Mittwoch, 4. Februar 2015

In guten wie in schlechten Zeiten!



Bin ich im falschen Film?
Und ich meine in einen dieser alten Klassiker, wo das Rollenverhalten der Frau noch deutlich heraus gekehrt wird. Wo der Mann mit Pfeil und Bogen auf die Jagd geht und die Frau zu Hause am Herd zu kochen hat?!
Bisher war es stets so, auch wenn wir länger hier bei Erik waren, dass ich als Gast behandelt wurde. Nun scheine ich in die „Sippe“ integriert worden zu sein. Denn als „vollwertiges“ Mitglied dieser, hat man gleichwohl nicht nur Rechte, sondern ebenso  Pflichten zu erfüllen.

-------

Männer- und Frauen-Welten - ....du kannst das schon...
Als ich heute Morgen aufwachte, war ich ganz allein. Gunnar, Erik und Viggo waren  verschwunden und ein Zettel lag auf dem Tisch, dass ich Frühstück zubereiten solle. Es würde „gezaubert“ und sie wären im Wald.
Bereits gestern hatte ich mich hier viel zu viel betätigt (-en müssen). Deshalb auch kein diary Eintrag.
Wir frühstückten gemeinsam und ich war noch so stolz auf mein vollbrachtes Werk, da meldete sich Erik zu Wort: „Rea, wir drei müssen noch einmal weg. Es wäre schön, wenn du etwas für uns kochst.“
Ich hielt kurz den Atem an und räusperte mich. „Ich?“, fragte ich ungläubig und ein wenig missbilligend.
„Ja. Du. Sieh dich in Küche und Speisekammer um. Du wirst sicher finden, was du brauchst.“
Ein schiefes Grinsen überflog mein Gesicht. „Und du bist sicher, dass euch das dann auch schmecken wird?“
Die Männer lachten.
„Versuch’s einfach.“
Okay. Kaffe zu kochen und einen Frühstückstisch anzurichten, ist immerhin noch im Rahmen des Überschaubaren und Möglichen für mich. Etwas, was ich „notfalls“ kann. Jedoch ein komplettes Mittagessen für vier Personen zuzubereiten, ist eine etwas „andere Kategorie“.
Als die Männer das Haus verlassen hatten war ich drauf und dran ins Zentrum zu fahren und einige Gerichte von dort zu besorgen. Nur war ich mir nicht sicher, ob ich den Weg hier her zurück finden würde.

--------

Wer bin ich denn?
Gunnar gibt sich lässig, scheint nicht im Geringsten an seiner derzeitige Misere interessiert und fühlt sich offenkundig wohl in dieser klischeehaften, zu triefst patriarchalen Rolle als „richtiger Mann“ unter Männern. Was ich jedoch von der Meinen, als patriarchal, funktionierende Frau halte, ist hier offensichtlich vorerst nicht wirklich von Belang.
Mag sein, dass ich dieser Aufgabe selbstverständlich gewachsen bin. Dennoch war ich mir nicht bewusst, dass ich mich hier in dieser Art zu betätigen habe. Seit Jahren bereitete ich mir nicht einmal meine Getränke selbst zu. Und nun musste ich eine gesamte Mahlzeit kochen, welche drei Männer und eine Frau verköstigen sollten?
Die letzten Versuche derartiges zu vollbringen, lagen eine sehr lange Zeit zurück, und ich erinnere mich noch gut an Jack, der versuchte aus mir eine „Hausfrau“, nach seinen gut dünken zu machen, ......die ich nicht zu werden gedachte. Vor allem: Warum?
Es war nicht an mir......zu kochen. Sondern, kochen zu lassen. Nichts von all’ dieser Hausfrauen-Scheiße war meine Intension. Punkt! Überdies fehlt mir JETZT schlicht  und einfach die Kraft dazu.
Nun gut. Ich tat wie mir geheißen und es gelang mir tatsächlich. Kochte Nudeln, wozu nun in der Tat nicht viel gastronomisches Wissen gehört. Das Gemüse geschmort und in Eriks Speisekammer fand ich sogar eine Sojasoße, welche dazu passte.
Das Essen waren fertig und angerichtet als die Männer kamen. Sie monierten nichts und aßen (als wäre das alles so restlos selbstverständlich und „normal“).
Erik verzog keine Miene. Aber Viggo und Gunnar grinsten und zumindest mein Ehemann lobt mich. Nur stolz vermochte ich darauf nicht zu sein. Da regte sich eher der Widerwille gegen das patriarchale Rollenverteilungsklischee. Zudem war ich es nicht gewohnt als Dienstmagd zu fungieren. Wer bin ich denn?

-------

Wo ist mein Geld?
Kaum hatten wir zu Ende gegessen und ich war gerade dabei noch einen Espresso für uns alle zu servieren, als mein iPhone läutete. Der Makler war dran.
„Frau Sølgård, es tut uns leid, aber ihr Bankkonto ist gesperrt. Wir müssen die Umbau- und Renovierungsarbeiten an ihrem Haus vorerst still legen.“
„W-A-S?! Das kann nicht sein!“
„Was ist passiert?“, fragte Gunnar erschocken dazwischen.
Ich hob die Hand. „Einen Augenblick.“
„Wir haben jetzt schon hier einige Rechnungen liegen, die noch offen sind.“
Ich war fassungslos. Wie konnte das sein? Unmöglich!
„Ich melde mich wieder.“, sagte ich übereilt. Legte auf, gab die Kurzfassung weiter und kontaktierte die Bank.
„Ah Frau Sølgård. Wir versuchten bereits sie zu erreichen. Da ist eine derart hohe Summe von ihrem Konto abgegangen und das Zweite wurde aufgelöst.“
„W-A-S?! Nein! Nein!. Ich habe nichts dergleichen angewiesen! WO IST MEIN GELD???!“
„Es wurde alles auf ein Auslandskonto transferiert.“
„WOHIN?“
„Auf die Cayman Inseln.“
„Transferieren sie mein Geld zurück, wo es hingehört. Pronto!“
„Das geht nicht so leicht. Sie haben es dort offenkundig eingefroren. Angelegt oder ähnliches, sodass man es nicht zurückholen kann.“
„ICH?? Ich habe nichts dergleichen getan!“
Das Gegenüber fing an zu stottern. „Aber,...wir dachten...“
Ich schnaufte durch. „Finden sie einen Weg, das, was da auch immer geschehen ist, rückgängig zu machen!“
„Es wäre gut, wenn sie zu uns kommen. Meinen sie nicht?“, fragte der Mitarbeiter der Bank mit einer Impertinenz in der Stimme, die meinen Zorn entfachte. Was bildete er sich ein?! Ein derartiger Tonfall, der Geldnot und hochstapeln suggeriert, war mir neu! War ICH jetzt etwa an allem Schuld? Und überdies schien ich nun mittellos zu sein? Was genau genommen unmöglich ist. Daher sprach ICH in meiner gewohnten, dominanten Art unbedarft weiter. Gerade so, als hätte man mir nicht gerade Täuschung unterstellt.
„Wenn sie mein Geld wieder haben, dann sagen sie mir Bescheid.“, antwortete ich zornig und legte auf.
Die Männer saßen still um mich herum und hatten mir zugehört.
„Was willst du tun?“, fragte Gunnar mit einem forschenden Blick. „Zur Bank gehen?“
„Nein!“, antwortete ich widerwillig. „Natürlich nicht. Ich rufe meinen Vater an.

Dieser schien total verstört. „Ich kann dir nicht helfen Kind. Man bedroht mich noch immer. Mit wem hast du dich da nur angelegt?“
„Mit niemandem, so weit ich weiß.“
„Es müssen mächtige Leute sein.“
„WIE bedroht man dich denn?“, fragte ich schließlich. Alldieweil ich mir nicht vorzustellen vermochte, wie und mit was man meinen Vater gefügig machen konnte.
Er räusperte sich. „Das ist jetzt nicht relevant.“
Natürlich wollte er mir nichts sagen. Das war mir klar. „Erpresst man dich vielleicht. Und wenn mit WAS?“
„Kind. Das geht dich nun wirklich nichts an.“

-------

Eine völlig neue Situation!
Jetzt stehe ich offensichtlich gänzlich allein mit Gunnar da. Nichts ist mir geblieben. Nur Schulden und wir einigten uns darauf, dass Gunnar diese vorerst mit „seinem“ (dem UNS verbleibenden) Geld begleicht. Was bedeutet, dass auch er dann Pleite ist und....wir das neue Haus auf Eis legen, oder ganz und gar (vorläufig??) vergessen können.
„Ich geh’ dann jobben. Als Model vielleicht. Und wir mieten uns in einer Wohnung ein.“, witzelte Gunnar noch, der offensichtlich nicht den Ernst der Lage erkannte. Oder doch????
„Verstehst du nicht was geschehen ist? Das Zentrum ist nach Konkurs verkauft. Mein gesamtes Geld ist weg, irgendwo und mein Vater kann mir nicht helfen. Ich habe alles verloren und nichts außer Schulden.“
„Du hast mich.“, warf Gunnar zwinkernd ein und ich überhörte ihn.
„Jetzt kannst du beweisen, wie sehr du mich liebst.“, sagte ich niedergeschlagen und völlig mutlos zu ihm. „Verstehst du nicht? Ich bin arm.“
Gunnar stand auf, stellte sich hinter meinen Stuhl und legte seine Arme um meinen Hals. Beugte sich herunter zu mir, küsste mich aufs Haar und drückte mich fest. „Mach dir keine Sorgen. Ich liebe dich auch noch wenn du so arm bis wie eine Kirchenmaus.“
Ich riss mich los. „Das finde ich nun wirklich nicht witzig!“, verwehrte ich mich.
„Dein Geld muss irgendwo sein.“, meldete sich nun Erik zu Wort. „Es kann nicht einfach so verschwinden. Und wenn, dann muss man es wieder finden.“
„Sie sagen, dass das im Augenblick nicht möglich ist.“
„Im Augenblick.“, bemerkte Erik in beruhigendem Ton und lächelte mir zu. „Diese ganze Misere ist nur vorübergehend und ich bin mir sicher, dass dein Russe daran nicht unbeteiligt ist.“
„Was? Nein.“  Ich schüttelte heftig den Kopf.
„Glaubst du immer noch nicht, dass er einen Rachefeldzug gestartet hat?“, warf Gunnar ein.
„Ja, aber....“, begann ich zu stottern, weil ich es nicht zu glauben vermochte, „ich weiß dass er....“
„Wir sollten ihn zur Rede stellen.“, bemerkte Viggo nun spöttisch und mitnichten ernst gemeint.
Erik wandte sich nun wieder an mich. Griff meine Hände und fixierte meine Augen, gerade so, als wollte er mich in Hypnose versetzen. „Vorerst ist wichtig, dass Gunnars Haftbefehl aufgehoben wird. DANN können wir uns um die anderen Dinge kümmern. Bis dahin sucht ihr euch eine kleine, billige Wohnung und Gunnar arbeitet als Model. Damit müsstet ihr für eine Weil, bis du dein Geld wieder hast, gut zu Recht kommen, wenn ihr sparsam seid. Außerdem steht euch immer noch die Möglichkeit offen, bis April im Zentrum zu bleiben. Und das wie bisher....kostenlos.
Ich war fassungslos. Saß nur da mit offenem Mund. Starrte vor mich hin und verstand nicht wirklich, was das  (für eine Weile?) für mich, für uns, bedeuteten wird.
ICH sollte leben wie eine „gewöhnliche“ Frau??????????????
Arbeiten konnte ich aufgrund meiner Kränklichkeit ohnehin nichts und wäre somit auf den (kärglichen!!!) Verdienst meines Ehemannes angewiesen.
NEEEEIIIIINNNNNNNNNNNNNNNN............
„Denkt ihr wirklich, dass dies alles auf Wanjas Vergeltungsakt zurückzuführen ist?“, fragte ich noch einmal vorsichtig an.
Die Männer lachten und sprachen mit gebündelter Stimme: „Ja.“
„Warum sollte er so etwas tun?“
„Er will euch beide in die Knie zwingen.....“, begann Erik den Satz,
„.....dass du tust, was er sagt.....“, folgte Gunnar als Zweiter Sprecher und Viggo vollendete die Aussage: „.....Gunnar verlässt und zu ihm gehst, wie er es will.“
Einen kurzen, ganz kurzen Augenblick dachte ich darüber nach, OB ich es tun sollte. DANN hätte unser aller Martyrium ein Ende. Ich hätte mein Geld zurück. Wäre nicht mehr mittellos und auf Gunnar angewiesen. Das Zentrum wäre wieder in Christines Hand und auch sie wäre wieder glücklich. Überdies könnte ich dort weiter wohnen (MIT Wanja natürlich!!!) und das sogar noch als Chefin wie bisher. Wäre das nicht leichter für uns alle? Außer für Gunnar vielleicht.
Aber NEIN! Ich werde das nicht tun. Wir werden kämpfen und zueinander halten. Gunnar und ich. Gleichgültig, was auch immer geschieht. SO wie wir es vereinbarten. SO, wie wir es uns schworen, an dem Tag, als wir heirateten: „In guten, wie in schlechten Zeiten!“