Samstag, 13. August 2016

Happy birthday Mum




Entgegen all meiner Vorsätze auszuruhen, blieb ich bis zum Nachmittag mit Derek und Kevin im Büro. Wartete ab, bis alles erledigt war. Trank Kaffee (mit Sojamilch) und aß (Dinkel-)Kuchen und wurde Zeugin eines (gezielten) Besuches von Giselle.
Sie verhielt sich recht vertraut mit Derek, was ihm offensichtlich peinlich war. Was soll ICH nun daraus schließen? Tat sie es bewusst, um mich zu provozieren? Vermutlich ja. Denn sie schielte immer wieder zu mir herüber und flirtete dann.

Gunnar kam erst am späteren Abend. So gegen halb acht. Er fand mich mit meinem Notebook und erst in diesem Augenblick bemerkte ich, wie hungrig ich war. Seit Kaffee und Kuchen hatte ich nichts mehr gegessen.
Tja nun, was gab es zum Dinner? Nicht viel. Hühnchen, Oliven, Obst und Dinkelbrot.

Noch an diesem Abend fuhren wir beide zu Erik hinaus und bleiben voraussichtlich bis Sonntagabend hier.
Es mag zwar etwas wärmer geworden sein heute, jedoch die Sonne kommt nur ab und an hervor. Heute Morgen hatte es sogar noch geregnet.

Unser Besuch hier bei Erik dient dem Zwecke Gunnars verstorbener Mum zu gedenken, die seine Schwester war. Der 13. August war ihr Geburtstag gewesen. Nun erinnern wir uns heute an sie.
Gunnar scheint es trotz alledem recht gut zu gehen. Er trinkt mit den Männer Bier. Übertreibt es bislang allerdings nicht. Was sich am Abend womöglich noch ändern kann. Wer weiß. Ich werde sehen.

Wanja rief mich erstaunlicher Weise vor einer halben Stunde an.
„Wie das?“, fragte ich ihn. „Wo ist deine Frau?“
„Sie ist mit dem Kind weggegangen.“, antwortete er. „Wo bist du denn? In Schweden?“
„Ja. Seit gestern.“
„Ah! Und davor?“
„In New Orleans. Bei Marie.“
Wanja war recht verblüfft gewesen, dass ich sein Geburtstagsgeschenk noch NICHT angerührt hatte.
„Nun, wie du weißt, stellte es sich heraus, dass ich erst am 24. August geboren wurde. Nicht, wie man mich bisher glauben lies im Juli. Es hatte mich ohnehin schon immer erstaunt, dass die typischen Eigenschaften des Löwen für mich nicht zutreffend sind.“
Wanja lachte. „Das kann gut sein. Du bist in der Tat kein Mensch, der gerne im Mittelpunkt steht, so wie es Löwe-Menschen im Allgemeinen tun. Die liebst eher die Abgeschiedenheit. Die Ordnung und nicht das Chaos. Meidest Menschenmengen. Ziehst dich lieber zurück und magst niemanden sehen außer besonderen Personen, die du auswählst. Und mit deiner Gesundheit steht es auch nicht zum Besten.“
Wanja kannte mich gut.
„Ja. Gerade heute quält mich der Schmerz. Die Muskeln am Bauch und auf dem Rücken wollen nicht. Sie krampfen. Ich habe Mühe mich aufrecht zu halten.“
Wanja räusperte sich. Er schien verlegen mir etwas sagen zu wollen, was mich offenbar verstimmen könnte. Zumindest kam es mir so vor Und in der Tat, so war es auch.
„Warum setzt du dich dann nicht hin? Dafür gibt es Stühle mit Rädern dran. Zumindest ab und an.“
„NEIN! Niemals!“, widersetzte ich mich. „Meine Beine sind noch in Ordnung.“
„Aber übermäßig anstrengen, kannst du sie auch nicht mehr.“
„Ich kann laufen. Ja. Gut einen Kilometer weit. Aber du hast Recht.“, räumte ich nun ein und wurde versöhnlicher.  „Ich werde rasch müde. Und oft ist es eben das Problem, meinen Körper nur unter großer Anstrengung aufrecht zu halten. Dazu noch die Nervenschmerzen. Das Brennen und Ziehen.“
„Wenn ich dir nur helfen könnte. Alles, mein ganzes Geld würde ich dafür geben, dass es dir besser geht. Glaube mir.“
„Ich weiß. Wanja. Ich weiß.“
„Was ist aus den Imaginationen geworden? Machst du sie noch?“
„Sie kommen oftmals viel zu kurz.“
„Das ist nicht gut.“
„Ich weiß. Wanja. Ich weiß. Meine Disziplin in solchen Dingen lässt nach wie vor zu wünschen übrig.“
„Heißt es nicht immer, du musst beständig steuern?“
„Ja. Ich versuch‘ es ja.“
„Das ist zu wenig mein Herz.“
Mein Herz. Hatte er zu mir gesagt. Ich war über die Maßen erfreut, DAS von Wanja zu hören. Es bestätigte mir, er liebte mich noch.
„Kümmert er sich denn auch gut um dich? Dein Mann.“, schwenkte er mit der Thematik um.
„ Ja. Schon.“
„Aber?“
Ich schwieg und wusste, Wanja…..weiß.
Er schnaufte.
„Ach komm“, begann ich ihm vorzuwerfen,  „damals warst du nicht besser als Gunnar heute.“
„Hey, hey! So war das nicht.“
„Wie dann?“
„Du, ich würde dich wahnsinnig gerne einmal wieder sehen.“ Dieser abrupte Wechsel des Dialoges ließ mich ahnen, dass unser Gespräch sich dem Ende neigte.  „Sag mir einfach Bescheid, wenn du für ein paar Tag Ferien brauchst, von deinem Mann. Oder wenn er wieder bei einer seiner anderen Frauen ist. Dann hole ich dich ab,….wenn es mir möglich ist.“
Ich musste schmunzeln. Ich war doch recht glücklich darüber, ihn eben nicht gänzlich verloren zu haben.

Und Viggo macht mir schöne Augen. War überaus erfreut, mich zu sehen.
Jo ist eher verhalten. Reagiert dezent.
Erik ist wie immer. Der alte Weise, der alles koordiniert. Im Blick hat, wie man so sagt.
Gunnars Brüder und seine Schwester Stine werden in der nächsten Stunde ebenso hier erwartet. Wer Zeit hat…….kommt.
Allerdings, WENN Erik ruft, sind gewöhnlich alle am Gehorchen. ER ist das Oberhaupt der Familie, das Gunnar einmal werden wird. Obwohl Gustav doch der Ältere ist.