Donnerstag, 7. August 2014

Fallen lassen und feige sein



„Deine Schwelle zur wahren Entspannung wird immer höher.“, sagte Gunnar mit einem besorgten Blick, als ich mich tief seufzend in seine Arme lehnte. Er drückte mich an sich und strich mir sanft übers Haar und Wange. Arm und Brust. „Du kannst dich nicht mehr fallen lassen.“
„Ist es denn ein Wunder, angesichts dessen, was ich mir vornahm zu tun und zuzüglich noch dem, was Erik mir aufbürdet.“
„Jetzt sind wir alle hier und haben das Tor endlich gefunden. Da wird es Zeit hindurchzugehen. Meinst du nicht?“
„Es ist mir mitnichten danach und ich mag jetzt gleichwohl nicht mehr darüber reden.“
„Okay. Kein Problem.“, erwiderte Gunnar und streichelte mich weiter mit seiner Hand. Auf und ab. Auf und ab.
„Wann hast du eigentlich das letzte Mal in völliger Entspannung geschlafen und bist früh morgens völlig entspannt und erfrischt aufgewacht?“
Ich überlegte. „Das ist schon sehr lange her.“, gestand ich. „Gewiss schlafe ich in deinen Armen ruhig und ich liebe es meinen Kopf auf deiner Brust ruhen zu lassen. Mich eng an dich zu schmiegen, bevor ich einschlafe. Was mir bereits zur lieben Gewohnheit geworden ist. Denn ohne dich, schlafe ich in der Tat nicht gut.“
Wir saßen da so eine Weile aneinander geschmiegt und schmusten miteinander. „Lass mich erst das alles erledigen, den nächsten Hospitalaufenthalt hinter mich bringen und dann, womöglich wenn wir auf reisen gehen....“
„Gerade da wirst du voller Aufregung und Erwartung sein.“, unterbrach mich Gunnar.
„Ja. Du hast Recht. Also noch immer keine wirkliche Entspannung.“
„Dann sollte sie wenigstens zwischendurch einmal mehr geübt werden.“ Gunnar lächelte und küsste mich auf die Stirn.
„Ich weiß.“, sagte ich und lächelte zurück. „Womöglich heute Abend.“
Aber dazu kam es aufgrund meiner Anspannung, wegen der mir bevorstehenden Aktivitäten, bedauerlicher Weise nicht.
„Aber ich wüsste da noch etwas anderes, was dich sicherlich ebenso entspannt.“ Gunnars lustvolles Schmunzeln ließ mich erahnen worum es ging.
„Vielleicht.“, sagte ich und meine Hand strich wie zufällig über die leichte Beule in seiner Hose. „Vielleicht.“, sagte ich noch einmal, leckte mir die Lippen dabei und küsste Gunnar begierig mitten auf den Mund.
So allmählich gefällt mir dieses Spiel. Subtile Andeutungen einer Verführung, welche ich letztendlich bis zum Nerven Zerbersten hinaus zögere. Und Gunnars lüsterne Blicke die mir folgen. Genau so soll es sein.
Seitdem ich begann dieses Spiel zu spielen, frisst mir Gunnar beinahe aus der Hand.
Überdies hätte ich nichts dagegen einzuwenden, ihn mit rosa plüschigen Handschellen an unser Bett zu fesseln und seinen Körper mit meinen Lippen zu erkunden. Ihm Lust zu bereiten bis er schreit. Was Gunnar, als nunmehr gemäßigter, gezähmter Masochist sicherlich zu schätzen wüsste. Ausschließlich ICH müsste mich noch an meine „neue Rolle“ gewöhnen.
„Mein Schwanz gehört dir.“, hauchte mir Gunnar ins Ohr und biss mir zärtlich in mein Ohrläppchen. „Alles andere war und ist dumm.“

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Der Anlass von Jasons vergangener Ausgelassenheit und seinem Mut mit mir zu kokketieren, erschloss sich mir erst danach. Wir alle hatten seinen Geburtstag, am ersten August, versäumt und er selbst hatte ihn uns verschwiegen.
Daher wurde nachträglich eine bescheidene Feier für ihn  ausgerichtet.

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Um ganz ehrlich zu sein, würde ich am allerliebsten, solang ich noch enthusiastisch und mutig genug bin, nach Schweden reisen, um meine Absichten schleunigst in die Tat umzusetzen. Denn mit jedem Tag der vergeht, flaut mein Eifer, wie vermutet,  Stück für Stück ab.
Steckt da eine Absicht dahinter? Will Mann nicht, dass ich „entrümple“?
Dem „neuen“ Gunnar kann es jedoch verhältnismäßig gleichgültig sein.
Christine stimmte meinem Vorhaben sogar noch freudestrahlend zu. Denn auch sie ist der Meinung, dass wir zu viel „attraktives, weibliches“ Personal eingestellt haben.
Es ist nun keineswegs so, dass ich es nicht liebe hier zu sein. Im Gegenteil. Aber im Grunde geht es darum, dass ich den Gang durch das Spiegeltor vor mir her schiebe. Und bevor ich diesen Schritt nicht wagte, werden wir nicht nach Hause fliegen.