Dienstag, 21. März 2017

(M)Ein absurdes Tagesprogramm



Im Grund könnte man sagen, dass mein Leben bis hier her doch recht eigenwillig und ereignisreich war. Vielleicht sogar außergewöhnlich. Zumindest unterscheidet es sich im Wesentlichen von anderen. Worüber ich doch ganz zufrieden bin. (Trotz meiner offenbaren Kränklichkeit, seit ein paar Jahren.)
Eine angenehme Kindheit, mit Marie und New Orleans und die Wahl des Studiums in Berlin. Davor die Jahre in Kanada, als mein Vater in der Botschaft arbeitete und ich Adam kennen- und lieben lernte. Und dann die überdimensionale Liebe zu Wanja. Die Zeit mit Felicio in Spanien nicht zu vergessen und dass ich ihn beinahe geheiratet hätte. Oder auch der raschen Wechsel zwischen all den Männern. Sich immer wieder neu auf den eben gerade Anwesenden einzustellen. Die Strohliebe zu Ian. Das gleichzeitige Zusammensein mit drei Männern und zu guter Letzt vergesse man nicht den verrückten Jack. Ein jähzorniger Säufer vor dem Herrn, der letztendlich seinen tot gefunden hat. Mir aber trotz alledem sein Haus in London vererbte.
Dann das eigenartige Kennenlernen von Gunnar, meinem Ehemann, der bis zu dieser Zeit in einer Art Sekte lebte und die schlussendliche Verwirklichung des Traumes seiner Mutter,….das spirituelle Zentrum, ….welches ich schon längst verloren hätte, wenn es Wanja nicht gäbe, der mich wieder und wieder unterstützt, ohne etwas von mir dafür zu verlangen. Obwohl er jetzt mit einer anderen Frau liiert ist und ein Baby mit ihr hat. Wunder über Wunder.
Die kleineren (und Mittleren) Affären (u.a. Troels, Jason und Charlie) muss ich hier nicht weiter erwähnen………

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Es war gestern nicht wirklich viel zu tun im Büro. Deshalb das Briefing gleich nach dem Lunch.
Und während Gunnar bei Alexa und seinem Baby war, ließ ich mir den Nacken von Kevin massieren.
„Hast du drüber nachgedacht?“, mahnte er meine ausstehende Entscheidung an.
„Aber natürlich habe ich das.“
„Und?“
WAS sollte ich ihm sagen? Insbesondre JETZT, wo Gunnar von Erik treu gezaubert wurde.
Womöglich wäre es doch für alle das Vernünftigste, wenn Kevin seine Janina heiratet. Gleichwohl für seinen Sohn. Denn ICH wäre ihm sicherlich NICHT die Mutter, die er braucht und die Janina ihm wäre. Infolgedessen verzog ich das Gesicht und legte eine bedauernde Mimik auf.
Kevin schnaufte. Küsste die nackte Haut an meinem Hals, wobei mir ein Schauer über den gesamten Körper lief. Oh verdammt! Natürlich liebe ich ihn noch immer! Aber dennoch, WAS sollte ich tun? Gunnars Bemühen entgegenwirken? JETZT, wo er auf dem Wege ist, mir ein guter Ehemann zu sein? Nein. Ich gebe Kevin (aller Wahrscheinlichkeit nach) frei. In die Hände seiner Janina, die ihn sicherlich liebt. Sonst wäre sie nicht bei ihm. Trotz alledem wäre es vorteilhaft, Kevin gegenüber noch nicht all zu deutlich zu werden, wie meine Entscheidung ausfallen wird. In jedem Fall bleiben mir noch gut zwei Monate Zeit, meine endgültige Antwort zu überdenken. Und wer weiß, was bis dahin geschieht. Für diese Zeit halte ich mir diese Option noch offen.
Nun galt es jedoch eine Zwischenlösung zu finden. Ihm Worte zu geben, welche ihn letztendlich bis Beltane noch im Unklaren ließen und vielleicht sogar Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft gaben. Denn es würde mir die Zeit geben zu sehen, was nun mit Gunnar wird. Oder womöglich auch mit Derek.

Apropos Derek. Er rief mich gestern spät Abend noch an und fragte, warum ich mich bei ihm noch nicht gemeldet hatte, wo ich doch offensichtlich bereits seit heute Morgen zurück im Zentrum war.
„Kannst du mich nicht zumindest einmal anrufen?“, fragte er energisch nach.
„Wir sind doch erst am Morgen gefahren und kurz vor dem Lunch hier angekommen. Dann gab es so viel zu tun (? – ich dachte schlicht und einfach nicht daran) und jetzt bin ich erschöpft. Verzeih. Es tut mir leid.“, rechtfertigte und entschuldigte ich mich bei ihm. „Möchtest du, dass ich zu dir komme?“, fragte ich Derek, um ihm augenscheinlich ein wenig entgegen zu kommen.
„Nein. Musst du nicht.“, erwiderte er und ich hörte an dem Ton seiner Stimme, wie enttäuscht er war. Immerhin hatten wir uns nun eine Woche lang nicht gesehen. Ein Lapsus von mir. Er hatte Recht. Ich hätte zumindest mit ihm telefonieren können.
„Wir müssen reden.“, sagte er plötzlich zu mir.
Ich schluckte. Hüstelte. „Gibt es einen Anlass für die offensichtlich Brisanz und Ernsthaftigkeit?“
Ich hörte Derek schnaufen. „Ja.“
„Sagst du mir zumindest, um was es geht?“ Gunnar verzog das Gesicht neben mir und ich wusste, das Telefonat mit Derek nervte ihn.
„Um Laurianne.“
OH Göttin! Ich dachte es mir.
Ich verabredete mich mit ihm sogleich für den nächsten Morgen.

Charlie hingegen scheint mir derzeit im Liebesrausch mit Lara zu sein. Denn auch Lara hat nun offenbar nichts mehr dagegen, wenn Gunnar es dabei belässt, wie es gerade ist und sie nicht mehr besucht. Und mir ist es ebenso lieber, dass Charlie womöglich gefunden hat, was er suchte.
  
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Gesundheitliches
Mir fehlte der Kaffee. Ich war müde. Mein Magen rebellierte. Deshalb riet mir Gunnar vorerst keinen mehr zu trinken. Also Tee gestern Morgen und trotz alledem ein erneuter Versuch am Nachmittag und heute Morgen. Wir werden sehen. (Ich kann es nicht lassen!)
Und würde Gunnar mich nicht ständig daran erinnern, vergäse ich gänzlich das Trinken. Es ist oft keine Zeit dafür.

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So nun, das Gespräch mit Derek heute Morgen war kurz. Denn er hatte es offenbar eilig. Bat mich um Urlaub UND……darum, Laurianne heiraten zu dürfen.
WOW! Das schlug ein. Mir hatte es in der Tat die Sprache verschlagen. Und genauso blickte ich offenbar auch drein.
Ich schluckte. Rang nach Luft. Riss die Augen auf und sah Derek fragen an.
„Es ist doch nur….weil,…ich will doch nur…..“, begann er zu stottern.
Ich fasste mich. „WAS willst du denn nun?“
„Es geht um diesen Mann, der sie verfolgt. Dieser reiche Industrielle, der sich offenbar einbildet, dass sie ihn heiratet.“
„Und WAS hat DAS mit DIR zu tun?“ Springst du bei jeder Frau gleich aus dem Fenster, wenn sie gerettet werden muss?“ Ich war aufgebracht und mein Tonfall erreichte hysterische Züge. „War das IHRE Idee?“
Derek antwortete nicht auf meine Frage. Nahm mich stattdessen kurzerhand in den Arm und drückte mich an sich. „Beruhige dich doch Rea. Es ist doch nur, um ihr zu helfen. Es bedeutet doch nichts. Ich habe nicht vor, deshalb mein Leben zu ändern und das weiß sie auch.“
Ich löste mich aus seiner Umarmung und sah ihn an. „Und du denkst diese Action wird ihr helfen. Meinst du wirklich, dass es diesen Mann, der offensichtlich ein ganz perfides Interesse an ihr hat, aufhalten wird?“ Und anstatt unser beider Beziehung und Liebe in die Waagschale zu werfen, an Derek auf Grund dessen  zu appellieren diesen Wahnwitz sein zu lassen, redete ich über Laurianne. Wie edelmütig von mir!
„Ich denke schon. Wenn Lauranne mit mir verheiratet ist, kommt er nicht mehr an sie heran und ich kann sie vor ihm beschützen.“
Ich schüttelte mit dem Kopf. „Das ist verrückt. Das weißt du schon? Oder? Hast du überhaupt darüber nachgedacht, was das für uns bedeutet? Bist du tatsächlich fest entschlossen das zu tun?“
Offenbar ja……
Infolgedessen ließ ich ihn ziehen. Er hatte mir allerdings nicht verraten, WO sich Laurianne derzeit vor diesen Mann verbirgt, der ihr offenbar Böses will. Dennoch, warum gleich heiraten? Ist Derek verrückt geworden? Oder löst er nur (s)ein Versprechen ein, dass er ihr irgendwann einmal gab?
Nachdem, was er mir von seinem Plan verriet, würde er noch umgehend zu ihr fahren (fliegen?). Die Heirat wäre bereits vorbereitet. Und da er seine Mutter nicht allzu lange alleine lassen könne, käme er dann MIT Laurianne hier her zurück, wo er mich erneut um einen Job für sie ersuchte, welchen ich ihr/ihm bereits zugesagt hatte.
Götter noch eins! Tun Leute verrückte Sachen! (Was für eine dämliche „Rettungsmission“!) Aber wenn ER meint, dass DIES nun die Lösung sei! Dann mag er gehen.)

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Zu guter Letzt gab es heute noch einen Selbstmordversuch. Jasons Frau Lisa. Sie hatte das jüngste Kind im Arm und wollte sich mit ihm im See ertränken.
WAS muss Jason eigentlich noch ertragen? War es nicht genug, dass seine Frau Abscheuliches über ihn erzählt, was mitnichten der Wahrheit entsprach und ausschließlich in ihrem Kopf zu finden war?!
Wie irre ist diese Welt, die Menschen dazu bringt derartiges zu tun?!

Kurt, zusammen mit Stine und noch zwei anderen Polizisten waren hier. Lisa wurde abgeführt. Nun ja, in jedem Fall wird sie die nächste Zeit in der Psychiatrie verbringen. Sie ist eine Gefahr für sich selbst und andere. DAS hatte ich schon längst angemerkt.
Und auch Jason bat mich nun ihn unbefristet frei zu stellen. Er wolle die Kinder nach Hawaii zu seiner Familie bringen. Selbstredend stimmte ich ohne ein weiteres Wort Kopf nickend zu.

Nach einiger Zeit des draußen am See Stehens, Palaverns und Abwartens war ich so derart durchgefroren, dass ich Gunnar zu verstehen gab, er möge den Zirkus übernehmen. Zudem ging es mir nicht gut. Der Kaffee, welcher mich hätte aufwärmen sollen, zuzüglich der Aufregung, hatte meinen Blutdruck offenbar nach oben getrieben. Ich hatte Schweißausbrüche und fror. Zudem war mir schwindelig. Eine Unterzuckerung konnte es nicht sein.
Sasha Fliess, der zusammen mit Troels Lisa mit dem Baby in den See hatte steigen sehen, brachte mich zurück zum Haus. Innerhalb der wenigen Konversation, die ich bereit war mit ihm in diesem Augenblick zu pflegen, versuchte er erneut ein wenig anzubandeln und sprach unser gemeinsames Wochenende in London an. Da ich jedoch nicht die Absicht hatte diese, von allen anderen unbemerkte kleine Affäre wieder aufleben zu lassen, blieb ich kühl. Meine Antworten waren Knapp und waren eher abweisend. Ich entschuldigte mich und gab meiner Kränklichkeit die Schuld dafür, was er anstandslos akzeptierte. Er brachte mich bis vor die Tür und ging,…..nachdem er mir gestanden hatte, seine Beziehung zu dieser Hanna Martenson wäre temporär und auch nur gelegentlicher Natur. Er wolle sich schließlich noch nicht binden. Sollte ich ihm tatsächlich Glauben schenken? Wohl kaum.

Gunnar kam vor etwa einer halben Stunde dann endlich (!) heim, um mir zu sagen, er ginge noch einmal kurz zu seinem Sohn und dann wäre es wohl Zeit für das Dinner.
„Ich gehe nicht mehr raus Gunnar. Mir geht es noch immer nicht gut.“
„Dann bringe ich uns etwas mit, wenn ich auf dem Rückweg bin.“

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Was für ein absurdes Tagesprogramm für mich! Der Liebhaber, der aus weichherzig, großzügigen Gründen eine andere Frau heiraten will/wird und sich auf einer irrwitzigen Rettungsmission befindet. Und die Frau eines Freundes, welche sich samt ihrem Kind ertränken wollte.
Nun, zumindest gibt es etwas Gutes zu vermelden. Gunnar ist mir bis zu diesem Zeitpunkt treu geblieben. Schlief mit niemand anderen. Allerdings sind wir erst wieder vierundzwanzig Stunden hier…….