Freitag, 30. Oktober 2015

Wie lang kann Liebe bestehen?



Gunnar erträgt es so tapfer ohne jegliche Konkubine zu sein.
Erstaunlich irgendwie.
Daraus schlussfolgere ich, dass ER es „könnte“, wenn ER nur „wollte“!
Warum tut er es dann nicht?

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Ich scheine die Neigung zu besitzen, mich wiederholt auf alte Liebschaften/Liebhaber einzulassen. Allerdings entbrennt meine Liebe zumeist für Männer, die mir in dieser Beziehung vermutlich ähnlich sind. Oder geht es ihnen ausschließlich um einen bequemen Fick? Was ich für unwahrscheinlich halte. Denn da ist ebenso Liebe, von ihrer Seite aus, im Spiel. Die so bedeutend ist, dass sie sogar bereit sind ihre jeweilige Beziehung mit anderen Frauen für mich aufzugeben. Zumindest sagen sie es. Oder hoffen (wissen) sie nur, dass ich mich letztendlich doch nicht von meinem Ehemann lösen werde? Für SIE folge dessen ein lohnender Fick ohne jegliche Konsequenzen. Ich weiß es nicht. Obgleich ich, oder Frauen offensichtlich im Allgemeinen, geneigt sind, den schönen Worten der Männer Glauben zu schenken.
In Wanjas Fall bin ich mir sogar verhältnismäßig sicher, dass ES seine Freundin, trotz Schwangerschaft, um meinetwillen noch immer verlassen würde. Oder ist es längst zu spät? Und er erfreut sich dann nur noch an gelegentlichen Treffen?
Wer weiß?
Wie komme ich darauf? Ja nun, Ian schrieb ein zweites Liebeslied für mich. Und das NUR für mich, wie er sagt. Sandte es mir gestern Abend zu und forderte mich, noch im gleichen Atemzug auf, mit ihm zu skypen. Gunnar saß nebenan und rümpfte missbilligend die Nase.
„Geh’ nur.“, sagte er dann. „Wenn es dir so wichtig ist?“ Seine Worte implizierten mir ein schlechtes Gewissen. Dennoch tat ich es und skypte mit Ian eine gute Stunde, in welcher er klar und deutlich anklingen ließ, dass er noch immer mehr als nur dazu bereit wäre, sein Dasein mit mir zu bestreiten.
„Mein Leben ist die Musik und ich weiß, es wäre schwer für dich. Jedoch könntest du mich begleiten. Vielleicht auch nur gelegentlich. Könntest du es dir zumindest immer noch vorstellen?“ Sein Stimme, sowie sein Gesichtausdruck erschien mir fast flehentlich zu sein. Dennoch wusste ich, dass ich nicht lange darüber nachdenken musste. Mein Herz schrie JA.
„Ja natürlich kann ich das.“, antwortete ich ein wenig gezügelt. Um nicht zu euphorisch zu erscheinen.
„Tatsächlich?“ Ian meldete Zweifel an. Andererseits strahlten seine Augen.
„Warum nicht. Wichtig wäre es nur, nicht ohne dich zu schlafen. Dies könnte ich nicht ertragen.“
„Ich weiß. Eine Lösung gibt es immer. Man muss es nur wollen. Glaube mir.“
„Was ist mit Annica? Wäre es nicht kränkend, IHR diese Schmach anzutun? Vielleicht dann doch nur gelegentliche Treffen? Was ihr womöglich ebenso zugute kommt, wenn SIE dich nicht verliert.“
„Du willst mich nicht! Erträgst mich nicht für immer. Ich bin dir zu nichtig, zu klein und zu proletarisch? Nicht wahr?“
„NEIN! Selbstverständlich nicht! Gunnar ist auch nur ein einfacher Mann.“
„Aber du liebst ihn, obwohl er dich offen betrügt?!“
Ich schnaufte. „Was willst du, Ian?“, wurde ich ungeduldig.
„DICH! Ganz und gar. Immer noch!“
„Nein. Du lügst.“, unterstellte ich ihm mit fast schon kapitulierenden Ton.
Ian schwieg eine Weile und ich sah, dass er zornig war.
„Verzeih. Das hätte ich nicht sagen sollen. Es tut mir leid. Nur klingt es so unglaublich, nach so langer Zeit.“
„Selbst wenn ich dich Jahre nicht sehe, ist meine Liebe zu dir nicht einfach verschwunden!“ Der Klang seiner Worte war beinahe ärgerlich.
„Mag sein. Aber du hast ein Leben mit einer anderen Frau.“
„Ja Und? Könnte ich mich entscheiden, würde ich wieder und wieder DICH auswählen!“
„Bedeutet dies, du bist nur mit Annica zusammen, weil du mich nicht haben konntest?“
„Ja. So in etwa. Und, weil SIE mich liebt.“
„Und du liebst sie nicht? Kein bisschen?“
Ian räusperte sich, was erahnen ließ, dass er sich bezüglich dieser Frage unbehaglich fühlte. Er atmete tief ein und zog die Brauen hoch. „Womöglich lerne ich sie zu lieben, wenn ich DICH nicht haben kann.“ Ian lachte kurz und die Züge seines Gesichtes waren sarkastisch.
„Sprich ruhig aus, was du denkst.“, forderte ich ihn auf, weiterhin seinen Worten freien Lauf zu lassen. Denn ich sah, dass da im Hintergrund noch etwas schwärte.
„Du hast mehrere von dieser Sorte, wie ICH einer bin. Oder etwa nicht?“
Ich sah ihn mit großen Augen an und wusste, was er meinte. „Wanja vielleicht. Mag sein.“
„Und Kevin, und Troels und Derek. Dein Ex-Verlobter Spanier gehört ebenfalls dazu.“
„N-e-i-n. Oh nein! Der nicht!“
„Oh doch. Hat er vielleicht bis jetzt geheiratet?“
„Nein.“
„Was bedeutet, ER wartet noch.“
„Das glaube ich nicht.“
„Aber DICH wollte er doch heiraten. Oder etwa nicht?“
„Ja schon. Aber....“
„Da fällt dich nichts mehr ein.“
Ich erinnerte mich meines Ehemanns. „Gunnar hat schon einmal all' meine  Optionen zerpflückt.“
Ian lachte herzhaft. „Aber natürlich tat er das!“
„Nur er hat Recht!“, erwiderte ich schon beinahe verzweifelt. „Kevin ist in der Tat ein so wunderschöner Mann. Nur was nutzt er mir in einem Rollstuhl? Ich kann es nicht ertragen ihn SO zu sehen! Derek ist zweifelsohne ein makelloser Adonis, mit einer Seele wie ein Engel. Aber er ist schwarz!“
„Braun.“, unterbrach er mich.
„Ja. Es würde sich für mich nicht ziemen. Verstehst du das nicht?“
„Denkst du, er ist zu dumm, um die Firma deines Vater in einer seiner Filialen zu leiten?“
„Nein. Natürlich nicht! Aber mein Vater würde ihm diese Aufgabe niemals übertragen.“
Ian schmunzelte. „Mir wahrscheinlich ebenso wenig.“
„Würdest du deinen Hang zur Musik weiterhin ausleben, selbstverständlich nicht.“
„Sage ich doch.“ Er grinste.
Ich schüttelte Schulter zuckend den Kopf.
„Den Russen würde er ohne weiteres als Schwiegersohn akzeptieren. Besonders jetzt, wo er zu Geld gekommen ist.“
„Mag sein.“
„Und Troels ebenso. Er ist klug, erfahren und selbstbewusst.“
„Er ist ein alter Mann! Was soll ich mit ihm? Welche Zukunft würde es für uns geben? Und wie komme ich überhaupt dazu, mit dir über meine Heiratsoptionen zu reden?“
Ian lachte. „Ich wollte nur, dass du darüber nachdenkst, dass Gunnar nicht der Nabel der Welt für dich sein muss.“
„Das weiß ich doch. Nur habe ich gelernt mit ihm zu leben. Ihn zu lieben und ich vertraue ihm. Ich weiß, dass er mich ebenso liebt.“
Nun lachte Ian unverholen. „Er betrügt dich fortwährend. Und...“
„Es bedeutet ihm nichts!“, fiel ich ihm ins Wort.
„Die Neue scheint er doch zu lieben. Oder etwa nicht?“
Ich schnaufte. WAS wollte er mir beweisen? Ich wusste es nicht. Denn er selbst rückte sich mit keinem seiner Worte in den Vordergrund. „Ja. Er sagt es. In der Tat. Allerdings WIE LANGE ist die Frage. Es gab schon einige vor ihr, wo ich dachte, dass er sie liebt. Und allesamt sind sie nun verschwunden.“
„Du gedenkst es also auszusitzen?“
Ich blieb gelassen. (Oder war ich geschlagen?) „Nun, welche Wahl habe ich denn? Ich liebe ihn. Und bis jetzt ist es bei keiner wirklich geblieben. Allesamt hat er so nach und nach wieder abgelegt. Bei Alexa“, ich sprach hier sogar ihren Namen aus. Obwohl ich dies gewöhnlich vermied!, „liegt der Fall ein wenig anders. Zugegeben. Nur habe ich berechtigte Hoffnung, dass er sie ebenso irgendwann fallen lässt. Gleichwohl es hier etwas länger dauern mag.“
„Du bist in der Tat sehr geduldig. Ich wünschte nur, DAS wärest du auch mit mir..... gewesen.“
„Ja. Du hast Recht. Aber da war noch dieser für mich so bedeutende Fakt, dass du durch deine Musik kaum bei mir wärest. Der immer noch beständig ist.“
„Ich gebe nicht auf Rea. Hörst du. Gleich, was du sagst. Niemals!“

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Derek schien an diesem Abend ebenso begierig zu sein, mit mir zu sprechen.
Da ich nicht ungerecht sein wollte, tat ich es.
Gunnar unterhielt sich indes mit den anderen und letztendlich gingen wir sehr spät zu Bett.

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„Was wollte Ian eigentlich von dir?“, fragte Gunnar heute Morgen, scheinbar beiläufig.
„Er hat einen Song für mich geschrieben.“
„Oh je.“ Gunnar verdrehte die Augen, „Dann ist er ja immer noch in dich verliebt.“
Ich antwortete nicht und lies die Angelegenheit Ian auf sich beruhen.

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Michael Greydog ist als letzter Gast hier angekommen. Er ist, wie jeder andere von Adams Freunden, etwas Besonderes. Witzig, aber dennoch ernst, verleiten seine Worte oft zum Schmunzeln.