Meinen Ehemann sah ich gestern tagsüber nur wenige Stunden.
Er sagte mir, er sei vormittags in Stockholm und nachmittags im Büro gewesen.
Nun, den Lunch nahm ich jedenfalls mit Emilia
Stephansdottir ein.
„Alles was du willst.“, sagte Gunnar und sah mir liebevoll
in die Augen, nachdem wir uns innig geküsst hatte. Genau genommen war das stets
mein Satz gewesen. Aber WAS wollte ICH eigentlich?
Da ich gedachte meine ohnehin bereits medikamentös
überreizte Scheide nicht noch über zu strapazieren, entschied ich mich für
Felation und griff mit meiner Hand nach Gunnars nacktem Penis. Er grinste.
„Tatsächlich?“, fragte er mit nach oben gezogener Augenbraue.
„Was? Tatsächlich?“
Natürlich wusste ich, dass er meine Gedanken gelesen hatte
und es ihm nicht entgangen war, woran ich dachte.
Gunnar verzog das Gesicht. „Du weißt, dass ich es weiß. Ich
dachte nur, du magst es nicht sonderlich.“
„Tue ich auch nicht. Aber...“
„Ich weiß.“, unterbrach er mich. „Das würde deine
Beschwerden nur noch schlimmer machen.“ Er leckte sich die Lippen, lächelte und
machte mit seiner Hand eine einladende Bewegung. „Mir soll das Recht sein.“
Da Gunnar nach dem Breakfast im Restaurant, den Weg zum
Office einschlug, bog ich auf dem Rückweg zu unserem Haus zu Sarahs Hütte ab.
Natürlich saß sie nicht auf der Veranda. Es ist schließlich Winter und nur fünf
Grad.
Ich ging zur Tür und klopfte. Wartete eine Weile und wollte
bereits wieder gehen, als Sarah den Kopf aus dem geöffneten Spalt der Tür heraus
streckte und als sie mich sah ein breites Grinsen aufsetzte.
„Komm rein.“, forderte sie mich auf und öffnete mir nun die Tür zur Gänze.
Gut. Ich hätte ein „Sie“ bevorzugt. Jedoch kannten wir uns
bereits eine Weile. Also, warum auf Formalitäten achten. Ich lächelte ebenfalls
und folgte ihrer Einladung.
„Setz dich doch.“, sagte sie und griff hastig nach Hemd und
Hose, welche auf der Couch lagen, um für mich Platz zu schaffen.
„Was liegt an?“
Ich räusperte mich und zog die Brauen nach oben. Was soll
schon „anliegen“. Die Gerüchte, hätte ich am aller liebsten geantwortet. Jedoch
gedachte ich nicht „mit der Tür ins Haus zu fallen“ und setzte mich vorerst
schweigend auf den mir zugewiesenen Platz und sah mich um.
Ich brauchte nicht lange zu warten. Sarah begann von ganz
allein mit dem „Rapport“.
„Man spricht unter dem Personal von Gunnar Liebeserklärung
zu Sylvester. Kam gut an bei den Leuten. Aber....“ Sie hielt mitten im Satz inne
und sah mich prüfend an, während sie sich eine dünne Jacke über streifte.
„Aber was?“, fragte ich.
Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, hüstelte und sog
laut hörbar die Luft durch die Nase. „Na ja. Man erzählt aber auch davon, dass
er immer wieder am Haus von dieser Ellen Parker gesehen wird.“ Sie atmete noch
einmalt tief ein und hob die Hand um ein Achtungs- und Aufmerksamszeichen zu
setzen, denn an DEM, was nun gleich ihren Mund verließ, konnte ich nur
zweifeln. „Aber seine neue Favoritin soll diese Paula Diaz sein.“
Ich stutzte und kräuselte die Stirn. „Wer in der Götter
Namen ist Paula Diaz? Etwa DIE, die die Speisen anbrennen ließ?“
„Nein. Sie ist Kellnerin im Restaurant und bedient
vorzugsweise“, bei diesem Wort machte sie eine viel sagende Geste, „den Tisch
des Chefs.“
Ah ja! Jetzt fiel es mir ein. Ich wusste, wen sie meinte. „Gibt
es womöglich noch mehr Anwärterinnen auf den Thron der Favoritin?“, fragte ich
Sarah und sah sie abwartend an.
„Aber natürlich. Der Chef ist immer das begehrte Ziel der
jungen Mädchen hier.“
„Also wer?“, fragte ich ungeduldig.
Sie antwortete nicht direkt auf meine Frage. „Hast du nicht
bemerkt, welche Veränderungen im Personal vor sich gehen? Die Älteren fürchten
sich vor der Entlassung. Man stellt nur noch junge Mädchen ein, wie diese Brita
Hershel. Oder Sylvia Romero, Peggy Westwood, Alma Bergmann, Kathrine Jansson,
Nina und Anastasia irgendwas.“
„Was heißt hier Mann? Und sind sie alle tatsächlich an
Gunnar interessiert?“
„Mann heißt Dahl Lindqvist, der seine Befehle von Gunnar
bekommt.“
Das war MEIN Grund mich zu räuspern. Aber mir blieb vorerst
der Mund offen stehen und ich schaute Sarah mit großen Augen an. „Natürlich
bemerkte ich eine personelle Veränderung. Dass sie jedoch auf Gunnar
zurückzuführen ist, war mir mitnichten bewusst.“
„Ich weiß nicht, wo diese Mädchen herkommen. Jedenfalls
bekamen sie hier alle einen Job.“ Sarah blickte ein wenig verdrießlich drein.
„Die Männer vom Sicherheitsteam sind doch sicherlich ebenso
heiß begehrt?“, versuchte ich einen Faden zu spinnen.
Sarah blies die Luft aus ihren geschürzten Lippen. „Ja.
Klar. Aber der Chef ist der Chef. Und wer die Chance hat bei ihm zu landen, hat
das große Los gezogen.“
„Dies sind in der Tat ganz besonders heitere Aussichten.
Aber im Grunde völlig normal. Nur“, und in diesem Augenblick erinnerte ich mich
daran, dass ich dies bereits schon längst hatte tun wollen, „werde ich mich mit
Dahl Lindquvist unterhalten müssen, um zu fragen, was da vor sich geht.“
Sarah lachte. „Wenn er dir die Wahrheit sagt. Die Männer
stecken doch alle unter einer Decke. Besonders wenn es um Frauen geht. Da lügen
sie wie gedruckt.“
„Schlechte Erfahrungen?“, frage ich ein wenig zögerlich,
alldieweil ich ihr nicht zu nahe treten wollte.
„Ja.“, antwortete sie knapp.
Eine kleine Pause entstand.
„Was erzählt man sich denn eigentlich über Alicia Rice und
meinen Ehemann?“, fragte ich, um die Richtung des Gesprächs zu ändern und von
Saras privatem Leben abzulenken.
„Ach.“, sie winkte ab. „Die ist gleich am ersten Januar wieder
abgereist. Aber es heißt, sie hat den Norden Europas nicht verlassen und kommt
noch einmal nach Stockholm zurück.“
„Infolgedessen nehme ich an, Gunnar steht mit ihr in
Verbindung und wartet, bis sie nach Schweden zurückkommet.“, sagte ich leise
und eher zu mir selbst.
„Dann hätte ich noch etwas überaus interessantes“, sagte
Sarahs grinsend. „Aber erst mache ich dir einen Tee.“
Ich wartete geduldig. Nahm mir die Metro vom Tisch. Eine
Gazette für den Raum Stockholm. Kam jedoch nicht dazu darin zu blättern. Denn Sarah
kam bereits mit zwei Tassen und setzte sich neben mich. Ohnehin wären mir die
schrecklichen Nachrichten zuwider gewesen, die jedes Titelblatt dieser
Zeitungen augenscheinlich schmückten.
„Troels.“, begann sie und ich wurde hellhörig. „Er stritt am
Sylvesterabend mit seinem Bruder. Es war eine heftige Auseinandersetzung.
Beinahe wären sie sich noch an die Kehlen gegangen, und es ging dabei um eine
Frau.“
„Eine Frau?“
„Ja. Eine Blondine. Schon etwas älter. Aber gut aussehend.
Troels hatte sie mitgebracht. Aber offensichtlich bekundete sie ebenso
Interesse an seinem Bruder.“
„Ich kenne sie.“, sagte ich fast unbedacht. „Nun ja. Nicht
wirklich kennen. Ich sah sie einmal in Troels Wohnung, als Mads dort seinen
Geburtstag feierte.“ Ich dachte darüber nach, ob ich jetzt noch weiter
ausführen sollte, oder ob ich besser schwieg.
Schweigen ist besser. Das eröffnete den Raum für Sarahs
weitere Ausführungen.
„Man erzählt sich auch, dass es vor langer Zeit schon
einmal einen Streit um diese Frau gegeben haben soll. Wonach Troels in die
Armee eingetreten ist. Und später dann Mads. Aber der hatte andere Gründe.“
„Herr Gott noch eins!“, warf ich lachend ein. „Woher in
aller Welt wissen die Leute das nur alles?“
Sie zuckte mit den Schultern und wir lachten beide.
„Meinst du wirklich, da ist etwas dran? An den Gerüchten um
Gunnar und diese Frauen.“, fragte ich und nippte an meiner Tasse.
„Ein Körnchen Wahrheit ist immer dabei.“, antwortete Sarah
und zwinkerte mir zu.
Bin ich tatsächlich zu vertrauensselig (geworden)?
Sollte ich Gunnar etwa auf Schritt und Tritt überwachen?
Aus Eifersucht hinterher schleichen, um zu sehen, wo er sich herum treibt?
Aber genau DAS wollte ich nicht mehr!
Ich vermag mich in
diesem Zusammenhang an ein Wort zu erinnern, dass sich VERTRAUEN nennt.