Heute Morgen konfrontierte ich Gunnar mit seiner
wiederholten „nächtlichen Abwesenheit“.
Er zuckte mit den Schultern und küsste mich.
Ich drehte meinen Kopf zur Seite. „Hast Du sie auch so
geküsst?“, fragte ich zornig und ging davon aus, dass er mit Siv seine Neigungen
befriedigte. Oder war es Elena, Ellen, Anna Vanderhoof, Claire, Paula, Natalja
und wie sie allesamt heißen?
„Wo warst du? Und mit wem?“
Er atmete kurz und tief, sah mich an und zog die linke
Augenbraue nach oben. „Ich denke du weißt, dass ich ab und an meine Neigungen
befriedige. Wir waren uns in dieser Angelegenheit doch einig. Und genau
genommen solltest du es nicht bemerken. Vergiss es einfach. Für DICH ist es
nicht geschehen. Ohnehin hat es keinerlei Relevanz für UNSER Leben.
„WER?“, ließ ich mich von seinen Worten nicht abweisen, um
zumindest zu erfahren mit wem er wo gewesen war. „War es SIV?“
Er schluckte. Sah mich erneut zweifelnd an. Räusperte sich
und strich kurz mit dem Handrücken unter der Nase entlang. „Nein. Es war ihre
Schwester. Alexandra.“
Ich funkelte ihn an. „Und?“
„Und was?“
„Wo warst du mit ihr?“
„Was meinst du, warum ich das Zimmer über dem Office
einrichten ließ?“ Er kratzte sich ein wenig verlegen am Hals. „Du kannst und
magst nicht mit mir dort sein.“
„Soll das ein Vorwurf sein?“, fragte ich gereizt.
„Nein. Natürlich nicht Rea. Ich weiß besser als jeder
andere, in welcher gesundheitlichen Lage du dich befindest. Ich erwarte
diesbezüglich keinerlei Zugeständnisse von dir. Nur ab und an gehe ich dort mit
jemanden wie Alexandra, Siv oder Kate meinen Neigungen nach. Was mit unserem Leben
nichts zu tun hat.“ Ein kurzes Lächeln überflog sein Gesicht.
„WAS?“ Ich war wütend und hätte ihm am aller liebsten eine
Ohrfeige verpasst. Nur,...hätte DAS etwas an seinen Neigungen geändert? Nein!
Hätte es dazu beigetragen, dass er es nie wieder tut? Nein!
„Sie scheint mich zu mögen“, sprach er lächelnd weiter, „und
hat mich gefragt, ob wir nicht eine Vielehe schließen sollten. Sie, ihre
Zwillingsschwester Kate und Siv.“
Jetzt war es genug!
Ich ging auf ihn los und wollte ihn ohrfeigen. Er hielt
meine Hand und mich. Drehte mich mit den Rücken zu sich, hielt mich fest und
küsste mich in den Nacken. „Das war doch nur ein Scherz Rea. Sei nicht böse.
Alles ist gut.“
Die Situation erschien mir so derart grotesk, dass ich in Gunnars
Umklammerung letztendlich aufhörte zu strampeln und eigentlich nicht wusste, ob
ich nun weinen oder lachen sollte.
Wozu tat ich mir DAS eigentlich an?
Im Nachhinein bereue ich es überhaupt erwähnt zu haben.
-------
Soeben hatte ich eine kurze Unterhaltung mit Ellen Parker.
Gunnar war für einen Augenblick nach draußen gegangen und
ich fragte sie, warum sie so missmutig drein blickte.
„Sind sie nicht eifersüchtig?“, platzte sie nach einigen
angespannten Sekunden des mich Musterns heraus.
Ich war empört!
Wie kam SIE dazu mich derartiges zu fragen?! Sie stand mir
in keinster Weise so nahe, dass sie auch nur eine Antwort darauf verdient
hätte.
Da ich nichts auf ihre Frage erwiderte und sie
offensichtlich und ausschließlich verdutzt ansah, sprach SIE schlicht und
einfach weiter. „Man hat heute Nacht wieder Licht gesehen im obersten Stockwerk
über dem Office.“
Ich sah ihr weiterhin nur beobachtend in die Augen und
wartete ab.
„Er war dort? Nicht wahr? Gunnar? Mit dieser Siv.“ Ihre
Stimme wurde immer schriller.
Ich zuckte sichtlich gelangweilt mit den Schultern. „Und?
Was geht SIE das an?“
Ups! Ich hatte SIE erwischt!
Eine Mätresse meines Ehemannes versuchte tatsächlich sich
gegen eine der anderen mit MIR zu verbrüdern? Welche Farce!!
Am Ende bleibt mir nichts weiter als ALLES, inklusive des
Angriffs dieser kriminellen Subjekte auf meine Existenz, beiseite zu schieben
und mich doch besser mir und meiner Gesundheit zuzuwenden. Denn Gunnar ist wie
immer. Liebevoll, zärtlich, achtsam, fürsorglich und hingebungsvoll.
Also, wozu sich beschweren?