Samstag, 24. September 2016

„Carpe diem – Nutze den Tag“




Derek ist glücklich. Und ich bin es auch. Verliebt könnte man sagen. So gingen, bzw. gehen wir beide in UNSER Wochenende. Nur für uns zwei. (Zumindest nahm ich das an.) Allerdings besucht er gleichwohl ebenso täglich sein Kind und ich…….ging gestern mit ihm mit.(Ob ich es heute werde, kann ich noch nicht sagen.) Machte gute Miene zum bösen Spiel, obwohl ich dort nicht willkommen war. Das las ich nicht nur in Giselles Gesicht. Sie führte sich auf, dass Derek sie beruhigen musste. Ich blieb gelassen. Beherrschte mich. Wurde nicht ebenso noch unverschämt oder wütend. Meine Position erlaubt es schlicht und einfach nicht.
Auch wenn das Zentrum mir gehört, war ich an diesem Tag nur Gast in ihrem Haus. Vor allem Dereks wegen blieb ich besonnen. Damit er den Unterschied bemerkt. Zwischen mir und ihr. Und um ihn nicht zu diskreditieren. Mag sein, dass ich zu Beginn eifersüchtig war (und es noch immer bin). Dennoch weiß ich mich zu benehmen in Gegenwart anderer. (Zumeist.)
Seinem Tattoo macht Derek im Augenblick aller Ehe. „Carpe diem – Nutze den Tag“. Denn es geht tatsächlich darum ihn zu nutzen, wenn ich am Montag verreise, sehen wir uns für eine längere Zeit nicht mehr.

Derek und ich haben eine Menge Spaß miteinander. (Auch sex.) Er ist zumeist gut gelaunt und besonders jetzt, wo ich für Tage in seiner unmittelbaren Gegenwart bin. Ohne Gunnar. Von diesem meinem Ehemanne hörte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegenteiliges was den Termin der Reise betrifft. Montag also.

Mit Derek bin ich disziplinierter als mit Gunnar. Eigenartig. Er ist jemand der ritterlich beschützt. Aber auch bestimmend sein kann und gegebenenfalls sogar dominant. Was ich jetzt bemerke, wenn ich längere Zeit mit ihm zusammen bin. Es ist jedoch nicht so, dass es mir schadet. Ganz im Gegenteil. Seine natürliche Autorität sorgt dafür, dass ich, wie ich es mir selbst schon so oft vornahm und es nie umzusetzen vermochte, früher zu Bett gehe. Er besteht einfach darauf, dass ich halb zwölf meinen Hintern aus dem Sessel pelle und das unbeliebte Zähneputzen hinter mich bringe.
„Weißt du“, sagte er gestern Abend zu mir, „es wäre mir lieber, wenn Tom hier wäre.“
Ich stutzte. „Warum?“
Er zögerte. Sah mich prüfenden Blickes an. „Er war früher mein Chef gewesen. Ein ausgezeichneter Teamleader.“
„O-k-a-y.“ ich wartete ab, ob er sich noch weiter zu dieser Thematik äußerte. Denn ich fand es schon recht interessant, von Dereks Vergangenheit zu hören, von der er sonst nie spricht. Aber er schwieg. Egal. Ich bohrte nicht weiter nach. Sprach dennoch etwas zum Gegenwärtigen aus.
„Ich denke Tom ist gut aufgehoben, im Paradies. Es wird ihm dort gefallen. Oder etwa nicht? Denn ich hörte nichts Gegenteiliges von ihm.“
„Mag sein. Aber er ist so weit weg.“
„Hast du mit ihm darüber gesprochen?“
Derek hob den Blick und die Brauen. „Nein.“
Ich zuckte mit den Schultern und nahm nicht einmal Bezug auf seinen letzten Satz. „Ist es dir wichtig, fühlst du dich wohler, wenn er in deiner Nähe ist?“
„Ich glaube, das tun wir alle drei.“
Ich kniff die Augen zusammen und mit einem Mal leuchtete es mir ein. „Du meinst Kirsten und Mike.“
Derek nickte.

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Heute Morgen im Restaurant fielen mir zwei Männer auf, die sich nicht wie Gäste benahmen. Sie schauten andauernd zu mir herüber und unterhielten sich dann. Eigenartig. Ich wies Derek darauf hin und er stimmte mir zu.
„Wer sind diese Leute? Soll ich sie überprüfen lassen?“
Ich lächelte. „Damit rechnen sie nicht. Also dann rasch. Und nicht hingesehen. Sie müssen nicht wissen, was wir planen.“
Derek lachte. „Na du bist aber ganz schön verschlagen.“, sprach es, zückte sein Handy und rief Ryan an.
„Ich habe zu viele Krimis gesehen.“, antwortete ich ihm noch und wir lachten.
Keine fünf Minuten später kamen die diensthabenden Sicherheitsleute, Eric Bonea und Rafael Hellström, zur Tür herein und kontrollieren die Männer, welche mir verdächtig waren. Und ich hatte Recht. Sie waren KEINE Gäste hier. Redeten sich heraus, dass das Essen gut schmecke. Deshalb wären sie hier. Selbstverständlich wüssten sie  nicht, wer ICH sei. Sie hätten nur hingeschaut, weil ich so hinreißend wäre. Dabei grinsten sie (süffisant).
Erik und Rafael waren sogleich nach der Kontrolle zu uns an den Tisch gekommen und hatten mir und Derek kurz berichtet, was sie erfahren hatten.
„Es ist nichts Auffälliges festzustellen.“, meinten sie.
Ich lächelte zu den Herren hinüber und war mir sicher, dass hier etwas NICHT in Ordnung war.
„Fünf Minuten sind zu lang. Drei wären mir beim nächsten Mal lieber.“ Ich sah die beiden, die vor mir standen, von unten her an und machte ein ernstes Gesicht.
„Wir waren ein Stück weit entfernt. Es ging nicht schneller.“, rechtfertigten sie sich.
Ich nickte ihnen zu und sie gingen.
„Ich werde mit Ryan sprechen. So geht das nicht. Er wird so wie so demnächst noch Verstärkung für sein Team erhalten.“
„Noch mehr Männer einstellen?“, fragte Derek erstaunt.
„Das gedachte ich ohnehin zu tun. Hier ist einer der wenigen Fleckchen in Schweden, wo es sicher sein soll. Vor allem für die Gäste. Und selbstverständlich auch für alle Angestellten und für uns.“
„Okay.“
„Ich hatte dich doch bereits darüber informiert, dass noch einige Freunde von Adam hier erscheinen.“
„Ja. Das stimmt. Ich erinnre mich. Wie viel werden es denn sein?“
Ich grinste. „Das fragte ich ihn auch und er meinte, es seien mehr als zehn.“
„Oh!“ Derek tat erstaunt.
„Was ist? Wir brauchen Männer, denen ich vertrauen kann.“
„Ich hätte da noch einen….“
„Aber du kennst die Regeln. Nicht wahr?“, fuhr ich ihm ins Wort.
Derek betrachtete mich düster. „Keine Muslime und keine Neger. Nicht wahr?“
Ich zog die Brauen nach oben und nickte. „Ja.“
„Er ist weiß. Amerikaner. Ein junger Mann.“
„Okay. Dann mag er sich vorstellen bei uns.“
„Ich sage ihm Bescheid. Kann er am Montag kommen?“
„Ja.“

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Im Übrigen gibt es noch eine andere Frau hier im Zentrum, die mir ähnlich sieht. (Und es mag sogar noch mehrere geben.) Sie ist bereits längere Zeit als eine Angestellte hier tätig. Ich glaube von Beginn an. Camilla Ivanova.
Aber egal. Ihre Nase ist plumper als meine. Das Gesicht nicht so fein. Sie scheint sich auch abzuhungern. Ist noch dünner als ich.
Das Kuriose ist, dass man offenbar alle weiblichen Angestellen im Zentrum an mir misst. Oder mit mir vergleicht. Warum nur? Was soll das denn?

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Vermisse ich meinen Mann? Ja und nein.
Natürlich wäre es mir lieber, er wäre mir treu und wir könnten ein ganz normales Ehepaar sein. Ohne besondere Querelen, Neigungen und Eigenarten.
Freue ich mich auf die Reise nach Kanada? Ja. Ich werde Adam wieder sehen. Allerdings weiß ich ebenso, dass es Anfangsschwierigkeiten geben wird mit meinem Mann, wenn ich ihn tagelang nicht sah. Alldieweil er bei seiner Konkubine war. Es ist dann so, dass ich mich wieder an ihn gewöhnen muss. Aber sicher wird mir das gelingen. Wo wir doch dann einige Wochen zusammen auf Reisen sind.

Heute Nachmittag werden Derek und ich einen Vortrag im großen Saal besuchen. Das klassische Sonntagskonzert wäre ebenso zu empfehlen. Nur ist es mir am Sonntagmorgen zu früh. Ich gedenke mich schließlich zu erholen………