Montag, 13. Januar 2014

Blatt für Blatt- Ein Statement



Während Gunnar Inula Castanea und Óðinn Aron besuchte, führte ich ein langwieriges Gespräch mit Emilia Stephansdottir. Insbesondere und anfänglich über die Werte der matriarchalen Gesellschaft, die mir in der Tat für alle Menschen lebenswert erscheinen. Sie sprach ebenso, jedoch ein wenig despektierlich über Partnerschaft und die romantische Beziehung, wie sie erst seit kurzem in der Menschheitsgeschichte üblich sei, wie sie meint. Nun, in diesem Fall fragte ich mich, ob es in matriarchalen Gesellschaften keine romantischen Beziehungen und kein liebevolles Miteinander zwischen Männern und Frauen gab/gibt? Möglicherweise bezeichnet Frau es nur mit anderen Worten. Oder es ist schlicht und einfach eine Selbstverständlichkeit, welche nicht weiter benannt, oder hervorgehoben werden muss. Ein ganz „natürlicher“ Vorgang untereinander so zu sagen, und ein gänzlich „normaler“ Umgang miteinander. Was sich selbstredend unter patriarchaler Herrschaft zur Sinnwidrigkeit entwickelte. Wie so vieles.
Gerade in den letzten Tagen hatte ich eingehend über diese Thematik nachgedacht und mit Gunnar sogar darüber gesprochen. Wir hatten definiert, was für uns beide Liebe ist. Gleichwohl es zahlreiche Arten von Liebe geben mag, die sich in der Unseren vereinen, was Gunnars unumstößliche Meinung ist, trotz zeitweiliger Unzufriedenheit. Was nun in der Tat, wie ich denke, eine völlig normale Variable ist. Denn genau diese bemerkte ich an mir in den letzten ein, zwei Wochen, und das zunehmend. Und genau darüber hatte ich gleichwohl mit Troels sprechen wollen, als ich ihn am Freitagabend besuchte.
Emilia tranchierte unterdessen meine Ehe. Löste sie Stück für Stück auf. Natürlich hörte ich ihr zu. Wollte verstehen und folgte ihren Gedankengängen. Nahm ihre Sichtweise ein und fand urplötzlich das meiste davon durchaus plausibel. Sie vermag zweifelsohne ungemein überzeugend zu sein.
Woraufhin ich erneut über meine Beziehung zu Gunnar nachdachte und sodann, oder erst jetzt, nach endlosen, strapaziösen Überlegungen zu dem Schluss kam, wie bereits schon einmal vor längerer Zeit, dass ICH ihre Vorstellungen nicht zu leben vermag und sie mit ihren Worten MEINE Welt zerpflückte. Welche ich mir mühsam aufbaute und die ich letztendlich benötige, um in einem respektablen Rahmen zumindest für die meiste Zeit glücklich, zufrieden und sorgenfrei zu sein. Auf die ich, aller Widrigkeiten ungeachtet, stolz bin, und die ich mit Vehemenz verteidige und aufrecht zu erhalten suche. Obgleich sie nicht jeder Fraues Vorstellung entsprechen mag. Allemal vermittelt sie mir ein akzeptables Maß an Geborgenheit. Sowie zärtliche Zweisamkeit und ein liebevollen Miteinander. Wieso, in der Götter Namen, sollte ich sie plötzlich als nicht lebenswert erachten?
Umso mehr ich über ihre Worte nachdachte, umso unwohler fühlte ich mich damit. Da waren zu viele Widersprüche, welche ich mitnichten zu vereinen vermochte. Ihre Offerten passten nicht zu meiner Art des Lebens.
Selbstverständlich gibt es Zeiten der Melancholie, des Kummers und der Traurigkeit. Wer vermag schon beständig glücklich zu sein? Gleichgültig für welche Art des Lebens man sich nun entschied. Es ist keinesfalls mein Wunsch ganz allein durch diese Welt zu gehen. Hätte ich keinen Partner, keinen Man, der mich liebt, wäre ich allenfalls noch depressiver. Wenn nicht sogar verbittert. Denn ich bin im Grunde doch ganz glücklich darüber, die Verantwortung zuweilen vertrauensvoll abgeben zu können. In Gunnars (fähige?) Hände zu legen und mich geruhsam fallen zu lassen. Auszuruhen, und Kraft zu schöpfen.
Zudem kann ich mich darauf verlassen, dass Gunnar nach der bisherigen Zeit unseres Zusammenseins, um meine Kränklichkeit und meine Schwächen weiß. Aus diesem  Grund fühle ich mich wohl und geborgen in seiner Gegenwart und bin dankbar dafür, dass es ihn gibt. Genieße seine Zärtlichkeiten, derer ich bedarf und ziehe daraus ein wohliges Gefühl der Zufriedenheit und Erleichterung. Überdies schätze ich sein magisches Wissen, sowie seinen Intellekt. Und vermögen wir beide unsere niederen Triebe zu beherrschen und uns gegenseitig zu respektieren wie wir sind, hebt es unsere Beziehung auf eine friedvolle, harmonische, intellektuelle und letztendlich sogar spirituelle Ebene.
Natürlich mag es Dinge geben, welche mir an Gunnar missfallen und die ich schlichtweg ignoriere. Alldieweil ich nicht im ewigem Streit mit Gunnar leben will und ebenso wenig drauf aus bin an ihm herum zu erziehen. Viel mehr schätze ich die mit ihm gefundene Ruhe, den Frieden und die zumeist anhaltende Harmonie zwischen uns beiden. Wenn wir sie denn zulassen. Was gegeben ist, solang ich mein Innerstes nicht mit unnützen Gedanken aufwühle. Mit Gegebenheiten belaste, die im Augenblick nicht zu ändern sind.
In gleichem Maße begreife ich, dass man den anderen nicht in seine Bahnen zwingen oder nach seinen eigenen gut Dünken formen kann.
Mit großer Sicherheit ist die matriarchale Gesellschaft die lebenswerteste, von der ich jemals Kenntnis erhielt und die es selbstredend erneut anzustreben gilt. Nur ist sie noch lange nicht erreicht. Denn die meisten Menschen wissen nichts drüber und sind dadurch nicht bereit, etwas an ihrem Leben zu ändern. Zumindest nicht im „matriarchalem“ Sinne.
Für mich ist es in jedem Fall relevanter in der mich umgebenden patriarchalen Welt zu bestehen. Gegebenenfalls sogar ein wenig glücklich zu sein und nicht ausschließlich zu überleben. Was nichts anderes bedeutet, als dass man auch als Frau die derzeitigen Gegebenheiten annimmt. Gleichwohl man sie ebenso nach seinen Wünschen zu formen vermag. Was Sinn und Zweck des Lebens scheint. Denn ich weiß sehr wohl, dass jeder Gedanke zählt, aus welchem sich unser aller Realität gestaltet.

Als ich mit Gunnar darüber sprach, tippte er mir lächelnd mit dem Finger auf die Brust und sagte: „Dein Glück liegt hier drinnen. Es kommt nicht von außen. Du kannst es von niemandem abhängig machen, oder darauf warten, dass es dir jemand kredenzt. Finde dich, und du findest dein Glück. Du hast genügend Ruhe und Zeit dafür. Für den Anfang zumindest, würde es genügen, dich mit etwas zu beschäftigen, was dir Freude bereitet. Womöglich wird dir dann der Sinn deines Lebens gewahr. Oder du entdeckst wenigstens etwas, was dich antreibt. Deine Entwicklung entfacht. Denn DAS vermag dir niemand anderes abzunehmen. Auch ich nicht. Verstehst du Rea? Ich kann dir nur dabei behilflich sein und dich unterstützen, mit allem, was ich weiß. Denn genau dafür bin ich da.“
Ein wenig später fügte er noch schmunzelnd hinzu: „Weiß du, es ist erfreulich dich unter anderen Frauen zu wissen. Jedoch sollten deren Lebensessenzen nicht uneingeschränkt zu den unseren werden. Unser beider Verhältnis nicht belasten und vor allem, unsere Verbindung nicht zerstören. Niemand vermag des anderen Lebenmodell vollends zu übernehmen. Jedes ist durch seine adäquate Entwicklung  einzigartig, und die Basis zwei von ihnen zusammenzufügen ist, gegenseitiges Einverständnis. Zudem sollte man des anderen Leben respektieren, so wie es ist, oder von beiden gelebt wird. Ob nun mehr oder minder erfolgreich.“
„Eines steht jedenfalls außer Frage.“, bemerkte ich abschließend, “Wir beide befinden uns in einem Entwicklungszyklus, der zugegebenermaßen von anderen beeinflusst wird, uns jedoch beiden zum Wohle gereicht. Und ich bin mitnichten bereit, alles, was wir bisher miteinander aufbauten und teilten, auf dem Scheiterhaufen der angeblich matriarchalen Werte zu verbrennen?“
Gunnar lachte. „Na, na. Nicht so krasse Worte. Scheiterhaufen gab es schon genug.“

Ich hatte in der Tat lange mit mir gekämpft, um Emilias und meine Sicht, was Beziehungen und Partnerschaften betraf, in irgendeiner Weise miteinander zu vereinen. Jedoch fühlte ich mich dabei zunehmend unwohler. Verstrickte mich in unendliche Gedankenschleifen und -konstrukte. Schlussendlich respektiere und akzeptiere ich ihre Sicht auf diese Welt, sowie ihren Standpunkt und verbleibe doch besser bei dem Meinen. Gleichwohl ich meinem eigenen Konzept durch die Gespräche mit ihr, dankend einiges hinzugefügt haben mag.

Zu aller letzt schlug sie mir noch vor, doch zu einem Genesungsurlaub in die Schweiz aufzubrechen. Was selbstredend ohne Gunnar nie in Frage käme. Oder zumindest nicht gänzlich ohne einen männlichen Begleiter. Ich bin schließlich nicht lesbisch und es ist mir ebenso wenig danach Ausschau nach fremden Männern zu halten. Hier gibt es genug davon. Denn ich fühle mich hier wohl, in meiner kleinen Enklave, MIT meinem Ehemann, welchen ich keineswegs missen möchte.


Anmerkung in „eigener Sache“:
Ich weiß durchaus die zahlreichen asiatischen Besucher auf meinem Block zu schätzen. Jedoch vermag ich ihre Lauterkeit zu bezweifeln.
Daher bitte ich sie, meinen Blog für nichts anderes als „das Lesen zu ge-brauchen“!
Danke.