Dienstag, 6. August 2013

Konfrontationen - Die Realität holt mich ein



Ich vermag mich nicht länger zu verstecken. Ein Arzttermin. Heute Morgen. Die vampiristischen Schwestern bedienten sich freimütig.

Am gestrigen Morgen begleitet mich Wanja zur Physiotherapie und ging anschließend schwimmen. Ich hingegen befragte Ryan nach Troels Dienstplan und erfuhr, dass er genau genommen frei haben müsste. Da ich überaus schändlich mit ihm umgegangen war, quälte mich das schlechte Gewissen und ich begab mich auf den Weg zu seiner Hütte. Fand jedoch nur Mads vor, der mich zu sich herein bat.
„Setzen sie sich doch.“, sagte er und wies mit der Hand auf einen Stuhl.
Ich fühlte mich nicht wirklich wohl dabei. Nahm jedoch Platz.
„Ich dachte, Troels hätte frei und sei hier zu finden.“, begann ich verunsichert das Schweigen zu durchbrechen.
„Nein. Ähhh. Ja.“ Mads schien sichtlich nervös. „Er hat frei heute. Ist aber mit Frieda auf Wohnungsbesichtigungstour.“
„Ja. Natürlich.“, sagte ich eher beiläufig.
„Er braucht Elena im Moment nicht mehr zu schützen. Wo sie doch mit ihrem Mann nach New York geflogen ist.“
„Ach was? Das wusste ich nicht.“, antwortete ich rasch, um nicht ZU bestürzt zu reagieren.
„Ups. DAS hätte ich ihnen wohl nicht sagen sollen. Mein Bruder wird mich umbringen.“
„Wieso das denn?“
„Ich glaube er sagte, dass er ihrem Ehemann versprechen musste, ihnen nicht zu erzählen, dass ihn Elena begleitet. Also“, er sah mich mahnend an, „sie wissen von nichts, und schon gar nicht von mir.“
„Selbstverständlich nicht. Ich verspreche es dir.“, wurde ich (dankend) persönlich.

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Ich musste Gunnar erreichen. Er rief nicht an. Das war zweifelsohne ein schlechtes Zeichen. Wusste er etwa, dass ich bei Wanja war? Aber natürlich wusste er es. Christine. Sie hatte mich aller Wahrscheinlichkeit nach denunziert.
Ich fühlte mich schlecht in diesem Augenblick und wünschte mir meinen Ehemann zurück.
Ich rief ihn wieder und wieder an. Bis er abnahm.
„Es tut mir leid. Verzeih.“, entschuldigte er sich. „Aber es scheint dir gut zu gehen, wie meine mir Mutter erzählte.“ Die letzten Worte betonte er mit einer besonderen Nuance, die mich vermuten ließen, dass er genau wusste, wo ich war und was ich tat. Ich vermiet es jedoch anfangs tunlichst ihn darüber zu informieren. Ebenso wenig, dass ich wusste, dass Elena bei ihm war.
„Wann kommst du zurück?“, fragte ich in Ehrlichkeit sehnend.
„Vermisst du mich wirklich?“
„Was für eine infame Frage?“, empörte ich mich. „Natürlich tue ich das? Vermisst DU mich denn nicht?“
„Ja. Selbstverständlich.“ Ich hörte Gunnar einen tiefen Atemzug nehmen. „Was hätte ich denn tun sollen? Es war eine einmalige Chance, und das noch für uns beide.
„Beide?“ Ich wurde betont hellhörig, obgleich ich wusste, oder ahnte, was er damit meinte.
„Elena ist mitgekommen.“
Sollte ich ihm jetzt Wanja gestehen? Nein! Sicherlich nicht. Ich tat so, als hätte es mir für einen Augenblick die Sprache verschlagen. Räusperte mich und schwieg betreten, bis Gunnar schlussendlich weiter sprach. „Ich weiß, was du jetzt denkst.“
„Du fickst mit ihr!“, unterbrach ich ihn herausfordernd. Möglicherweise vermochte ich SO Genaueres zu erfahren, ob er von Wanja wusste oder nicht. „Willst du dich rächen?“
„Rächen wofür?“
DAS war die Antwort, welche ich hören wollte. Sollte Christine doch geschwiegen haben? DAS wäre nun in der Tat überaus erstaunlich!
Nach dieser Erkenntnis konnte es nützlich sein die Taktik zu ändern. Er würde ohnehin herausfinden, in meinem Kopf lesen, dass ich mich mit Wanja traf.
„Wanja ist hier.“, preschte ich nach vorne. „Ich hatte ihn aufgesucht. Blieb eine Weile bei ihm und wir redeten über alten Zeiten und so. Du weißt schon.“
„Ach. Ausschließlich reden?“
„Natürlich!“, betonte ich. „Was denkst DU denn? Bleibt es bei dir ebenso beim modeln?“
„Was sonst?“, war seine beinahe schon genervte Antwort.
Log er genauso wie ich auch? Wahrscheinlich würde ich nie wirklich herausfinden,  ob er erneut mit Elena schlief oder nicht. Gleichgültig.
Nun. Schließlich war es für ihn nicht von Nöten nach New York zu fliegen, um mit ihr zu ficken.

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- Mario rief mich an. Fabio hätte sich unsterblich in mich verliebt. Diese Italiener und ihre Übertreibungen!
- Mein Magen rebelliert noch immer. Es scheint ein Kreislauf, dessen ich nicht zu entkommen vermag. Die Medikamente bescheren mir Darmprobleme. Woraufhin sich bei größeren Anstrengungen der Magen wieder und wieder meldet. Eine Problematik, welche ich am 3. September mit einer Heilpraktikerin besprechen werde. Der Termin steht fest und wurde genau genommen für einen Delta-Scan vereinbart.

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Da Marie nun offensichtlich NICHT bei Felicio, sondern viel mehr bei Henrik Espen Olafson zu finden sein würde, dachte ich, es könne nicht schaden ihm einen kurzen Besuch abzustatten. Ich klopfte an seine Tür und da nach einiger Zeit nichts zu hören war, nahm ich an, er sei nicht im Haus. Also wendete ich mich zum Gehen. Ich war gerade die ersten beiden Stufen der Verandatreppe hinunter gestiegen, als sich die Tür doch noch öffnete. Ich drehte mich um und sah in Felicios schönes Gesicht. Er war ausschließlich mit Shorts bekleidete. Sein muskulöser Oberkörper, welcher jedoch mit Nichten an Wanjas reichte, ließ mich beinahe unmerklich die Lippen lecken.
Felicio schmunzelte. „Gefällt dir was du siehst?“
„Ja. Durchaus.“ Ich ging auf ihn zu und dachte, er bäte mich herein. Jedoch versperrte er mir den Weg und blieb wie angewurzelt im Türrahmen stehen.
„Was hast du zu verbergen?“, fragte ich lächelnd, ohne eine wirkliche Absicht dahinter.
Er hob die Augenbrauen und lächelte verschmitzt. Was offensichtlich so viel bedeutete, dass ich doch besser gehen sollte.
„Es hat mich gefreut, dich zu sehen. Bis bald.“, verabschiedete ich mich und just in diesem Augenblick sah ich Marie, mit einem Betttuch um die Hüften geschlungen durch das Zimmer huschen.
Ich schnappte nach Luft und verschaffte mir Eintritt, an Felicio vorbei.
„Marie!“, schrie ich.
Die Badezimmertür öffnete sich einen Spalt und Maries Kopf mit gekräuselter Haarpracht kam zum Vorschein.
„Was um der Götter Willen tust du hier?“
Sie trat heraus und stemmte provozierend ihre Hand in die Hüfte.
„Tun nicht so, als wüsstest du das nicht. Fickst schließlich schon drei Tage mit deinem Russen.“
„Ja und? Sorgst du dich nicht um Adam. Deinen Ehemann? Und was ist mit Henrik. Genügt ER dir nicht.  Schämst du dich nicht deine Kinder allein zu lassen und dich hier mit jeder - Mann zu vergnügen?“, schwappte es anklagend aus mir heraus.
Sie tat einen Schritt auf mich zu. „Schämen?“ Marie lachte gekünstelt. „Wofür? Meine Kinder sind in guten Händen. Die Säuglingsschwester kümmert sich hervorragend um sie. Danke, dass du sie engagiert hast.“ Ein triumphierendes Grinsen umspielte ihre Lippen. „Henrik geht dich überhaupt nichts an, und Adam ist erwachsen.“ Sie zuckte mit den Schultern.
Ich war fassungslos.
„Wirst du dich scheiden lassen?“
„Hmm.“ Marie verzog den Mund und in ihren Augen sah ich ein höhnisches Funkeln. „Ja. Warum nicht. Du kannst ihn wieder haben. Und so nebenbei gesagt, ich wäre noch immer an einem Partnertausch interessiert.“
„Du bist verrückt geworden.“, sagte ich abwinkend und ging, an Felicio vorbei, nach draußen, wo ich Jason Anekelea buchstäblich in die Arme lief.
„Was ist passiert?“
„Meine Freundin Marie sticht der Hafer.“
Er lachte. „Deshalb hat sie mich so permanent angemacht.“
„W-a-s? Du hast doch nicht etwa...?“
„Nein. Natürlich nicht. „Ich hörte, dass sie bei Henrik war, und außerdem, du kennst meine Frau.“ Jason zwinkerte mir lächelnd zu.
„Ja. Hast du gewusst, was DEINE FRAU über mich redet?“, wechselte ich das Thema.
Er räusperte sich und holte einen tiefen Atemzug, bevor er mir antwortete. „Ja. Ich sprach sie bereits darauf an. Ließ es aber dann besser, weil ich nicht mit ihr streiten wollte.“
Gerade als ich mich von ihm zu verabschieden gedachte, hielt er meinen Arm und zog mich einen Schritt zu sich heran. „Lisa wird den Abend über im Frauenkreis schwadronieren. Wie wäre es, wenn ich dich zu deinem Haus begleite?“
Ich sah ihn prüfenden Blickes an. „O-k-a-y.“, und vermochte mir ein Grinsen nicht zu verkneifen. „Jetzt sagst du mir, was man über MICH erzählt.“
„Oh! Nun ja. Es ist die Rede von einem Russen, bei dem du schon seit Tagen kampierst. Stimmt das?“
„Diesen RUSSEN hätte ich beinahe geheiratet. Wir waren fünf Jahre miteinander liiert. Da sei es mir doch vergönnt wenigstens mit ihm über ALTE ZEITEN zu plaudern.“, verteidigte ich mich beinahe jedes Wort betonend.
Jason lächelte. „Tatsächlich. Nur quatschen?“
„Herr Gott noch mal!“, ereiferte ich mich. „Geht es immer nur ums Ficken? Ist es nicht ebenso erbaulich schlicht und einfach beieinander zu sitzen?“
Er wiegte den Kopf. „Also, wenn ich wählen könnte, wäre ich für’s Ficken.“
Ich schlug ihm spielerisch mit der Faust auf seine Brust. „Ihr Männer seid unmöglich!“

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Seit Tagen war ich nicht in unserem Haus gewesen. Gleichgültig. Ich bat Jason herein. „Setze dich doch.“
„Also. Ficken oder reden?“, fragte er lachend.
„Jason! Ich glaube, unter diesen Umständen wäre es in der Tat besser sie gehen.“
„Also nichts von beiden.“, stellte er fest. „Okay. Was dann?“
Ich setzte meine Sonnenbrille auf und verließ das Haus, und Jason.

Hätte ich diese Gelegenheit möglicherweise doch nutzen sollen?
Nein. Besser nicht. Gleichwohl dieser Mann tatsächlich überaus ansehnlich ist. Was mir damals in Berlin bereits aufgefallen war. Nur dort hatte ich andere Sorgen.
Zugegeben. Da war dieses kurze, reizvolle Ineinander, und ein Mal ist kein Mal.
Und zwei Mal? Was wäre dabei?
Ich wendete und ging zurück zum Haus.
Jason saß noch immer auf seinem Stuhl und lächelte, als ich herein kam. „Ich wusste, du kommst zurück.“
Ich schnaufte, und bereute noch in der Selben Sekunde zurückgekommen zu sein.
Was für eine Arroganz. Dachte ich. Oder ist es nur dieses selbstherrliche Männlichkeitsgehabe, mit denen sich die meisten Männer infizierten.
Nun. Jason hatte bisher geschwiegen. Es gab keinen Grund ihm zu misstrauen. Ohnehin lag es in seinem eigenen Interesse den Mund zu halten.
Also, warum nicht? (Hatte mich Marie etwa mit der Seuche der Maßlosigkeit angesteckt?)

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Was für ein Glück, dass ich die Tür abgeschlossen hatte, als ich mich Jasons Anekeleas Armen überließ. Denn Wanja suchte mich bereits und klopfte an eben diese.
Ups!
Wir verhielten uns leise und kicherten wie Kinder, die sich ertappt fühlten.
Ich dachte kurz an Wanja. Wir hatten die letzte Nacht nicht miteinander gefickt. Ich war zu müde gewesen, und am Morgen war keine Zeit.

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Kurz nachdem Wanja gegangen war, verließen wir das Bett. Duschten gemeinsam, verabschiedeten uns mit einem heißen Kuss und jeder ging seiner Wege.
Ich fand Wanja in seiner Hütte.
„Wo warst du?“
„Am Haus. Bin etwas gelaufen. Habe telefoniert.“, antwortete ich betont gelangweilt. „Und wo warst du?“, fragte ich ihn, um von mir abzulenken.
„Das weißt du doch. Im Fitnessraum. Ich dachte wir essen gemeinsam, heute Abend.“
Urplötzlich fiel mir ein, dass ich vergessen hatte zu speisen. „Ohh. Ich verspürte keinen Hunger.“
„Komm. Ich bestelle dir was. Du musst doch etwas essen.“
Ach. Wie rührend er sich doch um mich sorgt.
Ich aß Salat und eine wenig Brot. Noch bevor ich mich ins Bad begeben konnte, hatte mich Wanja hoch gehoben und trug mich auf seinen Armen zum Bett.
Nun gut. Dachte ich lächelnd. Dann eben noch ein Mal.

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Heute Morgen war keine Zeit für ausgiebige Zärtlichkeiten.
Da waren der Arzt und seine vampiristischen Gesellinnen, die mich folterten.
Wanja ist in diesem Augenblick bei mir. Ober besser, ich bin erneut bei ihm. In seiner Hütte. Er moniert, dass ich schreibe anstatt mich um ihn zu kümmern.
Alsdann, werde ich besser tun, was er sagt.