Ich war so zornig, weil das Internet
im Flugzeug nicht funktionierte.
Ich war wütend auf die
Fluggesellschaft, den Piloten, die Stewardess, auf alle und mit mir war ich
ebenso ungeduldig in dieser Zeit, so kurz nach dem vollen Mond.
Jedoch gerade in solchen Momenten,
laufe ich zu Höchstform auf.
Klar und unmissverständlich, mit
gebieterischem Ton, sprach ich aus, wonach es mich begehrt. Ich duldete keinen
Widerspruch. Verlangte und erwartete. Jeder hatte meinen Wünschen nachzukommen.
Ausnahmslos jeder. Basta!
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Acht ganze Wochen waren wir in New
Orleans. Es war beinahe wie in „alten Zeiten“.
Der Abschied fiel mir in der Tat
überaus schwer. Am liebsten wäre ich geblieben. Ich hatte mich wieder an das
Anwesen und an das Haus gewöhnt.
Allerdings empfand ich es als überaus
anstrengend, wenn Mary und Rodney in meiner Nähe waren. Es ist war gerade so,
als würden sie ständig fordern, überwachen und disziplinieren. Obgleich sie
sich nicht weiter äußerten. Ihre Blicke waren mir genug.
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„Du hast einen neuen Verehrer.“,
sagte Gunnar, als wir im Flugzeug saßen.
„Wen meinst du?“
„Viggo. Hast du es nicht bemerkt?“
„Ja schon. Aber ich achte ich nicht
sonderlich auf alle Männer, die mir aufreizende Blicke zuwerfen. Aber DU hast
es gesehen?“ Ich sah zu Gunnar hinüber und lächelte ihn an.
„Natürlich. Was glaubst du denn? Und?
Gefällt er dir?“
Räusper. „Gefallen? Bin ich nicht.“
Gunnar lachte. „Du weiß, was ich
meine.“
„Er mag recht ansehnlich sein.“,
antwortete ich mit ernsterer Miene. „Aber dennoch in keinen Fall mein Typ.
Außerdem viel zu klein.“
Gunnar lachte. „Dann kann ich ja
beruhigt sein.“
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Das Buch meiner Ahninnen ging mit mir
bis hier her nach Schweden auf reisen. Es wird stets bei mir sein. Dennoch kann
ich meine „Reisen“ zu „mi madre“, zu meinen Ahninnen, in mein Zauberland nicht
vollends allein bestreiten. Zumindest noch nicht. Schließlich bedarf es einem
Weckruf, mit dem Fläschchen einer wachrüttelnden Flüssigkeit. Jedoch vermag ich
mir nicht vorzustellen, dass es nicht ebenso eine andere Möglichkeit gibt, die
mich selbst erwachen lässt, wenn ich in „diese Wirklichkeit“ zurückkehren
möchte.
Zudem drängt mich Marie zwecks
Familienforschung meine Familie in Deutschland, speziell meinen Vater, zu kontaktieren.
Sie, sowie ich, brennen darauf zu erfahren, inwiefern wir nun „schwesterlich“
verwandt sind.
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Nach nur wenigen Stunden Schlaf
begann heute Morgen unser Alltag wieder zeitig und wie gewöhnlich. Was jedoch
nicht wirklich tragisch war, denn wir hatten bereits im Flugzeug einige Stunden
geruht. Schlafen vermag ich das dort in der Tat nicht zu nennen. Und kaum, dass
wir die Augen geöffnet hatten, klopfte es an der Tür. Es war Lara. Sie hatte
offensichtlich Sehnsucht nach Gunnar und fragte, ob und wann sie sich mit ihm
unterhalten könne. Ihr Blick war eher traurig und ihre Mimik ließ Sorge zu.
Ich nickte ihr ebenfalls kurz zur
Begrüßung zu und ging dann auf „Lauschweite“.
„Wir reden später.“, hörte ich Gunnar
sagen. „Ich komme dann zu dir, sobald es meine Zeit erlaubt.“
Ich sah verstohlen zu den beiden, die
noch immer an der Tür standen hinüber und tat so, als würde ich gerade eine
Serviette aus dem Schrank nehmen.
Lara nickte schließlich schweigend und
Gunnar schloss, nachdem sie die Treppen der Veranda hinunter gegangen war, die
Tür.
Sollte ich Gunnar jetzt ansprechen?
Fragen? Etwas dazu sagen? Oder ihm schlicht und einfach vertrauen?
Ich wählte Letzteres.
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Als nächste kam Natalja an unseren
Tisch, die ohnehin im Augenblick bediente. Ihre Miene schien noch ernster wie
die Laras.
„Ich muss mit dir reden.“, sprach sie
Gunnar an.
„Warum setzt du dich nicht zu uns?“,
wagte ich mich vor.
Sie zögerte.
„Wir reden später. Okay?“, fiel
Gunnar mit ein, und rettete die Situation (für die beiden).
„Deine Gespielinnen, oder sollte ich
sagen, deine „ehemalige“ Mätressen haben offenkundig alle den dringenden Wunsch
dich zu sehen und mit dir zu reden.“, konnte ich mir eine zynische Bemerkung
nicht verbeißen.
„Ja. Scheint so.“, sagte Gunnar und
tat beschäftigt. Was mir signalisierte, dass er mit mir jetzt nicht weiter
darüber zu reden gedachte. Infolgedessen beließ ich es vorläufig dabei.
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Genau genommen gedachte ich die
Detektive Hannes und Vincent gleich nach meiner Rückkehr zu entlassen. Jedoch
bei genauer Überlegung sollten sie ihren Job hier doch noch eine Weile lang
verrichten. Nur um sicher zu gehen.
Folglich ging ich gleich nach dem
Frühstück zu ihnen, während sich Gunnar im Restaurant mit Natalja in die
hinteren Büroräume begab, um mit ihr zu reden.
Vincent hatte in meiner Abwesenheit
(ohne meine Zustimmung) die Stellung gehalten und begrüßte mich beinahe
stürmisch. Gerade so, als hätte er mich bereits erwartet.
„Kommen sie.“, sagte er mit einer
ausladenden Handbewegung und bat mich zu sich herein. „Sie werden nicht
glauben, was sich in ihrer Abwesenheit so alles ereignet hat.“
Okay. Dachte ich und folgte ihm an
die Monitore. „Aber vielleicht könnten sie bitte die Kamera im Büro hinter dem
Restaurant einmal zeigen. Gunnar ist gerade mit Natalja dort und ich hätte
schon gern gewusst, warum sie ihn so dringlichst zu sprechen wünschte.“
„Ja. Natürlich. Einen Augenblick.“,
sprach es und schon sah ich Gunnar mit Natalja auf einen der Bildschirme.
„Stellen sie lauter. Ich will hören,
was sie sagen.“
Die beiden saßen sich gegenüber.
Gunnar hinter dem Schreibtisch, in seinem Chefsessel und Natalja davor. Sie
hatte sich zu ihm nach vorn gebeugt und sprach vollere Erregung. „Was soll ich
denn nun tun?“
Verdammt. Um was ging es denn
eigentlich. Ich würde mir das Gespräch von Beginn an anhören müssen. Aber
später.
Ich sah und hörte Gunnar schnaufen.
„Ich weiß es nicht. Willst du es denn?“
Was? Was um Himmels Willen WILL sie
denn? Dachte ich so und lauschte weiter.
„Ja. Ich will es.“
Gunnar stand auf und ging zum
Fenster. Sah eine Weile lang Gedanken versunken hinaus. „Du bist dir absolut
sicher?“, fragte er dann noch einmal nach. „Ich werde es Rea sagen müssen.“
„Ja. Ich wollte doch schon immer
Mutter sein und wenn das Baby noch von dir ist, ist das doch wunderbar. Oder
etwas nicht? Und Rea wird es verstehen.“
Was? Wie? Ich rang automatisch nach
Luft und griff nach der Lehne des nächsten Stuhles, um mich gleich im nächsten
Augenblick genau darauf zu setzen. Denn mir wurden die Knie weich, umso tiefer
Nataljas Worte in mein Hirn eindrangen. Sie war schwanger!? Von Gunnar!
N-e-i-n......
Angesichts dieser offensichtlichen
Tatsache, dass Natalja von Gunnar schwanger war, WAS hatte dann Lara noch so
Wichtiges mit Gunnar zu besprechen?? Bekam sie etwa auch ein Kind von ihm?
Also blieb ich vorerst bei Vincent.
In der Zeit, in welcher Gunnar von
Natalja zu Lara ging, informierte er mich in aller Kürze über die Geschehnisse
der letzten zwei Monate.
„Der gute Thomas, wissen sie,
Christines Freund, hat sich in der Zwischenzeit mit dieser Natascha Sandström
getroffen. Und ihr Freund Kevin, der Mann im Rollstuhl, hat sich mit Lisa
Anekelea angefreundet. Sie trafen sich des Öfteren am See, wo ihre beiden
Kinder gemeinsam spielten. Wo ist eigentlich Jason?“, fragte mich Vincent etwas
überraschend.
„Er ist nicht mit uns gereist. Bildet
die Nachhut, so zu sagen.“ Ich zwinkerte Vincent leicht lächelnd und,
angesichts der „frohen Kunde“ (!), ein wenig gequält zu. „Jason wird in
einigeren Tagen nachkommen.“, sagte ich und begann zu schnaufen.
Nur jetzt keine Panik-Attacke! Nur
jetzt keine Panik-Attacke! Dachte ich verzweifelt und bemühte mich um ein
ruhigeres Atmen.
Ich hörte Vincent nur noch mit einem
halben Ohr zu. Denn meine Gedanken kreisten um Natalja und das Baby, dass sie
nun offenbar von Gunnar erwartete.
„Sehen sie!“, sagte Vincent mit einem
Mal und berührte mich leicht an der Schulter. „Ihr Mann ist bei Lara
angekommen.“
Diese Worte ließen mich wieder
aufmerksamer werden und ein wenig zu mir kommen. Ich wendete meinen Blick zum
Bildschirm und sah Gunnar, der gerade Laras Hütte betreten hatte.
Sie sprang auf und fiel ihm um den
Hals. Gunnar legte nur zögerlich seine Arme um Laras Hüften, die ihn
leidenschaftlich küsste. Nach etwa einer Minute drückte Gunnar Lara sanft von
sich und sah sie an. „Du weißt doch“, begann er, „dass ich Rea jetzt treu sein
werde?“
„Ja. Aber liebe dich doch. Ich habe
dich so sehr vermisst.“
Gunnar ging zu der Couch in der Mitte
des Zimmers und setze sich. „Komm her.“, forderte er Lara auf sich zu ihm zu
setzen und klopfte mit der flachen Hand auf den Platz neben sich. Lara folgte
willig seiner Anweisung und schmiegte sich begierig an ihn. Gunnar lächelte und
legte seinen Arm um ihre Schulter. So saßen sie eine Weile und Lara schien dies
über die Maßen zu genießen.
Eine knappe viertel Stunde verging,
bis sich Lara so allmählich aus Gunnars Armen löste und ihn, etwas scheu
lächelnd, ansah. „Ich wäre doch schon zufrieden, wenn du einmal in der Woche
bei mir wärst. Ein paar Stunden wenigstens.“. bettelte sie.
Gunnars Gesicht verriet Widerwillen.
Er schnaufte und räusperte sich. „Lara. Ich habe es Rea versprochen.“
Und schon hing Lara wieder an Gunnars
Hals. Sie begann zu schluchzen. „Ich akzeptiere sie doch als deine Frau. Nur
ein paar Stunden Gunnar. Bitte.“
Erneutes Räuspern. „Wir werden
sehen.“, sagte er und löste ihre Arme von seinem Hals. „Ich denke darüber
nach.“
„Versprich es mir!“, legte sie nach.
„Ja. Das tue ich.“
Ich hatte es geahnt, dass seine
Konkubinen nicht so rasch aufgeben würden.
Nun blieb nur noch Ellen. Sie hatte
ich bisher noch nicht gesehen und ich fragte bei Vincent nach.
„Ha!“ Er lachte. „DAS werden sie
nicht glauben.“
Ich horchte auf und sah ihn
erwartungsvoll an.
„Ellen fickte mit einer Frau.“
Mir blieb im selbem Augenblick der
Mund offen stehen und ich schüttelte mit zusammen gekniffenen Augen mit dem
Kopf. „Wie das?“
Vincent zog die Stirn in Falten und
legte den Kopf ein wenig schief. „Entweder ist sie bi oder lesbisch und hat
sich nur noch nicht geoutet.“
„N-e-i-n!“
„Und Kate Austin-Nobel fickt alles, was bei zehn nicht auf den
Bäumen ist, seit dieser David, ihr Freund, mit ihnen nach New Orleans geflogen
ist.“
„Wie bitte?“
Gunnar ging anschließend zu seinen
Kindern. Zum Lunch trafen wir uns dann wieder im Restaurant, Wo Kevin zu uns
stieß. Es fiel mir außerordentlich schwer, Gunnar nicht nach Natalja und dem Baby zu fragen.
Aber ich würde schon warten müssen, bis er es mir von selbst erzählt. So
konzentrierte ich mich auf Kevin.
Nach dem Lunch ging Gunnar ins Büro
zu seiner Mutter, und ich begleitete Kevin zu seiner Hütte.
Um Dahl Lindqvist und die Überprüfung
des Personals kümmere ich mich ab Morgen. Bevor mein reformistischer
Enthusiasmus, die überflüssigen Fotzen zu entlassen, verfliegt. Nichts desto trotz halte ich mich an meinen Plan. Ich werde ALLE Mitarbeiter
überprüfen und dann entscheiden, ob sie tatsächlich wichtig für uns sind. Zu
diesem Zweck wird jeder Einzelne von ihnen für die Dauer von einer Woche einen
Arbeitsnachweis schreiben müssen. Das Ganze überwacht Dahl Lindqvist, und ich,
überwache ihn!