Freitag, 4. Juli 2014

Eine einsilbige Unterhaltung und Profiling



Es war heiß und anstrengend. Jedoch blieben wir trotz alledem bis zum Abend in New Orleans.


Erik war mit uns gekommen, um die Voodoopriesterin aufzusuchen.
„Ich komme schon zurecht. Geht einkaufen.“, hatte er gesagt und wir waren einfach weiter gefahren, nachdem wir ihn am Haus von Madame Camille Du Pont abgesetzt hatten. Auf dem Rückweg rief er Gunnar an und er stieg in der Decatur Street, am Cafe Du Monde, nahe des Mississippi, wieder zu uns in den Wagen. 

Am Abend saß ich lieber auf meiner Terrasse, als in New Orleans Straßen zu flanieren, welche gerade nachts belebter sind wie am Tage. 
Ich saß in meinem Korbsessel, hatte die Füße hoch gelegt und schlürfte an meinem Drink. Gunnar saß neben mir und hing anscheinend ebenso seinen Gedanken nach wie ich. Nur Erik schien unruhig zu sein. Gerade so, als wolle er uns etwas mitteilen. Er sah uns immer wieder abwechselnd an. Bis ich schließlich fragte, ob denn etwas nicht in Ordnung sei.
„Es wird Zeit für eine Zeremonie.“
Ich sah ihn ein wenig zweifelnd an. „Es ist doch jetzt alles in Ordnung. Wozu noch mehr unternehmen?“
Gunnar sah mich an und dann Erik. Erik sah zu mir und dann richtete er das Wort an Gunnar. „Du fühlst dich auch wohl dabei und willst das alles?“
„Ja.“, antwortete er und ein kurzer, verstolhener Blick traf mich.
Ich atmete tief und hörbar aus und fragte ebenso noch einmal nach. „Du bist dir wirklich sicher?“
„Ja.“
Erik kratzte sich am Kopf und zog die Brauen nach oben. „Wie fühlst du dich?“, fragte er Gunnar jetzt.
„Gut.“, war seine erneute, einsilbige Antwort.
„Und weiter?“
„Nichts weiter. Es geht mir gut und ich bin glücklich mit Rea, genau so, wie es jetzt ist.“
„Dir fehlt nichts?“ bohrte Erik weiter.
„Was soll mir fehlen?“
„Das Ficken mit anderen Weibern?“
Gunnar räusperte sich, sah seinen Onkel ein wenig eigentümlich an, sagte jedoch nicht darauf.
„Was empfindest du, wenn dir Lara oder Malika begegnet?“
„Sie sind beide überaus gut aussehend.“ Gunnar zuckte mit den Schultern und presste seine Lippen aufeinander.
„Und weiter?“
„Nichts weiter.“
„Herr Gott noch mal!“, wurde Erik zornig. „Muss ich dir alles aus der Nase ziehen.“
„Nein.“
„Willst du vielleicht woanders mit mir reden?“
„Nein.“
Erik schnaufte. „Wir müssen aber reden!“
„Worüber?“
Kopfschütteln. Wollte er nicht verstehen? Oder konnte er nicht? Waren es etwa die „Nebenwirkungen“ von Eriks Zauber? Oder hatte Gunnar tatsächlich keine leidenschaftlichen Gefühle mehr für Malika oder Lara. Und wie würde es dann mit Natalja und Ellen sein?
Nun gut. Erik bemühte sich in der Tat  vorzüglich um seinen Neffen. Seine Gefühle, seine Emotionen. Sein Wesen, sein Sein. War Erik wirklich dazu in der Lage gewesen Gunnars Neigungen auf Dauer zu tilgen? Gleichgültig welche?!
Um ehrlich zu sein, zweifle ich (noch immer) daran. Was in der Tat KEIN gutes Matra ist! Dennoch wäre es für mich in jedem Fall wünschenswert, wenn Gunnar so bliebe, wie er jetzt ist.
„Wir sind für morgen Abend bei Camille Du Pont eingeladen. Alle drei.“, war Eriks abschließender Satz zu dieser Thematik.


Sarah hatte mit uns auf der Veranda gesessen und alles mit angehört. Hatte sich jedoch nicht weiter eingemischt, oder dazu geäußert. Sondern nur zugehört.
Jason und Derek kamen in der Zwischenzeit aus unterschiedlichen Richtungen vom Flussufer zurück. Lara hatte sich in den Schatten eines Baumes gesetzt und starrte, an einem Grashalm kauend, eine lange Weile vor sich hin, bis sie dann schlussendlich aufstand und zum Haus zurückkehrte. Der Rest des Personals gesellte sich nun ebenfalls so nach und nach zu uns auf die Veranda. (Schließlich sind wir keine Unmenschen. Jeder ist willkommen und es wird auf diese Weise die Nähe zum Angestellten demonstriert.)
„Es wäre schön, wieder Karten zu spielen.“, sagte Malika leise mit einem verschämten Lächeln, während sie in die Runde sah.
„Nun denn. Bring uns die Karten und alle diejenigen, die sich an dem Spiel beteiligen wollen.“, sagte ich zu ihr und lächelte zurück.
Wir waren eine beachtliche Runde geworden. Gunnar, ich, Sarah, Malika, Lara, Mark Kekoa, Lalia Yeboah, Bao Leoi, Jason, Derek und sogar die geziert, beinahe überheblich wirkende Lina Fang (Gewinnerin des Sommer-Schönheitswettbewerbes!) fügte sich dieses Mal doch eher ungezwungen, fast authentisch in unserer illustere Gesellschaft mit ein. Denn Lina Fang geht meist ihre eigenen Wege. Still, erhaben, fast majestätisch schreitet sie zumeist dahin. Gerade so, als wäre SIE die Herrin dieses Anwesens. Zudem sah ich, wie sie Gunnar schöne Augen machte. Offensichtlich gedeucht es ihr nach (intimer) Unterhaltung und SIE erwählt selbstredend keinen geringeren als den vermeintlichen Herrn auf dem Besitz. Als Gunnar ihre Avancen jedoch nicht erwiderte, sondern ausschließlich freundschaftlich mit ihr bleib, wendete sie sich Jason Anekelea zu, dessen gewöhnliche und ungehobelte Art sie allerdings rasch überdrüssig wurde. Was mich genüsslich und voller Genugtuung in mich hinein grinsen ließ. Derek schien sie nicht zu interessieren. Und sie ihm ebenso wenig.
Derek scheint mir stets bedächtig und besonnen. Eher der zurückhaltende, ernste Typ. Überlegt und beherrscht. Nachdenklich, beinahe verschlossen, und selbstdiszipliniert. Sein gewählter Beruf als Polizist, Profiler, wie ich in seiner Personalakte las, und nun gleichwohl als Teil des Sicherheitsteams im Zentrum, ist dem muskulösen, durchtrainierten und überaus attraktiven Mann wie auf den leib geschneidert. Er wäre sicherlich eine Sünde wert. (Oder mehr als das?!?). In jedem Fall ist er kein Charmeur wie Jason, und eben sowenig ein Verführer oder Frauenheld. Aber mit seinen 1.83 m ist er mir bedauerlicherweise ein wenig zu klein. Ian war in diesem Fall bereits einige Zentimeter größer, und mit Kevin vermag ich ihn nun nicht mehr zu vergleichen, der gleichwohl nur 1.84 m groß ist.

Die Küchen- und Zimmermädchen Radi, Maleika und Beina standen ein wenig im Hintergrund und sahen uns beim Kartenspielen zu. Erik hingegen war in die Nacht hinausgegangen. Familie Turner hatte uns auch bereits verlassen und war schon längst zu ihrem eigenen Heim gegangen.
Wir diskutierten neben dem Spielen mit den Karten über vielerlei Dinge. Unter anderem über das patriarchale System und seine Auswirkungen auf uns alle. Wir tranken Ice Tea und Champagner, der zur allgemeinen Entspannung beitrug und nicht nur die Zungen lockerte. Es kann durchaus amüsant sein, wenn die wahren Charaktere zum Vorschein kommen. Jeder Einzelne beständig, mit jedem Schluck unbefangener wird. Dann sollte man einigermaßen nüchtern bleiben und aufmerksam zuhören, beobachten und sehen, welche Züge die Oberhand gewinnen.
Zumindest viel KEINER wirklich aus der Rolle. Gleichwohl die meisten ein wenig freizügiger redeten. Oder gelegentlich wilder gestikulierten. Alle, die Herren wie die Damen, einschließlich uns, tranken tatsächlich nur soviel, dass wir uns immer noch zu benehmen wussten.
Wie erfreulich zu wissen, dass man sich „beherrschen“ kann. Dass man seine niederen Triebe in Zaum und die schmutzigen Worte bei sich behält. Was man von manch anderer, wohlhabender Gesellschaft häufig nicht behaupten kann.
Nun, alles in allem war es ein gelungener Abend.
Dennoch hatte mich der Tag erschöpft und wir gingen ausschließlich kuschelnd zu Bett. Wo Gunnar doch nun überaus verständnisvoll reagiert. Nichts erzwang und mich vielmehr besorgt in seine Arme schloss. Mich sanft an sich drückt, mitfühlend liebkost und die Nacht zur Gänze bei mir war.
Genau SO kann es bleiben!

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Heute nun,.....werden Erik, Gunnar und ich zu Madame Camille Du Pont aufbrechen, um den Zauber für Gunnar zu festigen, welchen Erik bereits begonnen hat. Gleichwohl ich noch ein wenig verschlafen und der Rhythmus meiner Worte ein wenig holprig sein mag. Ein, oder zwei Kaffee Latte werden alles richten.....zwinker.....
Alors .... à bientôt!