Freitag, 27. Februar 2015

Männer und ein merkwürdiges Experiment



Die Männer waren den gesamten Tag beschäftigt. Offensichtlich mit Vorbereitungen zu einem Ritual. Gunnar und Erik waren sogar bis nach Mitternacht verschwunden. Ließen mich bei den anderen. Derek war selbstredend derjenige, der sich nun für mich verantwortlich fühlte. Er war an meiner Seite und Viggo beanstandete, warum ER es nicht war. Und ich vermochte nicht mehr zu entscheiden, ob seine Worte ausschließlich dem Humor entsprangen, oder ernst gemeint waren. Seine Augen verrieten eine bestimmte Nachdrücklichkeit. Mir war jedoch nicht wirklich nach schäkernden Gesprächen zumute. Ich hatte in diesem Augenblick ganz andere Sorgen. Panikattacken. Und kurz zuvor hatte ich mich mit Derek über seine so offensichtliche „zweite Position“ unterhalten. Wie ER sich fühlt.....dabei. Da begann urplötzlich mein Herz zu rasen und es überkam mich ein Schwächegefühl. Der Atem stockte. Ich rang nach ihm und hechelte. „Halt mich!“, rief ich Derek nur noch zu, der zumindest bereits wusste, was zu tun war. Mir schwanden die Sinne und gleichzeitig waren sie voll da. Mein Mund war trocken und da lag ein Kilo schwerer Stein auf meiner Brust, der drohte mich zu erdrücken.
Viggo ließ seine Witzelei, als er bemerkte, das da etwas Erstes vor sich ging. Sah  betroffen und starren Blickes zu. Kaute auf seinem hölzernen Zahnstocher herum. Seinen Augen entnahm ich eine Unsicherheit und Sorge und ebenso den Drang noch augenblicklich zu mir zu gehen. Joseph war unruhig. Wie auf dem Sprung. Taylor hielt sich doch eher im Hintergrund.
Nur gut, dass dieser Zustand nicht all zu lange anhielt. Andererseits wusste ich, dass er sich zumeist in kurzen Abständen wiederholte und es erleichternd war zu wissen, dass da jemand an meiner Seite war.


„Warum kann ich das nicht tun?“, fragte Viggo so unschuldig und ahnungslos.
„Es tut mir leid Viggo.“, sagte ich, als es dann endlich vorüber war und ich mich ein wenig besser fühlte. „Derek weiß mittlerweile damit umzugehen.“
„Kann ich es lernen. Ich brauch’ ihm doch nur zuzuschauen.“
Ein kurzes Lächeln huschte über mein Gesicht und ich bemerkte wie wichtig es ihm war mit beizustehen.

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Ich vermochte nicht wirklich zu ergründen, was am Abend in Gunnar vor sich ging, als er zu Viggo sagte: „Komm. Versuch es. Leg’ dich zu ihr.“
Ich stutzte. Wie bitte? Was war jetzt geschehen?
Gunnar gebot mir lächelnd und nickend abzuwarten. Hob kurz die Hand.
„Was ist DAS für ein Experiment?“, fragte ich wage und ließ sich Viggo neben mich legen. Er lächelte und ich legte zögernd meinen Kopf auf seine Brust. Viggos Arm berührte mich sanft und er hielt mich.....zumindest für eine Weile, die er sicherlich genoss. Mir, war es ein wenig unangenehm. Was jedoch nicht an Viggo lag. Sondern, dass Gunnar es initiierte und daneben stand. Aber er ging nach einigen Minuten und schloss die Tür. Ich verhielt mich ruhig und wartete ab. Viggo machte keinerlei Anstalten etwas zu tun (was ich vielleicht erwartet hätte.) Drückte mich nur an sich und küsste mich auf die Stirn. Ich konnte seinen Atem hören und sein Herz, wie es schlug. Er roch nach Harz und Kiefernholz. War es nicht wie auf weichem Moos im Wald zu liegen. Dachte ich kurz und lächelte vor mich hin.
Nach einer Weile wurde ich unruhig. Wo war Gunnar? Was sollte das jetzt hier. Ich war erschöpft. Gedachte zu schlafen und nicht Versuchskaninchen zu sein.
Ich richtete mich auf und rief nach Gunnar. Viggo sah ich die Enttäuschung an. Aber es ging mir nicht um ihn. Denn ich war unsicher, ob Gunnar nicht gleichermaßen mein Verhalten testen wollte.
Er öffnete nach kurzer Zeit die Tür und löste die Situation zu meiner Erleichterung auf. Legte sich zu mir ins Bett und ich begann zu imaginieren. SO, wie ich es täglich, und vor allem vor dem Schlafen gehen tun sollte. Heilen. Ent-krampfen. Ent-schmerzen. Und das weiße Licht, das so schwer zu fangen ist.

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Heute Morgen bedrängte ich Gunnar erneut doch ins Zentrum zu fahren.
Er schnaufte. „Gut. Meinetwegen. Versuchen wir es.“
Ich strahlte ihn an.
Er verzog den Mund. „Ich weiß, wie gern du dort bist. Aber bedenke.....“
Ich ließ ihn nicht ausreden. „Natürlich. Ich soll vorsichtig sein.“
Wir nickten uns zu und jeder von uns beiden wusste, worum es ging.
Und mir ganz persönlich ging es dabei nicht um Wanja, oder Gunnar. Sondern allein um mich.
Zumindest dachte ich das.........

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Wir fuhren noch vor dem Frühstück und aßen im Restaurant.
Derek hatte gefragt, ob er uns begleiten solle. Erik sagte: „Nein.“ und lächelte. „Wir komme alle mit.“
Ähhh. Ja!

„Es ist nicht nur wegen dem Russen, weswegen ich nicht möchte, dass du hier noch länger verweilst.“, sagte Gunnar und nahm einen Schluck Kaffee aus seine Tasse. „Du bist immer so traurig hier.“
Yes. As a matter of fact. Der Wehmut erfasst mich immer wieder an diesem Ort. Vor allem jetzt, wo ich fort gehen muss. Es ist so bedauerlich und beklagenswert, dass dieser Platz so „ver-un-reinigt“ wurde von Leuten, die ihn nicht einmal zu schätzen wissen. Konnten sie sich nicht einen anderen suchen? Wieso hatte ICH dieses Pech?
Und es kann nicht ausschließlich Wanjas Schuld sein. Das glaube ich nicht! Er hat nur aufgegriffen, was bereits im Entstehen war, um Rache zu nehmen und mich gefügig zu machen. Weil er noch immer und partout (unbedingt) mein Mann werden/sein will.

Und am Ende stellt sich mir immer noch und immer wieder die Frage, warum ich hier überhaupt fort gehen muss???
Weil Wanja es so will? Oder Gunnar? Oder beide? Oder was?
Gibt es denn keinerlei Möglichkeit doch hier zu bleiben?
Ich kenne eine......die ich nicht wirklich will. Aber doch manchmal aus Verzweiflung  in Erwägung ziehe. Dennoch werde ich nicht zur Verräterin. Bleibe loyal meinem Ehemann gegenüber. Schließlich liebe ich ihn!