Donnerstag, 27. Juli 2017

Versöhnung, offene Gespräche und Vernunft



Sashas Liebe zu mir ist trotzig und fest in ihm verankert, sodass ihm nicht einmal das Wort Teufel wirklich von mir trennt. Aber er war wütend. Wirklich wütend. Mied mich eine Weile. Ging mir aus dem Weg und ich versuchte ihn dazu zu bringen, mir zu verzeihen und ihm ein paar Küsse abzuringen. Es dauerte eine Weile, aber dann, kurz vor dem Dinner, kam er direkt auf mich zu, küsste mich tatsächlich und lächelte sogar ein wenig.
„Verzeihst du mir?“, fragte ich leise.
„Wir werden sehen.“, sprach es und sah mich durchdringend an.
 „Aber eines kann ich dir sagen. Ich lasse mir meine Liebe zu dir nicht durch solch‘ törichtes Gerede zerstören! Niemals! Sie ist tausend Mal stärker!“, wurde er stählern. „Ich warte darauf, dass du dich besinnst Rea. Und vor allem darauf, dass DU dich zu DEM bekennst, was du  bist. Und du weißt, ich bin bereit alles für dich zu tun. A-b-e-r,…mich Teufel zu nennen….DAS ist schon ein wenig blasphemisch. Meinst du nicht?  Ich dachte, du hast Gefühle für mich?!“
„Die habe ich auch.“, erwiderte ich kleinlaut und unterwürfig, mich verteidigend, sodass er sah, wie Leid es mir tat was geschehen war.
„Würdest du die Seiten wechseln….?“, sprach ich sacht ein versöhnlicheres Thema an.
„Was dann?“, fragte er noch immer mit etwas barscher Stimme und strengem Blick. „Heiratest du mich und wir leben zusammen in Israel?“
„Ist DAS dein Wunsch?“, fragte ich ernst.“
Sasha lächelte leicht. „Ja. Das wäre er. Aber DU liebst deinen dich fortwährend betrügenden Mann offenbar so sehr, dass du ihn aller Wahrscheinlichkeit nach so wie so nie verlassen wirst. Und mit mir streitest du hier über Glaubensfragen. Benimmst dich abfällig meiner Religion gegenüber.“
„Allen Religionen“, flocht ich ein.
„Kommst sogar noch verschwörungstheoretischer Weise in einen Gewissenskonflikt. Würdest du dich endlich besinnen, gäbe es keine Konflikte mehr und wir wären nur Frau und Mann, die zueinander gehören.“
Dieser Satz erboste mich erneut. Jedoch schluckte ich meinen Ärger hinunter. Ich hatte nicht vor, mich noch einmal mit Sasha zu streiten. Wozu?
Da ich nicht antwortete, lenkte Sasha schlussendlich ein. Seine Stimme wurde milder.
„Also, was ist nun, begibst du dich mit dem Teufel zu Tisch?“ Er schmunzelte. Es sollte wohl witzig sein.
„Sasha, ich meinte doch nicht, dass DU der Teufel bist. Denn das bist du wirklich nicht für mich.“
„Ach! Tatsächlich? Wie schön. WAS bin ich denn dann für dich?“
„Jemand den ich sehr mag.“
„Sind wir wieder beim Mögen angekommen und nicht beim Lieben?“, schien er unzufrieden mit meiner Antwort zu sein, was mich erneut erzürnte.
„Sasha, WAS willst du von mir?“
„Dich. Dass du dich scheiden lässt, mich heiratest und wir zusammen leben.“
Wie könnte ich das? Dachte ich so. Dazu liebe ich Gunnar viel zu sehr.
Ich war es leid diese Spielchen zu spielen. Also fragte ich Sasha noch einmal. „Verzeihst du mir jetzt, oder was?“
Sasha lächelte wieder, fixierte mich jedoch. „Ja. Natürlich. Wie könnte ich dir böse sein.“
„Du warst es aber?“
Er kratzte sich am Kopf und räusperte sich. „Ja. Ein wenig.“, kam es eher gequält aus ihm heraus. „Rea, ich verstehe dich doch. Ich weiß, was du mir sagen möchtest. Und ich schwöre dir, dass ich nicht mehr für diese Leute arbeite. Aber ich bin was ich bin. Das wird sich nicht ändern und wenn wir jeden Tag drüber streiten. Ich bin doch nicht wirklich konservativ. Wäre ich das, würde ich dich nicht heiraten können, weil du keine Kinder bekommst.“
Hüstel….schnauf,….pust…..Das war deutlich. Aber mir in jedem Fall lieber, als Geheimnisse, Lügen und Hinterhältigkeiten.
„Und außerdem hätte ich schon längst verheiratet sein müssen. Denn einen unverheirateten Mann, sieht man im konservativen Lager nicht gern. Du hast also nichts zu befürchten. Außer vielleicht eine jährliche Reise nach Israel, ein paar Gebete, den Glauben an Gott, den gelegentlichen Besuch in der Synagoge und ein jüdisches Leben im Allgemeinen mit jüdischen Freunden. Ist das so schlimm?“
„Nicht schlimm. Jedoch jede Menge, was mir nicht wirklich gefällt.“
Sasha schien die Luft kurz anzuhalten. Stutzte. „Nicht schon wieder diese leidliche Diskussion um ein paar Leute, zu denen ich nicht gehöre.“
„Aber eure Religion verbindet euch und du lebst sie doch so einigermaßen. Oder etwa nicht?“
„Ja.“, folgte eine monotone Antwort. Er war genervt. Das spürte ich.
Dann noch einmal der Versuch. „Rea, wenn du mich liebst, oder lieben lernst, können wir irgendwann zusammen leben und es wird dir ganz normal erscheinen. Wie andere Leben auch. Es ist nur die Frage, lässt du dich darauf ein. Darüber solltest du nachdenken.“
„Das tute ich bereits die ganze Zeit. Deshalb diese Debatte. Deshalb der Gewissenskonflikt. Deshalb die Fragen“, brach es nun aus mir heraus.
„Schon gut. Wir müssen das nicht alles an einem Tag klären. Lassen wir uns Zeit. Schließlich wollen wir doch unser Zusammensein  genießen. Meinst du nicht auch?“
„Dann gehe ich richtig in der Annahme, dass du kein Interesse am Streiten hast.“
„Exakt.“
„Und du bist mir gewiss nicht mehr böse?“
„Nein. Es war unser erster Streit. Über die Versöhnung sprechen wir heute Abend, wenn wir alleine sind.“ Er grinste breit.
Damit lösten sich nun alle Probleme doch noch auf und alles war wieder wie zuvor. Auch Sasha schien darüber froh zu sein. Denn wir hatten beide offenbar nicht die Absicht schmollend zu Bett zu gehen. Das hätte auch mich belastet. Ich hätte es nicht gewollt.

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Marie war verwundert.
„Also was jetzt? Reist du doch nicht zu Gunnar? Hast du dich mit Sasha versöhnt?“
„Vermutlich.“
Sie kräuselte die Stirn. „Was bedeutet DAS denn?“
„Das ich es selbst nicht weiß. Dass ich am liebsten an zwei Orten gleichzeitig wäre. Dass ich womöglich mit keinem Status zufrieden bin. Also, weder damit zu Gunnar zu reisen, noch mit Sasha hier zu sein.“
„OH! Dann rufe ich wohl besser Derek an.“ Sie lachte. „Oder gibt es noch eine andere Option?“
„Sicher gäbe es noch mehrere. Aber ernsthafte im Augenblick eher nicht.“
„Was ist eigentlich mit Kevin?“
„ER ist meine letzte Bastion, wenn nichts anderes mehr geht.“
Marie lachte erneut. „Ich meinte eigentlich, wie es ihm geht.“
„Ach! Viel besser. Mein Opfer war nicht umsonst wie es scheint. ER wird vermutlich irgendwann tatsächlich wieder gehen können.“

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< Mit Gunnars Kindern, den Zwillingen, komme ich hier ganz gut zurecht.
< Sasha und Henrik scheinen sich recht gut zu verstehen.


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Als Gunnar anrief, erzählte er mir, dass Alexa nur knapp einem Bären-angriff entkommen sei.
„Hast DU etwas damit zu tun?“, mutmaßte Gunnar gleich und sein Tonfall gefiel mir nicht.
„Nein. Natürlich nicht. Wieso denkst du das?“
„Bären-Schwester und so weiter. Es war eine Bärin die ihr Junges schützte. Alexa kam ihr achtlos zu nahe.“
„Ich hoffe ihr lasst die Bärin am Leben.“
„Aber ja. Um Alexa sorgst du dich nicht?“
„Tust DU das nicht bereits zur Genüge?“
Stille. Gunnar schien ärgerlich. Das konnte ich fühlen.
Was war nur mit mir geschehen? Hatte ich vor, alle meine Männer zu verärgern?
Vermutlich ist es einfach nur der Zorn, die Unzufriedenheit…..darüber, nicht normal mit Gunnar leben zu können, wie es Paare für Gewöhnlich tun.

Späterzu dachte ich über diesen Angriff der Bärin auf Alexa nach. War es ein Omen? Wie damals bei Kevin. Stand der magischen Erfüllung meines Wunsches nun doch nicht mehr allzu viel Zeit im Weg? Konnte ich mir nun sicher sein, dass Alexa alsbald das Zeitliche segnet? Und ich Gunnar wieder für mich alleine haben werde?
Nur, WIE verändert wird er dann sein? Gäbe er mir womöglich die Schuld dafür?

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Heute Morgen sprach ich noch einmal mit Gunnar und auch Alexa. Er scheint noch immer nicht verwundert zu sein, dass ich mitten in der Nacht mit ihnen telefoniere. Oder ahnt, weiß er bereits WO ich bin?
Ich vermag mir nicht vorzustellen, dass Alexa glücklich darüber wäre, den Platz neben Gunnar räumen zu müssen, sollte ich mich denn doch entschließen zu ihnen zu kommen. Heute Morgen war es beinahe so weit. Ich war bereit den Flug zu buchen. Setzte während unseres späten breakfasts an mit Sasha darüber zu reden. Ich dachte bereits daran, schlicht und einfach von hier zu verschwinden. Aber DAS wäre schändlich. Nicht meiner würdig.
Sasha indes wusste bereits, was ich ihm sagen wollte. Die Züge seines Gesichtes zeichneten Trübsinn aus. „Ich weiß, dass du am aller liebsten zu deinen Mann fliegen würdest. Ich ahnte es. Sah in deinem Kopf wie du dich kramst und nicht weißt, was du tun sollst. Hoffte jedoch trotz alledem, dass du bleibst. „Also was? Bleibst du?“….und dann der Hundeblick!!! Sch….ande! Was jetzt.
Dann, nach etwa einer gefühlten Minute. „Was? Gedenkst du dir tatsächlich mit der Geliebten deines Mannes einen weiteren psychischen Kampf zu leisten? Du musst echt eine Masochistin sein.“ Ein leichtes Zwinkern.
Ich wusste, dass Sasha mir die Wahrheit vor Augen führte. Dennoch, ich liebe meinen Mann und will bei ihm sein.
„Ich dachte unser Plan sei ein anderer?“
„Ja. Ich weiß.“
„Aber?“
„Du kennst die Antwort.“
„Soll ich jetzt ohne dich zurück nach Schweden fliegen?“
„Sasha, ich kann mich nicht entscheiden.“
„Nun, zumindest besteht noch für mich Hoffnung.“ Ein erneutes Zwinkern von ihm.
Ich tat einen tiefen Atemzug. „Ja. Das könnte man so sagen.“
„Wenn du magst, können wir auch nach Montreal zu meinen Eltern fliegen.“
Ich war verwundert. „Montreal? Ich dachte, sie wohnen in Toronto?“
„Sie waren dort. Jetzt sind sie zurück in Montreal.“
„Du musst verzeihen, ich war der irrigen Annahme, deine Eltern und du wohnten in Toronto.“
„Nein. Da hast du offenbar etwas falsch verstanden. Sie reisen nur sehr viel. Haben Freund und Bekannte allerorts. Waren gerade eben in Toronto. Wir hätten sie selbstverständlich dort besuchen können.“
„Oh natürlich!“, rief ich aus. „Aus diesem Grund sprichst du auch Französisch. Wie konnte mir dies nur entgehen.“
Sasha lächelte verlegen. „Wenn du noch magst“, an dieser Stelle schaute er mich zweifelnd an, „fliegen wir nach Quebec.“

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Es ist so angenehm, Sasha wieder in versöhnlicherem und liebevollem Modus zu sehen. Das weitete mein Herz für ihn. Und ich dachte daran, wie erleichternd es wäre, einen Mann zu haben, der mich nicht betrügt. Wie viel Ruhe brächte das in mein Leben.
Dann dachte ich an Gunnar. ER hätte NICHT ohne mich reisen dürfen! Gab seiner Konkubine den Vorzug vor mir, seiner Frau. Wenn ich daran dachte, war ich so derart verärgert, dass ich doch lieber (gleichwohl vernunftsbedingt) mit Sasha zusammen sein möchte. ER hat KEINE andere Frau.
Diese Gedanken stimmten mich kompromissbereit, um womöglich doch tiefer in Sashas Leben einzutauchen. Alles andere könnte sich finden.