In Anbetracht dessen, dass ich am Montag ohnehin wieder bei
Gunnar sein werde (zumindest dachte ich das zu dieser Zeit), hielt ich die
Feierlichkeit doch recht gut aus und ebenso die Gäste. Sashas Eltern, seine
zwei Brüder, Misha, der Freund, welchen ich schon kennen lernen durfte und
diese blonde Frau, die mir bereits auf der Vernissage aufgefallen war. Claire
irgendwas. Überaus attraktiv. Blond, gut zehn Zentimeter kleiner und womöglich
im selben Alter als ich. Vielleicht auch etwas älter. Schließlich fragt man
höflicher Weise nicht nach. Dann eine Frau mit langem blondem Haar. Sie war
definitiv älter als ich. Dennoch überaus hübsch anzusehen. Ein Mann Joshua
Hoffman. Nicht die Größe, die ich an Männern schätze. Dennoch ansehnlich und
unter dem Hemd zeichneten sich seine Muskeln ab. (DAS mag ich schon ganz gern
bei Männern.) Er wurde in Deutschland geboren. Sehr angenehm. Ich konnte mich
gut in Deutsch mit ihm unterhalten. Dann ein Pärchen. Melina und Nathan Baruch.
Die Frau ist mir zu exzentrisch. Ziemlich aufgedreht. Ein anderer Mann, Michael
Loitz. Ich mag ihn nicht. Zum Schluss noch zwei Frauen. Rachel und Elizabeth.
Die Eine Braun, die andere Rot. Ich dachte nicht weiter über diese Leute nach.
Hinterfragte nichts. Wich‘ Fragen aus, so gut es ging. Alles in allem kam ich
mir eigenartig vor, deplatziert so zu sagen, unter all den fremden Leuten.
Sasha war mir in dieser Hinsicht nicht wirklich eine Hilfe,…..mich dabei besser
zu fühlen. Aber egal. Es ist vorüber. Nur gab es da einen Hammer harten
Zwischenfall und einige Auffälligkeiten. Insbesondere auch, was Sasha
betrifft. Denn er unterhielt sich doch mehr als ausgiebig mit dieser Clair. Die
beiden gingen zudem noch irgendwann gemeinsam die Treppen hinunter in den
Keller, was mich stutzen ließ. Was sollte ich davon halten? Als sie nach
längerer Zeit noch immer nicht wieder zu sehen waren, folgte ich ihnen. Und
siehe da, sie standen noch immer da unten bei den Sportgeräten. Sasha hielt
eine Flasche Wein in seiner Hand und als er mich die Treppe herunterkommen sah,
tat er einen Schritt nach hinten. Also weg von Clair und schien mir mit einem
Mal etwas förmlicher als vorher zu werden. Anrüchig. Sehr anrüchig!!!
Ich ging freundlich (grinsend) lächelnd geradewegs auf die
beiden zu. „Ich dachte, ich schau nach dir. Es hätte doch sein können, dass du
dich hier unter verläufst.“ Nun bezog ich Stellung (wie es Männer tun, wenn sie
ihr Revier markieren) direkt neben Sasha und hakte mich bei ihm ein. “Deine
Gäste warten schon auf dich.“
Clair zeigte ein süffisantes Grinsen und trollte sich.
„Muss ich da vielleicht etwas wissen?“, fragte ich Sasha
und hielt ihn an seinem Arm. Alldieweil er bereits zum Gehen ansetze. Also
Clair hinterher.
Er stoppte und sah mich an. Dann hob er die Schultern.
Breitete die Arme aus. „Wir haben uns nur unterhalten.“
„Ach ja. Das sah für ich ganz anders aus. Warst du vielleicht
mit ihr zusammen, bevor du nach Schweden kamst?“
Sasha räusperte sich kurz. „Ich sagte dir bereits, dass
ich nicht im Zölibat lebte, bevor ich dich traf.“
„Das bedeutet also, sie war deine Freundin, bevor du den
Auftrag übernahmst?“
Er nickte. „Ja.“
„Dachte ich es mir doch. Meldet sie womöglich Ansprüche
an?“
Nun schüttelte er den Kopf und sah mich mit zusammen
gekniffenen Augen an. Jedoch nicht zornig. Eher irritiert.
Ich griff mit meiner Hand noch einmal fester um seine
Handgelenk. „Hatten wir nicht erst heute Morgen über Betrügereien gesprochen?
Und du schworst mir….“
„Da ist nichts mehr.“, schnitt mir Sasha das Wort ab und verteidigte
sich.
„Wann hast du das letzte Mal mit ihr geschlafen?“, wurde
ich aggressiver.
Sasha nahm eine Denkerpose ein. „Woher soll ich das jetzt
noch wissen. Es war irgendwann, bevor ich nach Schweden flog.“
„Infolgedessen war es etwas Ernstes mit ihr?“
„Ja schon.“
„Dann frage ich mich, WAS hat sie hier überhaupt zu
suchen? Wer lud sie ein? Das nächste Mal, möchte ich sie nicht wieder sehen und
ich hoffe, dass auch DU diesen Wunsch nicht hast. Wenn ja, dann sage es mir
noch heute und ich bin weg.“
Nun rang Sasha nach
Luft. Machte große Augen. Hielt mich fest. „Da ist nichts. Glaube mir doch. Wir
haben uns wirklich nur unterhalten. Nichts weiter.“
„Und warum stehst du so lange Zeit mit ihr hier unten? Und
tust einen Schritt von ihr weg, als du mich sahst!“ Ich schnaufte. „Ich
verspüre keinerlei Verlangen danach, dieses ganze Theater zu wiederholen. Es
genügt mir, was ich mit Gunnar erlebte. Es ist doch immer so. Sobald ich mich
für einen Mann entscheide, kriechen die Ex- Freundinnen aus den Katakomben und
melden Anspruch an.“ Usw…usf… Wir diskutierten noch eine kurze Weile und dann
war es mir genug. Ich ging die Treppen wieder nach oben. Sasha folgte mir. Er
zumindest, fühlte sich in keinster Weise schuldig, sagte er mir. Er hätte
nichts getan, was meinen Zorn rechtfertigen
könne.
Späterzu sah ich, wie seine Mutter mit ihm sprach. Sie
gestikulierte und sah immer wieder zu dieser Clair hinüber.
Ich weiß nicht, was ich davon zu halten habe. Jedoch zu
diesem Zeitpunkt schien mir dies alles so wie so egal. Da ich wusste, dass ich
ohnehin in zwei Tagen, wieder bei Gunnar sein werde. Bedauerlicherweise kommt
es nun nicht so weit. Andererseits, wo gehobelt wird, fallen Späne. Aber ich
greife vor.
Nun, auch die anderen Damen schienen Sasha gut zu kennen. Die
etwas Ältere, mit den langen blonden Haaren, stand dann ebenfalls eine längere
Zeit bei ihm. Auch die dunkelhaarige Elizabeth schien mit Sasha vertraut zu
sein. Aber womöglich irrte ich mich auch und deutete da etwas hinein, was nicht
ist. Sasha war womöglich einfach nur höflich und gut gelaunt.
Genau das meine ich. Ich kenne ihn noch
nicht so gut, sodass ich sein Verhalten schwerlich einzuschätzen
vermag.
Was gibt es noch zu sagen? Sashas Bruder Misha hatte
ebenfalls eine kurze und etwas heiße Diskussion mit Sasha. Die beiden schienen
sich über mich zu unterhalten. Denn Misha sah andauernd zu mir herüber und wies
mit der Hand in meine Richtung hin. Zudem kam er mir andauernd hinterher. Drängte
sich mir förmlich auf, mit belanglosen Dingen. Hätte ich es nicht besser
gewusst, hätte ich angenommen, er flirtet mit mir. WAS für ein (schöner) Idiot!
Er soll mich in Ruhe lassen und genau das sagte ich ihm. Schrie ihn an, als er
mir nach oben, in die Schlafräumen folgte. Denn ich hatte genug. Wollte die
Party und die Gäste sich selbst, Sasha und seinen Eltern überlassen. Nahm mir
mein Notebook zur Hand und schrieb.
Zum Glück hatte Judith, Sashas Mutter die Organisation
bereits vorher übernommen. Sasha hatte ihr dabei geholen. Ich bat ihn darum. So
musste ich nichts weiter tun.
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Spät am Abend, als beinahe alle Gäste gegangen waren und
ich noch einmal unten bei ihnen stand, um mich zumindest von ihnen zu
verabschieden, um so die Form zu wahren, wie es sich gehört, läutete mein
iPhone. Ich dachte es sei Gunnar, da er mir versprochen hatte noch einmal
anzurufen. Es war jedoch Mary.
„Rea, wir müssen dir etwas sagen.“
„Oh Göttin!“, rief ich aus. „Was ist geschehen? Ist Gunnar
etwas zugestoßen?“
„Nein. Vermutlich nicht. Aber…“
„Vermutlich?!, fuhr ich ihr aufgeregt dazwischen.
„Rea. Hör‘ mir zu.“, sagte Mary in ruhigem Ton zu mir.
„Gunnar und Alexa stritten fürchterlich. Daraufhin setzte sie sich in den
Leihwagen und fuhr davon. Kurze Zeit später kamen Polizisten und sagten uns,
dass es einen Unfall gegeben hätte. Die Frau am Steuer, sei in einen
entgegenkommenden Druck gerast. Sie wäre noch am Unfallort verstorben.“
„WAS?! Alexa ist tot? Und Gunnar?“, schrie ich schon
beinahe in mein iPhone hinein. Ich bemerkte nicht, wie die verbliebenen
Partygäste auf mich auf mich starrten. Ich war ein Stück weit in die Knie
gegangen. Hielt mir den Bauch. Sasha kam noch umgehend zu mir hin gerannt und
hielt mich fest. Denn er war gerade mit dieser Clair nach vor die Tür gegangen.
„Als Gunnar hörte was geschehen war, rannte er nach
draußen und fuhr mit unseren Wagen ebenfalls davon. Wir hatten Sorge, dass er
Alexas Schicksal teilen will. Jedoch etwas später rief er an. Er brauche einen
Augenblick…..Zeit. Wir sollen ihn nicht suchen und uns vorübergehend um das
Baby kümmern. Die Eltern von Alexa würde ER selbst verständigen und wir sollten
dich von allen in Kenntnis setzen. Irgendwann später ruft er dich dann an. Er
könne und wolle jetzt mit niemandem weiter reden.“
Ich war sprachlos, perplex und total aufgelöst. Sashas
Arme hielten mich weiterhin fest. Ich stand noch immer auf wackeligen Beinen.
Judith, Elizabeth und Joshua fragten, was geschehen sei. Ich stammelte eine
Erklärung und trank etwas, was mir Sasha reichte.
Etwas später wurde mir klar, dass magisch etwas in die
Materie gekommen war…………und ich schwieg tunlichst darüber. Dachte an DAS, was
ich mir seit Langem wünschte. Sasha allerdings bemerkte, dass da etwas mit mir
war.
„Möchtest du es mir nicht sagen?“, fragte er.
„Weißt du es nicht schon längst?“, fragte ich zurück. Denn
ich hatte wahrgenommen, dass er mit seinen Gedanken mein Hirn zu scannen sucht.
Er tat betroffen. „Vielleicht solltest du mit deinen
Wünschen doch etwas vorsichtiger sein. Meinst du nicht?“ Sasha zwinkerte mir
sachte und etwas oberflächlich zu. „Und war es nicht völlig unnötig, da wir jetzt
so wie so zusammen sind?“, sah er sich offenbar gezwungen noch anzumerken.
„Tja nun, es ist wie mit dem geworfenen Stein. Gedachte
und gesprochene Worte, gepaart mit Wille und einem Wunsch (im Herzen), holst du
nicht mehr ein. Was einmal in die Materie gerufen wurde……“ Den Rest des Satzes,
konnte er sich ruhig denken. Denn mir war durchaus klar, dass er über
dergleichen magische Praktiken sehr wohl Kenntnis besaß.
Sasha nickte. „Ich weiß. Deshalb überlege das nächste Mal
gut, was
du dir für wen auch immer wünschst. Insbesondere wenn es um das Leben
eines Menschen geht.“
Oho! Dachte ich so. „Hast du Angst vor mir?“ Nun zwinkerte
ich ihm zu und fixierte ihn. Und ich wusste selbstverständlich, er hatte im Grunde
Recht mit dem, was er mir sagte!
Er nickte leicht und grinste. „Kann schon sein. Du
scheinst tatsächlich nicht zu wissen, wie mächtig du eigentlich bist.“
„Und wieso dauerte es dann so lange? Und wieso bin ich
dann noch nicht gesund?“
„Nun werde nicht sarkastisch. Das steht dir nicht. Ich
weiß, dass du dich schuldig fühlst. Und wahrscheinlich sogar….ein wenig….zu
Recht. Andererseits verstehe ich dich auch. Die Schuld daran, musst du
dir nicht
geben. Gunnar hat Alexa in euer Leben gebracht. Nicht du. Und Eifersucht ist
schließlich kein Verbrechen und nur all zu verständlich.“, erörterte er die
Lage ernst. „Beschwerden, welcher Art auch immer, haben stets einen tieferen Sinn
für den Betreffenden. Und ich weiß, dass du dich heilen wirst. Sieh nur, wie
weit du schon gekommen bist.“
Ich antwortete ihm nicht weiter darauf. Ein sanfter Blick der
Zustimmung genügte. Schlafen kann ich nicht. Bin etwas aufgeregt. (Oder
sollte ich womöglich sagen, dass ich ab jetzt, wenn der erste Schock überwunden
ist, viel ruhiger schlafen kann/werde? Was selbstredend pietätlos ist/ wäre.
Aber dennoch, hatte ich mir nicht Ereignisse dieser Art gewünscht? Andererseits
hatte Sasha Recht. Gunnar war dafür verantwortlich. Meine Eifersucht wurde
durch Alexas ständige Gegenwart wieder und wieder aus Neue provoziert und meine Geduld im höchsten Maße ausgereizt.)
Denn ich dachte an Gunnar und den Schmerz, welchen er offenbar so exorbitant
fühlte. Da ich mit ihm stets verbunden bin und sein werde, fühlte ich das
Gleiche und es tut mir so unendlich leid für ihn. Andererseits bedeute
es nicht anderes, als dass er diese Alexa tatsächlich….liebte……was mich, trotz
dieser Situation, noch ärgerlich stimmt. Daher beschloss ich, seiner Zeit der
Trauer in Ruhe zu begegnen und abzuwarten, bis er sich von selbst bei mir
meldet. Bis dahin………verreise ich nun doch mit Sasha, wie er es plante, nach
Berlin.
Und möglicherweise ist es in der Tat das Beste, wenn ich
im Augenblick nicht mit Gunnar rede. (Mich ängstigt es sogar davor!!!) Denn ich
vermute, er wird mir den schwarzen Peter geben, Alexa auf magischem Wege,
getötet zu haben. Er wusste ganz genau, dass ich sie hasse. Vorwürfe vermag ich
ihm,
in seiner Lage, wohl kaum zu machen. Aber WAS wird jetzt mit dem Kleinen?
Glücklicher Weise hat Alexa ihn eben nicht mit in den Wagen genommen……….
(Bin ich wirklich besonders traurig? Nein. Es ist nur
schade um einen Menschen. DAS tut mir schon aufrichtig leid. Und auch das Kind,
irgendwie. Schließlich war es seine Mutter. Vor Gunnar ist es mir schon im
Augenblick ein wenig bang. Ich hoffe, er fängt sich alsbald wieder und beginnt
nicht, mich des Mordes zu bezichtigen (mir
Alexas Tot anzuhängen). Mary ahnte bestimmt Ähnliches wie Sasha auch.
Jedoch erwähnte sich nichts mir gegenüber.)
Nun, sobald als möglich, in ein paar Stunden, rufe ich
Mary wieder an. Möglicherweise gibt es Neuigkeiten..…von Gunnar. Ich sorge mich
um ihn. (Es war natürlich abzusehen, wenn dergleichen (Wunsch) in die Materie
kommt, dass es Gunnar sehr hart treffen wird. Er tut mir so unendlich leid! Dennoch denke ich,
es musste sein. Nur so extrem, hätte es nicht kommen müssen.)
So, nun lege ich mich noch einmal hin. Versuche doch noch
ein wenig auszuruhen………Schließlich ist es erst sieben Uhr morgens.