Gunnar hatte bis sechs im Office gearbeitet und gleich
danach Inula Castanes und Óðinn Aron besucht. Wir trafen uns dann im Restaurant, dinierten und gingen
gemeinsam zurück zum Haus.
„Soll ich dich mitnehmen? Zu Troels?“, fragte er in der
Annahme, das sich ihn ohnehin nicht zu seinen Brüdern begleiten würde. Der
Gedanke kam mir einen kurzen Augenblick. Ich verwarf ihn jedoch sehr schnell
und erwiderte „Nein. Nicht nötig.“
„Ah. Du bleibst also hier?“
„Ich habe mich noch nicht entschieden.“, und genauso war es
auch.
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Kurz nachdem Gunnars Wagen davon gebraust war, ging ich
duschen und stieg in den Meinen, um selbst nach Stockholm zu fahren.
Während ich mich schminkte, hatte ich den Entschluss
gefasst, Troels doch aufzusuchen. Was sollte schon geschehen? Außer, dass ich
Wut entbrannt und Tür schlagend seine Wohnung wieder verließ. Falls ich dort
etwas vorfand, was mir missfiel.
Nur schnaufte ich nicht vor Wut, und schlug nicht die Tür,
als ich diese Anette
Christensen dort vorfand.
Es ging mir
nicht gut. Mein Magen vermeldete Übelkeit und mein Körper Schwäche. Ich
streifte Mantel und Schuhe ab, warf den Schlüsselbund in die Schale auf
der kleinen Kommode und ging auf Troels
zu, der mit ihr auf der Couch saß und fernsah. Kapitulierend vor Erschöpfung
ließ ich mich neben den beiden nieder sinken. In diesem Moment war mir alles
gleichgültig. Ich hatte nur noch den Wunsch auszuruhen.
Bis dahin
hatte niemand auch nur einen Ton von sich gegeben. Troels, und ebenso diese
Anette hatten nur verwundert geschaut. Und ich, war schlicht und einfach zu
müde, mit ihm oder dieser Kuh zu streiten. Natürlich wäre ich am aller liebsten
demonstrativ und zornig davon gerannt. Jedoch mein Körper gab das nicht mehr
her.
„Hattest du
nicht versprochen ihr den Schlüssel abzunehmen?“, wurde Troels von dieser
Anette gefragt.
Oh Gott nein!
Es ist mir jetzt in der Tat NICHT danach mich mit dieser alten Fregatte
anzulegen.
„Bislang
versprach ich gar nichts“, hörte ich Troels sagen.
„Das klang
gestern aber ganz anders.“, antwortete sie ihm vorwurfsvoll.
Troels
schnaufte und ICH ließ meinen Kopf an seine Schulter sinken.
Anette löste
sich aus Troels Arm. „Das geht mir aber jetzt doch zu weit. Willst du sie nicht
endlich auffordern zu gehen?“
Ich vermochte
ein inneres, genugtuendes Lächeln nicht zu verbergen. Mir waren dergleichen
Situationen doch eher vertraut. Sodass ich mich viel leichter darauf
einzulassen vermochte.
„Nein.“,
antwortete Troels trocken.
Nun begann SIE
zu keuchen.
Im Grunde
amüsierte ich mich darüber, dass SIE jetzt vorzugsweise meinen Part der
eifersüchtigen Furie übernahm. Wieso war mir das bloß nicht schon früher als
probates Mittel gegen nervende Konkurrentinnen eingefallen. Mich schlicht und
einfach von ihrer Gegenwart nicht beeindrucken zu lassen. Nun hatte es sich auf
Grund meines gesundheitlichen Zustandes kurzerhand von selbst ergeben.
Troels schien
nun nicht mehr genau zu wissen, wie er sich verhalten sollte.
„Ich bräuchte
einen Freund zum Reden.“, sagte ich, von Anettes Verhalten unbeeindruckt, um
noch einmal nachzusetzen und um Troels Wahl zu erleichtern. Normalerweise hätte
ich Troels gereizt gefragt, ob sie nun bereits hier wohne? Aber selbst dazu
fehlte mir Kraft und Sinn. Stattdessen sprang SIE nun auf und begann sich
hysterisch zu gebärden.
Wie überaus
interessant sich das bei jemand anderen mit Abstand anzusehen. Durch ihr
Verhalten wurde mir das Meine vor Augen geführt. Wie lächerlich sie aussah. Wie
sie da stand. Mit den Armen fuchtelte und eher ohnmächtig als mächtig war. Die
Macht, war auf meiner Seite. Und das, obwohl ich nichts weiter getan hatte, als
Ruhe zu bewahren. Wenngleich dieser Impuls auch aus Erschöpfung entstanden sein
mochte. Hatte er mir erstaunlicher Weise einen Vorteil verschafft.
Nun war es
diese Anette, die den Platz für mich räumte. Troels stand auf und folgte ihr,
als sie sich Schuhe und Mantel überzog. „Bleib doch. Du musst doch nicht
gehen.“
„Was soll das
werden?“, fauchte sie wütend. „Gedenkst du etwa mit zwei Frauen zu schlafen?“
Troels
antwortete nicht.
„Ah. Du
denkst, sie geht ohnehin wieder fort.“
Wie merkwürdig
einem streitenden Paar zu zusehen. Jedoch als ein Paar konnte, wollte ich sie
noch nicht bezeichnen. Seit wann wohnte sie eigentlich hier? Seit Sylvester?
Oder erst seit einigen Tagen? Dass sie es tat, stand allemal fest. Denn überall
in der Wohnung lagen ihre Sachen.
Da ich Troels
bereits eine Weile lang kannte, wusste ich, dass ER mit Sicherheit NICHT der
Initiator gewesen war, und dass er sich gleichermaßen nicht so leicht ihrer
Invasion ergeben haben mochte. Obwohl er sie in der Tat zu mögen schien.
Nun, sie ließ
sich jedenfalls von Troels nicht davon abhalten zu gehen. Umso besser für mich!
Troels lief
nervös hin und her. Kratzte sich am Kopf. Lief zur Tür und rief ihr hinterher.
Ich sah wie
unangenehm die Situation für ihn war.
„Es tut mir
leid.“, sagte ich schließlich. „Ich hätte sogleich wieder gehen sollen, als ich
dich mit ihr sah. Ich verdarb dir den Abend mit deiner Freundin.“
Nun kam Troels
auf mich zu und setzte sich wieder neben mich. Legte seinen Arm um meine
Schulter und küsste mich auf die Wange. „Nein. Nein. Es ist alles in Ordnung so
wie es ist.“
„Nein. Das ist
es nicht.“
Troels
stutzte.
„Du hast ein
Recht auf dein eigenes Leben auch ohne mich. Sieh nur, ich bin verheiratet und
komme nur alle Nase lang bei dir vorbei. Du bist einsam. Sehnst dich womöglich
nach einer Familie und....“
Troels ließ
mich nicht mehr weiter reden und küsste mich stattdessen auf den Mund.
„Lass gut
sein. Ich bin froh darüber, dass du da bist.“, sagte er schließlich.
„Und sie? Sie
wohnt bereits bei dir. Oder?“, fragte ich mit ruhiger Stimme.
„Nein. Nicht
wirklich.“
„Was heißt
das?“
„Sie ist
einfach hier geblieben.“
Okay. Das
musste ich nun nicht weiter hinterfragen. Sicherlich waren sie gemeinsam essen
gewesen und er hatte sie noch auf einen Trink eingeladen. Jedoch war mir dies
im Augenblick ziemlich gleichgültig. Ich wollte mich nur noch ihm und seinen
Armen anvertrauen. Mich sicher und geborgen fühlen, um in Ruhe einzuschlafen.
„Was hast du
denn als Freund mit mir zu bereden?“, wechselte er das Thema.
„Ich bin zu
müde zum reden und es geht mir gleichwohl nicht gut. Lass uns noch ein wenig
fernsehen und dann zu Bett gehen.“
Troels
lächelte und drückte mich an sich. Jedoch vermochte ich mich des Eindrucks
nicht zu erwehren, dass er noch immer an diese Anette dachte.
Ich atmete
einige Male tief ein und aus. „Mach dir keinen Sorgen um deine Freundin.“,
sagte ich dann leise. „Sie wird wieder kommen.“
Troels sah
mich erstaunt an. „Woher kannst du das wissen.“
Ich lächelte
milde und sagte bestimmt: „Ich weiß es.“ Sollte ich jetzt die Unterhaltung mit
seinem Bruder erwähnen? Nein! Besser nicht.
Diese Anette
schien Troels jedoch keine Ruhe zu lassen. „Wo wird sie schlafen?“, fragte er
beunruhigt und sprach offensichtlich mit sich selbst.
„Wo schlief
sie denn vorher?“, fragte ich, und Troels sah mich versonnen an. Antwortete mir
jedoch nicht.
„Im Hotel.
Oder?“, fragte ich weiter. Denn ich wollte nicht, dass sich Troels um sie
sorgte.
„Ja. Im
Wellington. Aber...“
„In jedem Fall
hat sie vorsorglich ihre Tasche mit sich genommen. Infolgedessen brauchst du
dich nicht mehr um sie zu sorgen.“
„Ja. Du hast
Recht Rea.“
Troels schien
erleichtert. Er drückte mich lächelnd an sich und wir küssten uns innig.
Ich weiß
nicht, was an diesem Abend in mich gefahren war. Ich hatte weder gekämpft noch
geflucht. Sondern schlicht und einfach den Dingen ihren Lauf gelassen. Troels
sah dies offensichtlich anders. Er dachte, ich hätte mit Ruhe und Vehemenz
meinen Platz in seinem Leben verteidigt. Was eigentlich nicht der Wahrheit entsprach.
Ich war einfach nur erschöpft. Beließ es jedoch bei seiner Sicht der Dinge.
Als ich mit
Troels zu Bett ging, dachte ich darüber nach, dass kurz zuvor diese Anette hier
mit ihm gelegen haben muss. Selbst DAS war mir in diesem Augenblick gleichgültig.
Mein Körper schmerzte und mein Hirn befand sich bereits im Schlafmodus. Ich
schmiegte mich an meinen väterlichen Freund und sank kapitulierend in einen
sanften, weichen Schlaf.
Natürlich
hatte ich daran gedacht mit ihm zu ficken. Seinen angenehmen, dünnen, schlanken
Penis in mir zu spüren. Jedoch war ich schlicht und einfach zu Müde gewesen.
Und auch am Morgen blieb keine Zeit.
Wir schliefen
verhältnismäßig lange. Bis neun. Dann mahnte Troels zur Eile.
„Es tut mir
leid. Aber Heizungsmonteure haben sich für heute Morgen angesagt. Es ging nicht
anders. Sorry.“
„Nun. Dann
wird es offensichtlich nichts mit weiteren, intimeren Zärtlichkeiten?“
Troels
stöhnte. „Crap!“
„Was nun aber
nicht weiter von Belang ist. Denn ich nehme an, dass du dich diesbezüglich bereits
in den letzten Tagen mit deiner Freundin vergnügtest.“, vermochte ich mir die
Bemerkung nicht zu verkneifen.
Troels
räusperte sich.
„Du hast doch
mit ihr geschlafen. Oder?“ Genau diese Frage bereute ich im nächsten
Augenblick. Denn sie implizierte ein gewisses Maß an Eifersucht. Was meiner
gestrigen Ausgeglichenheit entgegenlief.
Troels nickte
betreten und ich ging nun nicht weiter darauf ein.
„Ich dachte,
du begleitest mich.“, sagte ich nach einer Weile des Schweigens lächelnd zu
ihm. Als hätte ich zuvor nicht über das Ficken mit einer anderen Frau
gesprochen.
„Wohin? Etwas
ins Zentrum?“
„Ja.“
„Aber nur, wenn
wir deine Sachen abholen und du sie zu mir bringst.“, antwortete er Augen
zwinkernd.
Phhuu. Gut.
Die Situation war gemeistert.
Während mich
Troels verabschiedete, gab ich ihm noch zu verstehen, dass Gunnar meist von
seinen Brüdern irgendwelche abstrusen, neuen Ideen mitzubringen pflegte. Was
wahrscheinlich erneut zur Folge haben könnte, dass wir demnächst einige Tage
oder ganz und gar ein bis zwei Wochen für uns hätten.
In Erwartung
dieser gemeinsamen Zeit schien er bei unserem Abschied zu strahlen.
Andererseits
dachte ich beinahe die gesamte Fahrt darüber nach, ob er sich gleich im
Anschluss wieder um diese Anette bemühte. Sie anrief. Sich entschuldigte. Sie
zu sich einlud......
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Gunnar ist
bislang noch immer nicht wieder hier eingetroffen. Was überaus ungewöhnlich
ist. Im Allgemeinen kommt er wenigstens vor dem Lunch zurück.