Mittwoch, 7. September 2016

Ausgesöhnt



Die schreckliche Disharmonie zwischen mir und Derek vermochte ich nicht länger zu ertragen. Es ließ mir keine Ruhe und tat mir leid, wie ich mit ihm umgegangen war und reden war nun dringlichst von Nöten.
Infolgedessen fasste ich mir ein Herz und ging nach dem Lunch ins Büro, mit dem festen Willen auf Derek zuzugehen.
„Derek, wir müssen reden.“, sagte ich kurz und bündig im Vorübergehen. Drehte mich nicht zu ihm um und ließ die Tür meines Büros offen stehen, als Aufforderung, mir zu folgen. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich Kevin grinsen. Er wusste Bescheid. Derek folgte mir und schloss hinter sich die Tür.
Wir diskutierten, loteten alle Wege des mit- oder ohne einanders aus. Das Blatt wendete sich hin und her. Selbst Derek schien unschlüssig zu sein, wie es weiter gehen soll. Was allerdings offenbar auf meiner Unentschiedenheit gründete. Ich warf die Möglichkeiten, die wir hatten, wieder und wieder über den Haufen. Formte neue Möglichkeiten und so viele waren es nicht. Ein sekündliches Wechselbad der Gefühle ohne Gleichen. In einem Augenblick keimte Hoffnung auf, und im nächsten stürzte ich ab. Am liebsten hätte ich aufgeschrien. Denn ich wollte Derek um keinen Preis verlieren. Es hätte mir wehgetan. Und das tat es bereits so wie so. In diesem Punkt waren wir uns uneingeschränkt einig. Keiner will wirklich ohne den anderen sein. Ich liebe ihn und er liebt mich. DAS steht außer Zweifel. Zumindest etwas. Dachte ich.
Selbstredend wurde meine Unentschlossenheit, mich nicht von Gunnar trennen zu können, angesprochen. Ich konterte mit seinem Balg. Nannte es beständig nur KIND. Er jedoch personifizierte es, indem er mir sagte, dass es ein Mädchen war und das sie Marilyn hieß.
Gleichwohl die Szene im Kreissaal wurde angesprochen und warum er sich entschloss, bei der Geburt dabei zu sein. Andererseits betonte er, dass Giselle sich ohne ihn zu fragen, für das Kind entschieden hätte, was IHN NICHT an sie binden würde. Er ist jedoch in jedem Fall mehr als gewillt, für das Kind die Verantwortung zu übernehmen. (Bei der Zeugung war er schließlich auch dabei.)
Ich dachte sogar daran ihn frei zu geben und sprach es aus. Sagte es ihm. Sollte er sich doch noch für das Kind UND Giselle entscheiden. Ich wollte ihn NICH an (s)ein Versprechen binden, dass er mir einst gab. Und ich wusste auch, dass seine Mutter, die nun glücklich über einen Enkel war, ihn in Giselles Richtung trieb. Die Familie als Perspektive. Verwehren konnte ich es ihm fairer Weise nicht.
Zwischendurch immer wieder die Tatsachen noch im Büro zu sein, wo wir den Anstand wahren und uns zurück nehmen mussten mit unseren Emotionen. Am liebsten wäre ich ihm zuweilen schlicht und einfach um den Hals gefallen. Und er hatte immer wieder nach meiner Hand gegriffen und mich gelegentlich auf die Stirn geküsst. Ich hatte es zugelassen und war glücklich darüber, dass wir uns wieder näher kamen. Hoffte darauf, dass wir uns doch noch einigten und ich ihn nicht verlor.
Aber auch die Trotzigkeit, gepaart mit Konsequenz, blieb nicht aus. Wo ich drauf und dran war ihm zu sagen, sollte er sich für Giselle entscheiden und sie womöglich sogar noch heiraten, dann wolle ich sie beide hier nicht mehr sehen.

Am (zwischenzeitlichen) Ende, als es Derek überdrüssig war zu diskutieren, alldieweil wir zu dieser Zeit keinem wirklichen Konzerns fanden, schlug er vor, dass es vorerst mit uns weiter geht wie bisher. Etwas anderes hätte er so wie so nie gewollt! Und ich solle mir keine Sorgen machen. Es würde alles gut. Er wär doch ganz zufrieden so wie es mit uns ist. (Wer’s glaubt.) Heiraten müsse er Giselle freilich nicht. Er hätte doch sein kleines Mädchen und mich.
Wir verließen das Büro und standen nun unmittelbar vor dem Gebäude.
„Kannst du dich nicht zumindest ein wenig für mich freuen?“, fragte er mich dann. „Ich habe ein kleines Mädchen. Sie heißt Marilyn.“, wiederholte er ihren Namen. Das hatte ich bereits beim ersten Mal nicht wissen wollen! Ich starrte ihn einfach nur an in regloser Mimik verharrend, versuchte Gleichmut auszustrahlen und antwortete ihm nicht. Pustete leise die Luft durch meine angespitzten Lippen. Nimm dich zusammen! Nimm dich zusammen! Sagte ich mir innerlich. Das Heucheln beherrsche ich einfach nicht. Ich finde es schrecklich. Derek hätte es ohnehin bemerkt, wenn der Ton meiner Stimme auf die sarkastische Schiene gekommen wäre. Das hätte ihn womöglich erneut verstimmt. Also war es nötig, in kürzester Zeit Verständnis, ja sogar eine gewisse Begeisterung für ihn und sein (!) Kind, und ggf. sogar für Giselle, aufzubringen.
Ich schnaufte leise. Es gelang mir nicht.
„Komm‘ wir gehen ein Stück.“, sagte er plötzlich und ich war sofort damit einverstanden. Gab es uns doch die Möglichkeit uns auszudehnen. Wir nahmen den Weg zu meinem Haus. Dort angekommen, weiteten wir die Optionen des körperlichen Kontaktes bis zum Versöhnungssex aus. Er war instinktiv geschehen und keineswegs geplant.
Derek schmunzelte. „So spontan waren wir lange nicht.“

Auch wenn es mir schwer gefallen war, über all das mit Derek zu reden, hat sich doch letztendlich alles zum Guten gewendet. War ins Lot gekommen. Und nun, ist alles wieder gut. Hätte ich nur vorher schon gewusst wie angenehm ein Versöhnungs-Ineinander mit Derek ist, hätte ich damit nicht so lange gewartet.
Auf seine Frage hin bestätigte ich ihm, dass ich nun auch nicht mehr wütend oder eifersüchtig sei. Weder auf ihn, noch das Kind oder Giselle.
Dereks Worte der Bestätigung seiner Liebe zu mir und dass es mit uns weiter geht wie bisher, hatten mir gut getan. Sie gaben mir Sicherheit und ein Gefühl der Zufriedenheit. Ich war erleichtert, ihn nicht zu verlieren. Das entspannte die Situation zwischen mir und ihm und auch mich so wie so. Ich war und bin glücklich damit. Welch‘ befreiendes und erfreuliches Ende einer misslichen Situation!

Ich entschloss mich nicht mit ihm zum Büro zurück zu gehen. Jedoch verließen wir gemeinsam das Haus und er begleitete mich noch zum Frisör.
Gunnar kam an diesem Tag  recht zeitig. Kurz nachdem ich wieder zu Hause war. Selbstredend war ich froh auch ihn zu sehen. Was sonst! Und auch er fragte nach einer Weile, ob ich mich mit Derek ausgesprochen hätte. Ich nickte nur und weiter nichts………
Nach dem gemeinsamen Dinner ging Gunnar schwimmen und ich setze mich mit meinem Notebook auf die Couch. Schaute nebenher Tennis und ärgerte mich über die onedrive Funktion der URL Code Generierung. Denn ich suchte erneut danach. Man verändert andauernd etwas. Das nervt und ist ober-lästig!

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Wir waren viel zu spät zu Bett gegangen. Mir ging es nicht wirklich gut. Ich fror. Meine Füße waren kalt. Gunnar kümmerte sich um mich. Holte Decke um Decke. Wärmte mich. Irgendwann zwischen zwei und drei, schlief ich dann endlich ein.
Kein Sex am Abend und keiner am Morgen. Gleichgültig. Unwichtig. Hauptsache Gunnar war bei mir!
Wir schliefen aus.
Während wir gemeinsam frühstückten, überredete ich ihn, heute nicht arbeiten zu gehen.
Er rief Magnus an, um Bescheid zu sagen. Ich nahm sein Handy und sprach gleichwohl mit ihm.
„Sag‘ meinem Vater, falls er nach Gunnar fragt, ich brauche meinen Mann heute bei mir.“
Und es war gut, dass wir zusammen waren. Allein wäre mir alles schwerer gefallen. Der Tag war über die Maßen anstrengend für mich, obwohl mir Gunnar zur Seite stand. Mir half, wo es nur ging.
Das Wetter war, bzw. scheint mir der Schuldige zu sein. Meine Haut brennt. Die Gelenke schmerzen. Und die Müdigkeit so übermächtig, dass sie nervt! Fatigue. Selbst Kaffee hilft hier nicht weiter.
Gunnar hatte mich ins Büro begleitet. Half mir dort. Traf auf Derek und gratulierte ihm zum Vater sein. Männer eben…….
Am Nachmittag ging Gunnar schwimmen. Etwas später kam ich hinzu und wir beide ließen uns im Wellnessbereich ein Ganzkörperpeeling mit anschließender Ölmassage geben. Aus diesem Grund schreibe ich erst jetzt.
Gunnar skypt gerade mit seinen Kindern, Óðinn Asger und Inula Castanea. Henrik und Marie in New Orleans.
Und bevor ich es vergesse, oder hatte ich es bereits erwähnt, Kevin stimmte einem vierwöchigem Hawaiiurlaub zu. Allerdings vermute ich, dass es doch eher dem Wunsch seiner Lebensgefährtin entspringt, die ihn dazu ermunterte.