Mittwoch, 8. Juni 2016

Hinderliches



Gestern war, in mehreren Belangen, ein überaus aufregender Tag!
Keine guten Nachrichten von meiner Naturtherapeutin. Stress am Morgen und nur wenig positive Gedanken. Dann ganz andere, die sich in erstaunliche Richtungen wandten.

-----------------------

1. Version: Gunnar und ich.
2. Version: Derek und ich.
3. Version: Ich und....?
4. Version: Ich allein. Möchte ich nicht!
(5. Version: Mir den Russen zurückholen. Steht jedoch derzeit NICHT zur Debatte.)
Sicherlich gibt es gleichwohl noch Version 6 und 7. Wie auch immer die aussehen mögen..........

------------------------

- Nun, am Morgen das Briefing und wichtige Bestellungen zusammenstellen.
- Am Nachmittag dann der Besuch bei der Therapeutin.
- Anschließend recht anstrengende und auch eigenartige Gedanken.

Alles in allem bin ich so derart glücklich darüber, Kevin in der Leitung des Zentrums zu wissen. Er leistet oft Unheimliches, wo ICH und Derek zunehmend doch mit unseren eigenen Problemen kämpfen. Obwohl Kevin, ich spreche dieses Wort nur ungern aus, umgehe es zumeist, behindert ist und in einem Rollstuhl sitzt, schmälert dies jedoch, was die Leitung des Zentrums betrifft, seine Leistungen keinesfalls. Ich bin so immens stolz auf ihn! Und glücklich darüber, dass mir diese Idee, damals in New Orleans, zugefallen ist. Es war die beste Entscheidung, wie ich finde, welche ich seit langem in dieser Hinsicht traf.
Obwohl auch Kevin das Wochenende über bekanntlich mit Janina und seinem Sohn nach Deutschland geflogen war, nahm er diese Woche seine Arbeit pünktlich auf und.....schmiss den Laden, wie mein Vater oft zu sagen pflegt.  

Da Gunnar am Tag zuvor mit seinen Brüdern gefeiert hatte, begleitete mich am Dienstagnachmittag Derek zur Naturtherapeutin. Gunnar kam nicht hinzu. Ob er tatsächlich versucht hatte, in diesen Stunden bei mir zu sein, entzieht sich meiner Kenntnis.
Was die Therapeutin mir an diesem Tag zu sagen hatte, war reichlich unerfreulich. Und da ich nicht wirklich gedenke viel darüber nachzugrübeln, mache ich es kurz. Sie fand etwas in meinem Kopf, das sie als bedenklich einstufte. Zudem, was ihr noch viel wichtiger erschien, sei da eine hohe Ansammlung von Quecksilber in meinem Körper. Nun, eine von ihr vorgeschlagene Therapie wird Abhilfe schaffen. Ober besser, es sind zwei. Und hier MUSS ich mich NICHT entscheiden. Ich kann sowohl nur diese oder jene wählen, als auch beide zusammen nehmen. Entschieden habe ich mich noch nicht. Denn.....ich brauche einige Zeit, um die vielen Informationen zu verdauen, welche sie mir in zwei Stunden angedeihen ließ.

-------------------------

Als ich am Abend so neben Derek auf der Couch saß (und auf Gunnars Rückkehr wartete!), sagte ich unvermittelt und in Gedanken versunken zu ihm: „Ich liebe dich und möchte dich heiraten.“
Derek blieb buchstäblich der Mund offen stehen. Er sah mich an, bewegte die Lippen und ich sah, wie sich die Muskeln seines Gesichtes regten, aber er sagte nichts. Seine Augen füllten sich mit Tränen, die er allerdings nicht rinnen ließ. Er fasste sich. Biss sich auf die Unterlippe, hielt sie und lächelte dann.
„Tatsächlich?“
Ich lächelte zurück.
„Wie wäre es, wenn wir beide nach Hawaii fliegen und dort leben würden?“, schlug ich dann noch vor und sprach somit die erste Version (m)einer möglichen Zukunft aus/an. „Allerdings gibt es da einen Haken?“
Derek zog die Brauen in der Mitte zusammen. „Welchen denn?“
„Giselle und....DEIN Kind.“
Es entstand ein Augenblick der Stille, dass ich als kurzes Zögern deutete. Natürlich war auch Derek sich nicht sicher, was geschehen würde, WENN er sein Kind in den Armen hielt. Das konnte er schlicht und einfach nicht. Allerdings vermute ich, dass ihn dann die väterlichen Gefühle übermannen. Unsere Beziehung, wie sie war und gegebenenfalls jetzt noch ist, wäre dann (zerstört.).....nicht mehr SO und eine ganz andere!
„Es war ihre Entscheidung und nicht die meine.“
Diesen Satz hörte ich gerade in der letzten Zeit viel zu oft. Denn auch Gunnar gebrauchte ihn, wenn er von Alexa und ihrer Schwangerschaft sprach. Oder ICH ihn danach fragte.
„Und da wäre noch ein anderer Haken.“, setzte ich nach.
„Was noch?“, fragte Derek vorsichtig nach.
„Deine Mutter selbstverständlich. Jetzt hast du sie hier her geholt. Also wirst du auch mit ihr hier bleiben müssen.“
Derek blieb ernst und zog die Brauen nach oben. „Ja. Da hast du Recht.“

Ein wenig später sprach ich noch mein Bedauern darüber aus, dass wir uns wohl längere Zeit nicht sehen werden, wenn ich mit Gunnar auf Reisen bin.
„Ich kann nicht sagen, ob ich es ertragen kann ohne dich zu sein. Vor allem so eine lange Zeit.“ Mein Herz war in der Tat schwer in diesem Augenblick der Vorstellung dieser nur all zu möglichen Zukunftszeit.
Derek wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Oder er sprach seine Gedanken einfach nicht aus. Er drückte mich stattdessen nur an sich und küsste mich. In seinen Augen sah ich denselben Schmerz, welchen ich gerade fühlte.
Aber wer weiß. Vielleicht wird es nicht so schlimm wie ich denke. Immerhin war und bin ich stets in der Lage gewesen, mich der jeweiligen Situation anzupassen. Und da ich Gunnar noch über alles liebe.......wird es sicherlich wunderbar, mit ihm die ganze Zeit der Dauer der Reise zusammen zu sein. Ist es nicht genau DAS, was ich mir immer wünsche? Allein mit meinem Ehemann zu sein?! Ohne jegliche andere Frau-en?!
Also, wozu sich darüber weiter grämen?

---------------------------

Gunnar kam gegen halb acht. Sah jedoch ausschließlich kurz zu mir und Derek herein und ging dann wieder. Später, nach dem Wechsel der beiden, erklärte er mir, er sei noch einmal bei seinem Halbbruder Taylor gewesen. Dieser hätte ihn kurz vor seiner Ankunft hier eine SMS gesandt, in welcher er ihn um Hilfe bat. Wie hätte er DAS ablehnen können?
Natürlich verstand ich das. Schließlich war ich NICHT allein.
„Was hat die Heilpraktikerin gesagt?“, fragte er noch während er seine Schuhe auszog und sein Jackett auf einen Bügel hing. Mit der Antwort wartete ich allerdings, bis er (tatsächlich!) bei mir war.

Ihm schien der Schreck in die Glieder gefahren zu sein. Große Augen, Mund offen, Luft anhalten und dann: „Das habe ICH nicht gesehen!“
„Wann hast du mich das letzte Mal gescant?“, fragte ich ihn.
Gunnar überlegte und DAS sagte mir alles.
„In dem Entlassungsschreiben aus dem Krankenhaus wurde, durch die Untersuchung im MRT, ähnliches angemerkt.“, stellte Gunnar fest. „Nur warst du bisher noch nicht wieder bei einem Arzt, der das hätte weiter verfolgen können. Und da man dir nichts weiter sagte, war offenbar kein Handlungsbedarf.“ Gunnar schien nervös. Kratzte sich am Kinn und sah nachdenklich aus. „Wir müssen zum Arzt und ihn danach fragen. Hat die Heilpraktikerin noch etwas dazu gesagt?“
„Sie sieht die Quecksilbervergiftung als viel wichtigere an. Schlug mir zwei Therapiemöglichkeiten vor, wo ich nicht einmal wirklich zu wählen brauche. Ich könne sie gleichwohl beide tun. Die Quecksilberablagerungen sieht sie als die wahre Ursache für dieses Ding......im Kopf und gleichwohl als mögliche Ursache des letzten Schubs der MS.“
Gunnar nickte. „Das ist in der Tat gut möglich. Sie scheint mir doch eine durchaus kompetente Frau zu sein. Okay. Dann machen wir das so.“
WIR? Sagte er! WIR.......
„Zudem fragte sie mich nach Krämpfen, die ich schließlich Stunden lang hatte.“

Uns beiden schien diese Diagnose innerlich zu beschäftigen.
Gunnar sah grüblerisch aus und war ruhiger als sonst. ICH, suchte in mir eine Möglichkeit, mit dieser Situation umzugehen. Dachte mir, es wird schon gut gehen. Womöglich löst sich das ganze auf, wie schon einmal. Denn genau DIES hatte der Scan gleichwohl festgestellt. Dass da in der Vergangenheit schon einmal etwas war, das sich regeneriert, aufgelöst hatte. DAS ließ mich hoffen!!!
Was den Arztbesuch betraf......stimmte ich zu, war jedoch skeptisch. Nur, hatte mir die Naturtherapeutin schließlich ebenfalls zu verstehen gegeben, mich dort demnächst einzufinden. Nun gut. Wir werden sehen.


(Wiederholende Situation.)
Als ich dann so mit Gunnar auf der Couch beim fernsehen saß,........sagte ich unvermittelt: „Weißt du, eigentlich gehörst du nicht mehr hier her.“
Gunnar wendete sich noch augenblicklich zu mir und sah mich mit großen Augen an.
„Aber Derek tut es?“, sagte er, als er seine Stimme wieder fand. „Ich dachte, du wolltest mich hier?“
„NEIN und JA.“, erwiderte ich erstaunlich ruhig und blieb doch recht gelassen.
Gunnars Blick war verstört. Offenbar verstand er nicht, was.......ich selbst nicht verstand.
„Was meinst du damit, dass ICH nicht mehr hier her gehöre?“ Natürlich ließ ihm meine Bemerkung keine Ruhe und er fragte noch einmal nach.
„Ich meine,........wenn Alexa DEIN Kind geboren hat, gehörst du doch eher zu ihr, als zu mir.“
„Oh Mein Gott!“, rief Gunnar aus und umarmte mich. „Warum denkst du solch’ dumme Sachen?“ Er hielt, küsste und streichelte mich. Dann nahm er mich bei den Schultern und sah mir tief in die Augen. „Denk’ nie wieder so etwas! Hörst du Rea?!“
Ich nickte nicht. Sah ihn nur an und blieb ernst dabei.
Gunnar schüttelte mit dem Kopf. „Wie kannst du nur dergleichen denken?! Das ist absurd. Ich liebe DICH REA! DICH! Wir werden immer zusammen bleiben. Gleich was geschieht.“ Und nun kam der eloquente Satz: „Es war ihre Entscheidung ein Kind zu bekommen. Nicht die Meine.“

----------------------------

3. Version

Urplötzlich kam mir Jason Anekelea in den Kopf, als ich noch einmal über Hawaii nachdachte. ER kam doch schließlich von dort! Allerdings würde er wohl kaum seine kranke Frau im Stich lassen, um mit mir auf diesen Inseln zu leben. Ebenso waren da noch seine Kinder. Verdammt!
Ich ließ diese Version.....wieder ziehen.

---------------------------

Die nächste Version, wäre einfach davon zu laufen. (Aber mit wem?) Ein Neuanfang so zu sagen. Irgendwo. Nur ist das viel zu kurz gedacht.
Vor mir selbst vermag ich nicht davonzulaufen. Ich bin überall auf dieser Welt.....die Gleiche. Zudem; WER würde dies (mit mir) tun? Kevin käme wahrscheinlich am ehesten in Frage. Nur hat auch er einen Sohn. Und was würde dann aus der (aufopferungsvollen?) Janina?
Sasha Fliess? Lächerlich. Ich kenne ihn kaum.
Bliebe da noch Version 5. Den Russen zurückholen! Welche Chancen hätte ich? Sicher Gute. Immer noch. Nur.......war da sein Kind mit dieser......wie heißt sie noch mal?

---------------------------

Alles in allem stelle ich immer wieder fest, dass Kinder für mich hinderlich sind. In welcher Weise auch immer.

--------------------------

Aus welchem Grund auch immer, war ich doch recht kühl zu Gunnar UND bereue es heute ein wenig, nachdem er bereits heute , am frühen Morgen, wieder nach Stockholm fuhr.
Für einen Augenblick sah ich keine Zukunft für uns. Ich weiß nicht warum.
Andererseits liebe ich ihn.

--------------------------

Heute kam Gunnar beizeiten. Kam noch vor dem Lunch in mein Büro, um mich abzuholen, damit wir essen gehen konnten. Seitdem sind wir gemeinsam hier. Er half mir noch mit Diesem und Jenem. Und was noch wichtiger ist,......er bleibt bis......Morgen früh. Aber dann.....ist wieder der Tag der Donnerstagsfrau.


P.S. Gesundheitliches: Meinem Magen geht es heute nicht so gut. Zudem ließ ich mich noch zu einer kleinen Räucherwurst verleiten. Ich sagte nie, dass ich gänzlich vegan esse. Ab und an etwas Fleischiges erscheint mir doch recht vernünftig. Trotz alledem verbot mir die Therapeutin das Schweinefleisch. Kaffee gibt es heute allerdings besser keinen. Womöglich hatte ich es in der letzten Zeit damit ein wenig übertrieben. Jeden Tag eine große Tasse.....frisch gebrüht.