Donnerstag, 30. März 2017

324 hz, eine Rückerinnerung und (m)ein zahmer Löwe



Wir beide fristen unser Leben zu Hause, was im Grunde nicht wirklich so übel ist. Denn, wir sind zusammen. Das ist das Wichtigste.
Gunnar ging es gestern noch wesentlich erbärmlicher als mir.
Ich scheine nun doch so allmählich auf dem Weg der Besserung zu sein. Zumindest schlief ich heute Nacht so einigermaßen. Jedoch ohne ein Medikament gegen den ständigen Hustenreiz wäre es erneut eben nicht gegangen.
Gunnar ist gerade am Ende der Tage des Fiebers. Gestern ging es ihm in der Tat noch schrecklich. Aber heute würde er am liebsten schon wieder nach draußen gehen. Seine Kraft ist allerdings noch nicht zurückgekehrt. Die Bewegungen sind nach wie vor recht langsam. Der Gang gebückt und schleichend, wie bei mir. So kenne ich Gunnar nicht. Und dieser Schwindel nervt.

Als wir uns heute Morgen einige Videos ansahen, nach Büchern forschten und Themen jagten, kam uns ein wirklich ganz spezielles Musikstück unter. Und eigenartiger Weise, bin ich im letzten Jahr schon einige Male darüber gestolpert.
Vor etwa einem guten Jahr hatten wir dieses erstaunliche Gewebe von Tönen  entdeckt. Der Klang des „Liedes“, oder eher, der Hymne, ist engelsgleich. Man fällt in die Töne. Sie hallen im Kopf und durch den Körper nach. Einzigartig! 342 hz! Schumann Frequenz.
Es ist die Hymneder Katharer und ich weiß nicht wirklich, wie ich dazu kam. Gunnar beugte sich zu mir herunter, legte seine Arme von hinten um meinen Körper und seinen Kopf an meinen Hals.
„Dort waren wir beide schon.“, sagte er leise und wies mit dem Kopf auf den Monitor, wo ein Bild vom Momtsegur zu sehen war. Dem 1216 Meter hohem Berg auf dem die mystische Burgruine der Katharer steht im Süden Frankreichs.
Mit einem Mal, urplötzlich, brach ich in Tränen aus. Schluchzte leise. Gunnar hielt mich fest.
„Ich weiß.“, erwiderte ich. Denn ich bin mir meiner Reinkarnation bei dieser Glaubensgemeinschaft schon seit langem bewusst. Wir beide waren dort.

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Derek kam heute kurz vorbei. Wir baten ihn besser nicht herein. Infolgedessen blieb er am Eingang stehen. Erkundigte sich bei mir, wie es uns geht und fragte nach heute Abend.
„Tut mir leid. So viel besser geht es mir nicht. Der Genesungsprozess schreitet bedauerlicher Weise nur langsam voran. Und Außerdem beabsichtige ich dich nicht anzustecken. Ist sicherlich noch immer gefährlich mir nahe zu sein“ Ein verzweifelndes Lächeln schickte ich zu ihm hin und drückte mit der Mimik mein Bedauern aus. (Und selbst wenn ich wohl auf gewesen wäre, hätte ich nein gesagt.)
„Okay. Dann vielleicht nächste Woche.“
„Ich dachte, du bist verheiratet?“ Ich zog die Brauen hoch und legte die Stirn in Falten. Wartete darauf, was Derek antwortete.
„Ja. Aber das war doch nur, damit dieser alte Geldsack ihr nicht mehr nachsteigt und sie wieder frei ist.“
„Sieht sie das genauso?“
Derek blies die Luft durch seine Lippen. Wusste es offenbar nicht.
„Aber ihr wohnt doch zusammen. Oder etwa nicht?“
„Ja. Klar. Aber……“ Derek kratzte sich am Kopf und presste die Lippen aufeinander.
„Aber fickten tut ihr schon?“, schaltete sich nun Gunnar ein. So von Mann zu Mann. „Und wenn du mit ihr so wie so nur aus besagten Gründen verheiratet bis, hast du sicher nichts dagegen, sie mir auszuleihen.“ Gunnar grinste Derek an. Und der wusste, das war ernst gemeint, da er Gunnar kannte.
„Hat dich Erik nicht entschläft?“, konterte dieser.
„Und was, wenn nicht?“ Ein breites Grinsen huschte über Gunnars Gesicht zu Derek hin. Mir zwinkerte er zu. Und ich vermute, Gunnar ist womöglich nun selbst ein wenig bang davor, dass es tatsächlich so sein mag und Eriks Zauber ein durschlagender Erfolg gewesen ist. Denn in der letzten Woche des Zusammenseins, sind wir nicht intim miteinander geworden. Nun ja, Krankheit bremst sicherlich um einiges aus. Auch Gunnar. Aber dennoch schien er kein überdimensionales Verlangen danach zu verspüren. Ab und an witzelte er nur um dieses Thema. Nicht mehr.