Sonntag, 22. Februar 2015

Der „alte Freund“ und das „Gewissen“



Ich hatte Derek überredet nach dem Lunch mit mir zum Zentrum zu fahren.
„Nur rasch eine Massage. Nichts weiter....und zurück. Es dauert nicht lange. Bis Gunnar zurückkommt, sind wir längst wieder hier.“
Ein wenig Widerwillig und mit Bedenken kam schlussendlich ein: „Okay.“

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Genau genommen hatte ich geplant meinen Wagen vom Zentrum mit hier her, zu Erik zu bringen. Denn, wenn Gunnar am Wochenende zum Geburtstag seines Bruders nach Stockholm fährt/führe, wird er sicherlich nicht vor dem Mittag des nächsten Tages, oder noch später, zurückkommen. Infolgedessen hätte ich genügend Zeit, mit meinem Wagen zum Zentrum zu fahren, um..... noch einmal allein und face to face mit Wanja zu sprechen.
So der Plan.

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Als ich so gegen vier am Nachmittag die Wellness-Einrichtung verließ, sah ich von weitem Gunnars Wagen stehen. Ich dachte sofort an Lara. Oder womöglich auch eine andere seiner zahlreichen Gespielinnen. Wer weiß. Dachte ich, und gab Derek zu verstehen, dass er allein vorausfahren solle. Ich käme umgehend mit meinem eigenen Wagen nach.
„Ich will dich im Rückspiegel sehen.“, war seine Bedingung, die ich selbstredend einhielt.

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Gunnar kam so gegen halb acht zu uns in den Zauberwald. Meinen Wagen hatte ich ein wenig versteckt hinter dem Holzschuppen geparkt. Sodass er nicht gleich zu sehen war. Nun ja. Am Morgen würde er ihn sicher entdecken.....und aller Wahrscheinlichkeit nach Fragen stellen. Sollte ich ihm die Wahrheit sagen? Nein!
Dennoch stellte ICH ihm die Frage und erwartete eine Antwort in Ehrlichkeit. So wie er es versprach. „Wo bist du solange gewesen?“
Er erzählte, was er alles erledigt hatte, und auch, dass er im Zentrum war, um nach dem Rechten zu sehen und die Umzugsfirma anzuweisen, was einzupacken sei.
„Warst du bei Lara?“, fragte ich dann.
„Ja. War ich.“
Ein müdes Lächeln überzog mein Gesicht.......nichts weiter.

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Wollte ich noch Sex an diesem Abend mit meinem Ehemann? Wo er doch bereits bei Lara gewesen war. Obwohl ich ein gewisses Verlangen verspürte, entschied ich mich für ein NEIN.....und wir saßen ausschließlich noch ein langes Weilchen mit den anderen zusammen. Sprachen miteinander und sahen fern.
Zu Bett gingen wir etwa gegen zwei. Zu spät für mich. Im Grunde dachte ich, ein Gläschen Rotwein würde mir die nötige Schwere bescheren, die ich offensichtlich an diesem Abend nötig hatte, um zu Bett zu gehen. Aber als wolle mich der Alkohol Lügen strafen, war ich lebhafter als zuvor.
Heute Morgen schliefen wir aus. Nichts lag an.
Der Tag verlief wie gewöhnlich. Die Männer redeten und scherzten reichlich miteinander. Erik, Joseph und Taylor bereiteten die Speisen. Garten, brieten und bucken, dass man hätte denken könnte, sie würden eine ganze Kompanie verköstigen müssen. Derek hatte andere Aufgaben. Gunnar stand mit den Herren in der Küche und half gelegentlich. Man redete miteinander. Es ging, und es geht beinahe ständig, um „zauberhafte“ Dinge.  Viggo hatte „Feuerdienst“. Er war im Schuppen. Hackte Holz und brachte es in unterschiedlichen Zeitabständen zu uns herein, wo er die Holzscheide an die Feuerstellen legte.
Was für ein Glück, dachte ich, dass Gunnar nicht die outdoor Arbeiten verrichtete. Auf diese Weise blieb mein Wagen von ihm tatsächlich unentdeckt.

Gunnar brach, ohne meinen Wagen gesehen zu haben, gegen halb fünf zu seinem Bruder nach Stockholm auf, um mit ihm und seinen Freunden Geburtstag zu feiern.
Nur wenige Minuten später schrieb ich Wanja eine SMS. Fragte ihn, ob er Zeit hätte....zu reden. Und im nächsten Augenblick schon läutete mein iPhone. „Да. Конечно.
Somit waren die Weichen gestellt. Dachte ich. Aber ich hatte nicht mit Viggo gerechnet, der meinen Wagen selbstredend gesehen hatte. Als ich mich klamm heimlich aus dem Haus geschlichen hatte, um ins Zentrum zu fahren, tauchte urplötzlich, als hätte er von Erik die Kunst des sich unsichtbar Machens bereits gelernt, Viggo hinterm Holzschuppen auf.
„Tz, tz, tz. Na so was. Wollen wir uns heimlich davon stehlen?“ Er grinste.
„WIR wollen gar nichts. ICH werde JETZT mit meinem Wagen fahren!“, gab ich mich selbstbewusst und gebieterisch.
„Wohin soll’s denn gehen?“
Ich stutzte und hatte mitnichten die Absicht IHM auch nur mit einem einzigen Wort von meinen Plänen zu berichten und ging einfach nur weiter auf die Tür meines Wagens zu. Viggo schob sich zwischen mich und das Auto. Er stand direkt vor mir und sah mir provokativ in die Augen. Bewegte sein Gesicht mit einem Schmunzeln einige Millimeter vor dem Meinen hin und her. Sog die Luft tief und hörbar in seine Nase ein. „Du riechst gut.“
„Was willst du?“
„Dich küssen.“, forderte er ein wenig dreist.
Ich schwenkte um. Stemmt die Fäuste demonstrativ rechts und links in meine Hüfte und schnaufte lauft „Was ist eigentlich los mit dir?“
Viggo antwortete nicht und blieb genau so stehen. Er sah mir direkt in die Augen und berührte mit seinen Köper ganz leicht den Meinen. Ich konnte seinen Atem auf dem Gesicht meiner Haut spüren und hören, wie er immer hastig wurde. Viggo schien erregt zu sein. Denn ich nahm da etwas wahr an meinem Bein, was sich regte.
„Viggo! Jetzt ist es genug. Lass mich einsteigen!“, forderte ich und wenn Viggo ganz genau hinsah, würde er sicher in meinen Augen und Gedanken lesen können, wie mein Selbstvertrauen so allmählich schwand.
Vigggo bewegte sich nicht von der Stelle.
„Was soll das hier werden?“, fragte ich und bemühte mich um einen verärgerten Tonfall. Er lächelte nur und änderte seine Position um keinen Millimeter. Stattdessen hob er seinen linken Arm und strich mir mit dem Rücken seiner Hand über die Wange. Ich wich NICHT zurück. Lächelte ihn stattdessen beinahe kokketierend an und zog dabei, wie Gunnar es zu tun pflegt, die linke Augenbraue nach oben.
Er öffnete den Mund ein wenig und leckte sich über die Lippen. Seine Augen funkelten.
„Jetzt küss mich endlich. Ich habe nicht ewig Zeit.“ Ich griff mit meiner Hand um seinen Nacken und zog ihn diesen einen Zentimeter zu mir heran. Drückte meine Lippen auf die Seinen und im selben Moment umschlangen mich seine Arme und hielten mich fest. Er küsste mich ungestüm. Ich wich mit meinem Kopf zurück. „Warte. Nicht so hastig. Nicht so grob. Bitte.“
Viggo lächelte und wurde sanfter. Nur fand die Küsserei kein Ende und wurde stetig leidenschaftlicher.
Oh. Oh. Dachte ich so und sträubte mich ein wenig und stemmt mich mit meinen Händen gegen ihn. JETZT ist es allerhöchste Zeit die Notbremse zu ziehen! Bevor es noch zum Äußersten kommt. Obgleich ich dennoch vermutete, dass Viggo es nicht wagte........und genau so war es auch. Urplötzlich hörte er auf mich zu küssen und ließ mich los. Ging ein, zwei Schritte zurück, hob seinen Kopf und breitete die Arme aus. „Erst dann, wenn DU es willst. Wenn DU mich darum bittest.“ Er setzte ein überlegenes Lächeln auf. „Fahr!“, sagte er noch. Wandte sich ab von mir und ging ins Haus.
Phhhuuu. Aber jetzt zügig!

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Ich parkte den Wagen an unserem Haus. Unauffällig.
Wanja erwartete mich bereits und bat mich zu sich herein. Ich zögerte.
Er streckte die Hand nach mir aus. „Du hast doch nicht etwa Angst vor mir? Komm. Ich tue dir schon nichts.“ Ein herzliches Lächeln folgte. Ich trat ein.
Anfangs plauderten wir eine Weile über Belanglosigkeiten. Gerade so, wie die Pokerspieler. Keiner gedachte offenkundig dem anderen seine Absichten Preis zu geben.
Dennoch meldete sich nach einigen Minuten bereits seine fürsorgliche Seite und er bot mir ein stilles Wasser an. „Du musst etwas trinken. Und sei nicht so nervös. Wenn du magst, bestelle ich schon mal das Dinner.“
„Ja. Bitte. Tue das.“ Und während ich so da saß und Wanja beobachtete wie er die Bestellung aufgab, kamen so ganz alt bekannte Gefühle in mir auf. Ich war bei dem Einen und sehnte mich nach dem Anderen. WAS hatte ich eigentlich hier zu suchen? Wäre es nicht besser gewesen Gunnar zu begleiten? Oder zumindest bei Derek zu bleiben? Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Aberteuerlust? Gut möglich. Und ich belog mich selbst, wenn ich mir einbildete in einem Gespräch mit Wanja etwas erreichen zu können. ER würde niemals von seinem Masterplan ablassen.
Ist er vielleicht sogar besessen von mir? Was ich mir nicht vorzustellen vermag. Wo er doch stets so überaus cool erscheint. So integer, allen erdenklichen Situationen gewachsen.
Trotz aller aufkommenden Bedenken, fasste ich doch verhältnismäßig schnell wieder Vertrauen zu meinem „alten Freund“.

So allmählich tauschten wir neben unseren Gesprächen nicht nur Nettigkeiten, sondern gleichwohl sich angenehm anfühlende Zärtlichkeiten auszutauschen.
„Wo ist dein Mann?“, fragte Wanja, obwohl ich mir sicher war, dass er es bereits wusste.“
„In Stockholm. Sein Bruder Carsten hat Geburtstag.“
„Warum bist du nicht mit ihm gegangen?“
„Derartiges Partygetümmel samt betrunkener Leute ist nichts für mich.“
Wanja schmunzelte. „An deiner Stelle hat ihn diese blonde Frau begleitet?“
Ich horchte auf und Wanja sah mich abwartend an. „Was? Blonde Frau?“
„Ja. Er kam am frühen Abend hier vorbei. Hielt vor dem Haus, indem sie wohnt. Sie kam heraus, stieg ein und gemeinsam fuhren sie fort.“
Zorn und Enttäuschung breitete sich in mir aus. Ich schnaubte vor Wut.
„Was? Das wusstest du nicht?“
„Nein.“, erwiderte ich ernüchtert. Schluckte diese bittere Pille hinunter und besann mich rasch auf den Augenblick.
Während Wanja und ich so beieinander saßen, bemächtigte sich meiner ein unbändiges Verlangen nach seinem Körper. Was er selbstredend bemerkte. Da es ihn offenkundig ähnlich erging, nahm er mich bei den Hüften und während ich meine Hose samt Slip eilig nach unten zog, hob er mich auf seinem Schoß.
„Vorsichtig Wanja. Bitte.“ Ich ließ mich fallen und lehnte meinen Rücken an seine Brust. „Tue mir nicht weh. Du weißt.....“
Wanja unterbrach meinen Satz. „Ja. Mein Penis war dir schon immer zu groß. Ich weiß.“ Er grinste. „Ich werde g-a-n-z behutsam sein.“

Wanja kam schnell. Was mir sagte, dass er offenbar für längere Zeit mit keiner Frau zusammen war. Ich blieb noch einige Minuten lang auf seinen Beinen sitzen. Genoss das Gefühl des ausgefüllt Seins durch sein voluminöses Geschlechtsteil. Es war zumeist nur der Anfang, der mich schmerzte. Was dieses Mal kaum zu spüren war. Was aller Wahrscheinlichkeit an meinem eminenten Verlangen lag.

Die Gespräche und der Sex hatten mich bereits einigermaßen erschöpft. Trotz alledem versuchte ich mit dem letzten Stück meiner geistigen Kraft ein Gespräch zu beginnen, welches dem Grund meines Kommens näher kam. Denn genau genommen beabsichtigte ich Wanjas Pläne zu erkunden und.....ihn gegebenenfalls sogar umzustimmen. Nach einigen Sätzen des um den „heißen Brei“ Redens, wurde es mir jedoch zu mühsam mit dem Geschwafel. Alldieweil meine Aufmerksamkeit der stetig wachsenden Müdigkeit wich. Fatigue! Infolgedessen platze ich schlicht und einfach heraus: „Warum hörst du nicht auf mich zu quälen? Warum nimmst du mir alles, was ich lieben lernte. Alles was ich hab’?“
Wanja ließ mich ausreden. Fragen stellen und lamentieren und sagte dann: „Es könnte so leicht für dich sein. Komm zu mir und du hast alles was du dir wünschst.“
Seine Blicke trafen mich unmissverständlich. „Ich liebe dich über alles. Das weißt du genau.“ Ein bedeutender in tief gehender Blick traf mich direkt ins Herz.
„Du könntest hier bleiben mit mir. Müsstest nicht nach Deutschland ziehen.“
Ich horchte auf. „Woher weißt du das?“
Wanja lachte aufgeklärt. „Na ja. Aber das hat sich auch bereits wieder erledigt.“
„Wie meinst du das?“
„Dein Mann hat die Umzugsfirma angewiesen alles in eine Wohnung am Rande Stockholms zu bringen. Die, die ihr euch bereits angesehen habt.“
Ich war baff. Riss die Augen auf, staunte und hielt den Atem an.
Wanja lachte. „Was weist du überhaupt?“
„Aber DU weißt anscheinend über ALLES Bescheid!“, kam es vorwurfsvoll aus mir heraus.
Ich dachte an Gunnar. Wollte er nicht absolut ehrlich zu mir sein?
Nun gut Lara. Meinetwegen. Das war fast abzusehen......dass er nicht unbedingt allein auf einer Party sein wollte. Ob er dort nun jemand kennen lernte oder Lara gleich mit sich nahm, blieb sich gleich. ICH hätte ihn begleiten können...sollen.....müssen.
Aber WANN wollte er mir sagen, dass ER entschieden hat, doch hier in Schweden zu bleiben? Wo ich doch bereits meinem Vater zugesagt hatte. Was würde nun aus dem Süden Deutschlands werden? Sobald ich Genaueres wüsste, wäre es dringlichst notwendig meinen Eltern eine Nachricht zu übermitteln. Was für eine Blamage!.....für mich.
„Siehst du wie er dich belügt.“, schob Wanja noch einen Gedanken hinterher, der mich auf Gunnars Unzulänglichkeiten hinweisen, und noch wütender werden lassen sollte. DAS war mir selbstverständlich klar. Aber mein Hirn hatte bereits plausible Entschuldigungen für Gunnars Verhalten aufgespürt. Ich „deckte“ meinen Ehemann. Aber war nicht genau DAS Loyalität und vor allem Liebe?! Das zueinander Halten? In jedem Fall. Oder irrte ich da? Ich weiß es nicht.
Die Augen fielen mir bereits so allmählich zu und im dahin Dämmern kam noch eine Frage in mir auf: „Und was ist nun mit Gunnar?“, und ich vermochte nicht mehr genauer oder ganz und gar diplomatischer auf den Haftbefehl und den falschen Zeugen anzuspielen. Aber Wanja erriet offenkundig, worauf ich hinaus wollte. Er  wurde ernst. „Was soll mit ihm sein? Er hat Vergeltung verdient.“
„Wofür?“, fragte ich noch. Wohl wissend weswegen.

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Heute Morgen noch einmal verschlafener aber dennoch genüsslicher Sex. (Die Verbrüderung mit dem Feind? So zu sagen....und irgendwie. Ich fühlte mich als Verräterin.....aber dennoch wohl und geborgen in Wanjas starken Armen. Und dieses Gefühl war mir nicht fremd.
Es ist leicht, oder könnte es sein, sich wieder an ihn zu gewöhnen. Dies war und ist mir mehr als klar.
Und während ich noch so dahin schwelgte, läutete mein iPhone. Es war Gunnar.
„Die Familie gedenkt heute noch einmal gemeinsam zu feiern. Bevor meine Mutter und Thomas nach Amerika abreisen. Komm bitte zu Carstens Wohnung. Wenn möglich noch vor dem Lunch.“
„Oh! Dann sollte ich mich aber sputen.“
„Derek kann dich zum Zentrum fahren und dann nimmst du deinen Wagen bis hier her.“, was MIR sagte, dass er nicht wusste, wo ich war. (Oder mich belog?)
Die Bilder folgten Gunnars Worten und schossen durch meinen Kopf. Was würde mit Lara geschehen? Müsste er sie nicht zurück zum Zentrum bringen? Dann würde er meinen Wagen stehen sehen. Ups.
„Okay. So machen wir es.“, sagte ich flink und ich bemerkte, wie Gunnar stockte und für einen kurzen Moment verwundert zu sein schien.
„Ja. Ich, ich...“, stotterte ich, „....muss mich dann beeilen....“
„Okay. Dann sehen wir uns.“
So behände es mir möglich war sprang ich aus dem Bett, zog mir etwas über, rannte nach draußen und fuhr mein Auto „weg“.
Aber womöglich kam Lara auch ein Taxi genommen......wer weiß.

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Es war keinerlei Zeit, um das Geschehene aufzuzeichnen. Gleichwohl ich schon am Tag zuvor damit begonnen hatte, zumindest einen Teil niederzuschreiben. Stück für Stück. Ach, hätte ich es doch nur gleich in den Blog gesetzt.....
Meine Gedanken auf Gunnar und das kommende Familien-Szenario gerichtet, sputete ich mich. Bereits Geistes abwesend frühstückte ich mit Wanja. Duschte und stylte mich rasch, und verabschiedete mich. Wanja schüttelte nur mit dem Kopf. Einen kurzen Augenblick nur dachte ich daran, dass er mich hätte aufhalten können. Doch er tat es nicht. Ließ mich ziehen..........

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Noch ein wenig bedauernd, dass ich Wanja schon verlassen musste, aber im gleichen Atemzug beflissen damit beschäftig mich auf Gunnar einzustellen und meine Gedanken zu ordnen, damit mir bloß kein Lapsus passiert, fuhr ich gen Stockholm. Denn Gunnar stöberte gern in meinem Kopf.
Die Feierlichkeiten liefen allesamt ziemlich zwanglos ab. Ich fragte Gunnar nicht nach dem Tag zuvor und Gunnar fragte auch mich nicht nach dem, was ich getan hatte. Zuweilen sah er mich nur forschend an. Ich wusste, er vermutete etwas! Sollte ich ihm vielleicht doch besser die Wahrheit gestehen? Schließlich war mein Motiv ein durchaus ehrenvolles. Und ich musste nun nicht explizit erwähnen, dass ich mit Wanja schlief. Nur würde er ganz bestimmt danach fragen. Was dann? Vorgeben „bestechend“ gewesen sein zu wollen?
Doch JETZT war sicherlich NICHT der richtige Zeitpunkt für derartige Gespräche.

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Ich hatte ein derart schlechtes Gewissen, sodass ich Gunnar letztendlich (beinahe) alles gestand. Um auf Nachsicht zu hoffen, spielte ich am Ende noch drei wesentliche Karten aus. Nur hat er ohnehin bereits (fast?) alles gewusst.
Ich begann mit Lara, damit das Ganze noch eine Steigerung erfuhr.
„Du weißt doch, dass ich ab und an zu Lara gehe.“, sagte er. „Ist das so schlimm?“
„Du hast sie mitgenommen auf eine Party der Familie.“
„Es war nur eine Party. Die Familienfeier ist heute. Deshalb bat ich dich dabei zu sein. Überdies wäre es mir lieber gewesen DU hättest mich begleitet, anstatt Lara. Schließlich bist DU, Rea, meine Frau.“
Nun spielte ER seine Karte aus......Also konterte ich mit der Nächsten.
„Genau genommen gedachte ich Wanjas Pläne zu erkunden und ihn gegebenenfalls sogar umzustimmen. Das er uns endlich in Ruhe lässt. Das war der Plan.“, argumentierte ich. Was zu Beginn meines Treffens mit Wanja sicherlich der Wahrheit entsprach. Nur vermochte ich Wanjas Charme nicht zu widerstehen. Aber DIES gedachte ich Gunnar nicht explizit auf die Nase zu binden. Er würde früh genug danach fragen. Da Gunnar sich nicht weiter dazu äußerte, spielte ich die letzte Karte aus. „Und WANN wolltest du mir eigentlich sagen, dass du beschlossen hast, dass WIR NICHT nach Deutschland ziehen.“
Gunnar kratzte sich verlegen am Kinn. „Oh! Das ist mir tatsächlich entfallen. Und außerdem war keine Zeit.“
„O-k-a-y.“, sagte ich langsam, um den Fokus des Gespräches doch eher auf Gunnars Verstoß zu halten. „Das bedeutet jetzt was?“
„Das wir in Schweden bleiben.“ Punkt! Somit war die „Sache“ vom Tisch.

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Als ich nicht viel später meinem Vater dieses hin und her erklärte, schien er sogar froh darüber zu sein. Was mich doch anfangs erstaunte. Doch angesichts der Drohungen, die er beständig erhielt, verstand ich seine Erleichterung. Er wäre ein großes Risiko eingegangen. So sind wir nun auf uns selbst gestellt.
Aber, würde ich nur Wanjas Flehen erhören, würde es mir um Vieles besser gehen.
(Und WAS wäre dann mit Gunnar?)

Schlussendlich dann doch noch die Frage: „Du hast mit ihm geschlafen. Oder?“
„Ja. Und du mit Lara.“