Die Welle der Entlassungen hatte viel Staub aufgewirbelt und ich zog dadurch offenkundig eine Menge Zorn auf mich, sodass Gunnar und ich beschlossen, dass mich ab dato sogar wieder Bodyguards vor den verärgerten Leuten schützen müssen, welche nun erneut rund um die Uhr in meiner Nähe sind. Was gewiss unangenehme Erinnerungen birgt. An eine christliche Sekte, die russische Mafia, brennende Kreuze des Nachts vor dem Fenster und einen Bombenanschlag auf unser Haus.
Und eigentlich dachte ich „vorläufig“
den Kampf gewonnen zu haben. Obgleich mir durchaus bewusste gewesen war, dass es
die kriminellen Elemente niemals wirklich auf sich beruhen lassen würden. Und es war nur
eine Frage der Zeit, bis der Ärger mit ihnen von neuem begann. Was ich jetzt,
aller Wahrscheinlichkeit nach, mit den Entlassungen provozierte. Denn es gibt
noch ein etwas weit Gefährlicheres, was nun scheinbar offensichtlich ist.
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Ich hatte meinen Vater den gesamten
gestrigen Tag nicht gesehen. Meine Mutter hatte Marie und die Kinder getroffen,
unterhielt sich eine Weile lang und war mit ihr ein Stück spazieren gegangen.
Ich hatte mich schweigend zu ihnen gesellt.
Genau genommen kam ich von Vincent
und Hannes. Hatte mir eher erfreuliche Infos abgeholt, die besagten, dass
Gunnar treu gewesen war. Infolgedessen hatte ich einen guten Grund zu lächeln.
Natürlich hatte sich Gunnar mit Lara
und auch mit Natalja getroffen. Jedoch nicht mit ihnen gefickt.
Welch Vorschritt!!! Dachte ich und
ging neben Marie und dem Kinderwagen her. Beobachtete meine Mutter, wie sie in
kindlicher Manier mit den Zwillingen sprach.
Marie hatte es, trotz brennender
Neugier, bisher noch nicht gewagt meinen Vater nach unserem Verwandtschaftsgrad
zu befragen. Und auch ich war bisher mutlos gewesen. Nur bohrt auch in mir der
Wissensdurst nach dem, was damals geschah.
„Wir kommen heute Abend zu euch.“,
sagte meine Mutter urplötzlich zu mir und riss mich aus meinen Gedanken über
frühere Zeiten und meine Mutmaßungen über Maries und meine Schwesterlichkeit.
„Es gibt etwas überaus Wichtiges, worüber dein Vater mit dir reden will.“
Ach herje! Und schon rutschte mir das
Herz in die Hose. Alle Gedanken an Marie und an ferne, alte Zeiten verblassten
noch im Augenblick und ich dachte: WAS habe ich getan?!
Durch diese, einzelnen, jedoch
signifikante Anfeindungen, war ich ohnehin bereits gestresst. Ebenso durch die
nun ständige Begleitung der Bodyguards, welche meine Mutter nur argwöhnisch
beäugte, aber kein weiteres Wort darüber verlor. Nun sollte ich auch noch eine
Predigt meines Vaters über mich ergehen lassen? Schnaufff.......
Nach einer Weile verließ ich meine Mutter,
Marie und die Zwillinge und ging zu Gunnar ins Büro. Dort fand ich ihn aber nicht.
Er war schwimmen.
Ich vermochte die „Neuigkeit“ und
Ankündigung meiner Mutter, dass mein Vater mir etwas Wichtiges mitzuteilen
hätte, nicht gut für mich zu behalten und gedachte sie schleunigst mit Gunnar zu
teilen. Er zog daraufhin nur die linke Augenbraue nach oben und räusperte sich
ein wenig nachdenklich. „Weißt du um was es geht?“
„Nein. Das hat sie leider nicht Preis
gegeben.“
„Dann warten wir es ab.“
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Das „offensichtlich wirklich
Gefährliche“ wurde am Abend, in Gunnars, meiner und meiner Mutters Gegenwart
durch meinen Vater enttarnt. Denn niemand weiter wird vorerst darüber
informiert. Alldieweil es erneute rigorose Konsequenzen nach sich ziehen wird.
Mein Vater hatte sich zu meinem
Erstaunen die Arbeit gemacht und die meisten meiner Geschäftsbücher noch einmal
überprüft. Was er da allerdings fand, ließ uns alle vier unversehens sprachlos
werden. Selbst Gunnar hätte dies niemals gedacht.
Es gab keine Predigt und ebenso wenig
eine selbstgerechte oder würdevolle Miene, sondern nur die betroffene
Aufrichtigkeit.
„Es fällt mir schwer, dir das zu
sagen.“, begann mein Vater und schnaufte. „Aber einer deiner wichtigsten Angestellten,
welchen du aller Wahrscheinlichkeit nach absolut vertraust, hat aus deinem
spirituellen Zentrum ein Bordell gemacht.“
Hüstel. Räusper.
Natürlich wussten wir, dass sich
einige der Angestellten in dieser Richtung betätigten. Da gab es bereits Abmahnungen
und auch genau aus diesem Grund hatte ich nun viele der jungen Frauen
entlassen. Aber ein groß aufgezogenes Geschäft?
„Was? Wer?“
„Das kann ich nicht sagen. Zumindest
muss es jemand vom Office sein, der die Geschäftsbücher zu manipulieren vermag.“
Wir sahen uns fragend an und zuckten
mit den Schultern. „WER sollte das sein?“
Ich ging in Gedanken alle Büroangestellten
durch. Thomas? Unmöglich! Obgleich ich wusste, dass er mit Natasha Sandström
fickt. Ellen? Imara? Oder eine der anderen Frauen? Nein! Kate würde ich zwar
schon Einiges zutrauen. Aber eine Bereicherung durch Ausnutzung anderer Frauen
und ein Betrug an Gunnar doch eher nicht. Ben Holmgren auf keinen Fall. Er ist
ein anständiger Mann.
„Dahl.“, sagte Gunnar mit einem Mal
und ich wusste, dass ihm diese Erkenntnis nicht wirklich leicht gefallen war. Denn
es war gleichwohl auch meine Vermutung gewesen.
„Ja. In der Tat. Jemand anderes kann
es nichts sein. ER hat Zugang zu allen wichtigen Papieren. Was auch immer es
betreffen mag“. Und mit einem Mal ging mir auf, WARUM ER so viele junge Frauen
eingestellt hatte. WIR bezahlten sie zwar. Aber sie waren überwiegend für
zwielichtige Dienste gedacht.
Gunnar fuhr sich mit der Hand übers
Kinn. „Aus diesem Grund gab es auch keine Schwierigkeiten mit der russischen
Mafia mehr. Sie hatten ihren Mann, der hier bei uns, zu ihren Gunsten agierte.
Und dieser Mann scheint nun womöglich Dahl zu sein.“
„Dann müssen wir ihn auf der Stelle
entlassen.“, schlug ich enthusiastisch vor.
„Nein.“, legte Gunnar sein Veto ein.
„DAS wäre zu auffällig. Zu gefährlich im Augenblick und.....wir müssen absolut
sicher sein.“
Ich dachte an Hannes und Vincent, die
ich mitnichten zu offenbaren gedachte, jedoch wäre es vielleicht sinnvoll, wenn
sie sich nicht ausschließlich auf zwischenmenschliche Dramen fokussieren.
Sondern sich demnächst speziell auf Dahl konzentrieren. Was ich selbstredend rasch
veranlassen werde.
„Wir müssen Christine informieren,...und
WEM können wir noch vertrauen?“, fragte ich in die kleine Runde.
„Ich denken auf Thomas können wir
ebenfalls bauen.“
Ich biss mir auf die Unterlippe.
Konnte nicht sagen, was ich von ihm wusste und beließ es dabei.
„Ja. Allerdings sollten wir auch mit
ihm lieber vorsichtig sein.“, gab mein Vater zu bedenken.
„Okay. Aber meine Christine sollte es
wissen.“
„Ja.“, stimmte mein Vater letztendlich zu. „Aber ihren
Partner lassen wir vorerst außen vor.“
Wanja kam mir in diesem Zusammenhang
in den Sinn. Er hatte offensichtlich seine „schützende Hand“ zurückgezogen und
den Dingen hier im Zentrum seinen kriminellen Lauf gelassen.
Gunnar traf sich noch am späten Abend
mit Christine und berichtete ihr von den „Neuigkeiten“. Was sie wohl ebenso
sprachlos werden lies.
„Es wird ihr schwer fallen, Thomas
nicht ins Vertrauen zu ziehen.“, gestand mir Gunnar, als wir bereits zu Bett
gegangen waren. „Und es ist in jedem Fall am aller besten, vorerst Ruhe zu
bewahren.“
Gunnar lächelte leicht.
„Was ist?“
„Nur gut, dass wir bezüglich der
Entlassenen und ihrem Zorn dir bereits Bodyguards zur Seite stellten. Denn so
eine Maßnahme, ohne ersichtlichen Grund, würde Fragen aufwerfen und den
Betreffenden warnen.“
„Warum entlassen wir Dahl nicht
einfach ohne jegliche Vorwarnung und warten dann was passiert?“
„Phhhhuu. Ich weiß nicht. Das ist zu rigoros.
Und wenn ER nun nicht der Richtige ist?“
„Das werden doch dann sehen. Oder
etwa nicht? Ich finde, dies ist die effektivste Variante.“
„Aber auch die Gefährlichste.“, warf
Gunnar bedenklich ein.
„Hast du Angst?“
„Du nicht?“
„Hhmmm. Ja.“
„Das solltest du auch.“
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Die Nacht war kurz und ich vermochte
nicht wirklich zu schlafen. War viel zu aufgeregt. Ein glattes Wunder, dass
mich nicht bereits erneute Panik-Attacken plagen. Jedoch fühle ich sie bereits
am Horizont.
Und das alles....jetzt......wo Morgen
Gunnars Geburtstag ist und ich in einigen Tagen meine neuerliche Dosis Gift in
Empfang nehmen darf. Von unseren Reiseplänen ganz und gar zu schweigen. Die warten
müssen, bis diese Angelegenheit bereinigt ist.
Aber was dann?
Wird sich die Mafia an uns rächen?
Brauchen wir noch mehr Sicherheit und
Personal?
Wird es überhaupt möglich sein
Angriffe abzuwehren.
Oder werden wir Opfer sein????????