Tag vier……..
…..die Anmerkung
der Entführung lasse ich heute
entfallen. Ich bin hier und muss so gut ich es vermag damit leben, wie es jetzt
ist.
Zudem schmerzen
mir Beine und Füße. Wir waren gestern den ganzen Tag über unterwegs. Aber
darüber berichte ich….an einem späteren Tag. Heute fasse ich zunächst einmal Tag „vier“ und „fünf“
zusammen. Damit die Berichte mit der Wirklichkeit so allmählich wieder
Synchronizität erreicht.
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Obwohl ich doch
überaus ruhelos war, schlief ich dann schlussendlich gegen drei Uhr ein.
Sex gab es
keinen. Weder am Abend noch am Morgen. Sasha bedrängte mich gleichwohl nicht.
Benahm sich aber sonst unverändert. Nicht böse oder gereizt. Nein. Doch eher
liebevoll, sanft und freundlich.
Während dieses
ganzen Theaters am Tag zuvor, als ich mit Sashas Eltern sprach, rief mich
Gunnar an. Ich hielt die Unterhaltung kurz. Er konnte mir ohnehin nicht helfen.
Und im Grunde war ich auf ihn wütend. Gab ihm zu verstehen, dass er sich um
sein Kind und deren Mutter kümmern soll, die ihm doch ohnehin wichtiger sind,
als ich es bin. Sie wären schließlich eine kleine Familie und ICH nur das fünfte
Rad am Wagen. Gunnar wollte noch etwas erwidern, ich legte jedoch auf. Er rief
nicht noch einmal an. Und ICH ließ es ebenso dabei bewenden.
An diesem Tag
war site seeing angesagt. Ich wusste nicht, wo mich Sasha hinbringen wird. In
jedem Fall hatte er schlussendlich versucht,
mich so nah wie möglich an alles heran zu fahren, damit ICH nicht so
viel laufen muss. Was viel zu anstrengend gewesen wäre. Dennoch war der Ausflug
in die Altstadt für mich mit Strapazen verbunden. Wir dehnten ihn nicht allzu
lange aus. Obgleich es da so viel zu sehen gab. Und es war heiß. Um die dreißig Grad. Genauso
wie am nächsten. Blauer Himmel und Sonnenschein.
Ich könnte hier
natürlich über alles was ich sah berichten. Allerdings erscheint mir dies doch
ein wenig mühevoll. Wer mag, kann googeln. Jerusalem - Altstadt. Sie ist der geographische
Mittelpunkt der größten Stadt Israels und von einem riesigen Mauerring umgeben,
an welchem man entlang laufen kann. Die Altstadt ist in Viertel aufgeteilt.
Armenisch, Christlich, Muslimisch und Jüdisch. Acht Tore führen hinein. Der
Tempelberg mit dem Felsendom gehört nicht dazu. Er steht „separat“. An der Klagemauer geht ein unterirdischer
Tunnel. Sehr interessant. Usw….usf….
In einem
Souvenirgeschäft kaufte mir Sasha ein Plüschtier. Ein Kamel mit der
Sattel-Aufschrift Jerusalem, als Erinnerung, weil es mir so gut gefiel.
Am Abend ruhte
ich aus. Es gab eine Lektion in Geschichte von Sasha über all das, was wir am
Tag besichtig hatten.
Und erneut
gingen wir sehr spät zu Bett. Es war gegen drei Uhr nachts. Sex inbegriffen.
Fortsetzung
folgt………………………………
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Tag
fünf………………
So allmählich
normalisiert sich das Leben für mich. Was an sich schon erstaunlich ist. Und
ich weiß, es liegt an mir. Merkwürdiger Weise vermag ich JETZT meine
Sichtweise, meinen Standpunkt (zwangsweise) zu ändern. Denn hier in Jerusalem,
in Israel zu sein, war, ist und bleibt für mich ein Novum. Genau genommen will
ich nicht hier in diesem Land sein.
Wir schliefen
lange. Beinahe bis zum Mittag.
Gegen zehn hatte
es an der Tür geklopft. Es waren Saschas Eltern, die zu ihrer eigenen Tour
aufbrechen und fragen wollten, ob wir sie begleiten. Ich hörte ihn es
verneinen.
Nach dem Brunch
war ein Ausflug zum Grab Davids geplant, wo wir uns nun doch mit Sashas Eltern
trafen.
Dieses Grab wird
von den Juden verehrt und ist auf dem christlichen Berg Zion, der etwas
außerhalb liegt. Um diesen Ort wurde viel gekämpft. Kirchen zerstört und wieder
aufgebaut. Eine Statue von König David gibt es dort ebenfalls. Ein russischer
Bildhauer schuf sie zwischen 2007 und 2008. Der Zugang zum Gab Davids selbst
ist für Männer und Frauen getrennt. Was bedeutete, dass ich mit Sashas Mutter
(gehen musste) ging.
Tja nun, jede
Religion benötigt offenbar ihre Relikte und Heiligtümer, zu denen hin gepilgert
und die verehrt werden können. Ob sie nun echt sind oder nicht, sei dahin gestellt.
Hauptsache sie dienen ihrem Zweck.
Zurück zum Wagen
liefen wir dann alle vier gemeinsam. Diese zehn Minuten hielten allerdings noch
eine Überraschung bereit.
„Meine Eltern
haben dir noch etwas zu sagen.“, begann Sasha das Happening einzuleiten.
Sein Vater
sprach denn weiter. „Eigentlich ist unser und Sashas Name nicht Fliess. Er nahm
ihn nur an, weil er unauffälliger war.“ – Für seinen Auftrag, nehme ich an! Und
ich wartete darauf, wie nun sein richtiger Name lautete. Fragen allerdings,
wollte ich nicht. Ich ließ Jakov einfach weiterreden. „Eigentlich wollten wir
es dir erst später sagen, wenn wir in Tel Aviv angekommen sind.“
So allmählich
wurde ich ungeduldig. WIE war denn nun der Name?
„Orlikow Galil Ben
David ist unser richtiger Nachname. Ein Name, auf den wir stolz sind. Und er
reicht weit in die Vergangenheit zurück. Aber als Sasha nach Schweden flog, um
dich kennenzulernen, entschieden wir uns für Fliess. Das war viel einfacher für
andere Leute. Fanden wir.“
Und nicht so
verräterisch! Dachte ich mir so. Diese Leute wechselten ihre Namen offenbar des
Öfteren. Wie es ihnen gerade passt. Das ist schon überaus erstaunlich. Und DAS
ist zynisch gemeint.
Was sollte ich
nun darauf erwidern. An diesem Ort hier schien (alles Verrückte) das alles so normal,
sodass ich es schlicht und einfach hinnahm. Akzeptierte. Punkt. War es nicht
gleich, wie Sasha nun wirklich hieß?
Sasha lächelte
nur und nickte dazu. „Alles okay?“, fragte er dann.
Ich zuckte mit
den Schultern. Was war schon eine Namensänderung gegen die Entführung in ein
anderes Land? Eine Lappalie fast.
„DEIN Name,
Blanc, bedeutet, unserer Auffassung nach, Weiß und ist jüdisch.“
„NEIN! Ist er
nicht!“, rief ich aus und funkelte ihn an. „Mein Name hat NICHTS mit euch zu
tun.“
Wir waren
mittlerweile am Wagen angekommen. Sashas Eltern waren stehen geblieben und
hatten sich zu uns umgedreht. Die beiden schauten ein wenig verstört, ob meiner
Vehemenz.
„Blanc ist eine
abgewandelte Form von dem jüdischen Namen Blank.“
„Niemals.“,
widersetzte ich mich weiter. „Blanc ist Blanc. Und damit gut. Meine Familie besitzt
die Nachweise der Ahnenlinie des dritten Reiches. Da ist nichts Jüdisches
dabei. Punkt!“
Sasha räusperte
sich nur und kratzte sich verlegen am Kinn. Seine Eltern wandten sich einfach
ab. Dieses Thema wurde dann nicht mehr erwähnt.
Eine Frage blieb
mir dennoch in meinem Hirne haften. Für WEN arbeitet Sasha denn nun eigentlich?
Die „geheimen“ Leute? Oder eine andere politisch orientierte Organisation?
Auf dem Rückweg
zum Hotel nahmen wir noch zu viert das Dinner ein. Im Hotel kamen wir
schließlich gegen zehn Uhr abends an.
„Ruh‘ dich
aus.“, sagte Sasha zu mir. „Ich möchte, dass wir heute früher zu Bett gehen.
Denn Morgen fahren wir, der Hitze wegen, sehr zeitig in die Wüste zum
Spiegeltor. Versuchen es noch einmal. Bist du bereit?“
WAS sollte ich
darauf erwidern? Hatte ich überhaupt eine Wahl? Diese Leute würden mich doch
niemals gehen lassen und nicht eher ruhen, bevor DAS nicht erledigt war.
„Darf ich dann
wieder nach Hause?“, fragte ich ihn, ohne weiter auf die Nicht-Bereitschaft
einzugehen.
„Ich dachte, wir
fahren danach nach Tel Aviv. Es ist eine wunderbare, lebendige Stadt. Dort bin ich
aufgewachsen. Ich möchte sie dir gerne zeigen, wenn du erlaubst.“ Er tat ein
wenig zu höflich. Unterwürfig fast. Gut erzogen war er so wie so. Das wusste
ich.
Nein, ich erlaube nicht! Hätte ich am aller liebsten zurückgegeben.
Tat es aber nicht. Schwieg. Die Ereignisse der letzten Tage sind allesamt so
derart überwältigend für mich, dass mein Hirn offenbar noch immer dabei ist sie
ein-zu-ordnen. Bilder rasen vor meinem inneren Auge vorbei, welche mir tagsüber
begegnen. In diesem Fall ist Schlaf für mich das wichtigste, um….das alles zu
ver-arbeiten.
Umso tiefer ich
in diese Religion eintauchen muss, umso mehr verabscheue ich sie.
Obgleich es aus archäologischer Sicht doch einige Anreize für mich gibt, an
diesem Ort. Die Faszination der alten Gebäude, der Landschaft, der Historie,
hat mich tatsächlich erfasst.
Erst jetzt hatte
ich bemerkt, dass mein iPhone im Grunde für mich uninteressant geworden war.
Ich hatte es völlig vergessen, während des Ausfluges nicht dabei und nahm es nun
zur Hand. Ein Anruf von Gunnar und einer von Mike. Gleich drei von Derek.
Sollte ich zurück rufen? Es fehlte mir schlichtweg die Kraft dafür. Dennoch
nahm ich mir vor, vielleicht Morgen anzurufen. Nur wann? Wir werden sehen.
Dachte ich so.
Und NEIN. Ich
habe mich (noch) nicht in Sasha verliebt. Keine Sorge. Selbst WENN es Anflüge
dessen gab, drängte ich sie bisher willentlich zurück. Ich will nicht! Ich will
nicht! Ich will nicht! Mag sein, er IST ein durchaus attraktiver Mann und ich
mag ihn gern. Dennoch, für mich, NICHTS zum Verlieben.
Ich dacht noch einmal
an Gunnar, als ich daran war ins Bett zu kriechen. Sollte ich ihn doch noch
anrufen? Damit er weiß, ich denke an ihn. Aber vermutlich fühlt er das so wie
so. (Hoffe ich!) In Schweden war es schließlich noch eine Stunde früher als
hier. Zudem war mir mehr als bewusst, dass Alexa meine Abwesenheit nutzen
würde, um sich fester denn je an Gunnars Seite zu schmiegen und
festzukrallen. Sie würde sicherlich
versuchen mich zu verdrängen. Sich auszubreiten und mich rauszuwerfen aus
Gunnars Gedanken und Leben. Gunnar gefiel es womöglich sogar SO, wie es jetzt
war. Denn nun hatten sie alle drei die Möglichkeit, als kleine Familie zusammen
zu leben. Ohne eine andere Frau, die stört.
Ich liebe
dich.“, sagte Sasha aus dem Kalten heraus. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass
er mich beobachtet hatte.
„Ich glaube dir
nicht.“, erwiderte ich prompt. „Ich liebe dich nicht.“
„Und ICH glaube
DIR nicht.“, antwortete mir Sasha darauf.
Fortsetzung
folgt……………………..
Anmerkung:
Galil - Galil ist die
hebräische Bezeichnung für Galiläa
Ben – bedeutet
Sohn von….David in diesem Fall.