Freitag, 19. August 2016

Nicht meine Familie........



Gunnar kommt heute nicht. Und womöglich Morgen ebenso wenig. Gleichwohl er es nicht versprach. Sein Vater ist mit seiner neuen Frau Megin von Gotland gekommen, um seine Söhne, seine Familie zu sehen.
Gerade als ich mit Derek, Kevin, seiner Janina und seinem Sohn Vince beim Lunch saß, rief mich Gunnar an. Im Moment war ich dabei gewesen Derek zuzusagen, für heute die Arbeit niederzulegen und mit ihm in seine Hütte zu gehen. Nicht in mein Haus. Denn es scheint ihm nach wie von unangenehm, in diesem zu sein, wenn es ungewiss war, ob Gunnar nun kommt oder nicht.
Gunnar erklärte mir also, dass sein Vater gekommen war und dass er ihn mit Megin in unserem Apartment wohnen lies. Und im gleichen Atemzug fragte er, warum ich nicht einfach zu ihnen kommen würde.
„Um euch Männern beim Trinken zuzusehen?“
Gunnar räusperte sich. „Darum geht es doch nicht.“
„Nicht nur.“
„Mein Vater möchte einfach nur seine Familie sehen und DU Rea, gehörst nun einmal dazu. Oder etwa nicht?“
Ich hatte Mühe auf diese Frage zu antworten und sagte schließlich „ja.“ Denn, seit seine Mutter Christine gestorben war, empfand ich es nicht mehr als Solche. Johann, seine neue Frau, die ich kaum kannte, nebst seinen Brüdern, waren NICHT MEINE Familie.
Nichtsdestotrotz, er hatte Recht. ICH, als Gunnars Ehefrau, gehörte selbstverständlich dazu. Genauso wie diese Dalal. Oder Alba, die Freundin von seinem Bruder Bill.
„Also was? Kommst du nun?“ Er schien ungeduldig zu sein.
Ich schnaufte. „Dein Vater weiß, wo er mich findet. Warum kommt ihr nicht beide hier her. Meinetwegen auch deine Brüder, wenn sie mögen. Ich mag nicht da sitzen und darauf warten, was ihr als nächstes plant, um mich euch dann nur noch anzuschließen. Bestenfalls zu reagieren. Ich meine, was soll das denn? Du weißt ganz genau, dass mir das keine Freude macht.“, ergoss ich mich in Erklärungen. Und er ließ mich das tun. Unterbrach mich nicht. ICH hatte schlicht und einfach Angst vor DEM Augenblick, an welchen ich zu Ende kam mit dem Reden. WAS würde dann geschehen? Natürlich hätte ich ihm mein Verweigerung in einem Satz entgegen werfen können. Jedoch fand ich keinen Mut dazu. Lieber ergab ich mich in Ausflüchten, als schnörkellos in wenigen Worten die Wahrheit zu sagen. Wie dumm von mir. Die Situation änderte es trotz alledem NICHT.
Ich hörte Gunnar schwer atmen. Offenbar ein untrügliches Zeichen, dass er wütend war.
„Okay. Wie du meist.“, sprach es und beendete das Gespräch.

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Ich war mit zu Derek gegangen, ohne zu wissen, ob Gunnar nun mit seinem Vater und seinen Brüdern kam oder nicht. Ich vermutete jedoch eher nicht.
Bei Derek angekommen, läutete mein iPhone. Es war Marie. Mit ihr sprach ich eine Weile und dann noch mit Emilia Stephansdottir. Derek war dies offenbar zu langweilig und er begann so la, la ein wenig zu trainieren. Situps und so. Als ich endlich zu Ende gesprochen hatte, fragte er mich, ob ich mit zu seiner Mutter kommen wolle.
Ich stutzte. „Ich vermute, sie will mich nicht sehen.“
„Wie kommst du denn nur darauf?“, verwehrte sich Derek gegen meine Annahme. „Komm, wir gehen.“ Also gingen wir. Nur Pech, das in Erwartung ihres Sohnes gerade Giselle bei ihr war.
Ich blieb an der geöffneten Tür stehen. Betrat ihr Haus nicht. War bereit zu wenden und von dannen zu ziehen. Wartete jedoch noch einen Augenblick ab. WIE hätte es denn ausgesehen, wenn ich trotzig noch im selben Moment wieder gegangen wäre. WAS für ein Triumpf für Giselle. NEIN! DAS gönnte ich ihr selbstredend nicht. Und Derek, welch‘ Wunder, untersetzte mich. Gab Giselle eindeutig in einem Wortgefecht zu verstehen, dass es schließlich ihre Entscheidung war, ein Kind von ihm zu bekommen. Nun müsse sie jedoch nicht erwarten, dass er sich zwangsläufig für sie entschied. Er würde sich doch von ihr nicht erpressen lassen.
„Das sagst du doch nur, weil SIE hier ist.“, warf sie ihm vor.
Derek schüttelte den Kopf, drehte ab und forderte mich auf mit ihm zu gehen.
Auf dem Weg in mein Haus sprachen wir darüber, dass es wohl klar sei, dass Gunnar nun heute nicht mehr kam.
Das schien Derek zufrieden zu stellen. Er wurde ruhiger und wir bleiben nun heute bei mir.

Was sich heute Abend ereignen, oder Morgen sein wird, weiß ich noch nicht. Wir werden sehen.
Und als hätte ich es bereits im Voraus gewusst, war ich schon heute Morgen in einer trübsinnig, melancholischen Stimmung. Trotz des überaus angenehmen Sexes mit Derek. Welcher am Abend zuvor noch viel bezaubernder war.
Meiner Vermutung nach liegt es im abnehmenden Mond begründet. Kurz nach dem vollen Mond geht es mir immer so.