Nachdem ich meinen diary Eintrag beendet und festgestellt
hatte, dass ich noch immer allein war, ging ich zurück zu Felicio.
Auf dem Weg dorthin traf ich zuerst und seit langem Norman
mit seinem Sohn. Wir unterhielten uns kurz und er offerierte mir, wie glücklich
sie beide hier im Zentrum seien.
Als nächster begegnete mir Derek Moore. Ups! Ich war ein
wenig verlegen und unsicher. Sollte ich ihn ansprechen? Etwas zu ihm sagen?
Derek war ins Sicherheitsteam aufgenommen worden und
ersetzte nun den verunglückten Jonathan Walker. Er zog seine Kreise auf den
Wegen des Zentrums in Uniform und mit Walkie Talkie.
„Entschuldigen sie:“, nahm er mir die Entscheidung des
Ansprechens ab, und er schien ebenfalls ziemlich befangen. Ich blieb stehen und
sah ihm direkt in die wie Sterne funkelnden Augen.
„Ich würde mich gern bei ihnen bedanken. Es ist für mir
eine Ehre hier arbeiten zu dürfen.“
Er schien mich nicht zu belügen. Er meinte das ernst.
„Keine Ursache.“, sagte ich lächelnd, als ich meine Stimme
wieder gefunden hatte, und es war, als hörte ich sie aus weiter Ferne sprechen.
„Ich freue mich, dass es ihnen hier bei uns gefällt.“
Da stand er nun. Verschmitzt lächelnd. Derek Moore. Ein
Muskelpaket von 1.83. Nur acht Zentimeter größere als ich selbst. Schokoladen
braun mit anmutig geschwungenen Augenbrauen und trat von einem Fuß auf den
anderen, gerade so, als erwarte er noch etwas.
Was sollte ich jetzt tun? Ihn um den Hals fallen und
küssen? Zumindest kam mir der Gedanke....
Ich griff nach seinem Arm und drückte ihn kurz. Lächelte
ihn zwinkernd zu und ging weiter.
Mehr hatte ich in diesem Augenblick ohnehin nicht tun
können.
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Gunnar kam erst weit nach dem Lunch. Welchen ich noch mit
Felicio in seiner Hütte einnahm.
Es ist mir bereits zur Gewohnheit geworden Gunnar KEINE
Fragen zu stellen. Ihn schlicht und einfach nur Freude strahlend zu begrüßen.
Auch ER schien ehrlich glücklich zu sein, mich zu sehen. Er küsste mich auf den
Mund und hielt mich fest in seinen Armen. Sein Atem hatte nicht stark nach
Alkohol gerochen wie sonst.
„Wie war die Party?“, fragte ich und strich jeglichen
Gedanken an Felicio aus meinem Kopf. Was mir merkwürdiger Weise nicht schwer
fiel und in diesem Augenblick bemerkte ich, dass es ausschließlich ein kurzes
Intermezzo mit meinem ehemals geliebten und nun verflossenen Ehemann war. Natürlich
waren da noch überreichliche Gefühle für ihn. Jedoch Gunnar um seinetwillen
verlassen? Nein.
„Phu.“ Gunnar pustete die Luft durch seine gespitzten
Lippen. „Wie immer.“
Ich ließ mir nichts merken in den folgenden Stunden mit
Gunnar.
Schrieb SMS’n mit Felicio und berichtete von Adams Widerruf
seines Besuches und dem von ihm benannten Grund dafür. Gunnar zuckte nur mit
den Schultern.
„Okay. Dann gehen wir eben später zu Erik.“, sagte er nur.
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Troels hatte mir ebenfalls in der Zwischenzeit eine SMS mit
der Frage warum ich gestern nicht zu ihm gekommen wäre gesandt.
`Woher hätte ich wissen sollen, dass du allein bist?, hatte
ich ihm geantwortet.
`Ich war nicht allein.´, war seine Erwiderung. Was mich die
Kommunikation beenden ließ.
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Felicio sucht mich nach wie vor zu überreden, mit ihm „nach
Hause“ zu fliegen.
Wiederholt schüttelte ich seufzend auf diese Frage den
Kopf, als ich am Nachmittag noch einmal bei ihm war. „Ich kann nicht.“, sagte
ich immer wieder mit bedauernder Miene zu Felicio.
Er schnaufte nur. Wurde jedoch nicht wirklich ärgerlich.
Was hatte er denn erwartet?
„Ich komme immer wieder. Lass dir Zeit und denke noch
einmal darüber nach.“
Gunnar war nicht lange bei mir geblieben nachdem er
zurückgekommen war. Da wäre noch etwas im Office zu erledigen, hatte er gesagt
und war mit den Worten: „Wir treffen uns zum Dinner im Restaurant.“, gegangen.
Als ich Felicio verließ, war es etwa halb sechs. Warum
Gunnar nicht vom Office abholen? Dachte ich und als ich die wenigen Stufen nach
oben ging, kam mir diese Natalja Wassilijew im
Flur entgegen. Ich funkelte sie an und ging zu Gunnar ins Büro, der sich gerade
sein Jackett überzog.
„Was hat SIE
hier zu suchen?“, fragte ich verärgert.
„Sie hat ihren
Vertrag abgeholt.“
„Hat sie den
nicht bereits bekommen?“
„Sie wollte
ihn kopieren lassen.“
„Ich sah keine
Papiere in ihrer Hand.“
Gunnar
breitete die Arme aus, zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. „Was
soll denn das?“
„Hast du sie
gefickt?“
„Nein.
Natürlich nicht.“ Gunnar kam auf mich zu und umarmte mich. „Sei nicht immer so
eifersüchtig. Da ist nichts. Und selbst wenn da etwas wäre, hätte es nichts mit
uns zu tun und wäre nur von kurzer Dauer.“ Er lachte. Was mir signalisieren
sollte, dass seine Worte als Witz zu verstehen waren.
„Du! Wie
kannst Du so etwas sagen?!“ Ich klopfte mit meinen Fäusten auf Gunnars Brust.
Er hielt mich fest umschlungen und küsste mich auf die Wange. Im selben Moment
hatte ich eingeatmet und mir waberte ein merkwürdig bekannter Geruch in die
Nase. Gunnar hatte mich nicht auf den Mund geküsst und sich unverzüglich wieder
abgewandt.
`Du riechst
nach Fotze!´, hätte ich ihm am aller liebsten entgegen geschrieen. Aber
womöglich hatte er nur etwas stark Riechendes gegessen und ich gedachte ihn
nicht erneut mit meiner Eifersucht zu plagen.
Im nächsten
Moment viel mir Sarah und die Gerüchteküche ein, die besagte, dass Natalja
Wassilijew seine
derzeitige Favoritin sei. Fickte er tatsächlich mit ihr? Leckte er in der Tat ihre Fotze? Hier im Office?
Das wäre unglaublich und konnte einfach nicht sein. Ich hatte mich sicherlich
geirrt.
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Während des Dinners behielt ich die Tür des Restaurants
stehst im Auge und hoffte, dass Felicio nicht gerade jetzt einfiel zu Abend zu
speisen. Gunnar musste nicht wissen, dass er hier war. Er wird ohnehin bereits
heute wieder abreisen.
Ich hatte „Glück“ und ging Arm in Arm mit meinem Ehemann
zurück zu unserem Haus ohne jegliche Zwischenfälle.
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Am Abend kam Elena kurz zu uns. Während der Tage ihrer
Ausbildung hier im Zentrum besucht sie uns zuweilen und übernachtet dann
ebenfalls hier.
Gunnar erbot sich Elena zu ihrer Hütte zu begleiten, was
ich allerdings nicht verstand. Jedoch wischte ich den Gedanken beiseite und
unterstellte ihm nichts.
Kurz nachdem die beiden gegangen waren erhielt ich einen
Anruf von Troels, den ich entgegennahm. Er schien aufgewühlt. Ich vermochte
seine Emotionen förmlich zu spüren. „Ich bitte dich, den Schlüssel zu meiner
Wohnung wieder an dich zu nehmen.“, sagte er.
Ich fragte ihn nach Anette und er antwortete mit den
Worten: „Ich liebe DICH Rea.“
„Warum kommst du nicht vorbei und bringst ihn mir?“, schlug
ich (provokativ) vor. „Bei dieser Gelegenheit kannst du gleich deinen Bruder
besuchen.“
„Ja. Das ist in der Tat eine ausgezeichnete Idee. Ich werde
dann Gunnar den Schlüssel geben, wenn er mir die Tür öffnet.“
„Warum nicht? Er weiß doch ohnehin Bescheid und scheint
bezüglich unserer Freundschaft keine Einwände zu haben.“
„Nur Freundschaft?“
„Dann erkläre mir bitte deine Beziehung zu dieser Anette.“,
forderte ich ihn auf.
„Freundschaft.“, antwortete er trocken.
„Nur Freundschaft?“, fragte ich zurück.
„Intime Freundschaft?“, antwortete eher und dem Ton
zufolge, waren seine Worte eher als Frage gedacht.
„Also gibt es keinen Unterschied zwischen deiner Beziehung
zu mir und dieser Anette.“
„Doch.“
„Welchen?“
„Ich liebe DICH und sie nicht.“
„Du liebst sie nicht mehr.“, fügte ich an. „Und es war eine
unerfüllte Liebe, vor der du weg ranntest. Nicht wahr?“
„Ja. Womöglich war das so.“
„Und das sind die Dauerhaftesten, welche am meisten
schmerzen, die man nie vergisst und welche man bei Gelegenheit gern
reaktiviert. Ist es nicht so?“
Ich hörte Troels schnaufen. „Natürlich vergaß ich sie nie.
Dachte jedoch auch nicht ständig daran sie zu suchen.“
„Jetzt hat sie dich gefunden und du sagst mir, dass du
damit nicht glücklich bist? Das nehme ich dir nicht ab.“
„Natürlich ist es angenehm eine Frau um sich haben, die
ernsthafte Absichten hat.“
„Ah!“, unterbrach ich ihn. „Es liegt also doch an den ERNSTHAFTEN
ABSICHTEN. Die ich nun offensichtlich nicht vorzuweisen in der Lage bin.“
„Du bist verheiratet. Nicht oft bei mir.“
„Und du fühlst dich einsam? Brauchst eine GEFÄHRTIN für die
einsamen Nächte?“
Ein tiefer Seufzer war von Troels Seite zu vernehmen. „Was
soll ich tun Rea? Sage mir ich soll sie wegschicken und dass du zu mir kommst
und ich werde es tun.“
„Es gibt also eine Bedingung für deine Liebe zu mir?“
„Nein. Nur für den Rest meines Lebens. DEN ich nur zu gern
mit DIR verbringen würde. WEIL ich dich liebe.“
„Alles in allem läuft es darauf hinaus, dass ich die Schuld
daran trage, dass sie jetzt bei dir ist.“
„Nein. Du verdrehst es. Es gibt keine Schuld.“
Während ich mit Troels so redete, bemerkte ich nicht, wie
die Zeit verflog. Wo blieb eigentlich Gunnar? Dauerte es tatsächlich so lange
Elena zu ihrer Hütte zu begleiten und den gleichen, kurzen Weg zurück zu gehen?
Oder fickte er jetzt auch gleich noch mit ihr?
Nein. Das waren absurde Fantasien. Ich konnte Gunnar wohl
kaum unterstellen täglich mit mehreren Frauen zu ficken. Er mag zuweilen
derartigen Gelüsten nachgehen. Jedoch nicht tagaus tagein und dauerhaft. Das
wäre in der Tat aberwitzig.
Andererseits vermag ich mir vorzustellen, dass es Phasen
geben mag, in denen er seinen Gelüsten nachgeht und sie auslebt. Möglicherweise
ist gerade JETZT eine dieser Perioden, da das Angebot so über reichlich ist. Womöglich
ist es für ihn gleichermaßen belastend und er empfindet (beständige?) Reue auf
Grund seiner Liebe zu mir. Welche ich keinesfalls anzweifle. Anderenfalls
könnte ich nur vermuten, dass er sich selbst belügt. Jedoch wie könnte das sein?
ER, der Magier, der durch Zeit und Raum reist wie Einer, der nicht von dieser
Welt ist. Aber DAS sagte Jesus bereits und er meinte sicherlich damit, dass wir
alles NICHT von dieser Welt sind. Denn unser zu Hause ist in der Tat auf einer
anderen Ebene.
Phu! Jetzt bin ich weit vom eigentlichen Thema
abgewichen.....
Gunnar brauchte tatsächlich eine gute Stunde, bis er
zurückkam. Ich ging jedoch nicht weiter darauf ein. War froh und glücklich,
dass er zurück war und sah mit ihm kuschelnder Weise fern bis er mich auf
seinen Armen ins Bett trug.
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Heute Morgen ein kurzes Entsetzen. Felicio im Restaurant.
Gunnar schien ihn jedoch nicht zu bemerken. Was ich mir nicht erklären kann.
Überaus eigenartig!
Hatte Felicio jetzt urplötzlich einen magischen Schutz?
Eine Art „Tarnkappe“ übergezogen?
Ach! Zum Teufel! Was denke ich da eigentlich?
Da Felicio heute noch abreisen wird, würde ich es begrüßen
mich zumindest noch von ihm verabschieden zu können. Allerdings versprach mit
Gunnar (gerade) heute nicht von meiner Seite zu weichen.
Wie ärgerlich.......wie verworren.....