gehen zu lassen. Zudem gab ich
ihm das Gefühl der Sicherheit, dass auch er mir (bis zu einem gewissen Punkt)
vertrauen kann (ohne dass ich versuche, ihm erneut davon zu laufen).
„Endlich!“, rief er aus, legte sein Besteck beiseite und
streckte die Arme nach mir aus. Nahm meinen Kopf zwischen seine Hände und
küsste mich auf die Stirn (was mir sagte, ich hatte erreicht, was ich wollte).
„Entschuldige.“, er war sichtlich erleichtert, beinahe zufrieden und gerührt,
„Es entspricht nicht den Anstandsregeln, dich während des Speisens überhaupt zu
küssen.“, entschuldigte er sich und zwinkerte mir mit einem gewinnenden Lächeln zu. „Aber es
war mir schlicht und einfach danach. Ein Bedürfnis so zu sagen. Und ich fühle auch
deine Erleichterung. Schön, dass du nun endlich meinem Rat befolgtest und mir
vor allem die Ehre erweist, auf diese Weise auf mich zu zukommen. Denn das
kannst du unbesehen. Du weißt es doch. Ich liebe dich von ganzem Herzen“, wurde
er enthusiastisch.
Ich tat noch einen tiefen Atemzug und setzte ein Lächeln
auf. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, wie Clair uns doch recht aufmerksam
und abwartend betrachtete. Ohne dass ich es beabsichtigt hatte, versetze ich
ihr mit meiner offenen Ehrlichkeit und diesen Worten einen Hieb. Denn ab diesem
Augenblick war Claire nur noch ein Gast in unserem Haus.
Das fühlte ich. Alldieweil Sashas Augen nur noch auf mich gerichtete waren.
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Von Gunnar noch immer kein einziges Wort. Hat er sich noch
einmal der Trauer um seinen Sohn (und Alexa) ergeben und sich daraufhin
davongestohlen? Ich weiß es nicht. Eine Nachricht wäre nett!!!