Gunnar hatte
eine ungewöhnliche lange Zeit mit Sasha geredet, bis er mich dann endlich zu
sich winkte und ich mein Büro verlies, von wo aus ich bisher das Szenario
beobachtet hatte.
Wir standen
draußen im Flur, wo die Treppe vom Eingang her gerade nach oben kam. Die Angestellten
blieben geballt hinter der Glastür stehen. Hielten gebührenden Abstand und
starrten uns durch die Glasscheibe an. Nur Kevin rollte heraus. Gunnar
bedeutete ihm sich zurück zu halten und so bezog er die Position gleich an der
Tür zum Büro.
„Geh‘ mit ihm.“,
sagte Gunnar zu mir, als ich kurz vor ihm stehen geblieben war. Kapitulation
lag in seiner Stimme.
Ich sah ihn an,
total verstört und verstand nicht, warum er mich anwies dies zu tun. Ich stand nun
Sasha und Gunnar gegenüber. Sah
ungläubig von einem zum anderen und bewegte mich nicht. War wie erstarrt. Ich
registrierte mit einem schnellen Blick die zwei Bodyguards, welche hinter Sasha
standen, in einer Pose der Machtdemonstration.
„Geh‘ mit ihm!“,
wiederholte Gunnar seine Aufforderung.
Wut stieg in mir
auf. „NEIN!“, erwiderte ich kurz. Biss mir auf die Unterlippe und kniff die
Augen zusammen.
„NEIN!“,
wiederholte auch ich noch einmal. „Nein! Nein! Nein! Ich bliebe hier!“ Mein
Atem begann sich rasant zu beschleunigen.
„Rea, bitte,
bleib‘ ruhig und geh mit ihm.“ Gunnar ging die zwei Schritte auf mich zu und
trat ganz nah an mich heran. „Vorerst.“, flüsterte er mir ins Ohr. „Wir ahnten
beide bereits, dass irgendetwas geschieht, wogegen wir uns im Augenblick nicht zu
wehren vermögen. Später. Ich kümmere mich darum. Versprochen.“
Ich fühlte einen
Druck in meinem Kopf. Der Atem ging schwerer und schwerer. Dann keuchte ich nur
noch. Ich sank in die Knie und Gunnar stützte mich.
„Bleib ruhig!
Bitte Rea. Beherrsche dich.“
Die
Panik-Attacke nahm jedoch ihren Lauf.
Nun trat Sasha
ebenso an mich heran. Zwei Männer, die mich stützten. Einer recht und der
andere links.
„Beruhige dich
Rea. Es geschieht dir doch nichts. Alles ist gut. Ich bin doch kein Fremder für
dich.“, redete Sasha beschwichtigend auf mich ein. „Bin ich denn tatsächlich so
ein Ungeheuer, dass du nicht mit mir kommen willst?“, fragte Sasha schließlich sanft
mit einem Lächeln auf seinem Gesicht, als mein Atem ein wenig gemächlicher ging.
„Rea, ich weiß, dass du mich liebst.“
Ich riss mich
los von ihm und hielt krampfhaft den Arm meines Mannes fest. „Sasha, es geht
nicht darum, dass ich nichts für dich empfinde. Aber ich liebe meinen Mann und
bleibe hier.“ Ich tat einen hörbar tiefen Atemzug. „Versteh‘ das doch!“
Sasha hob leicht
die Arme. Trat einen Schritt zurück. „Seit wann hast du Angst vor mir?“ Seine
Stimme war mild und ruhig.
„Es ist keine
Angst!“, brüllte ich so laut ich es vermochte. „Es ist deine Vehemenz, mit der
du mich nötigst bei dir zu sein.“
„Ich glaube mich
zu erinnern erwähnt zu haben, dass ich um dich kämpfen werde.“ Sasha sah uns
nun beide an.
Gunnar
schnaufte.
„Was soll das?“,
setzte ich mich weiter zur Wehr und sah zu Gunnar auf. „Er kann mich nicht
zwingen mit ihm zu gehen.“
„Doch das kann
er.“, sagte Gunnar leise und sein Gesicht war wie aus Stein.
Ich schüttelte
heftig mit dem Kopf. „Nein! Kann er nicht! Verdammt noch mal!“ Nun sah ich
Gunnar fragend an.
„Geh‘ einfach
mit ihm.“, wiederholte er die Aufforderung ein drittes Mal. „Im Augenblick ist
es so. Was später sein wird, wird man sehen.“
Sasha kräuselte
die Stirn und schwieg. Stand da, so majestätisch und würdevoll, wie ich es von
ihm gewohnt war. Er schien erhaben über diese Situation und war sich
durchaus bewusst, dass ich keine andere
Wahl hatte, als ihn zu begleiten, was ich schlussendlich mit Zorn im Bauch und
Trotz im Kopf tat. Er gab mir eine halbe Stunde Zeit, um das Wichtigste einzupacken.
„Du brauchst
nicht viel. Deine Kleidung ist noch immer in Portland und ebenso in Montreal.
Was du sonst noch benötigst, kaufe ich dir.“
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Ich beruhigte
mich nicht, schmollte und hatte Mühe, mich nicht wie ein trotziges Kind
aufzuführen, bis wir am Flughafen angekommen waren. Dann schnaufte ich durch.
Nahm Haltung an und tat, was zu tun war. Mein Gesicht allerdings drückte noch
immer meine innere Haltung des Widerstandes aus.
Sasha schmunzelte
und beobachtete mich. Das machte mich wütend. Aber ich zeigte es ihm nicht. Die
Züge meines Gesichtes blieben steif. Ich bin schließlich kein Teenager mehr.
Lernte mich (so la la!) zu beherrschen. Obwohl ich es viel zu oft eben NICHT
fertig brachte und -bringe, gegen mein Gefühl zu handeln. Aber dieses Mal
musste es offenbar sein und ich erinnerte mich rascher denn je, mich zügig auf
eine neue Situation einzustellen, welche ich im Augenblick NICHT zu ändern
vermag.
Sasha mag allesmögliche
sein, dennoch weiß ich genau, dass er mich liebt und er mir nie etwas zu Leide
tun wird. Es ist eben nur seine Art, seinem unendlich intensiven Verlangen nach
mir Ausdruck zu verleihen. Und er ist ebenso nicht der schlechteste Mann, mit
welchen man gezwungen wird zusammen zu sein. (Auch wenn ich es nicht mag und
viel lieber bei Gunnar wäre!)
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Nach einiger
Zeit lachte Sasha dann. „Komm‘ schon. Hör‘ auf zu schmollen.“, sagte er zu mir
und reichte mir ein Sweatshirt, weil mir kühl geworden war.
„Was soll das
eigentlich?“, bäumte ich mich noch einmal auf.
„Auf diese Frage
muss ich wohl jetzt nicht antworten.“, erwiderte er lächelnd.
Er hatte Recht.
Ich wusste selbstredend, um was es ihm und hier ging.
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Als mich Sasha
das erste Mal ein wenig ungestüm küsste, alldieweil er sich offensichtlich
nicht mehr zurückzuhalten vermochte, schrie ich auf.
„Was ist mit
dir?“ Sasha war sichtlich erschrocken und ich zeigte ihm mit dem Hinweis, dass
dies nichts Ansteckendes sei und nachdem er es sehen wollte, das Bläschen in
meinem Mund.
„Das schmerzt
und will ewig nicht wieder vergehen. Vielleicht könnten wir kurz DARÜBER reden?“,
wurde ich ein wenig resolut.
Er strich mir
liebevoll mit der linken Hand übers Haar. „Aber natürlich reden wir darüber,
wenn du es magst, Rea. Und wir kümmern uns dann darum, wenn wir angekommen sind.“
Sasha hat nichts
von seiner Warmherzigkeit mir gegenüber verloren. Ganz im Gegenteil. Seine
Augen sprechen Bände, gleichwohl er es wohlerzogener Weise zumeist (tunlichst)
vermeidet, sich vor dem Personal ganz familiär und emotional zu zeigen.
In Portland
angekommen, hatte ich mich vollends auf die neue Situation eingestellt.
Schließlich war ich keine wirklich Fremde hier und wir beide waren uns ebenso
wenig fremd.
.....und es regnet, wie so oft an diesem Ort.