Dienstag, 6. Dezember 2016

Ausweglosigkeit



Ich war mit Derek zusammen diese Nacht und beinahe bis jetzt. Alldieweil, und ich beabsichtige mich kurz zu fassen (sehr witzig, angesichts der Länge des Postes!), Gunnar, insbesondere in den nächsten Wochen, immer weniger Zeit für mich haben wird.
Bereits jetzt ist es so, dass Alexa viel Zeit von ihm nimmt. Natürlich sorgt er sich um sie. Das ist verständlich. Aber Lara drängt sich nun ebenfalls, unter dem Deckmantel der Hilfsbereitschaft, mit hinein und sieht offenbar eine Chance auf Zugehörigkeit. Was ich ihr nicht verdenken mag.
So waren wir gestern Abend erneut zu viert in meinem Haus. Gunnar und seine drei Frauen. Ich, Alexa und Lara.
Zu später Stunde erbot sich Lara Alexa nach Hause zu bringen. Jedoch dauerte es nicht wirklich lang und Lara rief Gunnar an. Sie war noch immer bei Alexa und es schien ihr nicht besonders gut zu gehen. Alsdann entschuldigte sich Gunnar hektisch bei mir und ging.
ICH, rief unterdessen Derek an UND….er kam. Hatte gerade die Schicht in der Nacht. Und da er selbst stellvertretender Teamleader des Sicherheitsteams ist, setzte er rasch jemanden anderen an seiner statt.
Trotz Dereks gehobener Stellung im Dienst, patroniert er nach wie vor wie jeder andere auf den Wegen des Zentrums. Er bringt sich in jedem Fall überaus konstruktiv mit ein und ist durchaus zufrieden mit seinem Posten, wie er sagt. Denn wir unterhielten uns darüber und ebenso über andere Sachen. Gleichwohl und erneut über seine anderen Frauen. Aber gleichermaßen über Gunnar und seine kommenden Verpflichtungen. Ob es nun die Dritte Vaterschaft ist, oder das Kommen von Marie und seinen anderen zwei Kindern. Zudem werden noch andere Mitglieder von Gunnars Familie zu Weihnachten erwartet, wo ICH in diesem Getriebe offensichtlich NUR eine Randerscheinung bin. Daher fragte ich ihn, ob er nicht mitsamt seiner Mutter mit mir nach Hawaii fliegen möchte. Zudem sprachen wir uns aus und ICH bekräftigte ihm noch einmal meine wiedergefundene Liebe zu ihm. Denn ich habe meine Beziehung zu Derek noch einmal gut überdacht.
Natürlich war ich brüskiert ob seiner anderen Frauen, mit denen er offenbar ebenso schläft wie mit mir.
„Nein. Nicht wie mit dir.“ Hier setzt er ein klares Zeichen der Unterscheidung, was mir sagt, dass er mich noch immer liebt und Derek bekräftigt dies mit Worte und einen doch recht glücklichen Euphorie, angesichts der Renaissance unserer Beziehung.
Und zugegebener Maßen bin auch ICH recht glücklich darüber, dass er mir nicht böse ist. IHM geht es wohl ebenso.

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Wir schliefen lang heute Morgen. Fast bis zehn. Und ja, wir wurden intim miteinander und ich genoss meinen Liebhaber soweit es mir möglich war. Denn meine Gedanken waren bereits bei meinem Job. Noch während wir beide im Bett nebeneinander lagen, rief ich Kevin an. Mit Worten kokettierten wir ein wenig miteinander und auch darüber redeten Derek und ich. Es stört ihn nicht. Aber dennoch fragte er nach meinen Gefühlen für Kevin.
„Ja natürlich sind da noch welche übrig geblieben.“
„Hättest du ihn damals wirklich geheiratet?“
Ich dachte kurz nach. „Ja. Hätte ich…vermutlich, WENN seine Frau nicht gewesen wäre. Nichtsdestotrotz ist er kein unkomplizierter Mann.“
Bevor mich Derek zum Bürogebäude begleitete, rief ich Ellen an. Denn ich hatte im Netz eine Entdeckung gemacht. Da war ein Mann, der sich gut für Gesundheits-Vorträge eignete. Allerdings brauchen wir für ihn einen Simultan-Translater. Er ist Deutscher.
„Bitte versuche diesen Mann zu erreichen und frage nach, ob wir ihn für einige Vorträge unter Vertrag nehmen könnten.“

Nun gut. Es war kalt auf den Wegen des Zentrums und ich schmiegte mich an Dereks warmen Körper an.
„Ich würde es so gerne sehen, wenn unsere Beziehung zueinander wieder Fahrt aufnimmt.“ Ich sah zu ihm hinüber und lächelte ihn mit Freude im Herzen an.
Dereks Lächeln stand Meinem in nichts nach. „Ich bin erleichtert, dass du das sagst.“
Und schon geriet ich wieder in einen unnützen Rechtfertigungszwang, wo er genau genommen nicht hin gehörte. „Du musst verstehen, ich war irritiert. Vor den Kopf gestoßen. Wegen der Tatsache, dass du tatsächlich mit anderen schläft. Und das diese Frauen nun hier eine Bühne fanden.“
„Laurianne ist weg. Peaches in der Stadt. Giselle, nun ja, sie weiß, dass ich noch nicht heiraten will. Und um andere musst du dich nicht sorgen. Die sind“, und hier berichtigte er sich, „nur noch gute Freundinnen, mit denen ich bei Gelegenheit VIELLEICH einmal essen gehen kann.“
„Mit diesen GUTEN FREUNDINNEN, meinst du sicherlich Padine Gander, Rice Golding und diese Neue. Wie hieß sie doch gleich?“
„Rochelle Archer.“, ergänze er. „Aber bitte Rea, sorge dich doch nicht deshalb. Es ist doch alles okay. Auch ich bin froh darüber, dass du mich nun doch noch willst. Und WENN ich das weiß…….“
„…..wirst du mit keiner anderen mehr schlafen?“, versuchte ich zu scherzen und meinte des dennoch ernst.
Derek grinste und nickte dann. „Schon möglich. Aber du weißt ja, dass es mir am liebsten wäre, WENN….du dich vielleicht doch noch irgendwann für mich entscheiden würdest.“
OH! Da keimte Hoffnung in Derek auf! ICH hatte sie ihm erfolgreich gegeben. Wie angenehm! Das war und ist das Zielt. Was allerdings mich bedeutet, dass ich in diesem Fall berechnend bin. Nein. Ich zog es stetig in Erwägung, IHN an Gunnar Stelle zu setzen und mit IHM den Rest meines Lebens zu verbringen. Gut, mag sein, dass wir unsere Schwierigkeiten hatten. Keine Beziehung ist perfekt. Aber immerhin hielt sie bis hier her schon gut zwei Jahre. Wer hätte es gedacht.
Derek zog mich fester zu sich heran. Küsste mich und ICH,…..atmete erleichtert (und ob meines (kleinen) Sieges) auf.
Nun hatte mir Derek tatsächlich versprochen seine Aktivitäten mit anderen Frauen auf ein Minimum zu beschränken. Zumindest verstand ich es so. Im Gegenzug dazu versprach ich ihm, dass wir uns nun wieder öfter sahen und selbstverständlich ebenso wieder miteinander schliefen.
(Ende gut. Alles gut!)

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Gunnar kam erst gegen halb eins ins Büro und um zwei dann für uns der späte Lunch im Restaurant, wo ich mich mit meinem Ehemann unterhielt. Denn er begann davon zu sprechen, dass Marie und die Kinder angekommen seien.
„Was glaubst du denn, WIE das jetzt laufen soll? Wir haben eine Verantwortung mit dem Zentrum auf uns genommen. Es ist nicht wie früher…..“, und hier verbiss ich mir die Erwähnung seiner toten Mutter, „Wir beide müssen das Zentrum leiten. Gut. Mag sein. Kevin trägt einen großen Teil der Last. Nur, welche Zeit wirst du dann noch haben, wenn demnächst auch noch deine Familie ankommt?“
Gunnar wurde kleinlaut. „Ja. Du hast Recht.“ Er schien nachzudenken.
Ich sah nur kurz besorgt zu ihm hinüber und sprach weiter: „Ich weiß, du möchtest mit Óðinn Asger und Inula Castanea zusammen sein. Dann noch die bevorstehende Geburt deines dritten Kindes und die Sorge um Alexa.“ Lara erwähnte ich ebenso in diesem Zusammenhang. „Dann willst du joggen, schwimmen und in nicht all‘ zu langer Zeit trifft der Rest deiner Familie hier ein. WANN, frage ich dich, willst du dies alles tun?“
Gunnar holte einen tiefen Atemzug und setze zum Reden an. Ich jedoch ließ es noch nicht dazu kommen und sprach stattdessen weiter. „ICH stehe dann allein mit all der Arbeit, die das Zentrum fordert. Zudem bin ich dann in den nächsten Wochen in deinem Leben nur noch eine Randerscheinung.“
Ich schnaufte. Gunnar sah mich von unten her an und tupfte sich mit der Serviette den Mund.
„Du hast vollkommen Recht. Ich weiß Rea, dass es eine Herausforderung wird.“
„Eine HERAUSFORDERUNG???“ Ich konnte es nicht fassen!  „Zu allem Überfluss geht es mir selbst nicht wirklich gut. Auch ICH brauche deine Hilfe. Schließlich bist du mein Mann. Bei aller Familienliebe und bei aller Fürsorge für deine anderen Frauen, WAS zum Teufel verlangst du da von mir? Glaubst du wirklich ICH bin dem allen gewachsen?“
Gunnar blieb ruhig. Begann sogar leicht und ein wenig sarkastisch zu lächeln. „Es ist doch NUR die Familie.“
Verzweiflung baute sich in mir auf, ob seiner Ignoranz und des riesigen Berges, der vor mir lag und welchen ich mich nicht in der Lage sah zu bewältigen. Mein verzagtes Gesicht sprach Bände.
„Diese Leute kosten Zeit, die wir nicht haben.“
„Sie können uns doch helfen.“
Hoffnungslosigkeit machte sich in mir breit. „Helfen? Das ist tatsächlich dein ernst?“
Ich schüttelte nur noch den Kopf über so viel Bedenkenlosigkeit. Hatte keine Lust mehr zum Reden. War niedergeschlagen.
„Mach‘ dir doch nicht immer so viele Sorgen Rea.“, suchte Gunnar mich aufzumuntern. Aber es gelang ihm nicht. Ich blickte weiter entmutigt drein und nach unten.
Womöglich wäre es doch besser gewesen, Derek in seinem Job im Büro zu belassen. Gunnar hatte offenbar nicht die Zeit und das Verständnis dafür. Besaß er wirklich so wenig Verantwortungsbewusstsein? Oder war es ihm nur klar, dass er nicht in der Lage war ALLEM und jedem gerecht zu werden. Insbesondere in den kommenden Wochen. Ignorierte es aber. Dennoch war es für ihn von Nöten, Prioritäten zu setzen. Aber warum verschönerte und bagatellisierte er die Situation? Warum steckte er augenscheinlich den Kopf in den Sand? Wollte er es nicht wissen? Nicht sehen?
„Es wird schon gut gehen. Du wirst sehen Rea. Alles läuft von ganz allein.“
Genau DAS hatte ich mir gedacht. So sind Männer nun einmal. Gunnar lässt schlicht und einfach alles….laufen……und lebt den Moment. Und eigenartiger Weise verstehe ich ihn sogar. Es ist offenbar das Beste in dieser Situation. (Derek stand ihm in dieser Beziehung in nichts nach. Oder war sogar noch besser darin.)

IN diesem Augenblick fiel mir ein, konnte ich wirklich hier alles stehen und liegen lassen? Einfach gehen? War das nicht ebenfalls die gleiche Verantwortungslosigkeit, welche ich Gunnar soeben vorgeworfen hatte? Denn ich hatte Derek schließlich heute Morgen noch gebeten, mit mir und seiner Mutter nach Hawaii zu fliegen. Alldieweil ich all diesem Familienstress zu entkommen gedachte. Aber da war schließlich noch die Arbeit im Zentrum. Konnte ich Kevin damit alleine lassen? Eher nicht. Aber nun hatte ich schon einmal bei Derek angefragt und er war über meine Frage und mein Vorhaben über die Maßen erfreut. Ausschließlich seine Mutter würde zustimmen müssen. Und WAS, WENN sie es tat? Konnte ich Derek erneut aus dem Pflicht- und Verantwortungsgefühl heraus dem Zentrum gegenüber, vor den Kopf stoßen und eine Absage erteilen? Ach, es tut mir Leid…? Gerade JETZT, wo unsere Beziehung eine Renaissance erlebte? DAS war ebenso wenig möglich! Nur an ZWEI Orten gleichzeitig vermochte auch ich nicht zu sein. Es musste eine Lösung gefunden werden. Aber vorabwarte ich, wie Magdalena sich entscheidet.

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Während des Lunches kam Derek an unserem Tisch und ich wechselte mit ihm einige freundliche und liebevolle Worte.
Nach dem Lunch machten Gunnar und ich uns auf den Weg zu Henrik, Marie und den Kindern. Ich hatte sie Marie seit Monaten nicht gesehen.
Inula Castanea kam auf mich zu gerannt. „Tante Rea!“ Sie streckte die Arme nach mir aus und ich sah mich gezwungen sie hoch zu heben. Gunnar tat das Gleiche mit Óðinn Asger. Dann umarmte und küsste ich meine Halbschwester Marie. Zum Schluss dann noch eine Umarmung mit Henrik. Im Grunde war es schon angenehm sie einmal wieder zu sehen. Und um mich an dieser Stelle tatsächlich KURZ zu fassen, sie und Henrik erzählten uns, dass sie nur bis Morgen im Zentrum bleiben und dann noch einmal für zwei Wochen nach Norwegen, zu Henriks Familie fliegen wollen.
„Die Kinder bleiben hier.“


Persönliches:
Mein Magen meckert. Es wird Zeit den Kaffee zu reduzieren.


(Und man wundere sich bitte nicht, WANN ich diese langen Einträge schreibe. Ich tippe stets zwischendurch, wenn ein wenig Zeit dafür ist.)