Donnerstag, 29. Dezember 2016

Von den täglich plagenden Dingen des Lebens…..



Im Augenblick bin ich doch, im Hinblick auf das Zentrum und ebenso im Privaten, recht zufrieden, dass nichts Apokalyptisches passiert. Es ist in der Tat nicht nötig, dass man sich ständig Schwierigkeiten, Erschwernissen und Schicksalsfragen ausgesetzt fühlt. Die Geschichten und Affären meines Mannes sind mir vollends genug, welche ich mit zu tragen habe.
Natürlich sagt man immer, man hätte die Wahl. Aber ist das tatsächlich so?
Ich bin eingebunden in Konventionen, Verpflichtungen wem oder was auch immer gegenüber und letztendlich mit einem Ja-Wort gebunden an meinem Mann. Es ist wie es ist. Wozu lamentieren?
Selbstredend hatte ich vorab nicht wissen können, wie Gunnar wirklich ist. Oder zu WAS er geworden war innerhalb dieser Sekte. Würde ich genau genommen so gerne sagen. Marie hatte mich sogar noch gewarnt. Aber was bedeutet das schon, wenn man dem faszinierenden, charmanten, bösen Buben gegenübersteht, der Gefallen an einem gefunden hat. Ein Abenteuer, welches man als junge Frau nicht verpassen will. Zumal er damals noch so offensichtlich mein Lebensretter war.
Jedoch fand ich Gunnar zu Beginn noch nicht einmal wirklich sonderlich attraktiv. Er war lediglich ein neuer Lover, welcher sich zur damaligen Zeit einfügte in die Reihe von vielen dieser Art.
Aber egal. Damals vermutete ich in ihm etwas ganz mysteriöses. Mir war, als wäre ich in einer Geschichte von Anne Rice gelandet und Gunnar der gut aussehende Vampir, der um das Mädchen wirbt. Und……er sollte sie haben.

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Derek. Tja nun, Derek. Ihn sah ich am gestrigen Abend, als wir gegen halb zwei in der Nacht auf dem Weg nach Hause waren. Wie so oft sehr spät. Gunnar hatte einige Bier mit seinen Brüdern getrunken. Sein Vater hielt sich an härteren Stoff. Jedoch glücklicher Weise in Maßen. Wirklich betrunken war bisher niemand. Man hält sich tatsächlich an die Regeln und Konventionen des Zentrums. Was doch bisher recht erstaunlich ist und mich glücklich macht.
Wir waren nur für einen Moment lang stehen geblieben, so dass mich Derek fragen konnte, wie es mir eben geht und ob wir uns heute sehen. Woher er kam und wohin er ging, wusste ich nicht. Im Dienst schien er jedenfalls nicht zu sein.
Gunnar beantwortete Dereks Frage. „Ja. Am Donnerstagabend wäre es mir Recht, wenn du auf Rea achtest.“
Später, als wir zu Hause waren, fragte ich meinen Mann, warum er sich nun doch entschieden hatte, bei Alexa und dem schreienden Baby, eine ganze Nacht zu schlafen.
„Sie drängt mich schon die ganzen Tage. Fragt, wann ich endlich wieder bei ihr bleibe.“
„Wie hältst du es in Augenblick mit ihr und den Intimitäten?“, fragte ich ihn und blieb ernst und abwartend dabei.
Gunnar sah mich ein wenig skeptisch an und zog die linke Augenbraue hoch. „Gar nicht. Aber wenn sie es unbedingt will, hat sie immer noch einen Mund und einen Hintern.“
Ich räusperte mich verlegen. Drehte mich weg von ihm.
„Was ist? Du hast mich gefragt.“ Gunnar grinste. Dann sah er mich von der Seite her an, was ich aus dem Augenwinkel heraus sehen konnte. „Ich war heute bei Lara gewesen.“, berichtete er mir. Seine Stimme war ruhig, beinahe sachlich, während er mit dies erzählte.
Ich schwieg und meine Augen fragten Bände.
„Es war nichts weiter.“ Gunnar kratzte sich am Hinterkopf. „Es war einfach nötig. Sonst nichts.“, bagatellisierte er nun wir üblich die Geschichte. Aber was soll’s?
„War noch jemand dort?“, fragte ich nach.
„Nein. Dafür war keine Zeit.“
Ich lächelte kurz sarkastisch auf. „Natürlich.“, und nickte.
Gunnar schien nun zu überlegen, ob er dieses Thema weiter verfolgt, oder es doch lieber fallen lässt. Er entschied sich für Ersteres. Jedoch ausschließlich mit einen Satz. „Ausschweifenderem widme ich mich dann später, wenn meine Familie gegangen ist.“

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Ian sah ich nur von weitem. Ich besuche die Veranstaltungen des Zentrums nicht und bin derzeit ausschließlich zu den Mahlzeiten im großen Saal, wo eine Tafel eigens für Gunnars Familie aufgestellt wurde, um sie/uns dort allesamt zu verköstigen. Im Restaurant wäre dergleichen nicht möglich gewesen.
Ich frage mich, warum er immer wieder hier her kommen will. Vermutlich hat Annica etwas dagegen. Vielleicht fühlt er sich hier auch nur wohl und er schwelgt in Erinnerungen an die Zeit, als ich mich noch freimütig zu ihm bekannte. Verliebt in ihn war.
Bin ich es noch? Frage ich mich immer wieder. Eine klare Antwort darauf gibt es nicht.
Trotz aller übrig gebliebenen Gefühle für ihn, beabsichtige ich keineswegs, mich ihm erneut hinzugeben. Sei denn……ich weiß es nicht!

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Die Kinder. Das Baby. Ja. Es wird mir aufgezwungen, mich damit abzufinden. Mich damit zu beschäftigen. Tante Rea zu sein. Und wie stets, gute Miene zum bösen Spiel zu tun. Mich freundlichst mit einzubringen, ins Familiengeschehen. Tue ich es gern? NEIN!
Marie ist nach wie vor sprunghaft im Umgang mit mir. An einem Tag scheint sie die aller beste Freundin zu sein und am Anderen, tritt sie mir eher abweisend gegenüber. In manchen Augenblicken scheint mir sogar, dass sie eifersüchtig ist. Nur WARUM? Henriks wegen? Ich will nichts von ihrem Mann! (Obwohl er doch ein recht Ansehnlicher ist, welchen ich früher selbst schon einmal im Auge hatte, kurz nachdem er hier angekommen war.)

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Manchmal kommt mir Gunnars Mutter Christine in den Sinn. Wie fleißig sie war. Beklagte sich nie. War glücklich mit ihrem Traum vom spirituellen Zentrum und das er letztendlich doch (durch mich) in Erfüllung gegangen war. Gunnar erwähnt sie kaum. Dennoch glaube ich, dass er gerade in diesen Tagen oft an sie denkt. Dass sie eigentlich hier, bei der Familie sein sollte. Und nicht in einem Grab.
Ich finde, Gunnar hat seine Gefühle (und Neigungen) mit den Jahren immer besser im Griff. Und ich hoffe, es bleibt weiterhin seine Intension, sich in dieser Hinsicht kontinuierlich zu fortzubilden. Weiter zu entwickeln. Wir werden sehen…….