Ich hatte
tatsächlich die Hoffnung, dass sich während unserer ausgedehnten Reise Alexa
schlicht und einfach in Luft auflöst. Selbst was Gunnars sexuelle Vorlieben und
Neigungen betrifft, war ich zuversichtlich. Nun, da irrte ich mich wohl. Er hat
stundenlang mit Alexa telefoniert und zudem noch geskypt. Gleichermaßen mit
Marie und den Zwillingen. Den Beleg dafür, bekam ich heute in einem kurzen
Gespräch. Wo er mir bestätigte, dass ihm der ungezügelte, ausgiebige Sex
genauso fehle wie eine Session mit (s)einer Domina.
„Daran
musst du dich endlich gewöhnen. Ich bin eben so.“
Was war
DAS denn für eine Rechtfertigung,
welche mich genau genommen in diesem Moment provozierte. „Oder was?“, wurde ich
schroff.
Gunnar sah
mich fragend an und hatte die linke Augenbraue nach oben gezogen.
„Oder
was?“, wiederholte er?
„Sollte
ich mich scheiden lassen“
Nun
schüttelte er ein wenig lächelnd den Kopf. So, als könne er nicht glauben, was
er da hört. „Ich denke NICHT, dass du das tust, oder möchtest.“, erwiderte er
in ruhigem Ton.
„Nein.
Selbstverständlich nicht.“, bestätigte ich seine Worte.
„Oder
hattest du an einen anderen gedacht, mit dem du zukünftig leben möchtest?“, Nun
schien Gunnar ein wenig kampfeslustig zu werden. Er funkelte mich ermunternd an.
„An WEN denkst
du denn dabei?“, fragte ich doch eher kapitulierend.
„Den
Russen, der jetzt eine Frau und ebenso bald ein eigenes Kind hat? Oder den
Spanier? Aber DER ist ja Geschichte. Ist auch besser so.“ Bei diesen Worten
senkte Gunnar den Kopf, um ihn im nächsten Moment wieder zu heben und mir
direkt in die Augen zu schauen. „Vielleicht Kevin?“ Gunnars Schultern hoben
sich, als meine er dies tatsächlich ernst. Als würde er tatsächlich in meinem Namen
darüber nachdenken. „Er braucht eine Krankenschwester. Wo du, in diesem Fall,
offenkundig kaum in Frage kommst.“
So
allmählich fragte ich mich, was das soll? Will er mich verhöhnen?
„Ach ja,
ich vergas die anderen beiden Kandidaten. Troels. Ein alter Mann und der andere
ein Schwarzer. Wohl kaum geeignet, um in die Sphären der Elite einzuziehen.“
„Willst du
mich beschämen! Oder was?“, fragte ich nun doch ein wenig empört. „Willst du
mir sagen, dass nur DU der RICHTIGE bist?“
Gunnar
schnaufte. „Sei bitte nicht böse Rea. Das wissen wir doch, dass ICH genau der
Richtige für dich bin und dass wir füreinander geschaffen worden sind. Ob nun
in diesem, oder in einem anderen Leben. Da wirst du schon meine kleinen Makel
akzeptieren müssen. Die nichts daran ändern, dass ich dich, nur dich Rea, über
alles liebe und niemand sonst.“ Gunnar war nun überaus enthusiastisch in seiner
Liebesbeschwörung geworden. Und selbstverständlich glaubte ich ihm. Er hatte
zweifelsohne und so wie so Recht. Trotz alledem entschloss ich mich Gunnars
kleines Spiel noch ein wenig fortzusetzen und meine Karten bis aufs letzte
auszureizen.
„Aber du
liebst auch sie. Nicht wahr?“ Gunnar wusste genau, dass ich Alexa damit meinte.
„Ja. Mag
sein. Aber DAS ist eine ganz andere Art von Liebe, welche unserer niemals ebenbürtig
sein wird. Zudem sprachen wir bereits einige Male darüber und ich dachte, du wüsstest
das.“
„Ja. Natürlich
weiß ich das.“, gab ich mich süffisant.
Dennoch
ließ ich das Gespräch nicht einfach in Gunnars Hand und reizte weiter.
„Nun, du
hast Recht. Aber wieso nicht der Russe? Er würde mich immer noch all zu gerne
haben.“
Gunnar
lachte. „Ja. Natürlich will er das. Aber das wird wohl kaum mehr Wirklichkeit
werden. Zumindest nicht in diesem Leben. Obgleich er doch einigermaßen gute
Chancen hatte.“
„Hatte?“,
fragte ich provozierend nach.
„Er ist
vergeben Rea. Es wird Zeit, dass du die das eingestehst. Da ist nichts mehr zu machen.“
„Das
glaube ich nicht.“, beharrte ich weiter auf meiner Anschauung der Dinge.
„Eines ist
klar“, begann Gunnar zu argumentieren, „ er ist kein Ganove. Er ist ein
Gentlemen, wenn es um Frauen geht. Er steht zu seinem Wort. Und ist er
tatsächlich der Vater, war es das für dich.“
Ich sah
Gunnar zweifelnd an.
„Mag sein“,
begann er zuzugeben, „dass er noch Dies oder DAS für dich tut. Aber als
Heiratskandidat hast du ihn verloren.“
Ich saß
da, wie ein getretener Hund und schwieg.
Was sollte
diese Ansprache? Diese Argumentation? Wollte er mich demütigen? Verletzen?
Schmähen?
„Nein. Das
will ich nicht.“, antwortete Gunnar auf meine Gedanken. „Ich will nur nicht,
dass du Illusionen erliegst.“
„Wie nett
von dir.“, stammelte ich gerade noch so heraus.
Gunnars
Gesicht ließ Betretenheit und Mitgefühl erkennen.
„Du wirfst
verbal deine Konkurrenten aus dem Rennen.“, bäumte ich mich noch einmal auf.
„Obwohl du nicht wirklich weißt, ob es der Wahrheit entspricht, was du sagst.“
Gunnars
Ton wurde sanfter, anstatt schärfer, ob meiner Anschuldigung. „Denke doch
einmal nach Rea. Dann kommst du selbst darauf.“
Ja.
Natürlich hatte er Recht. Ich sollte mir keine ILLUSIONEN mehr machen!
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Nach
dieser Demütigung rief ich Wanja an. Es gab ohnehin einen Anlass. Ich fragte
ihn, ob er Thomes über seinen Vorschlag bereits in Kenntnis gesetzt hatte.
„Ja. Habe
ich.“
„Und? Was
hat er daraufhin geantwortet?“
„Nichts
Endgültiges. Aber er denkt darüber nach. Ich glaubte in den Zwischenräumen
seiner Worte erkannt zu haben, dass es ihm nicht unrecht wäre. Sein Traum war
ohnehin immer eine Ranch, wie er sagt, und nicht, hier in Schweden der Leiter
eines spirituellen Zentrums zu sein.“
„Das war
gleichwohl nie mein Wunsch gewesen.“, ereiferte ich mich. „Sondern der Wunsch
von Gunnars Mutter Christine.“
„Aber ich
glaube, es würde dir liegen und gut zu Gesichte stehen. Und es ist etwas, was
dir sicherlich auch Freude macht. Oder irre ich da?“
„Ja.
Wahrscheinlich ist das so.“, gab ich zurück. „Nicht nur das. Zudem fühle ich
mich außerordentlich wohl an diesem Ort. Nur, WAS ist nun mit diesen
Flüchtlingen? Wenn nicht Thomas, werde ICH dann gezwungen sein, dort welche
wohnen zu lassen?“
„Rea, wenn
es soweit ist und du das Zentrum tatsächlich übernimmst, wovon noch einige
andere Faktore abhängig sind, werde ich dir selbstverständlich helfen, WENN ich
es vermag. Endgültig zusichern kann ich dir jedoch nichts.“
Nun, welch
WAGE Geschichte! Deren Ausgang noch in den Sternen steht.
In
Schweden wird es ohnehin zunehmend gefährlicher. Wir hörten von koordinierten
und systematisch gelegten Bränden nicht nur in Stockholm. Selbiges hört sich jedoch
an wie marodierende Banden, welches umherzieht, um sein unheilvolles Werk zu
verrichten. Wem würde da vor Angst nicht das Herz in die Hosentasche fallen.
Man fragt sich ernsthaft, WO das noch hinführen soll?
Unter
diesen Umständen sollte ich womöglich ganz woanders auf dieser Welt ein neues
zu Hause finden. Gegebenenfalls sogar dauerhaft erwägen in New Orleans zu
wohnen. Obwohl man in der Tat nirgendwo auf dieser Erde sicher ist, vor
gewaltbereiten Männern und religiös indoktrinierten Frauen, die sich noch
abartiger gebärden, wie ihr männliches Pendant.