Sonntag, 4. August 2013

Erinnerungen - Gefühle kehren zurück



Mit Wanja ist anders fühlen. Erinnerungs-Fühlen.
Wir hatten eine außergewöhnliche, phänomenale, großartige und überdimensionale Liebe, die vor mehr als zehn Jahren begann. Sie war so mächtig, dass ich glaubte nicht ohne ihn leben zu können. Keinen einzigen Atemzug wollte ich ohne Wanja sein. Tag und Nacht an seiner Seite. Gleichgültig, wo er sich aufhielt.
Eine Weile lang war das auch so. Bis, nun, bis sich der Alltag einschlich. Ich ihn und seine Gewohnheiten besser kennen lernte.
Wir hatten in der Tat ein große Liebe, die lange Zeit und noch darüber hinaus anhielt. Bis zum  heutigen Tag. Einmal mehr. Einmal weniger. Auch wenn wir uns zeitweise aus den Augen verloren, war sie immer da. Irgendwie. So ganz ins Geheim. Im Verborgenen. Kaum merklich. Fast nicht spürbar. Jedoch gegenwärtig. Oder kam es mir nur so vor.
Wanja meint, ER hätte stets an mich gedacht und immer gewusst, wo ich war. Mich immer geliebt und nie aufgegeben. Versucht mich zurück zu erobern. „Das weißt du doch. Oder?“
Ja. In der Tat. Daran vermag ich mich sehr gut zu erinnern. Wenn es sein musste, sogar mit Gewalt(?).
ER würde mich am aller liebsten entführen. Wie er es bereits schon einmal tat.
Mit mir weg fliegen. Gleich wohin. Wo ich sein bin. Ganz und gar sein.
Er muss dabei nicht auf Zeiten achten. Nein. Er hat sein eigenes Flugzeug.

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Ich schrieb bereits einige Male darüber, aus welchem Grund ich mich damals von ihm trennte. Einerseits war es das Kennen lernen von Felicio. Andererseits die Glamourwelt, in der Wanja lebt. Welche mir jedoch niemals zusagte. Gerade dann, als er zu Geld gekommen war, hatte ich ihn verlassen.
Darüber hinaus waren da zu viele Regeln. Zu viel Enge. Zu viel Strenge. Es gab ausschließlich ein entweder oder. Nicht ein sowohl als auch. Es gab keinerlei Nachlässigkeiten. Nicht die kleinste Liederlichkeit. Alles bewegte sich in absolut korrekten Bahnen. Die militärische Ordnung in seinem Leben war mir stets suspekt und oft unerträglich.
Nun, Wanja lebt noch immer in dieser, seiner Welt. Nicht wirklich etwas für mich. Obgleich er sich in der Tat alle Mühe gab und gibt mich zurück zu gewinnen. Seine rehbraunen Augen strahlen, wenn er mich ansieht. Mich berührt. Mich küsst.
Er genießt jeden Augenblick. Genoss jeden einzelnen seiner Stöße während er in mir war. Er ist zweifelsohne noch immer überaus verliebt in mich.
„Warum haben wir uns noch mal getrennt?“, fragte er.
Ich antwortete nicht. Lächelte nur.
Natürlich würde es am liebsten sehen, wenn ich tatsächlich zurück zu ihm käme.
Könnte ich es mir vorstellen?
Eine durchaus delikate Frage! (Welche ich aller Wahrscheinlichkeit nach mit „Ja“ beantworten würde. Zumindest und vorerst dieser Tage.)
Über seinen Aufenthalt in Italien, bei welchem ihm seine PR Freundin begleitet hatte, sprachen wir nur kurz. Es, sie wäre zu unwichtig, um unsere gemeinsame Zeit damit zu vergeuden.
Wanja erzählte mir stattdessen über seine Alpträume. Wie er von Dämonen gejagt würde und in Abgründe stürzte. Sie nähmen an Intensität zu, sobald er hier im Zentrum wäre. Was für mich nun die Frage der Ursache aufwirft. Hat Gunnar ihn möglicherweise tatsächlich verhext? Weil er in ihm einen ernstzunehmenden Konkurrenten sieht. Was ich Wanja gegenüber jedoch niemals andeuten würde. Er hat für dergleichen „Aberglaube“ ohnehin keinen Sinn.
„Wie war es in den letzten zwei Nächten?“, fragte ich ihn, nicht ohne einen Hintergedanken.
Er holte einen tiefen Atemzug, hob die Augenbrauen und legte die Stirn in Falten. Fuhr sich mit der Hand übers Kinn und schüttelte mit dem Kopf. „Es ist kurios. Aber die letzten zwei Nächte, die wir miteinander verbrachten, war nichts. Keine Dämonen. Niemand der mich jagte. Viel mehr Ruhe und Frieden.“
Er zwinkerte mir ein wenig gequält zu. „Erstaunlich. Nicht wahr?“
„Du lügst mich an?“, bezichtigte ich ihn sogleich der Flunkerei.
„Nein. Es ist tatsächlich so.“

Die Ursache des Brandes wurde bis dato ebenso wenig gefunden wie der möglichen Täter. Selbst Wanjas Reichtum hat in diesem Fall offensichtlich keinerlei Einfluss.

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Troels rief mich an. Fragte wie es mir ginge.
Ich ließ ihn „abblitzen“. (Was selbstredend überaus niederträchtig von mir war.)

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Christine meide ich tunlichst. Marie und Adam ebenso. So leid es mir auch tut.  Um Adams Willen. Es sind deren Angelegenheiten. Nicht die Meinen.
Mag sie sich von ihm scheiden lassen. Oder sich mit ihm versöhnen. Es ist mir gleich. Ebenso, wenn sie Felicio fickt.
Wanja ist Marie bekannt. Er war einige Male mit mir in New Orleans. Ihm könnte sie  ebenso Avancen entgegen bringen. Jedoch ist sie mit Nichten Wanjas  Typ.
Ich mutmaße ohnehin, dass sie sich vornahm durch die Reihen meiner Männer zu ficken. Ich denke dabei an das jüngste Ereignis mit Ian.
Wie konnte sie nur? Obgleich sie wusste, dass ich ihn über alles liebte, lutschte sie ihm seinen Schwanz. Was einem Sakrileg, einer Entweihung gleichkam. Sowohl Ians, als auch Maries.
Was Gunnar betrifft, mag ich es noch verstehen. Zudem er nun obendrein der Vater ihrer Kinder ist. Jedoch werde ich ihn ihr keinesfalls überlassen. (Oder möglicherweise doch?)

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Im Moment ist mir nicht nach Gesellschaft zumute. Gespeist wird hier in Wanjas Hütte. Er toleriert es im Augenblick. Nur befürchte ich, wären wir in der Tat erneut zusammen, würde er blitzschnell das Ruder übernehmen und ich hätte mich weitestgehend zu fügen. Was mich von dergleichen Torheiten abhält (abhalten könnte). Obgleich es doch verlockend erscheint. Insbesondere seine „Äußerlichkeiten“. Jedoch nicht nur die. Er ist ein überaus liebenswerter Mensch. Ich fühle mich in seiner Nähe über die Maßen beschützt und geborgen.
Es erscheint mir in manchen Momenten alles so unheimlich und mächtig vertraut, als hätten wir uns nie getrennt.

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- Gunnar meldet sich indes nicht. Hat er etwa ein schlechtes Gewissen? Oder ist etwas passiert?

- Panik-Attacken schlichen sich ein. Welche Wanja abfangen musste. Er kennt dies  bereits aus früheren Jahren und besitzt ein wahrlich gutes Händchen dafür. Sowie eine ausgezeichnete Strategie und Geduld. Wenn sie gebraucht wird.
„Komm runter. Es ist alles in Ordnung. Alles ist gut.“
Er hält mich fest und ich lasse mich ohne Vorbehalt in seine starken Arme sinken, bis ein Lächeln mein Gesicht überzieht.

Ich sprach mit Wanja offen und ehrlich über mich und mein Leben. Erzählte ihm alles über Krankheit und Gesundheit. Das Zentrum und wie es dazu kam. Genau wie früher sprachen wir voller Leidenschaft alle aus, was uns bewegte. Über alltägliche Themen ebenso wie über das Leben an sich und den Tod.  Er liebte es anspruchsvolle Gespräche zu führen, zu denen wir damals noch nicht wirklich fähig gewesen waren. Jedoch jetzt, ist das anders.
Wanja fragt und fragt, und fragt. Mir scheint beinahe, er bereitet sich auf ein neuerliches Zusammensein mit mir vor.
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Ist es Absicht, wenn er mit freiem Oberkörper vor mir kokketiert?
Wanja ist einige Zentimeter größer als Gunnar. Doppelt so breit und ein Jahr älter.
Ich stützte den Kopf auf meine Hände und sah ihn so eine Weile lang zu. Da tat sich etwas in meinem Inneren. War es die Reaktivierung einer Liebe, die nie wirklich zu Ende gegangen war? Sollte ich dieses Gefühl schlicht und einfach zulassen? Oder überrollte es mich ohnehin gerade?
Wanja ist in der Tat ein so überaus attraktiver, gut aussehender Mann mit einem unglaublichen body. Kein Wunder, dass ich mich damals so vehement und rasch in ihn verliebte. Bereit war mit ihm in Abgründe zu springen. Ohne Seil und doppelten Boden.
Mein Herz begann wie wild zu pochen, während ich so da saß und ihn beobachtete.
Ich schluckte. Mein Atem ging schneller.
„Scheiße.“, entfuhr es mir leise.
Er sah mich an und grinste. „Ich denke, wenn du Scheiße sagst, ist das gut für mich.“