Mittwoch, 20. Februar 2013

Sehn-Süchte und Neigungen



Ein Anruf der Werbefirma, welche das genaue Datum für das Foto-Shooting in der Wüste festegelegt hatte, zu welchen sich Gunnar verpflichtete, verärgerte mich.
“Bitte gehe nicht. Lass mich nicht allein.”, bat ich ihn.  Während diese Worte meinen Mund verließen dachte ich darüber nach, was sie eigentlich über mich aussagten. Soweit hatte mich Gunnar gebracht. In seinen “Bann” gezogen. Das ich nicht mehr ohne ihn sein wollte und  konnte. Keinen einzigen Augenblick.
Ich glaube ihm ist durchaus bewusst, dass er nun endlich bekommen hat, wonach er sich bereits seit Beginn unserer Beziehung sehnte. MICH, ganz und gar.
Aber ist dies tatsächlich so?
Die Sehnsucht nach Ian verdränge ich beinahe beständig. Sie ist noch immer gegenwärtig. Gleichwohl ich vielleicht nicht mehr zu oft an ihn denken mag. Denn es schmerzt. Noch immer. So sehr.
Nur, würde ich in der Tat erneut eine “Dummheit” begehen, wenn ich die Gelegenheit dazu bekäme?
Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen.

-----

Wanja sandte mir eine Nachricht und ich rief ihn in einem passenden Augenblick zurück.
In der kurzen Zeit die mir blieb, erzählte er mir von dem Brand und seiner Vermutung der Brandstiftung. Er werde zurückkommen und der Sachen nachgehen. Es zur Anzeige bringen. Man hätte da einiges verschleiert. Vermutet er.
Darüber hinaus sprach er von Alpträumen, die ihn plagten. Tage bevor alles nieder brannte. Es schien als hätte ihn ein Dämon heimgesucht, der ihn suggerieren wollte diesen Ort zu verlassen.
Ich hörte aufmerksam zu und dachte: Was redet der da für wirres Zeug.
Nein. Er würde mich nicht kampflos aufgeben. War sein letzter Satz.
Hä? Mit wem denkt er um mich kämpfen zu müssen?
Bis es mir urplötzlich einfiel: Gunnar. Natürlich.
Hatte Gunnar tatsächlich mit dem Feuer zu tun? Wie ich es bereits ins geheim vermutete. Jedoch dergleichen Gedanken augenblicklich beiseite geschoben hatte.
Unmöglich. Gunnar würde derartiges niemals tun!
Hatte Wanja eigentlich begriffen, dass ich verheiratet war?

-------

Versteckte Andeutungen. Kleine Zeichen, Spielereien wiesen von Gunnars Seite auf das Begehren nach seinen Neigungen hin.
Eines schlechten Gewissens meiner Gedanken (an Ian und Troels) wegen, reagierte ich darauf. Was ich normalerweise ignoriert hätte. Nun war ich bereit ihm zuzuhören. Seinen Anspielungen nachzugeben. Wenn nötig sogar zu folgen.
Diese doppelsinnigen Wortspielereien jedoch ermüdeten mich. Ich wünschte “Klartext” zu reden. Sprach es unverblümt aus. Gunnar grinste nur verlegen. Fuhr sich mit der Hand über sein Kinn und zog die Stirn in Falten mit einem viel sagenden Blick.
“Also was? Soll ich Dir den Schwanz versohlen oder nicht?”, war meine eindeutige Frage.
“Ja.”, seine einsilbige Antwort. Er sah mich erwartungsvoll an.
War da noch mehr?
Er fragte mich, ob ich nicht bereit sei mit ihm ebenso etwas anderes, neues  auszuprobieren, was er schon seit langem hätte tun wollen. Ich sah ihn ein wenig verschreckt in die Augen mit zweifelndem Blick. Er räusperte sich und begann von Elektroden zu sprechen, welche man auf die Haut klebe wie bei einem EKG oder EEG.
Ich kannte dies aus der Klinik. Es gab ein leicht pochendes Gefühl und ließ die Muskeln zucken.
Ich begann zu stottern. Wusste nicht, was ich sagen sollte. Genügte es nicht, dass ich ihm mit einem Lederriemen auf den Penis schlagen sollte? Was mir ohnehin bereits suspekt und unangenehm genug war. Ich hatte es noch nie getan. Ich würde mich ohnehin dazu überwinden müssen. Wozu ich sogar bereit war. Aber jetzt so etwas?!
Am Ende versuchte er mich zu beschwichtigen. “Eins nach dem anderen.”, sagte er zu meiner Beruhigung und um mir die offensichtliche Unsicherheit zu nehmen, welche ich zweifelsohne verspürte. 
Ja. Ich hatte versprochen mit ihm gemeinsam seinen Neigungen zu folgen. Was ich ebenso einzuhalten gedenke.
Was habe ich für eine Wahl, wenn ich nicht will, dass er sich anderweitig “Erleichterung” verschafft.
Jedoch, ist da nicht ebenso ein gewisses Suchtpotential? Oder, dass das ganz normale und liebevolle Miteinander nicht mehr reizvoll für ihn ist?
Gunnar verneinte. “Gewiss nicht. Lass es uns erst einmal versuchen. Schlussendlich wird es etwas Besonders sein und die Ausnahme bleiben.”
So wie der "Zwischenfall", das Geschehene an jenem Sonntag mit dieser Siv, Gunnar und mir?
"DAS gehört noch zu einer ganz anderen Kategorie und wird sich sicherlich nicht wiederholen.", bekräftigte Gunnar, der natürlich meine Gedanken gelesen hatte.
“Ist DAS die tiefe Sehnsucht in deinen Augen?”, überkam mich die erschreckende Vermutung.
“Vielleicht ein kleines bisschen.” Gunnar atmete tief und sah mich durchdringend an. “Aber genau genommen sehne ich mich nach einer Beziehung mit einer Partnerin, einer Seelenpartnerin wie dir Rea, die so innig ist wie keine andere. Wo man sich uneingeschränkt vertraut. Alles miteinander teilt in vollkommener Harmonie und absolute Liebe füreinander empfindet. Vor allem, sich aufeinander verlassen kann.”
Gunnar kam näher und sah mir nun direkt in die Augen. “Wirst du diese Sehnsucht in und mit mir stillen?
(Da bin ich mir nicht wirklich sicher.)


Und urplötzlich verlangte es Gunnar danach schnellstmöglich wieder ins Zentrum zurückzukehren.