Sonntag, 1. November 2015

Ankündigungen und Absichten



Derek schlug vor, nach New Orleans zu reisen. Freilich im Spaß ausgesprochen. Nur verstehe ich ihn gleichwohl, dass er sich zweifelsohne übermächtig nach mir sehnt.
Als ich es Gunnar gegenüber kurz erwähnte (was ich besser NICHT hätte tun sollen!!!), grinste er frech und ich wusste genau, welches Ansinnen ER im Gegenzug vorzubringen gedachte. A-l-e-x-a.
Ich verfolgte voran den Gedanken nicht weiter und wechselte das Thema. Denn, ich genieße es nach wie vor, mit meinem Ehemann ALLEIN zu sein!

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Ich hatte mich getäuscht, als ich glaubte, Kevins Anruf wäre eine Eintagsfliege gewesen. Ein zweiter Anruf folgte.
Er klang fast wehmütig und er seufzte viel.
„Ich würde so gern einmal wieder zu dir, oder mit dir verreisen.“, merkte er an.
Was sollte, was konnte ICH darauf erwidern? Schweden fiel mir ein. Schließlich war er immer gern dort gewesen. Oder war es nur meinetwegen? Ich weiß es nicht.
„Warum besuchst du mich nicht in Schweden, wenn wir zurückgekommen sind? Du könntest im Zentrum wohnen. Dort kennst du dich gut aus.“
Eine kurze Weile der Stille. Dann eine verhältnismäßig hasche Antwort: „Behandle mich nicht wie ein Kind!“
Ups. Tat ich dies tatsächlich? Es war mir mitnichten bewusst. Ist Kevin in der Tat SO derart empfindlich geworden, dass man sich überlegen muss, was man sagt?
„Okay. Es tut mir leid.“, entschuldigte ich mich sofort. „Ich wollte nicht....“
„Hast du aber.“, kam die barsche Erwiderung.
„Kevin! Hörst du nicht? Es tut mir leid! Es war nicht meine Absicht, dich zu kränken.“
Stille.
„Und wenn ich nach New Orleans komme?“
Ups! Räusper. Hüstel.
„Du willst mich nicht!“ Erneut eine schroffe Reaktion. (Die mir irgendwie bekannt vorkam. Hatte ich nicht den gleichen Satz vor ein paar Tagen bereits von Ian gehört?)
Hatte er die Absicht, seinen Frust bei mir abzureagieren? Oder was? Nun war ich ebenso gereizt. „Kevin. Warum tust du das?“, blieb ich dennoch (einigermaßen) ruhig. Denn ich gedachte ihn nicht noch weiter zu reizen.
„Was tue ich denn?“
„Es klingt so herrisch und anklagend. Ich fühle mich nicht wohl mit diesem Ton.“
Ich hatte meine Worte bewusst unpersönlich formuliert, damit ER sich nicht erneut angegriffen fühlen konnte.
Er schnaufte und die nächste taktlose Antwort folgte. So kannte ich Kevin nicht! „Musst du erst Gunnar fragen, ob ich kommen darf?“
„Nein. Selbstverständlich nicht.“, gab ich sogleich zurück. Obwohl es gelogen war.
„Dann sehen wir uns nächste Woche in New Orleans.“, was schon versöhnlicher klang. NUR, war MIR nicht wohl dabei. WAS hätte ich jedoch sagen sollen?
Nun gut, einen Trumpf hatte ich noch!
„Was ist mit Janina? Wird sie dich begleiten?“
„Nein! Wird sie nicht! Max und Matthias werden mit mir kommen.“, gab er doch überaus entschieden zurück. Was mich dazu veranlasste, nicht weiter nachzufragen.
Das weitere Gespräch war dann noch recht unterhaltsamer und harmonischer Natur. Er hatte sich gemäßigt und schien versöhnt. Allerdings, WIE es jetzt Gunnar beibringen?

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Kurze Zeit später ein Anruf von Troels.
Ich dachte in diesem Zusammenhang an Gunnars Ansinnen, die Schwedendemokraten zu überstützen. Fand es jedoch vorerst als keine gute Idee und erwähnte es nicht.
Er sprach von seiner Anette und dass es ihr von Tag zu Tag besser ging. Zumindest physisch.
„Sie hat ein Trauma durchlebt, das sie nie vergessen wird.“
Was sollte, was konnte ICH dazu sagen?
Ich schwieg.
Es schien ihn doch beträchtlich mitzunehmen, sie so zu sehen und zu erleben. Was ich selbstredend verstand. Ich hörte Troels zu, ohne ihn zu unterbrechen und fragte mich dann, WAS in aller Welt habe ich nur verbrochen, dass jeder denkt, mir sein Leid klagen zu können?
Gleichgültig. Ich ließ ihn reden und am Ende kam er doch nur zu UNS.
„Wenn ich nicht so viel um die Ohren hätte, würde ich dich gerne in New Orleans besuchen. Ich würde gern dein Haus einmal sehen.“
Ich war nahe daran sarkastisch zu lachen. Ließ es jedoch dann. (Er hätte es nicht verstanden. Und ich wäre ebenso wenig bereit gewesen, es ihm zu erklären.) Und rollte, für Troels nicht sichtbar, NUR mit den Augen.....und antwortete nicht.
Troels war zumindest so galant von selbst das Thema zu wechseln, als ICH es nicht weiter führte.

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Es war eine gepflegte und geschmackvolle Abschiedfeier. Gleichwohl Diane anwesend war, was mich, angesichts der anderen Gäste, kaum tangierte.
Es war so viel Arbeit gewesen, die Speisen dafür zuzubereiten. Das aller erste Mal hatte ich mich seit langem an einen Salat und Bratkartoffeln gewagt. Was MEIN Beitrag zur Vielfalt der Speisen gewesen war.
Nun, mag sein, mit dem Salz hatte ich mich ein wenig vertan. Was am Ende mit ein paar zusätzlichen Eiern in der Pfanne, von Agnes getreten wurde. Was für ein Glück!

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Heute herrscht Aufbruchstimmung. Es wird gepackt. Die anderen Gäste, werden Morgen ebenso die Heimreise antreten.
Wir, für unseren Teil, fliegen nach New Orleans, zu Marie und Gunnars Kindern.
Wie lange wir dort bleiben wird sich zeigen. Und ebenso, WER uns nun dort tatsächlich besucht.