Sonntag, 18. Januar 2015

(Un-) Scheinbare Rivalitäten



Unterschreiben wir, bzw. ich, den Vertrag, um das Zentrum zu verkaufen, ist unsere, Gunnars und meine, Position noch längst nicht geklärt. Wohnen wir dann weiterhin im Areal oder (nicht?) ziehen wir.......weiter. Wenn ja, wohin?

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Eine reine Fleisch-Mahlzeit
Christine war fort gefahren, um Thomas zu uns zu holen. Allein hätte er Eriks Hütte im Zauberwald sicherlich nicht gefunden. Wie ich damals, als ich mich permanent verfuhr und Stunden brauchte, um einen Weg zurück zu legen, der normalerweise nur zwanzig Minuten in Anspruch nimmt.
Wir anderen vier setzten uns an den Mittagstisch.
„Ich habe dich den ganzen Morgen nicht gesehen.“, sagte ich zu Viggo, als er mir einen Teller voller Gebratenes servierte. „Wo warst du gewesen?“
Er blieb still und lächelte nur und offensichtlich wusste er, dass nach der langen Zeit der Abstinenz, mein Heißhunger auf Fleisch in der Tat erheblich war. Denn die Menge, welche er mir zugedacht hatte, war selbst für mich mehr als reichlich. Dennoch sagte ich nichts als Gegenwehr und nahm meinen Teller voller gut riechender Stücke entgegen.
Mit immensen Verlangen schob ich mir eines davon in den Mund. Bemerkte jedoch nicht gleich, dass die Mahlzeit offenkundig versalzen war. Das Fleisch war dennoch saftig und weich. Ich aß nur ein kleines Stück Brezel dazu. Dann so allmählich, nach dem vierten Streifen war da ein Brennen in meinem Mund. Erst dachte ich, ich hätte womöglich auf ein Pfefferkorn gebissen. Aß weiter und richtete meine Aufmerksamkeit gezielter auf den Geschmack in meinem Mund. „Das ist doch versalzen“, sagte ich dann und sah einen nach dem anderen der Herren an.
„Viggo ist verliebt.“, tönte Erik mit schallendem Lachen.
Noch im selben Moment prustete auch ich einfach drauf los und konnte mich kaum mehr beruhigen.
„Schön, dass du Rea mal zum lachen bringst.“, warf Gunnar ebenfalls erheitert ein.
„Ja natürlich bin ich verliebt. Was denkt ihr denn, wenn uns eine so schöne Frau beehrt!“, gab sich Viggo gespielt ein wenig aufgebläht. „Was meinst du Gunnar? Kann ich sie küssen?“, richtete Viggo seine Frage an meinen Ehemann.
Der sagte zuerst nichts. Zog ausschließlich, und dieses Mal beide Augenbrauen nach oben. „Frag’ sie doch selbst.“, sagte er dann und wies mit einer Geste seiner rechten Hand zu mir herüber. Zuckte aber gleichzeitig auch irgendwie mit den Schultern und es war gerade so, als wolle er sagen: Tue es doch.
Viggo zwinkerte mir zu und sah mir grinsend entgegen. „Kann ich?“, fragte er und streckte die Hände nach mir aus.
Ich ließ ihn gewähren.
Er nahm meinen Kopf zwischen seine Hände und zog mich zu sich heran. Küsste mich ein wenig wild auf die Lippen. Unterbrach den Kuss für ein, zwei Sekunden und sah mich lächelnd an. Dann folgte ein eher sinnlicher, zweiter Versuch, der mich erstaunte und ich erinnerte mich an New Orleans, wo mich Viggo das erste Mal so glühend küsste.
„Genug jetzt!“, sagte Gunnar schroff.
Viggo entließ mich aus dem festen Griff seiner Hände und sah mir noch einmal tief und bedeutsam in meine Augen hinein. Unvergesslich! Dachte ich. Und es bedurfte einer kurzen Weile, bis ich mich wieder gesammelt hatte.
Gunnar warf mir einen argwöhnisch, prüfenden Blick zu und hatte es natürlich bemerkt.
„Also, wo warst du heute Morgen?“, fragte ich Viggo noch einmal, um die Situation etwas zu entspannen.
„Jagen.“, antwortete Erik an seiner statt.
„Ach was?“
„Ja.“, meldete sich jetzt auch Viggo zu Wort in einem Ton, der schon einigermaßen betörend und auch irgendwie sexy klang. „Erik hat eine Lizenz dafür.“ Was nun eigentlich nicht meine Frage war.
„Natürlich ist das nicht das Wild von heute Morgen.“, sprach nun Erik erklärend auf mich ein und mir war klar, dass er mit Sachlichkeit die Emotionen der beiden (um mich kämpfenden) Platzhirsche zu beruhigen gedachte. „Er hat den Elch schon vor Tagen erlegt. Er musste schließlich erst fachgerecht ausgeweidet werden und eine Zeit lang hängen, bis man sein Fleisch verbrauen kann.“
„So genau wollte ich das jetzt wirklich nicht wissen.“, entgegnete ich etwas pikiert.
Viggo, Erik und Gunnar lachten nun wieder miteinander und jeglicher Anflug von Rivalität war verflogen.

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Christine und Thomas kamen so gegen halb fünf bei uns an und begaben sich sogleich auf einen kleinen Wandspaziergang.
War da wieder etwas gewesen mit Thomas und Natasha Sandström in ihrer einnächtigen Abwesenheit? Was ich genau genommen nicht wirklich zu glauben vermag. Denn Thomas ist schließlich nicht Gunnar.
Überdies hatte man ihr wissen lassen, als sie im Zentrum gewesen war, um Thomas abzuholen, dass Wanja und sein Bruder samt Familie aller Wahrscheinlichkeit nach nur eine kurze Zwischenstation im Zentrum eingelegt hätten. Denn sie wären bereits allesamt wieder fort.
Hat Wanja nun doch nichts mit den Ereignissen zu tun?

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Mein Versprechen an Gunnar auf Fellation nicht einhaltend, entstiegen wir heute Morgen recht spät unseren Betten und taumelten noch Schlaf trunken zum Bad. Und ich dachte an Felicio, von dem ich geträumt hatte. „Un beso, por favor.“
Christine und Thomas kosteten die frische Morgenluft aus und kamen, als wir anderen bereits begonnen hatten, erst zum Frühstück dazu.
Wir vermieten die Thematik, welche uns hier alle vereinte und schwiegen so vor uns hin. Nur wissen wir alle, dass wir nicht ewig hier bei Erik verbleiben können. Obgleich ich dies nur all zu gern möchte.