Sonntag, 16. Februar 2014

Gefährliche Pfade



Mein Herz rast. Springt mir beinahe aus der Brust, während ich dies hier schreibe.  Ich vermag es kaum zu bezähmen.
Jason Anekelea kreuzte unerwarteter Weise des Nachts meinen Weg.
Er ist in der Tat ein überaus bezaubernder Mann. (Und ich war mehr als geneigt ihm seine kleinen Frechheiten zu verzeihen.) Aber, er ist so unreif wie fast alle Männer in diesem Alter. Hinzu kommt die Leichtigkeit seiner Kultur. Er nimmt nicht wirklich vieles ernst. Will Spaß am Leben. Wer kann es ihm verdenken?

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Der Empfang
Anfänglich beabsichtigte ich Gunnar tatsächlich NICHT zu Sivs Geburtstagsfeier zu begleiten. Aber dann, stimmte ich, zu Gunnars übergroßem Erstaunen zu.
Es fiel mir überaus schwer freundlich zu sein. Siv zu berühren. Ihr alles Gute zu wünschen. Schließlich kam es, zumindest nach meinem Empfinden, einer Demütigung gleich, ihr meine Aufwartung zu machen. Gunnar sah dies selbstverständlich anders. Wie SIE dazu stand, vermochte ich nicht zu ergründen. Zumindest war ein Anflug von Überraschung in ihr Gesicht geschrieben, als sie die Tür öffnete und uns BEIDE sah.
Selbstredend begrüßte sie Gunnar zuerst. Umarmte und küsste ihn. Ein kühler Händedruck für mich. Ein abwartender, fixierender Blick und ein kurzes, wie mir schien ironisches Lächeln umspielte ihre Lippen, welches ich nicht wirklich zu deuten vermochte. 

Ich nippte Stunde um Stunde an einem Gläschen Sekt und einer Flasche Sprudel und nahm die Position der Beobachterin ein. Es ist erstaunlich, in wie weit Alkohol das Benehmen der Menschen verändert. Die Masken fallen lässt. Das wahre ICH zum Vorschein kommen lässt.
Gunnar umschwärmten, wie gewöhnlich einige junge Damen. Jessica, Gunnars Schwester Stines Polizeikollegin gehörte dazu. Ebenso wie Sivs Zwillingsschwestern Kate und Alexandra. Allerdings war da auch noch eine andere, welche ihr Interesse an Gunnar bekundete. Margot Olsson. Dreiundzwanzig Jahre jung. Etwa 1.68 groß. Blond und schön.
Im Allgemeinen ist es nichts wirklich Neues für mich, dass Gunnar das Interesse der jungen Damen weckt, und es wurde mir umso gleichgültiger, umso müder ich wurde. Nur, WO schlafen? In Sivs Wohnung? Eine Unmöglichkeit. Allenfalls das Hotel nebenan. Schlug ich Gunnar vor, der schon einigermaßen betrunken war.
„Ich warte dort auf dich. Oder willst du vielleicht gleich mit mir nach Hause kommen?“ Was für eine törichte Frage, die ich mir hätte sparen können. Oder besser, gar nicht erst hätte stellen sollen.

Die Ernüchterung
Am Ende nahm ich mir ein Taxi und.....ließ den Fahrer des Nachts um zwei Uhr zu Troels Wohnung fahren. Ich war neugierig. Aber im Grunde erwartete ich nicht, dass mir überhaupt jemand öffnete. Sollte ich mich dazu durchringen können, um diese Urzeit an seiner Tür zu läuten.
Ich läutete.
Nach einer Weile hörte ich eine verschlafene Stimme: „Ja. Wer ist da?“
„Ich.“
Eine kurze Pause entstand. Dann die hastige Frage mit erregter Stimme: „Du Rea?“
„Ja.“
Kurzes Räuspern. Ein Surren. Die Haustür öffnete sich und ich ging die Stufen zu Troels Wohnung hinauf.
Troels stand, beinahe nackt, ausschließlich mit einem knapp sitzenden Slip begleitet,  in der geöffneten Tür und lächelte mir entgegen. Als ich bei ihm angekommen war blieb er unerwarteter Weise jedoch genau dort stehen. Bat mich NICHT herein. Er küsste mich schon beinahe verschämt auf die Wange und begann zu hüsteln.
„Was ist?“, fragte ich.
„Ich...ich...“, begann er zu stottern, „bin nicht allein.“
Was hatte ich erwartet? „Ja und?“, entgegnete ich ein wenig schnippig. Und am liebsten hätte ich noch angefügt: `Machen wir doch einen Dreier.´ Jedoch musste ich einsehen, dass ich in diesem Augenblick, an diesem Ort nicht wirklich willkommen war.
Unwillig und zornig wendete ich wortlos. Ging zum noch wartenden Taxi zurück und fuhr nach Hause.

Unerwartete Überraschung
Schlaftrunken wandelte ich die Treppen der Veranda nach oben, während ich in meiner Manteltasche nach dem Schlüssel kramte. Im nächsten Augenblick schrie ich auf und blieb wie erstarrt stehen. Denn da saß jemand.
„Schsch! Schsch!“, zischte es. „Ich bin es. Jason.“
Erleichterung.
„Was machen sie....äh....was machst du hier?“
„Ich habe Nachtdienst.“
„Und?“
Er stand auf. Klopfte sich die Nässe aus seiner Kleidung. Kam auf mich zu und blieb ganz nah vor mir stehen. „Weiß du, wenn ich meine Runden drehe und hier vorbei komme, bleibe ich manchmal für ein paar Minuten hier sitzen und lausche in die Nacht. Beobachte das Gelände und genieße die Ruhe. Hier“, er weiß mit seiner Hand auf den hölzernen Stuhl, „habe ich das Gefühl, dir ein wenig Nahe zu sein.“
Raspelte er da etwa gerade Süßholz? Oder sagte er tatsächlich die Wahrheit?
Mir war kalt und ich stand vor der Wahl ihn zu mir ins Haus zu bitten, oder ihn ziehen zulassen. Was tun?
Angesichts der Tatsache, dass Gunnar mit aller größter Wahrscheinlichkeit erst am nächsten Tag zurückkommen würde und ich die kommenden Stunden hätte allein verbringen müssen, wählte ich Ersteres.
„Bleib bei mir, diese Nacht.“
Jason grinste.
„Nein. Nicht was du denkst.“
„Was denke ich denn?“
Wir werden nicht miteinander ficken.“, sagte ich ernst und konnte mir ein Lächeln nicht wirklich verkneifen. Denn die Situation erschien doch ein wenig grotesk. 

Sittsam und unberührt
Ich hatte Ryan, dem Chef des Sicherheitsteams Bescheid gegeben, dass Jason ersetzt werden müsse. Mit einem Knurren hatte er diese Information hingenommen und das Walkie Talkie abgeschaltet.
So übermüdet wie ich war, dauerte es nicht lange bis ich in Jasons Armen einschlief.
Was für ein wohliges Gefühl das war! Weiche, warme, kräftige Arme. Und der Geruch! So blumig. So wild! So angenehm. Es war gerade so, als würde ich auf weichen Daunen gebettet inmitten einer Sommerwiese in Morpheus Arme sinken.
Schlicht und einfach.... großartig!

Es war früh am Morgen, als wir erwachte. Ich hörte ein Geräusch und erschrak. Schnellte hoch.
Jason zog mich wieder zu sich und ich kuschelte mich an seinen warmen Körper. Ich genoss seine Gegenwart. Es war so wohltuend. So behaglich. So herzerfrischend angenehm. Mein Herz schlug immer schneller, umso tiefer ich mich in meine Gefühle fallen ließ.
Mit dem Schlafen war es vorbei. Wir waren beide erregt. Schliefen jedoch NICHT (!) miteinander. Erörterten nur,.....“was wäre WENN.....“
Er stellte mir unzählige Fragen. Zu Gunnar. Zu Wanja. Zu Troels.
Ich war beständig bemüht wieder und wieder auf seine Frau und das Kind hinzuweisen. Und auf Gunnar, als meinen Ehemann, selbstredend. Es war ein Tauziehen der Gefühle!
Am liebten hätte ich......und Jason noch viel lieber.....Aber ich ließ es nicht zu.
Noch während des gemeinsamen breakfastes witzelte er: „Nur einmal angenommen....ich hätte keine Frau und du keinen Mann. Würdest du...?“ Er grinste.
Die Antwort fiel mir in der Tat nicht schwer. „Ja.“, sagte ich leise.
Sein Grinsen wurde noch breiter.

Verliebt?
Ich will mich nicht verlieben! Ich will nicht! Ich will nicht!
Nicht in Jason. (Obgleich er der attraktivste Mann hier im Zentrum für mich ist. JA. Er ist sogar betörender als Gunnar.) Und schon gar nicht in einen anderen.
Mierda! Es darf nicht sein!
Jason ist kein Mann, den Frau heirate. Für einen Flirt, eine flüchtige Affäre gut. Jedoch nicht mehr. Für ihn ist das Leben ein Spaß. Ein Vergnügen. Eine einzige Party mit Freunden. Insofern noch unerfreulicher/misslicher als mit Gunnar, der wenigstens Verantwortung übernimmt. Loyal und gleichwohl ernsthaft sein kann.
Wenngleich ich Jasons Gefühle mir gegenüber keineswegs in Zweifel ziehen würde. Jedoch vermute ich dort nur Leidenschaft, die all zu schnell verrauchen könnte.
So wie er JETZT im Stande wäre, mit mir seine Frau zu betrügen, erginge es mir in einiger Zeit sicherlich mit ihm ebenso. Würde ich meiner eigenen und seinem Feuer, seiner Zuneigung nachgeben.
Obgleich ich gestehen muss, dass ich vom aller ersten Augenblick an eine Affinität zu ihm entwickelt hatte.
Es erscheint mir so beschwerlich gegen Gefühle anzukämpfen.....aber, es muss sein.