Gunnar reiste am gestrigen Morgen schlußendlich allein.
Nach eingehender Überlegung und wohlbedacht kurzer Diskussion, kamen wir zu
dem Resultat, dass es meine gesundheitliche Situation im Augenblick nicht
erlaubt ihn nach Dubai zu begleiten.
Aber da war schließlich noch Troels, den ich gleich morgens zu überraschen
gedachte.
Mich trieb ein schlechtes Gewissen. Dennoch war es nicht nur mein Bedauern
darüber das ich ihn so viele Tage nicht eine einziges Mal, wenigstens für eine
kurze Zeit treffen konnte. Gunnar hatte es nicht zugelassen. Es war seine
Schuld. Nicht die Meine. Basta!
Nachdem Gunnar gegangen war, begab ich mich auf den Weg zu Troels. Es war
leicht neblig und mir war eiskalt. Ich klopfte und wie gewohnt öffnete mir sein
Bruder Mads die Tür.
“Kommen sie doch herrein. Einen Augenblick bitte. Ich sage meinem Bruder Bescheid.”, sprach es und lenkte seine
Schritte zu Troels Zimmer.
Ich hörte Troels gähnen. Seine Decke raschelte als er sich aus dem Bett
pellte und dann sah ich ihn auch schon in der Tür. Er winkte mich zu sich. Ich
ging auf ihn zu und umarmte ihn. Er hielt mich fest, zog mich ins Zimmer und
schloß die Tür hinter uns. Auf Mads Gesicht hatte sich ein breites Grinsen
gezeigt, was ich gerade noch aus dem Augenwinkel hatte sehen können.
Ich streifte meine Jacke ab uns wir setzten uns aufs Bett.
“Wir müssen reden.”, sagte er.
Ich wich zurück und sah ihn argwöhnisch an. Er räusperte sich und holte
einen tiefen Atemzug. “Ich weiß nicht wie ich es dir sagen soll...”, begann er
“Du fickst dises Kellnerin. Oder?”, fuhr es mir heraus. Ich funkelte ihn
wütend an.
“Nein. Nein. Natürlich nicht.”, verteidigte er sich.
“Was dann?”, fragte ich ungeduldig.
Erneut räusperte er sich und biß sich auf die Lippen. “Dein Mann.”, begann
er. “Er war bei mir.”
“Und?” Ich hielt die Luft an.
Es schien Troels schwer zu fallen mit mir darüber zu reden. Er atmete
schwer. “Gewissermaßen versprach ich ihm, dir nichts über das Gespräch mit ihm
zu erzählen.” Er sah mir mit einem bedeutungvollen Blick in die Augen. “Aber
ich will dir das nicht antun was er vorschlug. Ich kann das nicht, weil ich
dich liebe Rea. Verstehst du?”
Ich war entsetzt und gerührt zugleich ob Troels Ehrlichkeit. “W-a-s hat er
dir denn vorgeschlagen?”
“Ich sollte meine Beziehung mit dir beenden indem du mich gewissermaßen mit
einer anderen Frau vorfinden solltest.” Troels sah mich abwartend an.
Es brauchte eine gewisse Zeit, bis sich seine Worte in meinem Kopf zu einem
Bild geformt und ich verstanden hatte was er da sagte. “Beziehung beenden?”,
fragte ich kopfschüttelnd.
“Ja. Er wusste alles.”
Ich erstarrte vor Entsetzen. “Er hat es gewußt? Die ganze Zeit? A-l-l-e-s?”
“Was hast du denn gedacht? Sagtest du nicht, dass er Gedanken lesen kann?”
“Ja ....”, stotterte ich und dachte nach. “Nein! Er hat es nicht gewußt!”
Ich sah Troels in die Augen. “Er hat
dich hinters Licht geführt. Sich dir gegenüber selbstsicher gegeben, um die
Wahrheit heraus zu finden und du hast ihm gewissermaßen alles eingestanden.”,
sagte ich vorwurfsvoll.
“Er sagte mir, dass er über alles Bescheid wisse.”
“DAS hast du ihm geglaubt? Dann bist du noch naiver als ich.”
“Nein. Du verstehst nicht. Er hat alles in knappen Worten zusammengefaßt.
Von unserer ersten bis zu unserer letzten Begegnung und es ensprach der Wahrheit.
Was hätte ich da tun sollen?”
Ich war sprachlos. Demzufolge hatten Gunnars beständige Andeutungen und
Witzeleien einen durchaus fundierten und vielleicht sogar durchdachten Hintergrund.
“Oh, mein Gott! Oh, mein Gott. Er hat alles gewusst?” Ich wurde beinahe
hysterisch und war fast einer Ohnmacht nahe. Begann zu hyperventilieren und
mein Herz raste.
Troels hielt mich mit beiden Händen an meinen Schultern und sah mich besorgt
und prüfend an. Offensichtlich wusste er nicht, was er nun mit mir tun sollte.
“Mads!”, schrie er nach seinem Bruder, “Hole einen Arzt!”
Ich versuchte mich zu beruhigen. “Nein. Nein!”, keuchte ich. “Ist schon
gut.”
Mads öffnete mit einem Ruck die Tür. Troels winkte ihn zu sich und gebot
ihm zu warten.
Mit derartigen “Offenbarungen” hatte ich nicht gerechnet. Was jetzt?
Nach einiger Zeit, als ich mich einigermaßen beruhigt hatte, besprachen wir
die Situation. Troels und ich.
“Was bedeutes das jetzt?”, fragte ich und zog die Stirn in Falten. “Das ich
so tun muss als hätte ich dich mit einer anderen Frau ertappt?”
“Ja, und DAS sehr glaubhaft!”, sagte Troels jedes Wort einzeln betonend.
Ich blieb schlußendlich bei ihm, weil ich es so wollte und wir sprachen
weiter bis nach zwölf, als ich bemerkte das mir der Magen knurrte.
Das Dinner ließ ich zu uns kommen. Mads speiste ebenfalls mit uns.
“Wie kann ich Gunnar jetzt gegenüber treten?”
Ich hatte keinerlei
Vorstellung, wie ich dies bewerkstelligen sollte. Nachdem, was mir offenbar
geworden war.
Troels lachte und zwinkerte mir zu. “Du hast drei Tage Zeit darüber
nachzudenken.”
Nur kann ich mir mitnichten vorstellen, wenn es mir bisher nicht gelang meinen
Gedanken die gewünschte Richtung zu geben und in dem Maße zu kontrollieren wie es wünschesnwert gewesen wäre, dass ich es nun zustande
bringen würde.
Hatte er bisher alles so vortrefflich durchschaut, würde er mit Sicherheit
augenblicklich erkennen, dass ich erneut mit Troels zusammen war.
Natürlich hatte ich ebenso vor einigen Tagen noch darüber nachgedacht, dass
Troels mir ansich zu alt sei. Aber
jetzt? Wie hätte ich ihn enttäuschen können?
Aber ich blieb nicht nur um Troels Willen. Nein. Ich genieße seine Gegenwart.