Nun beklagte ich bereits meine wenige Zeit für den
Frauenkreis. Jedoch genau dieser holte mich gestern Nachmittag ein.
Nachdem ich Kaffee und Kuchen kredenzte, begab ich mich
zwischen die Fronten zweier Frauen und gedachte, arglos, wie ich bin, einen
Streit zu schlichten. Die eine Seite war bereit dazu. Die andere jedoch nicht.
Frau gebärdete sich unversöhnlich, trotzig und verbohrt. Alsdann zog ich mich
eilends aus der Gefahrenzone zurück, lenkte die Aufmerksamkeit auf andere
Themen und übte mich in der oberflächlichen Konversation.
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Und jetzt noch
einmal zurück zu dem einschneidendsten Ereignis während meiner kurzweiligen
Pause:
Kevin besuchte uns.
Seine Frau war für einige Tage mit dem Kind verreist und er
nutzte diese Gelegenheit für seine „eigene Reise“. Gemeinsam mit seinem Pfleger
kam er überraschend bei uns an. Ich war überglücklich ihn endlich wieder zu
sehen. Gunnar jedoch hatte Mühe seinen Missmut zu verbergen.
Es war vorherzusehen gewesen, dass es, ob Kevins Besuch,
Verwicklungen und Schwierigkeiten geben würde. Gerade JETZT, wo es so
harmonisch zwischen Gunnar und mir gewesen war. Zudem entschloss ich mich die
erste Nacht mit Kevin zu verbringen. Wenn er denn schon einmal hier war. Wer
weiß, wann ich ihn wieder sehen würde!
Es war für mich immens ernüchternd, traurig und schmerzhaft
mit anzusehen, wie einschränkt Kevins alltägliches Leben durch die Behinderung
geworden ist. Was ich mir selbstredend nicht anmerken ließ. Denn Kevin
bekräftigte erneut seine Liebe zu mir und bot mir an mit ihm zu leben, wenn ich
es denn wollte. ER wäre jederzeit bereit
dafür.
Am Morgen kehrte ich, von Gewissensbissen und Schuld
geplagt, verhältnismäßig frühzeitig zu unserem Haus zurück. Aber Gunnar war
nicht da. Und just in dem Augenblick, als ich wieder gehen wollte und dachte,
er sei womöglich im Office, kam er zur Tür herein.
„Gut geschlafen?“, fragte er und legte seinen Schlüsselbund
klirrend auf den Tisch.
„Wo warst du?“, fragte ich zurück.
Keine Antwort. Nur ein kurzes Lächeln, ein Kuss auf die
Wange und schon war er im Bad verschwunden, wo ich ihn duschen hörte.
Erst später erfuhr ich, dass er bei Elena gewesen war. Er
hatte ihr höchstpersönlich ihr Geburtstagsgeschenk übergeben und gleich noch
eine Nacht mit sich selbst geschenkt.
Ich hatte gewartet bis er mit dem Duschen fertig war. Dann
stritten wir uns und ich ging zornig und Tür schlagend zu Kevin zurück. Ich
verbrachte mit ihm den gesamten Tag. Denn am Kommenden beabsichtigte er bereits
zurück nach Berlin zu fliegen.
So wütend und eifersüchtig wie ich war, weil ich annahm,
dass Gunnar mit Elena Sex hatte, sann ich auf Vergeltung/Genugtuung und war an
diesem Nachmittag, sowie am gleichen Abend, als Gunnar noch einmal nach dem
Dinner bis neun im Office war, mit Kevin auf eine für ihn mögliche Weise intim.
Wir hatten es beide so gewollt.
Kevin jedoch tat es unbeschreiblich leid, dass ich mit
Gunnar um seinetwillen in Streit geraten war. Er entschuldigte sich bei ihm und
drängte mich zu einer raschen Versöhnung. Die darauf folgende und letzte Nacht,
welche Kevin im Zentrum weilte, verbrachte ich, wie gewöhnlich, an meines
Ehemannes Seite. Worauf Kevin bestanden hatte.
Ich begleitete am nächsten Tag(meinen Bild schönen) Kevin
zum Flughafen, wo ich mich schweren Herzens von ihm verabschiedete.
Meine Innere Versöhnung mit Gunnar dauerte allerdings noch
einige Tage. Ich warf ihm vor mit Elena gefickt zu haben. Wo ICH doch
ausschließlich neben Kevin geschlafen hatte, in dieser Nacht. Nicht mehr! Und
nicht weniger.
Es gab noch einige Wortgefechte diesbezüglich, wo ich
meiner Eigersucht freien Lauf ließ. Er jedoch bagatellisierte jedweden Vorwurf
und wies die meisten ohnehin weit von sich. Bis auf die Tatsache, dass er
(selbstredend ohne mich) gelegentlich der Befriedigung seiner Neigungen
nachkam. Was wusste ich schon, in wie weit die „Gerüchte“, dass er (als Chef)
dann und wann mit einer der Angestellten fickte, der Wahrheit entsprachen oder
nicht. Denn genau diese besagten, dass an diesem Abend im Office eine der
Angestellten gesehen wurde.
Gunnar verwies natürlich erneut auf die Unwahrheit solcher
Gerüchte, meine krankhafte Eifersucht und darauf, dass wir beschlossen hatten
uns zu vertrauen.
„Vergessen wir das ganze und leben weiter in Harmonie und
Zufriedenheit miteinander.“, hatte er schnaufend zu mir gesagt und ich wusste,
dass er es erst meinte. Auch ER sehnte sich (offensichtlich) nach Ruhe,
Frieden, Harmonie und Geborgenheit. Genau darüber hatten wir uns bereits
ausführlich unterhalten.
Was blieb mir also letztendlich übrig, wenn ich nicht
fortwährend zu schmollen gedachte, als einzulenken und Gunnar zu verzeihen.
Nach Kevins Ankunft in Berlin skypten wir noch einmal kurz
und ich vergewisserte mich, dass seine Reise gut verlaufen war.
„Bei der nächsten Gelegenheit, besuchst DU mich. Das
erscheint mir bei Weitem passender.“
Ich versprach es ihm.