Ich scheiß auf das „wahre Leben“
....mit all’ seinem mannigfaltigem Leid!
Leid verändert. Das ist
selbstverständlich klar. Aber wohin???
Und wenn mir noch einmal jemand
erzählt, dass man sich nur durch Schmerzen lebendig fühlen kann, dem ramme ich
meine Faust in den Magen! (..und mein Knie in die Eier!) Dann weiß er, oder
auch sie, was Schmerzen sind.
Verfluchte, verklärte Heuchler, die
keinerlei Ahnung von demselben haben!
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Nun, das Gespräch zwischen Gunnar und
seiner Mutter Christin hatte nicht nur dem abgereisten Wanja gegolten. Nein. Da
war noch etwas anderes passiert.
Gunnar druckste herum und ich sah ihm
an, dass etwas nicht in Ordnung war.
„Was hast du? Ist etwas geschehen?“
Er zog die linke Augenbraue nach oben
und schnaufte. Ich ahnte, dass es nichts Gutes sein konnte. „Also, was ist?“,
fragte ich noch einmal ungeduldig nach.
„Kevin...“, begann er. „Und jetzt
reg’ dich bloß nicht auf.“
Ich sah Gunnar entgeistert und den
Atem anhaltend an. „Was? Sag’ schon!“, forderte ich ihn auf es endlich
auszusprechen.
„Kevin war unbemerkt von seinen
Pflegern des Nachts und aller Wahrscheinlichkeit nach auch betrunken, allein
zum See hinunter gefahren. Sein Rollstuhl hielt nicht an, oder sollte es nicht.
Man weiß es nicht genau.“
Ich hielt mir mit großen Augen vor
Schreck die Hand vor den Mund.
„Nur gut, dass Max ins Bad gegangen
war und bemerkt hatte, dass der Rollstuhl nicht mehr im Zimmer stand. Er bemerkte,
dass die Tür offen war und rannte hinaus.
„Er ist doch nicht etwa.....“
„Nein. Nein. Max hat ihn rechtzeitig
erreicht. Allerdings war er schon fast gänzlich untergetaucht. Nur noch sein
Kopf wäre zu sehen gewesen. Der Körper war bereits im Wasser versunken.“
„Und?“, fragte ich ungeduldig.
„Man hat ihn sogleich nach Stockholm
ins Hospital gebracht.“
„Wir müssen zu ihm fahren.“, wurde
ich unruhig und Gunnar griff nach meiner Schulter und hielt sie fest.
„Sei vernünftig....“
„Nein!“, widersetze ich mich im
ersten Moment.
Er zog mich zu sich heran und hielt
mich fest. „Beruhige dich. Es wird doch jetzt gut für ihn gesorgt.“
Ich atmete schwer und ließ meine
Muskeln in Gunnars Armen entspannen.....
„Und bitte, ruf ihn auch jetzt nicht
mehr an. Wir fahren gleich Morgen früh, wenn du magst.“
So wurde es selbstredend eine unruhige
Nacht in welcher ich an Kevin dachte.
Was hatte er vor? Wollte er sich etwa
das Leben nehmen? Und wenn ja, warum???
Gleich am nächsten Morgen, in aller
Frühe, fuhren wir los. Verließen Erik, Viggo und den Zauberwald.
Kevin war schon wieder „auf den
Beinen“. Nun ja, zumindest bester Laune, als er mich sah. Und er tat, als sei
nichts weiter geschehen. Entschuldigte sich sogar.
„Tut mir leid, wenn ich dir einen
Schrecken einjagte. War nur ein Versehen.“
„Ein Versehen?“
„Ja. Ich hatte etwas getrunken und
konnte den Rollstuhl nicht mehr anhalten.“ Kevin lächelte schief und sah mich
mit diesem Hundeblick an, der um Verzeihung flehte.
„Was hattest Du vor? Was hast du überhaupt
allein da draußen getan?“
„Es war mir nur zu heiß geworden.“
„Ach, erzähle mir nichts!“, wurde ich
ärgerlich.
Gunnar stand indes beinahe
unbeteiligt einfach so neben uns und sah dem ganzen Spektakel einfach nur zu.
„Wolltest du etwa im See ertrinken?“
„Nein. Nein.“
„Und warum hast du dann nicht
geschrieen?“
Betretene Stille stellte sich ein.
Ich war fassungslos.
„Oh nein! Du wolltest nicht etwa
doch.....Bist du verrückt geworden? Warum?“
„Nein. Nein. Es ist alles okay.“
Ich vermochte ausschließlich mit dem
Kopf zu schütteln. Weitere Vermutungen, oder ganz und gar Vorwürfe wären jetzt
mitnichten produktiv. Also ließ ich das Geschwafel. Ging auf ihn zu und umarmte
ihn.
Kevin hielt und drückte mich fest an
sich.
„Vielleicht, wenn du magst, könnten
wir ein wenig später miteinander reden.“, hauchte ich ihm ins Ohr und er nickte
leicht. Gerade so, dass ich es noch bemerken konnte. Und schon hatte seine
gespielte, witzige Seite wieder die Oberhand.
„Ihr nehmt mich doch mit nach Hause.
Oder?“ Kevin grinste uns beide an. Gunnar nickte, nahm ohne Worte Kevins Tasche
und ging. Wir folgten ihm und Kevin schien glücklich zu sein. Infolgedessen
bohrte ich nicht weiter nach und beließ es für den Augenblick dabei. Nur würde
ich nicht umhin kommen, ihn zu einem späteren Zeitpunkt aufzusuchen und mit ihm
über alles zu reden. Wenn,....er es denn zuließ. Denn ich hatte den Eindruck,
dass es ihm peinlich war und es ihm lieber gewesen wäre, wenn die ganze
Begebenheit schlicht und einfach wieder in Vergessenheit geriet.
Wir sind wieder im Zentrum und
eigentlich gab es zwischen Gunnar und mir die Diskussion, ob wir nicht doch
noch für ein, zwei Tage zurück zu Erik fahren sollten. Aber nun,....sind wir
hier.
Wir hatten Kevin an seiner Hütte und
bei seinen beiden Pflegern abgesetzt und waren gemeinsam zum Restaurant
gegangen um zu speisen. Ich ging gleich anschließend nach Hause und Gunnar zu
seiner Mutter Christine ins Büro.
Ja natürlich, innerhalb der „Familie“
musste sich selbstredend ausgetauscht werden. Und ich vermute es ging um Wanjas
Abreise von hier. Vor allem darum, WIE sie es bewerkstellig hatten und unter
welchen Umständen und Bedingungen er letztendlich zugestimmt hatte. Was mir
ohnehin ein Rätsel ist.
Werde ich es je erfahren? Bei
Christine und Gunnar wollte ich mitnichten nachfragen. Und bei Wanja gedachte
ich mich schon ganz und gar nicht zu erkundigen/melden. Ich vermute so wie so,
dass ich ihn nun sehr lange Zeit nicht mehr sehen werde......
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Selbstredend kam Gunnar nicht umhin
bei Lara vorbeizuschauen (nachdem er bei seinen Kindern war). Nur über
„Genaueres“ vermochte ich die beiden Detektive nicht mehr zu fragen. Man hat
sie ....entlassen während wir bei Erik waren.....und dies, ohne meine
Zustimmung.
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Es hat sich einiges verändert, seitdem
ich das letzte Mal hier im Zentrum war.
Wanja ist fort und es gibt keinerlei
Nachricht von ihm. Überdies traue ich mich so wie so nicht ihn überhaupt zu
kontaktieren. Alldieweil er mit großer Sicherheit darauf bestehen würde, mich
alsbald zu sich zu holen. (Zumindest vermute ich das?!) Was ich natürlich nicht
wirklich möchte......da ich mich doch offensichtlich immer wieder, bewusst oder
unbewusst, für Gunnar entscheide.
Die Detektive sind fort. Meine Augen
und Ohren.....was nun? Vertrauen auf Gunnars Wort? Womöglich sollte auch ich
einmal öfter tun, wonach mir ganz einfach im Augenblick ist.......Aber da kommt
mir meine Kränklichkeit und Feigheit in den Sinn.....
Und WAS sollte das eigentlich mit
Kevin gewesen sein? Will er so meine Aufmerksamkeit erhaschen? Indem er
versucht sich zu ersäufen???
Ich vermag durchaus seine
Verzweiflung zu verstehen. Es ist nicht leicht als junger Mann an den Rollstuhl
gefesselt zu werden und kurz darauf, zu allem Überfluss, noch seine Frau durch
einen Unfall zu verlieren. Dennoch mangelt es ihm weder an Geld noch an
Attraktivität. Und sein Sohn wird ihn zukünftig sicherlich ebenso noch brauchen!
Vielleicht war es auch nur.....eine
Alkohol bedingte „Kurzschlussreaktion“......
Und ergeben die Worte zu Beginn des
Posts jetzt einen Sinn????