Gunnar war unsicher was er tun
sollte. Diskutierte mit den Männern beinahe den ganzen Morgen. Dann schließlich
rief er Kurt an, der ihm nichts anderes sagen konnte wie am Tag zuvor. „So weit
ich weiß, ist der Haftbefehl gegen dich und Erik aufgehoben und die Anklage
wurde fallen gelassen. Weil der Zeuge verschwunden und bisher nicht wieder
aufgetaucht ist. Das ganze Verfahren stand ohnehin auf wackligen Füßen, weil
der Zeuge von Anfang an ungläubig war. “
„Okay.“, sagte Erik. „JETZT fahren
wir gemeinsam nach Stockholm zum Revier und gehen den Dingen auf den Grund.
JETZT kann uns nichts mehr passieren und wir werden Klarheit erfahren.“
Alle waren still geworden. Saßen da
und starrten Erik an, als wäre er ein schwebender Guru, der gerade die
Erleuchtung erlangt hatte.
„Sollen wir euch begleiten?“, fragte
Derek nach einer Weile der Erstarrung.
„Nein. Das ist nicht notwenig.“
Gunnar schien die Entscheidung seines
Onkels mitnichten anzuzweifeln, stand auf, nahm meine Hand und zog mich hinter
sich her in unser Schlafzimmer, wo er begann sich für die Fahrt anzukleiden.
„Kommst du mit?“
Ich sah Gunnar verdutzt an. „Soll ich
denn?“
Er sah zurück zu mir und lächelte.
„Dann könnten wir doch gleich unsere
Sachen packen und zumindest noch bis Ende März im Zentrum, und in unserem Haus
bleiben.“, wagte ich mich vor.
Gunnar legte die Stirn in Falten und
hob die linke Augenbraue nach oben. „Eins nach dem anderen.“
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Natürlich mussten sich Erik und vor
allem Gunnar sicher sein, dass sie nun von polizeilicher Seite aus nichts mehr
zu befürchten hatten, bevor ich mit Gunnar zum Zentrum zurückkehren konnte.
Dies war mir selbstverständlich mehr als bewusst.
ICH wollte zurück nach
Hause,....solange es noch mein zu Hause war. Es genießen, mir noch einmal alles
mit wachem Auge und Verstand aufmerksam ansehen. Jeden Baum, jeden Strauch,
jeden Stein.
Ich vermisste mein Haus, den See, den
Park bereits jetzt, in der kurzen Zeit, in welcher wir bei Erik im Zauberwald
zu Gast waren. Dennoch wusste ich, dass es nötig gewesen war, dort zu
verweilen. Aber was dann, wenn wir das Zentrum für immer verlassen mussten.
Dort zu bleiben, war sicherlich keine Option für Gunnar. Denn, solange ich mich
an diesem Ort aufhalten würde, tat es Wanja ebenfalls und er würde immer wieder
versuchen, mich zu überzeugen, dass ich Gunnar abschwöre und mit ihm komme.
Aber gleichgültig wo wir auch hingingen, sicher wären wir vor ihm so wie so nirgendwo.
Das ist uns beiden klar.
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Auf dem Revier hatte es nicht wirklich
lang gedauert. Erik gab sich überaus selbstsicher und den Beamten zu verstehen,
dass ER gekommen sei, um die Dinge aufzuklären, sobald ER davon erfahren hätte.
Am Ende entschuldigte man sich noch
bei ihm, und auch bei Gunnar für die Unannehmlichkeiten.
Ich vermochte mir ein Grinsen nicht
zu verkneifen, und es ist mehr als erstaunlich, wenn man mit einem angemessenen
Abstand seinem Können zuzusehen darf. Erik ist in der Tat ein mächtiger Druide.
Seine Magie ist einfach großartig!
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Am Abend war ich dann endlich wieder
in meinem Haus. Ich dachte noch einmal kurz an Derek, Viggo und auch Joseph,
der erst vor einem Tag bei Erik angekommen war. Gut, dass ich mich von ihnen allen
hinreichend und ausgiebig mit Küsschen recht und links verabschiedet hatte. Nun
ja. Sie waren schließlich nicht aus der Welt. Sondern nur.....im Zauberwald.
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Der Tag hatte mich über die Maßen
erschöpf und wir gingen frühzeitig zu Bett. Jedoch vorher hatten wir Christine
und Thomas aufgesucht. Erik war zu diesem Zeitpunkt noch immer bei ihnen. Er
war zu Christine gegangen, um ihnen die hervorragenden Neuigkeiten selbst zu
überbringen. Der Erfolg wurde „gefeiert“ und wir feierten für einen kurzen
Augenblick mit.
Heute Morgen schliefen wir aus. Ich genoss
mein Bett und Gunnar an meiner Seite. Schmiege mich räkelnd an seinen warmen
Körper. Küsste und schmuste mit ihm. Schwelgte in der Zweisamkeit. Bis.....das
iPhone läutete und ich ließ es einfach klingeln.
Sex gab es keinen. Ich blute.
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Das Frühstück nahmen wir gemeinsam in
unserem Haus ein. Gingen nicht zum Restaurant (wo wir Wanja hätten treffen
können).
„Halte dich besser von ihm fern.“,
hatte Gunnar eindringlich zu mir gesagt. „Sei so lieb. Geh’ nicht zu ihm. Geh
ihm aus den Weg.“
Trotz all seiner Sorge um mich, nahm
ich da bereits mehr als nur einen subtilen Gedanken an Lara wahr. War Gunnar
etwa bereits die Nacht über bei ihr gewesen? So ausgelaugt wie ich war, hätte
ich es aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin nicht bemerkt. Zudem hatte ich ihn
am Abend noch gebeten, nachts doch bitte bei mir zu bleiben. Aber womöglich
fing ich gleichwohl nur den Gedanken „seiner Absicht“ auf und er würde erst
heute zu ihr gehen. Was ebenso wahrscheinlich sein konnte. Nur wie sollte ich
es überprüfen? Die Detektive stehen mir nun hier nicht mehr zur Verfügung.
Dafür hat Christine gesorgt. Warum sie das tat, ist mir allerdings unklar. Denn
hat sie nicht genau dadurch erfahren, dass ihr geliebter Thomes ebenfalls nicht
Mister Perfect ist?! Und sollte sie nicht glücklich darüber sein? Oder wollte
sie es womöglich überhaupt nicht wissen? Oder hatte sie es doch von jemand
anderen erfahren? Von Thomas selbst.....wohl kaum.
Ja. Natürlich, Den Kopf in den Sand
stecken. Sa sähe einer Frau in ihrem Alter
ähnlich und ist doch oft die beste und friedlichste Lösung....zumindest....
für den Mann.
Da mir Gunnar vor nicht all zu langer
Zeit geschworen hatte stets die Wahrheit zu sagen, fragte ich ihn am Ende
einfach danach nach Lara und was ich wahrgenommen hatte.
Gunnar zögerte, bevor er mir
antwortete: „Ich war bereits heute Nacht bei ihr.“
Ich hielt den Atem an. Gedachte mich
zu erbosen. Gunnar hob die Hand und kam auf mich zu. Legte seine Arme um mich
und drückte mich fest an sich. „Schschschsch. Alles ist gut. Du hast so fest
geschlafen, da dachte ich, ein, zwei Stunden zu Lara zu gehen, wäre okay.“
Ich schüttelte leicht den Kopf.
Gunnar bemerkte es kaum. Dennoch drückte er mich noch fester an sich.
„Schschsch. Alles ist gut. Sie lässt dich grüßen.“
Nun löste ich mich energisch aus
seinen Armen und sah ihn zornig und unwillig an. „Ich kann nicht glauben was du
da sagst.“
„Sie möchte nach wie vor deine
Freundin sein.“, unterbrach er mich.
„Das glaube ich nicht! Sie will dich!
Bemerkst du das nicht. Sie will uns trennen. Schleicht sich in unser Leben ein.
Will Freundschaft zu mir, obwohl sie mich hasst.“
„Nein. Das tut sie nicht!“, entgegnete
Gunnar vehement.
„Woher weißt du das? Weil SIE es dir
sagte? Ha! Wie naiv bist DU denn?“, trumpfte ich auf. „Bei Malika vermochte ich
es mir noch vorzustellen. Mit ihrer Vergangenheit. Aber Lara ist eine falsche
Schlange.“
„Nein. Nein.“, beschwichtigte er
mich. „Das ist sie nicht. Wie kommst du nur darauf?“
„Das ist eine wirklich dämliche
Frage. Meinst du nicht?!“
Nun fasste Gunnar mit seinen Händen
meine Schultern. Hielt mich vor sich und sah mir eindringlich in die Augen.
„Lass gut sein jetzt. Ich habe dir ehrlich gessagt, wo ich heute Nacht gewesen
war. Das hatten wir ausgemacht und ich halte mich daran. Und eigentlich hätte
ich jetzt Lust auf mehr. Und am 16. Februar ist Sivs Geburtstag und ich möchte,
dass du mich begleitest.“, tischte er mir nach und nach alles auf, was er
offenkundig auf dem herzen hatte. Anscheinend hielt er die Gelegenheit für
günstig.
Ich riss mich los. „NEIN! Und was
bedeutet Lust auf mehr?“
„Dass ich jetzt noch einmal zu Lara
gehe. Oder zu jemand anderen. Weil mir schlicht und einfach im Augenblick
danach ist. Und ich spreche es offen und ehrlich vor dir aus. Wie ich es
versprach.“
Ich verschränkte trotzig die Arme vor
meinen Körper. „An WEN hast du denn dabei gedacht?“
Gunnar sog hörbar die Luft in seine
Lungen. „Phhuu. Ich weiß es noch nicht genau. Vielleicht an eine der
knabenhaften kleinen Chinesinnen.“ Er zwinkerte mir zu und ich wandte mich ab.
„Das ist ein Scherz. Oder?“
Gunnar grinste und kam erneut auf
mich zu. Blieb aber vor mir stehen. „Ja. Vielleicht. Ich weiß es in der Tat noch
nicht genau. Und eigentlich gedachte ich jetzt zu meiner Mutter zu
gehen. Kommst du mit?“ Er grinste.
Konnte ich ihm da noch böse sein????