Montag, 3. August 2015

Verblüffende Ehrlichkeit



Gunnar kam bis jetzt von seinem Ausflug zum Fußball nicht zurück.
Derek hatte am Nachmittag angerufen und mich gefragt, ob er zu mir kommen solle. Ich hatte nicht auf seine Frage reagiert.
„Du willst lieber allein sein?“, hatte er sich verstehend geäußert. Jedoch wusste ich, dass er am aller liebsten noch im selben Augenblick in seinen Wagen gestiegen und losgefahren wäre. Denn er hatte noch moniert: `Warum sagst du denn nicht, wenn Gunnar weg gegangen ist?“
„Okay. Okay.“, war auf mein Schweigen dann zu hören. „Das respektiere ich.“
Ich wusste ohnehin nicht, wann Gunnar zurückkommen würde. Überdies war mir ebenso bewusst, dass sich Derek nicht wirklich in unserem Apartment wohl fühlte. Infolgedessen dachte ich, es hätte so wie so keinen Sinn.
Nur, mit dem Alleinsein, ist mir leider das All-ein-sein entgangen. Ich saß mit meinem Notebook bis spät in die Nacht. Schielte bei jedem Geräusch zur Tür in der Hoffnung, dass Gunnar herein kommen würde.
Als ich mir gegen halb drei sicher war, dass er nun nicht mehr auftauchen würde, rief ich mit leisem(wenn dies überhaupt möglich ist!)  Klingeln Derek noch einmal an. Dachte, er würde ohnehin nicht abnehmen, weil er schlief. Er tat es aber dann doch nach einer Weile.
„Ja.“ Seine Stimme klang rein und klar. Nicht verschlafen, wie ich vermutet hätte.
„Verzeih, wenn ich dich wecke.....“
„Das hast du nicht. Ich bin im Dienst.“
„Oh! Dann trotz alledem Entschuldigung, dass ich dich störe.“
„Du störst mich doch nicht!“, erwiderte er prompt. „Was ist los? Kann ich dir irgendwie helfen?“
„Nein. Nein. Alles okay.“, log ich vor mich hin.
„Nein. Ist es nicht. Das höre ich an deiner Stimme. Er ist nicht zurückgekommen. Stimmt’s?“
Ich räusperte mich.
„Sag nichts. Ich bin gleich bei dir....wenn du magst.“
Derek nahm sich den Rest der Nacht frei. Redete mit Ryan und tauschte die halbe Schicht mit einem Kollegen und....kam.
Wir schliefen ausschließlich in einem Bett und ich war froh, dass er da war, als mir müde und erschöpft, so gegen drei, die Augen zu fielen.
Heute Morgen ist er sogleich zurück gefahren, um, verspätet, die Frühschicht des für ihn eingesprungenen Mitarbeiters  anzutreten. Daher frühstückte ich in aller Kürze allein.

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.....und fluchs, JETZ, in dem Selben Moment, während ich gerade so darüber nachdachte, wo sich Gunnar aufhalten könnte, und ihn (selbstredend) bei Alexa wähnte, kam er und gab mir die Bestätigung.
Die eine Hälfte des Hemdes hing ihm aus der Hose. So betrat er verlegen lächelnd den Raum. `Ist er etwa noch betrunken?´ Dachte ich im ersten Augenblick. Und: `Wie kann er nur so über die unter Menschen gehen?´
Er lenkte seine Schritte, und sie waren gerade, direkt auf mich zu. Küsste mich auf den Scheitel, denn ich saß erneut, wie wäre es gleichwohl zu erwarten, erneut mit meinem Notebook auf der Couch.
„Tut mir leid.“, und er war um keinen Deut verlegen. Seine Stimme war fest und geordnet. Nichts zu bemerken vom Alkohol, welchen ich jedoch aus seinem Munde roch. „Es ist zu spät geworden gestern und ich hatte ein, zwei Bier zu viel getrunken. Da hat mich Alexa nach Hause gebracht und in ihr Bett gelegt. Sie wollte dich nicht mit mir belästigen. Weil sie weiß, dass du deine Ruhe brauchst.“
Ach! SO ist das also! SIE wollte MICH nicht mit meinem betrunkenen Ehemann belästigen und nimmt ihn stattdessen mit zu sich? Sehr amüsant! Aber....meinetwegen.
Ich lächelte.
„Hast du gefrühstückt.“
Ich nickte und verwies mit den Augen auf den Teller neben mir.
Gunnar weitete die Selben. „Du hast doch nicht etwa die ganze Nacht am Notebook gesessen?“ Was wohl eher eine sarkastische Spaßfrage gleich kam. Was doch eher einer scherzhaften Posse klang. Was in den Zügen seines Gesichtes zu sehen war, und in seinen Augen.
Ich antwortete wahrheitsgemäß. „Ja. Beinahe.“
Gunnar küsste mich erneut und lenkte seine Schritte zum Badezimmer. „Ich dusche noch schnell und dann gehe ich wieder ins Büro.“
„Alexa?“, fragte ich ein wenig provozierend. Was Gunnar offenkundig nicht einmal zur Kenntnis nahm.
„Sie wird bereits im Büro sein. Nehme ich das an. Sie war schon auf dem Sprung als ich eben ging.“
„Gefickt?“, kam meine obligatorische Frage.
„Ja. Heute Morgen, bevor ich kam.“
WOW! Ich bin immer wieder überrascht und fasziniert, ob dieser Ehrlichkeit!