Die Männer waren den gesamten Tag
beschäftigt. Offensichtlich mit Vorbereitungen zu einem Ritual. Gunnar und Erik
waren sogar bis nach Mitternacht verschwunden. Ließen mich bei den anderen.
Derek war selbstredend derjenige, der sich nun für mich verantwortlich fühlte.
Er war an meiner Seite und Viggo beanstandete, warum ER es nicht war. Und ich
vermochte nicht mehr zu entscheiden, ob seine Worte ausschließlich dem Humor
entsprangen, oder ernst gemeint waren. Seine Augen verrieten eine bestimmte
Nachdrücklichkeit. Mir war jedoch nicht wirklich nach schäkernden Gesprächen
zumute. Ich hatte in diesem Augenblick ganz andere Sorgen. Panikattacken. Und
kurz zuvor hatte ich mich mit Derek über seine so offensichtliche „zweite
Position“ unterhalten. Wie ER sich fühlt.....dabei. Da begann urplötzlich
mein Herz zu rasen und es überkam mich ein Schwächegefühl. Der Atem stockte.
Ich rang nach ihm und hechelte. „Halt mich!“, rief ich Derek nur noch zu, der
zumindest bereits wusste, was zu tun war. Mir schwanden die Sinne und
gleichzeitig waren sie voll da. Mein Mund war trocken und da lag ein Kilo
schwerer Stein auf meiner Brust, der drohte mich zu erdrücken.
Viggo ließ seine Witzelei, als er
bemerkte, das da etwas Erstes vor sich ging. Sah betroffen und starren Blickes zu. Kaute auf seinem
hölzernen Zahnstocher herum. Seinen Augen entnahm ich eine Unsicherheit und
Sorge und ebenso den Drang noch augenblicklich zu mir zu gehen. Joseph war
unruhig. Wie auf dem Sprung. Taylor hielt sich doch eher im Hintergrund.
Nur gut, dass dieser Zustand nicht
all zu lange anhielt. Andererseits wusste ich, dass er sich zumeist in kurzen
Abständen wiederholte und es erleichternd war zu wissen, dass da jemand an
meiner Seite war.
„Warum kann ich das nicht tun?“,
fragte Viggo so unschuldig und ahnungslos.
„Es tut mir leid Viggo.“, sagte ich,
als es dann endlich vorüber war und ich mich ein wenig besser fühlte. „Derek
weiß mittlerweile damit umzugehen.“
„Kann ich es lernen. Ich brauch’ ihm
doch nur zuzuschauen.“
Ein kurzes Lächeln huschte über mein
Gesicht und ich bemerkte wie wichtig es ihm war mit beizustehen.
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Ich vermochte nicht wirklich zu
ergründen, was am Abend in Gunnar vor sich ging, als er zu Viggo sagte: „Komm.
Versuch es. Leg’ dich zu ihr.“
Ich stutzte. Wie bitte? Was war jetzt
geschehen?
Gunnar gebot mir lächelnd und nickend
abzuwarten. Hob kurz die Hand.
„Was ist DAS für ein Experiment?“,
fragte ich wage und ließ sich Viggo neben mich legen. Er lächelte und ich legte
zögernd meinen Kopf auf seine Brust. Viggos Arm berührte mich sanft und er
hielt mich.....zumindest für eine Weile, die er sicherlich genoss. Mir, war es
ein wenig unangenehm. Was jedoch nicht an Viggo lag. Sondern, dass Gunnar es
initiierte und daneben stand. Aber er ging nach einigen Minuten und schloss die
Tür. Ich verhielt mich ruhig und wartete ab. Viggo machte keinerlei Anstalten
etwas zu tun (was ich vielleicht erwartet hätte.) Drückte mich nur an sich und
küsste mich auf die Stirn. Ich konnte seinen Atem hören und sein Herz, wie es
schlug. Er roch nach Harz und Kiefernholz. War es nicht wie auf weichem Moos im
Wald zu liegen. Dachte ich kurz und lächelte vor mich hin.
Nach einer Weile wurde ich unruhig.
Wo war Gunnar? Was sollte das jetzt hier. Ich war erschöpft. Gedachte zu
schlafen und nicht Versuchskaninchen zu sein.
Ich richtete mich auf und rief nach
Gunnar. Viggo sah ich die Enttäuschung an. Aber es ging mir nicht um ihn. Denn
ich war unsicher, ob Gunnar nicht gleichermaßen mein Verhalten testen wollte.
Er öffnete nach kurzer Zeit die Tür
und löste die Situation zu meiner Erleichterung auf. Legte sich zu mir ins Bett
und ich begann zu imaginieren. SO, wie ich es täglich, und vor allem vor dem
Schlafen gehen tun sollte. Heilen. Ent-krampfen. Ent-schmerzen. Und das weiße
Licht, das so schwer zu fangen ist.
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Heute Morgen bedrängte ich Gunnar
erneut doch ins Zentrum zu fahren.
Er schnaufte. „Gut. Meinetwegen.
Versuchen wir es.“
Ich strahlte ihn an.
Er verzog den Mund. „Ich weiß, wie
gern du dort bist. Aber bedenke.....“
Ich ließ ihn nicht ausreden. „Natürlich.
Ich soll vorsichtig sein.“
Wir nickten uns zu und jeder von uns
beiden wusste, worum es ging.
Und mir ganz persönlich ging es dabei
nicht um Wanja, oder Gunnar. Sondern allein um mich.
Zumindest dachte ich das.........
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Wir fuhren noch vor dem Frühstück und
aßen im Restaurant.
Derek hatte gefragt, ob er uns
begleiten solle. Erik sagte: „Nein.“ und lächelte. „Wir komme alle mit.“
Ähhh. Ja!
„Es ist nicht nur wegen dem Russen,
weswegen ich nicht möchte, dass du hier noch länger verweilst.“, sagte Gunnar
und nahm einen Schluck Kaffee aus seine Tasse. „Du bist immer so traurig hier.“
Yes. As a matter of fact. Der Wehmut erfasst
mich immer wieder an diesem Ort. Vor allem jetzt, wo ich fort gehen muss. Es
ist so bedauerlich und beklagenswert, dass dieser Platz so „ver-un-reinigt“
wurde von Leuten, die ihn nicht einmal zu schätzen wissen. Konnten sie sich
nicht einen anderen suchen? Wieso hatte ICH dieses Pech?
Und es kann nicht ausschließlich
Wanjas Schuld sein. Das glaube ich nicht! Er hat nur aufgegriffen, was bereits
im Entstehen war, um Rache zu nehmen und mich gefügig zu machen. Weil er noch
immer und partout (unbedingt) mein Mann werden/sein will.
Und am Ende stellt sich mir immer
noch und immer wieder die Frage, warum ich hier überhaupt fort gehen muss???
Weil Wanja es so will? Oder Gunnar?
Oder beide? Oder was?
Gibt es denn keinerlei Möglichkeit
doch hier zu bleiben?
Ich kenne eine......die ich nicht
wirklich will. Aber doch manchmal aus Verzweiflung in Erwägung ziehe. Dennoch werde ich nicht
zur Verräterin. Bleibe loyal meinem Ehemann gegenüber. Schließlich liebe ich
ihn!