Samstag, 23. August 2014

Erschreckende Offenbarungen



Die Welle der Entlassungen hatte viel Staub aufgewirbelt und ich zog dadurch offenkundig eine Menge Zorn auf mich, sodass Gunnar und ich beschlossen, dass mich ab dato sogar wieder Bodyguards vor den verärgerten Leuten schützen müssen, welche nun erneut rund um die Uhr in meiner Nähe sind. Was gewiss unangenehme Erinnerungen birgt. An eine christliche Sekte, die russische Mafia, brennende Kreuze des Nachts vor dem Fenster und einen Bombenanschlag auf unser Haus.
Und eigentlich dachte ich „vorläufig“ den Kampf gewonnen zu haben. Obgleich mir durchaus bewusste gewesen war, dass es die kriminellen Elemente niemals wirklich  auf sich beruhen lassen würden. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis der Ärger mit ihnen von neuem begann. Was ich jetzt, aller Wahrscheinlichkeit nach, mit den Entlassungen provozierte. Denn es gibt noch ein etwas weit Gefährlicheres, was nun scheinbar offensichtlich ist.

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Ich hatte meinen Vater den gesamten gestrigen Tag nicht gesehen. Meine Mutter hatte Marie und die Kinder getroffen, unterhielt sich eine Weile lang und war mit ihr ein Stück spazieren gegangen. Ich hatte mich schweigend zu ihnen gesellt.
Genau genommen kam ich von Vincent und Hannes. Hatte mir eher erfreuliche Infos abgeholt, die besagten, dass Gunnar treu gewesen war. Infolgedessen hatte ich einen guten Grund zu lächeln.
Natürlich hatte sich Gunnar mit Lara und auch mit Natalja getroffen. Jedoch nicht mit ihnen gefickt.
Welch Vorschritt!!! Dachte ich und ging neben Marie und dem Kinderwagen her. Beobachtete meine Mutter, wie sie in kindlicher Manier mit den Zwillingen sprach.
Marie hatte es, trotz brennender Neugier, bisher noch nicht gewagt meinen Vater nach unserem Verwandtschaftsgrad zu befragen. Und auch ich war bisher mutlos gewesen. Nur bohrt auch in mir der Wissensdurst nach dem, was damals geschah.
„Wir kommen heute Abend zu euch.“, sagte meine Mutter urplötzlich zu mir und riss mich aus meinen Gedanken über frühere Zeiten und meine Mutmaßungen über Maries und meine Schwesterlichkeit. „Es gibt etwas überaus Wichtiges, worüber dein Vater mit dir reden will.“
Ach herje! Und schon rutschte mir das Herz in die Hose. Alle Gedanken an Marie und an ferne, alte Zeiten verblassten noch im Augenblick und ich dachte: WAS habe ich getan?!
Durch diese, einzelnen, jedoch signifikante Anfeindungen, war ich ohnehin bereits gestresst. Ebenso durch die nun ständige Begleitung der Bodyguards, welche meine Mutter nur argwöhnisch beäugte, aber kein weiteres Wort darüber verlor. Nun sollte ich auch noch eine Predigt meines Vaters über mich ergehen lassen? Schnaufff.......

Nach einer Weile verließ ich meine Mutter, Marie und die Zwillinge und ging zu Gunnar ins Büro. Dort fand ich ihn aber nicht. Er war schwimmen.
Ich vermochte die „Neuigkeit“ und Ankündigung meiner Mutter, dass mein Vater mir etwas Wichtiges mitzuteilen hätte, nicht gut für mich zu behalten und gedachte sie schleunigst mit Gunnar zu teilen. Er zog daraufhin nur die linke Augenbraue nach oben und räusperte sich ein wenig nachdenklich. „Weißt du um was es geht?“
„Nein. Das hat sie leider nicht Preis gegeben.“
„Dann warten wir es ab.“

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Das „offensichtlich wirklich Gefährliche“ wurde am Abend, in Gunnars, meiner und meiner Mutters Gegenwart durch meinen Vater enttarnt. Denn niemand weiter wird vorerst darüber informiert. Alldieweil es erneute rigorose Konsequenzen nach sich ziehen wird.
Mein Vater hatte sich zu meinem Erstaunen die Arbeit gemacht und die meisten meiner Geschäftsbücher noch einmal überprüft. Was er da allerdings fand, ließ uns alle vier unversehens sprachlos werden. Selbst Gunnar hätte dies niemals gedacht.
Es gab keine Predigt und ebenso wenig eine selbstgerechte oder würdevolle Miene, sondern nur die betroffene Aufrichtigkeit.
„Es fällt mir schwer, dir das zu sagen.“, begann mein Vater und schnaufte. „Aber einer deiner wichtigsten Angestellten, welchen du aller Wahrscheinlichkeit nach absolut vertraust, hat aus deinem spirituellen Zentrum ein Bordell gemacht.“
Hüstel. Räusper.
Natürlich wussten wir, dass sich einige der Angestellten in dieser Richtung betätigten. Da gab es bereits Abmahnungen und auch genau aus diesem Grund hatte ich nun viele der jungen Frauen entlassen. Aber ein groß aufgezogenes Geschäft?
„Was? Wer?“
„Das kann ich nicht sagen. Zumindest muss es jemand vom Office sein, der die Geschäftsbücher zu manipulieren vermag.“
Wir sahen uns fragend an und zuckten mit den Schultern. „WER sollte das sein?“
Ich ging in Gedanken alle Büroangestellten durch. Thomas? Unmöglich! Obgleich ich wusste, dass er mit Natasha Sandström fickt. Ellen? Imara? Oder eine der anderen Frauen? Nein! Kate würde ich zwar schon Einiges zutrauen. Aber eine Bereicherung durch Ausnutzung anderer Frauen und ein Betrug an Gunnar doch eher nicht. Ben Holmgren auf keinen Fall. Er ist ein anständiger Mann.
„Dahl.“, sagte Gunnar mit einem Mal und ich wusste, dass ihm diese Erkenntnis nicht wirklich leicht gefallen war. Denn es war gleichwohl auch meine Vermutung gewesen.
„Ja. In der Tat. Jemand anderes kann es nichts sein. ER hat Zugang zu allen wichtigen Papieren. Was auch immer es betreffen mag“. Und mit einem Mal ging mir auf, WARUM ER so viele junge Frauen eingestellt hatte. WIR bezahlten sie zwar. Aber sie waren überwiegend für zwielichtige Dienste gedacht.
Gunnar fuhr sich mit der Hand übers Kinn. „Aus diesem Grund gab es auch keine Schwierigkeiten mit der russischen Mafia mehr. Sie hatten ihren Mann, der hier bei uns, zu ihren Gunsten agierte. Und dieser Mann scheint nun womöglich Dahl zu sein.“
„Dann müssen wir ihn auf der Stelle entlassen.“, schlug ich enthusiastisch vor.
„Nein.“, legte Gunnar sein Veto ein. „DAS wäre zu auffällig. Zu gefährlich im Augenblick und.....wir müssen absolut sicher sein.“
Ich dachte an Hannes und Vincent, die ich mitnichten zu offenbaren gedachte, jedoch wäre es vielleicht sinnvoll, wenn sie sich nicht ausschließlich auf zwischenmenschliche Dramen fokussieren. Sondern sich demnächst speziell auf Dahl konzentrieren. Was ich selbstredend rasch veranlassen werde.
„Wir müssen Christine informieren,...und WEM können wir noch vertrauen?“, fragte ich in die kleine Runde.
„Ich denken auf Thomas können wir ebenfalls bauen.“
Ich biss mir auf die Unterlippe. Konnte nicht sagen, was ich von ihm wusste und beließ es dabei.
„Ja. Allerdings sollten wir auch mit ihm lieber vorsichtig sein.“, gab mein Vater zu bedenken.
„Okay. Aber meine Christine sollte es wissen.“
„Ja.“,  stimmte mein Vater letztendlich zu. „Aber ihren Partner lassen wir vorerst außen vor.“
Wanja kam mir in diesem Zusammenhang in den Sinn. Er hatte offensichtlich seine „schützende Hand“ zurückgezogen und den Dingen hier im Zentrum seinen kriminellen Lauf gelassen.

Gunnar traf sich noch am späten Abend mit Christine und berichtete ihr von den „Neuigkeiten“. Was sie wohl ebenso sprachlos werden lies.
„Es wird ihr schwer fallen, Thomas nicht ins Vertrauen zu ziehen.“, gestand mir Gunnar, als wir bereits zu Bett gegangen waren. „Und es ist in jedem Fall am aller besten, vorerst Ruhe zu bewahren.“
Gunnar lächelte leicht.
„Was ist?“
„Nur gut, dass wir bezüglich der Entlassenen und ihrem Zorn dir bereits Bodyguards zur Seite stellten. Denn so eine Maßnahme, ohne ersichtlichen Grund, würde Fragen aufwerfen und den Betreffenden warnen.“
„Warum entlassen wir Dahl nicht einfach ohne jegliche Vorwarnung und warten dann was passiert?“
„Phhhhuu. Ich weiß nicht. Das ist zu rigoros. Und wenn ER nun nicht der Richtige ist?“
„Das werden doch dann sehen. Oder etwa nicht? Ich finde, dies ist die effektivste Variante.“
„Aber auch die Gefährlichste.“, warf Gunnar bedenklich ein.
„Hast du Angst?“
„Du nicht?“
„Hhmmm. Ja.“
„Das solltest du auch.“

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Die Nacht war kurz und ich vermochte nicht wirklich zu schlafen. War viel zu aufgeregt. Ein glattes Wunder, dass mich nicht bereits erneute Panik-Attacken plagen. Jedoch fühle ich sie bereits am Horizont.
Und das alles....jetzt......wo Morgen Gunnars Geburtstag ist und ich in einigen Tagen meine neuerliche Dosis Gift in Empfang nehmen darf. Von unseren Reiseplänen ganz und gar zu schweigen. Die warten müssen, bis diese Angelegenheit bereinigt ist.
Aber was dann?
Wird sich die Mafia an uns rächen?
Brauchen wir noch mehr Sicherheit und Personal?
Wird es überhaupt möglich sein Angriffe abzuwehren.
Oder werden wir Opfer sein????????